← Dr. Wolfgang Schacht: Mein Arbeitsleben von 1956 bis 2005 und weiter…
Die internationale Arbeiterbewegung und die sozialreformistischen Geschichtsfälscher
Erstellt am 18. Juni 2023 von sascha313
Es ist klar, daß wir uns heute aufgrund der massiven
ideologischen Beeinflussung durch die Massenmedien (Zeitungsartikel,
Bücher, sog. „Dokus“ und Nachrichten) mit einer Fülle von
Geschichtsfälschungen konfrontiert sehen. Dies alles dient der Ablenkung
vom Hauptwiderspruch unserer Epoche (dem Widerspruch zwischen Kapital
und Arbeit) und der Verhinderung des Klassenkampfes zwischen Bourgeoisie
und Proletariat. Da werden Bücher veröffentlicht „über den wahren
Stalin“, Zeitungsbeiträge über das „Staatsdoping in der DDR“, über „die
Schtasi“ usw. usf. In schöner Regelmäßigkeit wird fast jede Woche „eine
neue Sau durch Dorf getrieben“, egal ob es sich dabei um den
vermeintlich drohenden „Klimawandel“, um eine erfundene „Pandemie“ oder
um den angeblich „völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Putins auf die
Ukraine“ handelt. Auch die Geschichte der Arbeiterbewegung ist solchen
Fälschungen ausgesetzt. Mit Letzterem hat sich 1981 ein sowjetisches
Autorenkollektiv unter Leitung von Prof. W.W. Sagladin befaßt. Daraus
nun einige interessante Auszüge…
Die Lehren aus der Geschichte
In den Augen der Marxisten-Leninisten wird die Bedeutung der Kontinuität
der Erfahrungen, Lehren und Traditionen, die sich das Weltproletariat
bei seinem Voranschreiten zu eigen macht, durch die Spezifik jeder
Epoche nicht gemindert, sondern im Gegenteil noch stärker hervorgehoben.
Diese Kontinuität eben meinte Lenin, als er beispielsweise von der
internationalen Bedeutung der Pariser Kommune sprach und betonte, daß
sie das Proletariat gelehrt habe, die Aufgaben der sozialistischen
Revolution konkret zu stellen, und daß die Bolschewiki „auf den
Schultern der Kommune“ [1] stehen.
Heftige politische und ideologische Kämpfe
Um die Wertung der internationalen Erfahrungen, die die
Arbeiterbewegung im zur Debatte stehenden Zeitraum gesammelt hat, gibt
es naturgemäß einen heftigen politischen und ideologischen Kampf. Starke
diesbezügliche Aktivität entfaltet die sozialreformistische
Geschichtsschreibung, die um die Jahrhundertwende von S. und B. Wob, E.
Bernstein, E. Vandervelde, T. Kirkup und anderen [2] begründet und
später in den Büchern und Artikeln von K. Kautsky, P. Louis, G. D. H.
Cole, J. Braunthal und anderen Sozialreformisten weiterentwickelt wurde.
[3] In ihrer Entwicklung lassen sich mehrere Etappen unterscheiden.
Die Lüge von der Reformierbarkeit des Kapitalismus
Die Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts entstandene Literatur
spiegelte die Ansichten der diversen Strömungen innerhalb des
Sozialreformismus wider: des Zentrums, das auf eine eigene
Interpretation des Marxismus Anspruch erhob und den Marxismus mit den
verschiedenen bürgerlichen Lehren vereinigen wollte, und der Rechten,
die sich vom Marxismus losgesagt hatten und die bürgerliche Ideologie
nun unmittelbar als ihre ansahen. Dabei enthalten einige Bücher von
Sozialreformisten über die internationale Arbeiterbewegung zu Beginn des
20. Jahrhunderts, beispielsweise Arbeiten von S. und B. Webb, von
Cole, Louis, und anderen umfangreiches Tatsachenmaterial zu vielen,
hauptsächlich partiellen Fragen.
Der Kampf gegen den Bolschewismus von Hitler bis Ollenhauer
Später dann, vornehmlich nach dem ersten Weltkrieg, gewann die
rechtsreformistische Strömung die Oberhand und nahm die Feindseligkeit
gegenüber dem revolutionären Flügel der Arbeiterbewegung, namentlich
gegenüber den Bolschewiki und dem Leninismus, extreme, ja oftmals
pathologische Formen an. Diese Arbeiten verloren an wissenschaftlichem
Wert. Insgesamt haften der sozialreformistischen Geschichtsschreibung
prinzipielle Fehler an, die es ihr verwehren, ein wahrheitsgetreues Bild
der internationalen Arbeiterbewegung jener Zeit zu zeichnen. Vor allem
das Herangehen der Sozialreformisten an das Studium und die Beleuchtung
des damaligen Zeitgeschehens ist klassenmäßig inkonsequent.
(Anmerkung: Es ist kein „Fehler“ in der Geschichtsschreibung, daß der Kapitalismus reformierbar sei, sondern eine glatte Lüge!)
Sozialreformismus ist Antikommunismus!
Die positive Einstellung zum Bestreben der Werktätigen, ihre Lage zu
verbessern, paart sich gewöhnlich mit einer Verurteilung ihrer
entschlossenen Aktionen gegen die Unterdrücker, ein Umstand, der
besonders bei der Wertung von revolutionären Massenaktionen spürbar
wird. Das Fehlen eines klaren Klassenstandpunktes schlägt infolgedessen
in einigen Fällen in politisch tendenziöse, gegenüber den grundlegenden
Interessen des Proletariats feindselige Haltung um. [4]
Woran erkennt man den Sozialreformismus?
Allgemeines Merkmal der sozialreformistischen Geschichtsschreibung der
internationalen Arbeiterbewegung ist der Eklektizismus. Nahezu alle
Geschichtsschreiber dieser Richtung bedienen sich gewöhnlich
marxistischer Begriffe und Termini, während sie gleichzeitig ihre
methodologische Grundkonzeption bei den bürgerlichen Forschern
entlehnen. Der Eklektizismus, der die Einheit der Methodologie
ausschließt, führt
zur Verneinung der objektiven Gesetzmäßigkeiten der Arbeiterbewegung und der wissenschaftlichen Periodisierung ihrer Geschichte,
zur Verzerrung der kausalen Zusammenhänge sowie des Verhältnisses von objektiven und subjektiven Faktoren und dergleichen mehr.
Damit wird dem Subjektivismus Tür und Tor geöffnet, wird folgerichtige Darstellung unmöglich gemacht, und
es kommt zu Einseitigkeit und Schematismus.
Eine Abkehr vom Sozialismus
Charakteristisch ist ferner das Bestreben der sozialreformistischen
Geschichtsschreibung, die Entwicklung der Massenarbeiterbewegung
retrospektiv von der Entwicklung des sozialistischen Gedankengutes
loszulösen und beide getrennt zu behandeln, ohne dabei den objektiv
bestehenden Zusammenhang zu berücksichtigen, wodurch die Geschichte
sowohl der Massenbewegung der Werktätigen als auch der sozialistischen
Gedankenwelt entstellt wird. [5]
Die reformistische Verharmlosung des Imperialismus
Bei aller Mannigfaltigkeit der Ansichten zu einzelnen Aspekten der
internationalen Arbeiterbewegung verfechten die sozialreformistischen
Historiker gemeinhin einige gemeinsame Thesen. Vor allem werten sie den
Imperialismus nicht als Entwicklungsstadium des Kapitalismus, sondern
im Geiste der kautskyanischen Tradition als die vom Finanzkapital
bevorzugte Politik, als „politisches Phänomen“. Die neuen Erscheinungen
in Wirtschaft und Politik jener Jahre werden zuweilen mit der
Arbeiterbewegung in Zusammenhang gebracht, aber in erster Linie von der
Warte einer Erweiterung der Zusammenarbeit zwischen Proletariat und
Bourgeoisie aus gesehen.
Bernstein sagt: Bewegung ist alles – Ziel ist nichts!
So soll die historische „Berechtigung“ der sogenannten Herausforderung
des Marxismus durch Bernstein begründet werden, den die rechten Führer
der Sozialdemokratie gewöhnlich als „Vater und Begründer des
demokratischen Sozialismus“ ausgeben. [6] Die „Beweisführung“ für die
falsche These vom „Fehlen“ der objektiven Voraussetzungen für eine
sozialistische Revolution im Weltmaßstab wie auch in einzelnen Ländern
(darunter in Rußland) basiert ebenfalls auf der Tatsache, daß die
Zuspitzung der grundlegenden sozialen Antagonismen der bürgerlichen
Gesellschaft in der Epoche des Imperialismus außer acht gelassen wird.
Das angebliche Verschwinden des Klassenkampfes
Was nun die relativ „friedliche Periode“ in der Geschichte der
internationalen Arbeiterbewegung betrifft, so wird sie von der heutigen
sozialreformistischen Geschichtsschreibung als Zeit des „Abklingens“
des Klassenkampfes und der Beginn des 20. Jahrhunderts ungeachtet der
einschneidenden Veränderungen in den objektiven Entwicklungsbedingungen
der Arbeiterbewegung, vor allem der sich zuspitzenden sozialen und
politischen Lage in den führenden kapitalistischen Ländern, lediglich
als Fortsetzung der „friedlichen Periode“ interpretiert.
Die Lüge vom „friedlichen Übergang“ zum Sozialismus
Die Entwicklung des Monopolkapitalismus wird in einzelnen Fällen als
direkte Verwirklichung der Prinzipien des Sozialismus hingestellt und
die nationale Befreiungsbewegung beinahe als Hindernis auf dem Wege des
Fortschritts gewertet. Gleichzeitig werden Bedeutung und Erfolge der
sozialreformistischen Richtung, die als „Hauptweg“ der internationalen
Arbeiterbewegung hingestellt wird, überbewertet. Dabei werden
Revisionismus und die ihm folgenden anderen Spielarten des
Sozialreformismus entweder gelobpreist [7], worauf bereits eingegangen
wurde, oder aber die Gefahren des Revisionismus abgetan und der
Zentrismus gepriesen. Beide Strömungen werden ungerechtfertigterweise
dem Marxismus gleichgestellt. [8]
Die rechten sozialdemokratischen Volksverführer
Die sozialreformistischen Tendenzen in den Arbeiterparteien Ende des
19./Anfang des 20. Jahrhunderts wie auch in der II. Internationale
werden als die Linie bezeichnet, die den objektiven Bedingungen jener
Zeit und den Interessen des Proletariats entsprochen hätte. Entgegen der
geschichtlichen Wahrheit werden sämtliche Errungenschaften der
Arbeiterorganisationen jener Jahre den Opportunisten und nicht dem
Klassenkampf der Werktätigen zugeschrieben. [9] Gleichzeitig
bagatellisieren die sozialreformistischen Geschichtsschreiber den
Einfluß der revolutionären Richtung innerhalb der internationalen
Arbeiterbewegung um die Jahrhundertwende, um sie so abzuwerten.
Gewöhnlich stellen sie in Abrede, daß die revolutionären
Sozialdemokraten in den Massen sozial verwurzelt waren und sich auf
diese stützten. [10]
Die verächtliche Haltung gegenüber der Revolution
Die sozialreformistischen Geschichtsforscher beziehen gegenüber den
marxistischen Revolutionären in der Arbeiterbewegung vieler Länder der
Welt eine verächtliche Haltung. Ihre Bemühungen richten sich dabei
jedoch vor allem gegen den Leninismus und die Bolschewiki. Den
Bolschewismus bezeichnen sie als Anomalie, als Seitenzweig der
internationalen Arbeiterbewegung, als ein lediglich für einzelne,
„rückständige“ Länder typisches Ergebnis der spezifischen Bedingungen
Rußlands. [11]
(Anmerkung: Die Ablehnung des Bolschewismus ist hier auch gleichzusetzen
mit einer Ablehnung des sozialistischen Aufbaus in der Sowjetunion
unter der Führung J. Stalins!)
Die reaktionäre Rolle der II. Internationale wird vertuscht…
Dem Bestreben, den Einfluß des Leninismus auf die internationale
Arbeiterbewegung [12] sowie die historische Bedeutung der Entstehung und
der Entwicklung einer revolutionären Arbeiterpartei neuen Typus
herabzuwürdigen, dient auch die Tendenz, die heftigen und tiefgehenden
Meinungsverschiedenheiten in der II. Internationale zu Beginn des 20.
Jahrhunderts zu vertuschen und deren Klassencharakter zu verhehlen. [13]
Die gesellschaftlichen Gesetzmäßigkeiten werden geleugnet…
Ein weiterer Wesenszug der sozialreformistischen Geschichtsschreibung
ist, daß die Bedeutung der allgemeinen Gesetzmäßigkeiten des
Klassenkampfes herabgemindert und die Spezifik der Arbeiterbewegung der
einzelnen Länder überbewertet wird. [14] Diese Überbewertung wird
gewöhnlich dazu benutzt, den Opportunismus, insbesondere die
nationalistischen Tendenzen, zu rechtfertigen; sie führt zur
Herabsetzung, ja mitunter zur Leugnung der gemeinsamen Ziele und
Aufgaben der Arbeiterklasse sowie der internationalen Einheit. Dabei
wird die Internationale zuweilen als einfache Summe der nationalen
Arbeiterorganisationen betrachtet und die Rolle der internationalen
Verbindungen sowie des internationalen Zusammenwirkens der Arbeiter
unterschätzt.
Welchen Wert hat die bürgerliche Geschichtsschreibung?
Die bürgerliche Geschichtsschreibung der internationalen
Arbeiterbewegung, ob reaktionär oder liberal, ist von Objektivität weit
entfernt und besitzt insgesamt nur geringfügigen wissenschaftlichen
Wert. Ihre Bemühungen auf diesem Gebiet sind letztlich der Aufgabe
untergeordnet, die Schwächen der proletarischen Organisationen und der
gesamten Arbeiterbewegung herauszufinden, damit die wirksamsten Wege zu
deren Bekämpfung festgelegt werden können. Das schließt natürlich nicht
aus, daß einige Arbeiten bürgerlicher Geschichtsforscher mitunter
nützliches Tatsachenmaterial und einzelne kritische Schlußfolgerungen
enthalten. So verwies Sombart auf die nationalistischen Tendenzen in der
sozialdemokratischen Bewegung Deutschlands und Österreichs [15],
Brunhuber auf die Widersprüche zwischen den Parteiprogrammen und den
Stimmungen der Wähler [16] Einige Arbeiten liefern interessantes
Material zu den internationalen Beziehungen des Proletariats. [17]
(Anmerkung: die bürgerliche Geschichtsschreibung beruht auf einwer
Mischung aus Halbwahrheiten und Lügen. Demnach wird die Rolle der
Sowjetunion bei der Zerschlagung des Faschismus in Europa geleugnet und
der Sozialismus in der DDR durch systematische Fälschungen und
Lügenmärchen verunglimpft.
Trotz mannigfaltiger Strömungen ist die bürgerliche Geschichtsschreibung durch eine Reihe gemeinsamer Merkmale gekennzeichnet.
Die bürgerlichen Historiker sehen die Arbeiterbewegung und die Tätigkeit
der proletarischen Organisationen um die Jahrhundertwende in der Regel
nicht in Zusammenhang mit den sozialökonomischen Bedingungen und dem
Kampf der werktätigen Massen jener· Zeit.
Vom Verständnis für die objektiven Bedingungen und die historischen
Aufgaben der Arbeiterklasse sind sie noch weiter als die
Sozialreformisten entfernt. Keiner von ihnen hat, wie am Beispiel selbst
gründlichster Arbeiten deutlich wird, vermocht, sich in dem
komplizierten Kampf der Strömungen völlig zurechtzufinden.
Für die meisten bürgerlichen Historiker ist die Arbeiterbewegung
entweder eine „apolitische“ Bewegung, die nichts weiter als die
Verbesserung der Lage der Werktätigen fordert [18] oder das „unbewußte
Instrument des Triumphes des Liberalismus“, das heißt der Bourgeoisie,
beziehungsweise eine demokratische Bewegung, der indessen
sozialistisches Ideengut fremd ist. [19] Dabei werden die Widersprüche
zwischen Proletariat und Bourgeoisie bagatellisiert und die
Massenaktionen der Werktätigen negativ gewertet.
Die Sympathien der Autoren gehören gemeinhin den
bürgerlich-reformistischen oder sozialreformistischen Organisationen.
Der politisch-ideologische Kampf innerhalb der Arbeiterbewegung wird
mitunter durch Gleichsetzung der Zentristen mit den revolutionären
Sozialdemokraten und der revolutionären Sozialdemokraten mit den
Anarchosyndikalisten extrem simplifiziert. [20]
Viele Schlußfolgerungen der bürgerlichen Geschichtsschreibung über die
Arbeiterbewegung um die Jahrhundertwende werden in starkem Maße in der
antikommunistischen Massenliteratur herangezogen.
Falsch interpretiert werden die Erfahrungen der Geschichte der
Arbeiterbewegung auch in den Arbeiten, die die weltanschaulichen
Positionen kleinbürgerlicher „ultrarevolutionärer“ Strömungen, von der
„Neuen Linken“ bis hin zu Trotzkisten, Neoanarchisten und anderen
widerspiegeln. Diese Arbeiten sind durch Gleichsetzung der·
Klasseninteressen des Proletariats mit den Interessen der eigenen Sekte
beziehungsweise dieser nahestehenden nichtproletarischen sozialen
Gruppen sowie durch unverhohlene Mißachtung der wissenschaftlichen
Objektivität und des Historismus um einer falsch verstandenen
„politischen Zweckmäßigkeit“ willen gekennzeichnet.
Wie beurteilen die Sozialreformer den Sozialismus?
Den hier abgehandelten Zeitabschnitt in der Geschichte der
internationalen Arbeiterbewegung malen die Autoren dieser Richtung nur
in den schwärzesten Farben. Das Entstehen proletarischer Massenparteien
ist für sie ein Prozeß, bei dem diese „verwässern“ und auf das Niveau
„ökonomischer“ Organisationen des Proletariats sinken. Die Erfolge der
einzelnen nationalen Formationen der Arbeiterklasse beim
wirtschaftlichen und politischen Kampf werten sie als Faktor, der das
revolutionäre Potential der proletarischen Massen schwächt.
Dementsprechend beurteilen sie die Aktivität der Gewerkschaften und
Genossenschaften negativ. Die Erfahrungen in Zusammenhang mit der Arbeit
sozialistischer Parlamentsabgeordneter werden rundweg geleugnet. (Die
Tätigkeit der II. Internationale galt ihnen bereits von Anfang an als
opportunistisch und reformistisch, wobei die Organisation selbst mit
jener gleichgesetzt wird, die nach dem ersten Weltkrieg an ihre Stelle
trat.)
Warum ist die Arbeiterbewegung so „inaktiv“?
Zu den Kardinalproblemen der Arbeiterbewegung in jener Zeit gehörten
auch die Fragen, die mit der Auseinandersetzung zwischen den
verschiedenen Strömungen, vor allem zwischen der revolutionären und der
opportunistischen Tendenz innerhalb der proletarischen
Massenorganisationen, darunter auch der internationalen, zu tun hatten.
Die falsche, unwissenschaftliche Behandlung der Probleme, die sich auf
die sozialen und ökonomischen Ursachen, den ideologischen Inhalt sowie
die politischen Ergebnisse und Auswirkungen des Kampfes zwischen den
diversen Richtungen in der Arbeiterbewegung beziehen, rückt die
Ideologen des „linken“ Opportunismus ungeachtet aller äußerlichen
Unterschiede ganz in die Nähe der rechten Revisionisten.
Die reaktionäre Rolle der Opportunisten
Für die Arbeiten, die aus der Feder von Autoren
anarchosyndikalistischer oder trotzkistischer Prägung stammen, ist das
Bestreben kennzeichnend, den grundsätzlichen Charakter der Divergenzen
in der internationalen proletarischen Bewegung zu entstellen und die
Bedeutung der objektiven Gesetzmäßigkeiten des Klassenkampfes
herabzumindern. Besonders hartnäckig spielen sie die Rolle der
persönlichen Sympathien und Antipathien hoch, wobei sie vergeblich
versuchen, die Richtigkeit des marxistisch-leninistischen
methodologischen Leitsatzes, daß man „nicht Personen und nicht Gruppen,
sondern gerade die Analyse des Klasseninhalts gesellschaftlicher
Strömungen und die ideologisch-politische Untersuchung ihrer
hauptsächlichen, wesentlichen Prinzipien“ [21] zur Grundlage nehmen
muß, in Zweifel zu ziehen.
Kampf gegen den Marxismus-Leninismus auf allen Ebenen
Von diesem Klassenstandpunkt aus sind alle Bemühungen der Ideologen des
Anarchismus und des Trotzkismus, ihre Gegner, die den schöpferischen
Marxismus und Leninismus verfechten, mit jeglichen Mitteln (darunter
durch Anhängen aller möglichen Eigenschaften) in Verruf zu bringen,
ganz besonders untauglich. Am charakteristischsten für diese Linie sind
die Versuche einiger „Theoretiker“, sowohl die wichtigsten Fragen der
Geschichte der internationalen Arbeiterbewegung als auch die
eigentlichen Begriffe „Revisionismus“, „Sozialimperialismus“ usw.
außerhalb des geschichtlichen Zusammenhanges und losgelöst von den
Realitäten des Klassenkampfes zu sehen, wobei sie ihre falschen
Interpretationen für den Kampf gegen die wahren Marxisten-Leninisten
nutzen.
Anmerkungen:
[1] Siehe W.I. Lenin: Plan einer Vorlesung über die Kommune. In: Werke, Ed. 8, S. 198.
[2] S. Web: Wahrer und falscher Sozialismus. „Der Sozialismus in
England“. Petrograd_1918, muss.; B. Wee: Die Genossenschaftsbewegung in
Großbritannien. Moskau 1918, russ.; T. Kirkup: A History of Socialism.
London 1906; E. Vandervelde: Neutrale und sozialistische
Genossenschaften. Stuttgart 1914.
[3] G. D. H. Cole: A History of Socialist Thought. Vol. III. The Second
International 18891914, p. 1, 2. London 195$; J. Braunthal: Geschichte
der Internationale, Bd. I, Hannover 1961; K. Kautsky: Die
Internationale. Wien 1920; P. Louis: Cent cinquante ans de pensee
socialiste. Paris 1953.
[4] Siehe zum Beispiel „The Encyclopedia of the Labor Movement“, vol.
1-3, Detroit 1971; C. A. Landauer: European Socialism. A History of
Ideas and Movements, vol. I. Berkley and Los Angeles 1959; „Die
Sozialdemokratie. Geschichtsabriß und Standortbestimmung“. Hamburg 1972,
und andere.
[5] Typisch in dieser Hinsicht sind G. D. II. Cole: a. a. O.; A. Gran:
The Socialist Tradition from Moses to Lenin. New York-London-Toronto
1946; H. Felling:· A Short History of the Labour Party. London 1964; S.
Miller: Das Problem der Freiheit im Sozialismus. Freiheit, Staat und
Revolution in der Programmatik· der Sozialdemokratie von Lassalle bis
zum Revisionismusstreit. Frankfurt a. M. 1964.
[6] P. Gay:· The Dilemma of Democratic Socialism. Eduard Bernstein’s
Cballenge to Marx. New York 1952; ,,Vorwärts“, 17. Januar 1974; H.
Wachenheim: Die deutsche Arbeiterbewegung 18441914. Köln Opladen 1967;
„Histoires des doctrines sociales du Parti Ouvrier Belge au Parti
Socialiste Belge“, Bruxelles 1974, p. 30/31.
[7] Siehe zum Beispiel H. W. Laidder: History of Socialist Thought. New
York 1927; D. Ligou: Histoire du socialisme en France (1871-1961). Paris
1962; J. Pree: The International Labour Movement. London-New
York-Toronto 1945; H. Schmidt: Kritischer Rationalismus und
Sozialdemokratie (Vorwort). Berlin-Bonn-Bad Godesberg 1975.
[8] Siehe zum Beispiel J. Braunthal: a. a. O.; Compere-Morel: Grand dictionnaire socialiste. Paris 1924.
[9] Siehe zum Beispiel J. Deutschkron, F. Heine: The International.
Hannover 1966; H. W. Laidder: History of Socialism. Ne York 1968; N.
Mackenzie: Socialism. A Short History. London 1966; 0. Pollak: Das ABC
der Internationale. Wien 1928; W. Theimer: Von Bebel zu Ollenhauer.
München 1957, etc.
[10] Siehe zum Beispiel J. Conlin: Bread and Ross too. Westport 1970; P.
van der Esch: La deuxieme Internationale 1889-1923. Paris 1957; H.
Felling: a. a. O.; J. Weinstein: The Decline of Socialism in America,
19021925. New York London 1967; H.-J. Steinberg: Sozialismus und
deutsche Sozialdemokratie. Zur Ideologie der Partei vor dem I.
Weltkrieg. Hannover 1967, und andere.
[11] Siehe zum Beispiel G. D. H. Cole: a. a. 0.; J. Braunthal: a. a. O.; C. Landauer: a. a. O.
[12] Siehe zum Beispiel J. Braunthal: Geschichte der Internationale,
Bd. II, Hannover 1971; A. Schlesinger: Lenin as a Member of the
International Socialist Bureau. „Soviet Studies vol. XVI, 1965, N.
[13] Siehe zum Beispiel G. D. ff. Cole: a. a. 0.; P. van der Esch: a. a. O.
[14] Siehe zum Beispiel „International. A Documentary History“. New York
1970; ff. W. Laidder: History of Socialism; B. G. de Montgomery:
British and Continental Labour Policy. London 1923, etc.
[15] W. Sombart: Die Arbeiterinternationale. Sankt Petersburg 1906, russ.
[16] R. Brunhuber: Die heutige Sozialdemokratie. Jena 1906. “
[17] Siehe zum Beispiel L. Lorwin: The International Labour Movement. History, Policies, Outlook. New York 1953.
[18] Zum Beispiel P. Taft: The American Federation of Labor in the Time
of Gompers. New York 1970; G. Grob: Workers and Utopia. A Study of
Ideological Conflict in the American Labor Movement. Evanston 1961.
[19] Zum Beispiel E. Tompson: The Making of the British Working Class. London 1963.
[20] Zum Beispiel H. Rothfels: Marxismus und auswärtige Politik. München und Berlin 1922.
[21] W.I. Lenin: Unter fremder Flagge. In: Werke, Bd. 21, S. 143.
Quelle: Die internationale Arbeiterbewegung in sieben Bänden, Verlag
Progreß Moskau, 1981, Bd. 2, S. 689-695. (Zwischenüberschriften
eingefügt!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen