Sonntag, 18. Juni 2023

Arbeiterbewegung und Geschichtsfälscher - sascha313

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Die internationale Arbeiterbewegung und die sozialreformistischen Geschichtsfälscher
Erstellt am 18. Juni 2023 von sascha313


Es ist klar, daß wir uns heute aufgrund der massiven ideologischen Beeinflussung durch die Massenmedien (Zeitungsartikel, Bücher, sog. „Dokus“ und Nachrichten) mit einer Fülle von Geschichtsfälschungen konfrontiert sehen. Dies alles dient der Ablenkung vom Hauptwiderspruch unserer Epoche (dem Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit) und der Verhinderung des Klassenkampfes zwischen Bourgeoisie und Proletariat. Da werden Bücher veröffentlicht „über den wahren Stalin“, Zeitungsbeiträge über das „Staatsdoping in der DDR“, über „die Schtasi“ usw. usf. In schöner Regelmäßigkeit wird fast jede Woche „eine neue Sau durch Dorf getrieben“, egal ob es sich dabei um den vermeintlich drohenden „Klimawandel“, um eine erfundene „Pandemie“ oder um den angeblich „völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Putins auf die Ukraine“ handelt. Auch die Geschichte der Arbeiterbewegung ist solchen Fälschungen ausgesetzt. Mit Letzterem hat sich 1981 ein sowjetisches Autorenkollektiv unter Leitung von Prof. W.W. Sagladin befaßt. Daraus nun einige interessante Auszüge…

Die Lehren aus der Geschichte
In den Augen der Marxisten-Leninisten wird die Bedeutung der Kontinuität der Erfahrungen, Lehren und Traditionen, die sich das Weltproletariat bei seinem Voranschreiten zu eigen macht, durch die Spezifik jeder Epoche nicht gemindert, sondern im Gegenteil noch stärker hervorgehoben. Diese Kontinuität eben meinte Lenin, als er beispielsweise von der internationalen Bedeutung der Pariser Kommune sprach und betonte, daß sie das Proletariat gelehrt habe, die Aufgaben der sozialistischen Revolution konkret zu stellen, und daß die Bolschewiki „auf den Schultern der Kommune“ [1] stehen.

Heftige politische und ideologische Kämpfe
Um die Wertung der internationalen Erfahrungen, die die Arbei­terbewegung im zur Debatte stehenden Zeitraum gesammelt hat, gibt es naturgemäß einen heftigen politischen und ideologischen Kampf. Starke diesbezügliche Aktivität entfaltet die sozialreformistische Geschichtsschreibung, die um die Jahrhundertwende von S. und B. Wob, E. Bernstein, E. Vandervelde, T. Kirkup und anderen [2] begründet und später in den Büchern und Artikeln von K. Kautsky, P. Louis, G. D. H. Cole, J. Braunthal und anderen Sozialreformisten weiterentwickelt wurde. [3] In ihrer Entwicklung lassen sich mehrere Etappen unterscheiden.

Die Lüge von der Reformierbarkeit des Kapitalismus
Die Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts entstandene Literatur spiegelte die Ansichten der diversen Strömungen innerhalb des Sozialreformismus wider: des Zentrums, das auf eine eigene Interpretation des Marxismus Anspruch erhob und den Marxismus mit den verschiedenen bürgerlichen Lehren vereinigen wollte, und der Rechten, die sich vom Marxismus losge­sagt hatten und die bürgerliche Ideologie nun unmittelbar als ihre ansahen. Dabei enthalten einige Bücher von Sozialreformisten über die internationale Arbeiterbewegung zu Beginn des 20. Jahr­hunderts, beispielsweise Arbeiten von S. und B. Webb, von Cole, Louis, und anderen umfangreiches Tatsachenmaterial zu vielen, hauptsächlich partiellen Fragen.

Der Kampf gegen den Bolschewismus von Hitler bis Ollenhauer
Später dann, vornehmlich nach dem ersten Weltkrieg, gewann die rechtsreformistische Strömung die Oberhand und nahm die Feindseligkeit gegenüber dem revolutionä­ren Flügel der Arbeiterbewegung, namentlich gegenüber den Bol­schewiki und dem Leninismus, extreme, ja oftmals pathologische Formen an. Diese Arbeiten verloren an wissenschaftlichem Wert. Insgesamt haften der sozialreformistischen Geschichtsschreibung prinzipielle Fehler an, die es ihr verwehren, ein wahrheitsgetreues Bild der internationalen Arbeiterbewegung jener Zeit zu zeichnen. Vor allem das Herangehen der Sozialreformisten an das Studium und die Beleuchtung des damaligen Zeitgeschehens ist klassenmäßig inkonsequent.

(Anmerkung: Es ist kein „Fehler“ in der Geschichtsschreibung, daß der Kapitalismus reformierbar sei, sondern eine glatte Lüge!)
Sozialreformismus ist Antikommunismus!
Die positive Einstellung zum Bestreben der Werktä­tigen, ihre Lage zu verbessern, paart sich gewöhnlich mit einer Verurteilung ihrer entschlossenen Aktionen gegen die Unterdrücker, ein Umstand, der besonders bei der Wertung von revolutionären Massenaktionen spürbar wird. Das Fehlen eines klaren Klassen­standpunktes schlägt infolgedessen in einigen Fällen in politisch tendenziöse, gegenüber den grundlegenden Interessen des Proleta­riats feindselige Haltung um. [4]

Woran erkennt man den Sozialreformismus?
Allgemeines Merkmal der sozialreformistischen Geschichtsschrei­bung der internationalen Arbeiterbewegung ist der Eklektizismus. Nahezu alle Geschichtsschreiber dieser Richtung bedienen sich gewöhnlich marxistischer Begriffe und Termini, während sie gleich­zeitig ihre methodologische Grundkonzeption bei den bürgerlichen Forschern entlehnen. Der Eklektizismus, der die Einheit der Metho­dologie ausschließt, führt

zur Verneinung der objektiven Gesetzmäßigkeiten der Arbeiterbewegung und der wissenschaftlichen Periodisierung ihrer Geschichte,
zur Verzerrung der kausalen Zusam­menhänge sowie des Verhältnisses von objektiven und subjektiven Faktoren und dergleichen mehr.
Damit wird dem Subjektivismus Tür und Tor geöffnet, wird folgerichtige Darstellung unmöglich gemacht, und
es kommt zu Einseitigkeit und Schematismus.
Eine Abkehr vom Sozialismus
Cha­rakteristisch ist ferner das Bestreben der sozialreformistischen Ge­schichtsschreibung, die Entwicklung der Massenarbeiterbewegung retrospektiv von der Entwicklung des sozialistischen Gedankengutes loszulösen und beide getrennt zu behandeln, ohne dabei den objektiv bestehenden Zusammenhang zu berücksichtigen, wodurch die Ge­schichte sowohl der Massenbewegung der Werktätigen als auch der sozialistischen Gedankenwelt entstellt wird. [5]

Die reformistische Verharmlosung des Imperialismus
Bei aller Mannigfaltigkeit der Ansichten zu einzelnen Aspekten der internationalen Arbeiterbewegung verfechten die sozialreformi­stischen Historiker gemeinhin einige gemeinsame Thesen. Vor allem werten sie den Imperialismus nicht als Entwicklungs­stadium des Kapitalismus, sondern im Geiste der kautskyanischen Tradition als die vom Finanzkapital bevorzugte Politik, als „politi­sches Phänomen“. Die neuen Erscheinungen in Wirtschaft und Poli­tik jener Jahre werden zuweilen mit der Arbeiterbewegung in Zusam­menhang gebracht, aber in erster Linie von der Warte einer Erweite­rung der Zusammenarbeit zwischen Proletariat und Bourgeoisie aus gesehen.

Bernstein sagt: Bewegung ist alles – Ziel ist nichts!
So soll die historische „Berechtigung“ der sogenannten Herausforderung des Marxismus durch Bernstein begründet werden, den die rechten Führer der Sozialdemokratie gewöhnlich als „Vater und Begründer des demokratischen Sozialismus“ ausgeben. [6] Die „Beweisführung“ für die falsche These vom „Fehlen“ der objektiven Voraussetzungen für eine sozialistische Revolution im Weltmaßstab wie auch in einzelnen Ländern (darunter in Rußland) basiert ebenfalls auf der Tatsache, daß die Zuspitzung der grundle­genden sozialen Antagonismen der bürgerlichen Gesellschaft in der Epoche des Imperialismus außer acht gelassen wird.

Das angebliche Verschwinden des Klassenkampfes
Was nun die relativ „friedliche Periode“ in der Geschichte der internationalen Arbeiterbewegung betrifft, so wird sie von der heu­tigen sozialreformistischen Geschichtsschreibung als Zeit des „Ab­klingens“ des Klassenkampfes und der Beginn des 20. Jahrhunderts ungeachtet der einschneidenden Veränderungen in den objektiven Entwicklungsbedingungen der Arbeiterbewegung, vor allem der sich zuspitzenden sozialen und politischen Lage in den führenden kapi­talistischen Ländern, lediglich als Fortsetzung der „friedlichen Periode“ interpretiert.

Die Lüge vom „friedlichen Übergang“ zum Sozialismus
Die Entwicklung des Monopolkapitalismus wird in einzelnen Fällen als direkte Verwirklichung der Prinzipien des Sozialismus hingestellt und die nationale Befreiungsbewegung beinahe als Hindernis auf dem Wege des Fortschritts gewertet. Gleichzeitig werden Bedeutung und Erfolge der sozialreformistischen Richtung, die als „Hauptweg“ der internationalen Arbeiterbewegung hingestellt wird, überbewertet. Dabei werden Revisio­nismus und die ihm folgenden anderen Spielarten des Sozialrefor­mismus entweder gelobpreist [7], worauf bereits eingegangen wurde, oder aber die Gefahren des Revisionismus abgetan und der Zentris­mus gepriesen. Beide Strömungen werden ungerechtfertigterweise dem Marxismus gleichgestellt. [8]

Die rechten sozialdemokratischen Volksverführer
Die sozialreformistischen Tendenzen in den Arbeiterparteien Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts wie auch in der II. Internationale werden als die Linie bezeichnet, die den objektiven Bedingungen jener Zeit und den Interessen des Proletariats entsprochen hätte. Entgegen der geschichtlichen Wahr­heit werden sämtliche Errungenschaften der Arbeiterorganisationen jener Jahre den Opportunisten und nicht dem Klassenkampf der Werktätigen zugeschrieben. [9] Gleichzeitig bagatellisieren die sozial­reformistischen Geschichtsschreiber den Einfluß der revolutionären Richtung innerhalb der internationalen Arbeiterbewegung um die Jahrhundertwende, um sie so abzuwerten. Gewöhnlich stellen sie in Abrede, daß die revolutionären Sozialdemokraten in den Massen sozial verwurzelt waren und sich auf diese stützten. [10]

Die verächtliche Haltung gegenüber der Revolution
Die sozialreformistischen Geschichtsforscher beziehen gegenüber den marxistischen Revolutionären in der Arbeiterbewegung vieler Länder der Welt eine verächtliche Haltung. Ihre Bemühungen richten sich dabei jedoch vor allem gegen den Leninismus und die Bolschewiki. Den Bolschewismus bezeichnen sie als Anomalie, als Seitenzweig der internationalen Arbeiterbewegung, als ein lediglich für einzelne, „rückständige“ Länder typisches Ergebnis der spezifi­schen Bedingungen Rußlands. [11]

(Anmerkung: Die Ablehnung des Bolschewismus ist hier auch gleichzusetzen mit einer Ablehnung des sozialistischen Aufbaus in der Sowjetunion unter der Führung J. Stalins!)  
Die reaktionäre Rolle der II. Internationale wird vertuscht…
Dem Bestreben, den Einfluß des Leninismus auf die internationale Arbeiterbewegung [12] sowie die historische Bedeutung der Entstehung und der Entwicklung einer revolutionären Arbeiterpartei neuen Typus herabzuwürdigen, dient auch die Tendenz, die heftigen und tiefgehenden Meinungsverschie­denheiten in der II. Internationale zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu vertuschen und deren Klassencharakter zu verhehlen. [13]

Die gesellschaftlichen Gesetzmäßigkeiten werden geleugnet…
Ein weiterer Wesenszug der sozialreformistischen Geschichts­schreibung ist, daß die Bedeutung der allgemeinen Gesetzmäßigkeiten des Klassenkampfes herabgemindert und die Spezifik der Arbeiter­bewegung der einzelnen Länder überbewertet wird. [14] Diese Überbe­wertung wird gewöhnlich dazu benutzt, den Opportunismus, ins­besondere die nationalistischen Tendenzen, zu rechtfertigen; sie führt zur Herabsetzung, ja mitunter zur Leugnung der gemeinsamen Ziele und Aufgaben der Arbeiterklasse sowie der internationalen Einheit. Dabei wird die Internationale zuweilen als einfache Summe der nationalen Arbeiterorganisationen betrachtet und die Rolle der internationalen Verbindungen sowie des internationalen Zusam­menwirkens der Arbeiter unterschätzt.

Welchen Wert hat die bürgerliche Geschichtsschreibung?
Die bürgerliche Geschichtsschreibung der internationalen Arbeiterbewe­gung, ob reaktionär oder liberal, ist von Objektivität weit entfernt und besitzt insgesamt nur geringfügigen wissenschaftlichen Wert. Ihre Bemühungen auf diesem Gebiet sind letztlich der Aufgabe unter­geordnet, die Schwächen der proletarischen Organisationen und der gesamten Arbeiterbewegung herauszufinden, damit die wirk­samsten Wege zu deren Bekämpfung festgelegt werden können. Das schließt natürlich nicht aus, daß einige Arbeiten bürgerlicher Geschichtsforscher mitunter nützliches Tatsachenmaterial und ein­zelne kritische Schlußfolgerungen enthalten. So verwies Sombart auf die nationalistischen Tendenzen in der sozialdemokratischen Bewe­gung Deutschlands und Österreichs [15], Brunhuber auf die Wider­sprüche zwischen den Parteiprogrammen und den Stimmungen der Wähler [16] Einige Arbeiten liefern interessantes Material zu den internationalen Beziehungen des Proletariats. [17]

(Anmerkung: die bürgerliche Geschichtsschreibung beruht auf einwer Mischung aus Halbwahrheiten und Lügen. Demnach wird die Rolle der Sowjetunion bei der Zerschlagung des Faschismus in Europa geleugnet und der Sozialismus in der DDR durch systematische Fälschungen und Lügenmärchen verunglimpft.
Trotz mannigfaltiger Strömungen ist die bürgerliche Geschichts­schreibung durch eine Reihe gemeinsamer Merkmale gekennzeichnet.

Die bürgerlichen Historiker sehen die Arbeiterbewegung und die Tätigkeit der proletarischen Organisationen um die Jahrhundert­wende in der Regel nicht in Zusammenhang mit den sozialökonomi­schen Bedingungen und dem Kampf der werktätigen Massen jener· Zeit.
Vom Verständnis für die objektiven Bedingungen und die historischen Aufgaben der Arbeiterklasse sind sie noch weiter als die Sozialreformisten entfernt. Keiner von ihnen hat, wie am Beispiel selbst gründlichster Arbeiten deutlich wird, vermocht, sich in dem komplizierten Kampf der Strömungen völlig zurechtzufinden.
Für die meisten bürgerlichen Historiker ist die Arbeiterbewegung entweder eine „apolitische“ Bewegung, die nichts weiter als die Verbesserung der Lage der Werktätigen fordert [18] oder das „unbe­wußte Instrument des Triumphes des Liberalismus“, das heißt der Bourgeoisie, beziehungsweise eine demokratische Bewegung, der indessen sozialistisches Ideengut fremd ist. [19] Dabei werden die Widersprüche zwischen Proletariat und Bourgeoisie bagatellisiert und die Massenaktionen der Werktätigen negativ gewertet.
Die Sympathien der Autoren gehören gemeinhin den bürgerlich-reformi­stischen oder sozialreformistischen Organisationen. Der politisch-ideologische Kampf innerhalb der Arbeiterbewegung wird mitunter durch Gleichsetzung der Zentristen mit den revolutionären Sozial­demokraten und der revolutionären Sozialdemokraten mit den Anarchosyndikalisten extrem simplifiziert. [20]
Viele Schlußfolgerungen der bürgerlichen Geschichtsschreibung über die Arbeiterbewegung um die Jahrhundertwende werden in star­kem Maße in der antikommunistischen Massenliteratur herangezogen.
Falsch interpretiert werden die Erfahrungen der Geschichte der Arbeiterbewegung auch in den Arbeiten, die die weltanschaulichen Positionen kleinbürgerlicher „ultrarevolutionärer“ Strömungen, von der „Neuen Linken“ bis hin zu Trotzkisten, Neoanarchisten und ande­ren widerspiegeln. Diese Arbeiten sind durch Gleichsetzung der· Klasseninteressen des Proletariats mit den Interessen der eigenen Sekte beziehungsweise dieser nahestehenden nichtproletarischen sozialen Gruppen sowie durch unverhohlene Mißachtung der wis­senschaftlichen Objektivität und des Historismus um einer falsch verstandenen „politischen Zweckmäßigkeit“ willen gekennzeichnet.
Wie beurteilen die Sozialreformer den Sozialismus?
Den hier abgehandelten Zeitabschnitt in der Geschichte der internationalen Arbeiterbewegung malen die Autoren dieser Rich­tung nur in den schwärzesten Farben. Das Entstehen proletarischer Massenparteien ist für sie ein Prozeß, bei dem diese „verwässern“ und auf das Niveau „ökonomischer“ Organisationen des Proletariats sinken. Die Erfolge der einzelnen nationalen Formationen der Ar­beiterklasse beim wirtschaftlichen und politischen Kampf werten sie als Faktor, der das revolutionäre Potential der proletarischen Massen schwächt.

Dementsprechend beurteilen sie die Aktivität der Gewerkschaften und Genossenschaften negativ. Die Erfahrungen in Zusammenhang mit der Arbeit sozialistischer Parlamentsabgeordne­ter werden rundweg geleugnet. (Die Tätigkeit der II. Internationale galt ihnen bereits von Anfang an als opportunistisch und reformi­stisch, wobei die Organisation selbst mit jener gleichgesetzt wird, die nach dem ersten Weltkrieg an ihre Stelle trat.)
Warum ist die Arbeiterbewegung so „inaktiv“?
Zu den Kardinalproblemen der Arbeiterbewegung in jener Zeit gehörten auch die Fragen, die mit der Auseinandersetzung zwischen den verschiedenen Strömungen, vor allem zwischen der revolutionären und der opportunistischen Tendenz innerhalb der proletarischen Massenorganisationen, darunter auch der internationalen, zu tun hatten. Die falsche, unwissenschaftliche Behandlung der Probleme, die sich auf die sozialen und ökonomischen Ursachen, den ideologi­schen Inhalt sowie die politischen Ergebnisse und Auswirkungen des Kampfes zwischen den diversen Richtungen in der Arbeiterbewegung beziehen, rückt die Ideologen des „linken“ Opportunismus ungeachtet aller äußerlichen Unterschiede ganz in die Nähe der rechten Revisio­nisten.

Die reaktionäre Rolle der Opportunisten
Für die Arbeiten, die aus der Feder von Autoren anarchosyndi­kalistischer oder trotzkistischer Prägung stammen, ist das Bestreben kennzeichnend, den grundsätzlichen Charakter der Divergenzen in der internationalen proletarischen Bewegung zu entstellen und die Bedeutung der objektiven Gesetzmäßigkeiten des Klassenkampfes herabzumindern. Besonders hartnäckig spielen sie die Rolle der persönlichen Sympathien und Antipathien hoch, wobei sie vergeb­lich versuchen, die Richtigkeit des marxistisch-leninistischen metho­dologischen Leitsatzes, daß man „nicht Personen und nicht Gruppen, sondern gerade die Analyse des Klasseninhalts gesellschaftlicher Strömungen und die ideologisch-politische Untersuchung ihrer haupt­sächlichen, wesentlichen Prinzipien“ [21] zur Grundlage nehmen muß, in Zweifel zu ziehen.

Kampf gegen den Marxismus-Leninismus auf allen Ebenen
Von diesem Klassenstandpunkt aus sind alle Bemühungen der Ideologen des Anarchismus und des Trotzkismus, ihre Gegner, die den schöpferischen Marxismus und Leninismus verfechten, mit jeglichen Mitteln (darunter durch Anhängen aller möglichen Eigen­schaften) in Verruf zu bringen, ganz besonders untauglich. Am cha­rakteristischsten für diese Linie sind die Versuche einiger „Theoreti­ker“, sowohl die wichtigsten Fragen der Geschichte der internationa­len Arbeiterbewegung als auch die eigentlichen Begriffe „Revisionis­mus“, „Sozialimperialismus“ usw. außerhalb des geschichtlichen Zusammenhanges und losgelöst von den Realitäten des Klassen­kampfes zu sehen, wobei sie ihre falschen Interpretationen für den Kampf gegen die wahren Marxisten-Leninisten nutzen.


Anmerkungen:

[1] Siehe W.I. Lenin: Plan einer Vorlesung über die Kommune. In: Werke, Ed. 8, S. 198.
[2] S. Web: Wahrer und falscher Sozialismus. „Der Sozia­lismus in England“. Petrograd_1918, muss.; B. Wee: Die Ge­nossenschaftsbewegung in Großbritannien. Moskau 1918, russ.; T. Kirkup: A History of Socialism. London 1906; E. Vander­velde: Neutrale und sozialistische Genossenschaften. Stuttgart 1914.
[3] G. D. H. Cole: A History of Socialist Thought. Vol. III. The Second International 18891914, p. 1, 2. London 195$; J. Braunthal: Geschichte der Internationale, Bd. I, Hannover 1961; K. Kautsky: Die Internationale. Wien 1920; P. Louis: Cent cinquante ans de pensee socialiste. Paris 1953.
[4] Siehe zum Beispiel „The Encyclopedia of the Labor Move­ment“, vol. 1-3, Detroit 1971; C. A. Landauer: European Socialism. A History of Ideas and Movements, vol. I. Berkley and Los Angeles 1959; „Die Sozialdemokratie. Geschichtsabriß und Standortbestimmung“. Hamburg 1972, und andere.
[5] Typisch in dieser Hinsicht sind G. D. II. Cole: a. a. O.; A. Gran: The Socialist Tradition from Moses to Lenin. New York-London-Toronto 1946; H. Felling:· A Short History of the Labour Party. London 1964; S. Miller: Das Problem der Freiheit im Sozialismus. Freiheit, Staat und Revolution in der Programmatik· der Sozialdemokratie von Lassalle bis zum Revisionismusstreit. Frankfurt a. M. 1964.
[6] P. Gay:· The Dilemma of Democratic Socialism. Eduard Bernstein’s Cballenge to Marx. New York 1952; ,,Vorwärts“, 17. Januar 1974; H. Wachenheim: Die deutsche Arbeiterbewe­gung 18441914. Köln Opladen 1967; „Histoires des doctri­nes sociales du Parti Ouvrier Belge au Parti Socialiste Belge“, Bruxelles 1974, p. 30/31.
[7] Siehe zum Beispiel H. W. Laidder: History of Socialist Thought. New York 1927; D. Ligou: Histoire du socialisme en France (1871-1961). Paris 1962; J. Pree: The International Labour Movement. London-New York-Toronto 1945; H. Schmidt: Kritischer Rationalismus und Sozialdemokratie (Vorwort). Berlin-Bonn-Bad Godesberg 1975.
[8] Siehe zum Beispiel J. Braunthal: a. a. O.; Compere-Morel: Grand dictionnaire socialiste. Paris 1924.
[9] Siehe zum Beispiel J. Deutschkron, F. Heine: The Internatio­nal. Hannover 1966; H. W. Laidder: History of Socialism. Ne York 1968; N. Mackenzie: Socialism. A Short History. London 1966; 0. Pollak: Das ABC der Internationale. Wien 1928; W. Theimer: Von Bebel zu Ollenhauer. München 1957, etc.
[10] Siehe zum Beispiel J. Conlin: Bread and Ross too. Westport 1970; P. van der Esch: La deuxieme Internationale 1889-1923. Paris 1957; H. Felling: a. a. O.; J. Weinstein: The Decline of Socialism in America, 19021925. New York London 1967; H.-J. Steinberg: Sozialismus und deutsche Sozialdemokratie. Zur Ideologie der Partei vor dem I. Weltkrieg. Hannover 1967, und andere.
[11] Siehe zum Beispiel G. D. H. Cole: a. a. 0.; J. Braunthal: a. a. O.; C. Landauer: a. a. O.
[12] Siehe zum Beispiel J. Braunthal: Geschichte der Internatio­nale, Bd. II, Hannover 1971; A. Schlesinger: Lenin as a Member of the International Socialist Bureau. „Soviet Studies vol. XVI, 1965, N.
[13] Siehe zum Beispiel G. D. ff. Cole: a. a. 0.; P. van der Esch: a. a. O.
[14] Siehe zum Beispiel „International. A Documentary History“. New York 1970; ff. W. Laidder: History of Socialism; B. G. de Montgomery: British and Continental Labour Policy. London 1923, etc.
[15] W. Sombart: Die Arbeiterinternationale. Sankt Petersburg 1906, russ.
[16] R. Brunhuber: Die heutige Sozialdemokratie. Jena 1906. “
[17] Siehe zum Beispiel L. Lorwin: The International Labour Movement. History, Policies, Outlook. New York 1953.
[18] Zum Beispiel P. Taft: The American Federation of Labor in the Time of Gompers. New York 1970; G. Grob: Workers and Utopia. A Study of Ideological Conflict in the American Labor Movement. Evanston 1961.
[19] Zum Beispiel E. Tompson: The Making of the British Working Class. London 1963.
[20] Zum Beispiel H. Rothfels: Marxismus und auswärtige Politik. München und Berlin 1922.
[21] W.I. Lenin: Unter fremder Flagge. In: Werke, Bd. 21, S. 143.
Quelle: Die internationale Arbeiterbewegung in sieben Bänden, Verlag Progreß Moskau, 1981, Bd. 2, S. 689-695. (Zwischenüberschriften eingefügt!


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