Mittwoch, 30. Januar 2019

AUFRUF DER GELBEN WESTEN



Ein interessantes Dokument zum Aufstand in Frankreich: „Aufruf der ersten Generalversammlung der gelben Westen“


VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 30. JANUAR 2019⋅

Am Sonntag erschien in der französischen Zeitschrift Humanité ein Aufruf einer Versammlung der gelben Westen aus dem ganzen Land. Sie nennen sich Generalversammlung. Das Dokument – siehe unten – ist ausgesprochen intelligent geschrieben und interessant. Es zeigt deutlich, dass es in Frankreich um einen Klassenkampf geht, wie überall übrigens. Marco Wenzel, unser Lothringer und NachDenkSeiten-Macher in Thailand, hat dieses Dokument gefunden und übersetzt. Danke vielmals. Albrecht Müller.



Darüber, wie der Klassenkampf im konkreten Fall ausgehen kann und wird, kann man streiten, beiseite stehen können wir nicht. Wir haben in der Redaktion darüber gestritten. Es gab die Meinung, dass zum Beispiel die Überschrift meines Artikels vom 23. Januar “Mit brutaler Gewalt wird der Klassenkampf von oben gewonnen. Das ist absehbar.” viel zu pessimistisch ausgefallen sei. Wenn man keine Hoffnung habe, dann könne man gleich aufgeben. Ich verstehe diesen Einwand. Was meinen Sie?

Liebe Leserinnen und Leser, bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir in dieser Zeit so viele Texte und Dokumente darüber veröffentlichen, was sich in unserem Nachbarland abspielt. Das hat einen einfachen Grund. Dort versammeln sich nunmehr seit zwölf Wochen die von der neoliberalen Ideologie und Praxis geschundenen Menschen. Sie stehen auf gegen diese Ideologie und gegen die damit verbündete Staatsmacht. Und diese schlägt zurück. Beides haben die NachDenkSeiten kontinuierlich dokumentiert und sind damit auch zu einer wichtigen deutschen Quelle zur Information über die Entwicklung in Frankreich geworden.

Wenn Sie Freunde und Bekannte haben, die sich für Frankreich oder auch nur für die Chance eines Aufstands gegen die herrschenden Verhältnisse interessieren, dann informieren Sie diese bitte über Ihren Mailverteiler. Hier finden Sie Links zu Artikeln, die in den letzten Tagen auf den NachDenkSeiten erschienen sind:

23. Januar 2019: Mit brutaler Gewalt wird der Klassenkampf von oben gewonnen. Das ist absehbar.
24. Januar 2019: Übersetzung der Liste der von der französischen Polizei ruinierten Menschen
28. Januar 2019: „Familie, ich werde mein Auge verlieren“ – In Frankreich wurde offensichtlich auf die Köpfe gezielt. Lesermails.



Hier nun der Aufruf der ersten Generalversammlung der gelben Westen

Sonntag, 27. Januar 2019

Wir, die Gelben Westen von den Kreisverkehren, Parkplätzen, den Demonstrationen und aus den Versammlungen, haben uns am 26. und 27. Januar 2019 zu einer Versammlung der Versammlungen getroffen. Etwa hundert Delegationen sind so dem Aufruf der Gelben Westen aus Commercy gefolgt.

Seit dem 17. November haben wir uns vom kleinsten Dorf, vom ländlichen Raum bis zur größten Stadt gegen diese zutiefst gewalttätige, ungerechte und unerträgliche Gesellschaft erhoben. Wir lassen das nicht weiter so geschehen! Wir lehnen uns gegen die hohen Lebenshaltungskosten, die Unsicherheit und die Armut auf. Wir wollen in Würde für unsere Lieben, unsere Familien und unsere Kinder leben. 26 Milliardäre besitzen so viel wie die Hälfte der Menschheit, das ist inakzeptabel. Teilen wir den Reichtum anstatt das Elend! Lasst uns der sozialen Ungleichheit ein Ende setzen! Wir fordern eine sofortige Erhöhung der Löhne, der sozialen Mindeststandards, der Zulagen und Renten, ein bedingungsloses Recht auf Wohnung und Gesundheit, Bildung und kostenlose öffentliche Dienste für Alle.

Dafür besetzen wir täglich den Kreisverkehr und organisieren Aktionen, Demonstrationen und Debatten überall. Mit unseren gelben Westen melden wir uns wieder zu Wort, wir, die das Wort sonst nie haben.

Und was ist die Antwort der Regierung darauf? Unterdrückung, Verachtung, Verunglimpfung, Tote und Tausende von Verwundeten, der massive Einsatz von Waffen, Schüsse, die uns verstümmeln und erblinden lassen, uns verwunden und traumatisieren. Mehr als 1000 Menschen wurden bereits willkürlich verurteilt und inhaftiert. Und jetzt soll das neue so genannte “Anti-Randalierer”-Gesetz uns auch noch darin hindern, dass wir weiterhin demonstrieren. Wir verurteilen jede Gewalt gegen Demonstranten, sowohl durch die Polizei als auch von kleinen gewalttätigen Gruppen. Nichts von allem davon wird uns aber aufhalten! Demonstrieren ist ein Grundrecht. Schluss mit der Straflosigkeit für die Ordnungskräfte! Amnestie für alle Opfer der Unterdrückung!

Und was für eine Schande, diese große nationale Debatte, die in Wirklichkeit nichts anders ist als eine Kampagne der Regierung, unseren Willen und unsere Entscheidungen für sich zu instrumentalisieren! Wahre Demokratie wird in unseren Versammlungen, in unseren Kreisverkehren praktiziert, weder im Fernsehen noch in den von Macron organisierten Pseudo- Rundtischgesprächen gibt es sie.

Nachdem er uns beleidigt und uns wie Dreck behandelt hat, präsentiert Macron uns nun als eine faszinierende und fremdenfeindliche Menge aus Hassgefühlen. Aber wir sind genau das Gegenteil: wir sind weder rassistisch, sexistisch noch homophob, wir sind stolz darauf, trotz und mit all unseren Unterschieden untereinander zusammengekommen zu sein, um eine Gesellschaft der Solidarität aufzubauen.

Wir sind stolz auf die Vielfalt in unseren Diskussionen, hunderte von Versammlungen erstellen ihre Vorschläge und stellen ihre eigenen Forderungen auf. Es geht um echte Demokratie, soziale Gerechtigkeit und Steuergerechtigkeit, um die Arbeitsbedingungen, um ökologische und klimatische Fragen und um ein Ende der Diskriminierung. Zu den am häufigsten diskutierten strategischen Forderungen und Vorschlägen gehören: die Beseitigung der Armut in all ihren Formen, die Transformation der Institutionen (RIC, Verfassung, Ende der Privilegien der Abgeordneten….), der ökologische Wandel (Energiesicherheit, industrielle Umweltverschmutzung….), die Gleichstellung und Gleichberechtigung aller Menschen unabhängig von ihrer Nationalität (Menschen mit Behinderungen, Geschlechtergleichstellung, Ende der Benachteiligung von Arbeitervierteln, ländlichen Gebieten und Überseegebieten…).

Wir Gelbwesten laden jeden ein, sich uns anzuschließen, entsprechend seinen Möglichkeiten und unabhängig von seiner finanziellen Lage. Wir rufen zur Fortsetzung der Aktionen auf (Akt 12 gegen polizeiliche Gewalt vor den Polizeistationen, Akt 13, 14….), zur Fortsetzung der Besetzung von Kreisverkehren und der Blockade der Wirtschaft. Wir rufen ab dem 5. Februar zu einem massiven und verlängerbaren Streik auf. Wir fordern die Bildung von Arbeiterausschüssen in den Betrieben, an den Schulen und überall sonst, wo es notwendig ist, damit unser Streik an der Basis von den Streikenden selbst geführt werden kann. Lasst uns unsere Geschäfte selber in die Hand nehmen! Bleibt nicht allein, schließt euch uns an!

Wir wollen uns demokratisch, autonom und unabhängig organisieren! Diese Versammlung aller Versammlungen ist ein wichtiger Schritt, der es uns ermöglicht, unsere Forderungen und unsere Handlungsmöglichkeiten zu diskutieren. Lasst uns gemeinsam daran arbeiten, diese Gesellschaft zu verändern!

Wir schlagen allen gelben Westen vor, diesen Aufruf weiter zu verbreiten. Wenn eine Gruppe von Gelbwesten mit uns einverstanden ist, so schicke sie ihre Unterschrift an Commercy. Zögern Sie nicht, Vorschläge für die nächsten Versammlungen der Versammlungen, die wir bereits vorbereiten, zu machen und zu diskutieren.

Rücktritt von Macron!

Es lebe die Macht des Volkes, für das Volk und durch das Volk.

Aufruf vorgeschlagen von der Versammlung der Versammlungen in Commercy.

Er wird dann jeder Lokalversammlung vorgelegt werden
Quelle: Humanité
Freie Übersetzung aus dem Französischen von Marco Wenzel 
29. Januar 2019





Montag, 28. Januar 2019

Das Verschweigen der Kriegsverursacher



Hitlers Wiedergänger
Auf dem SÜDDEUTSCHEN Strich



Autor: U. Gellermann
Datum: 28. Januar 2019

Auf den Strich gehen: So nennt man jene Tätigkeit bei der ein Mensch seinen Körper zum Zweck sexueller Ausbeutung gegen Geld verkauft. Wenn ein Mensch sein Gehirn verkauft, wie nennt man das? Kommt es zum Handel Körper gegen Geld nennt man den, der den Handel organisiert einen Zuhälter. Ein schmähender Ausdruck für jene, die am Handel mit Intellekt Geld verdienen, ist unbekannt.

Am 27. Januar 1945 ist der Internationale Holocaust-Gedenktag. An dem Tag wird der sechs Millionen ermordeter europäischer Juden gedacht. An dem Tage haten sowjetische Soldaten die Überlebenden des Vernichtungslagers Auschwitz befreit. Am 27. Januar 1944, endete die Hungerblockade der sowjetischen Stadt Leningrad durch deutsche Truppen. Rund eine Million Menschen starben bei dem bestialischen Versuch, die Leningrader und mit ihnen die Völker der Sowjetunion auf die Knie zu zwingen. Im Blick der Nazis, deren Erben die Deutschen sind – ob sie wollen oder nicht – hatten die Juden und die Sowjets, Russen genannt, eine Ähnlichkeit: Beide galten als Untermenschen, beide waren sie der Vernichtung preisgegeben. So weit und so lange die Macht der Nazis reichte.

Die ermordeten Juden finden sich in der Erinnerung der Deutschen wieder: Angela Merkel fordert in diesen Tagen “Null Toleranz gegen Antisemitismus". Es gibt Gedenkstunden, Kranzniederlegungen und eine ganze Reihe deutscher Medien erinnern an das Verbrechen. Nur selten, und wenn doch, nur in einer Art Fußnote, ist davon die Rede, dass es ausgerechnet sowjetische Truppen waren, die mit der Befreiung von Auschwitz die Befreiung der Deutschen vom Nazi-Regime einläuteten.

Noch seltener ist die mediale Erinnerung an die Hungerblockade der Stadt Leningrad, die heute Sankt Petersburg heißt. Immerhin weiß der Berliner "Tagesspiegel" vom organisierten Hungertod der Leningrader zu schreiben, meint im selben Text aber auch: "Stalin, darin seinem Gegner gleich, befahl, jeden Meter sowjetischen Bodens zu halten.“ Damit setzt das Blatt den deutschen Aggressor mit dem russischen Verteidiger gleich. Die „Tagesschau“ kann mit der Kanzlerin im Gedenken an den Holocaust sagen: "Dieser Tag lässt uns daran erinnern, was Rassenwahn, Hass und Menschenfeindlichkeit anrichten können". Dass die Vernichtung der Leningrader etwas mit Rassenwahn, Hass und Menschenfeindlichkeit zu tun haben könnte, will die öffentlich-rechtliche Nachrichten-Anstalt genauso wenig wissen wie sie sich überhaupt an dieses Verbrechen der Nazis erinnern mag.

Jene deutschen Intellektuellen, die für Geld in den Redaktionen der Medien Meinungen verbreiten, haben einfach keine Meinung zu diesem alten Verbrechen in Russland weil sie nichts davon wissen wollen. Und falls sie von dem Massenmord doch Notiz nehmen, wie im Fall "Tagesspiegel", dann müssen sie zwanghaft die Russen zumindest dafür mitverantwortlich machen. Oder die Journalisten überqueren sogar jenen Strich, der die Grenze zwischen Scham und Schamlosigkeit markiert, den Strich, der die Anständigen von den Unanständigen trennt, den Strich, auf den der Intellekt geht wenn er käuflich ist. So wie jüngst die der "Süddeutsche Zeitung“, die mit der Überschrift "Moskau missbraucht das Gedenken an Leningrad" auf die Gräber der ermordeten Leningrader pisst.

Silke Bigalke heißt die Schreiberin der „Süddeutschen“, die mit der Behauptung "75 Jahre nach der Befreiung verharmlost Russland den Hungertod von über einer Millionen Menschen" im Gefolge der Nazi-Barbarei pure Häme über die russischen Erben der verhungerten Leningrader ausgießt. Zur Militärparade im heutigen St. Petersburg zum 75. Jahrestag der Befreiung der Stadt fällt ihr ein: "Wieder einmal schicken die in Moskau Regierenden Soldaten statt Mitgefühl und verordnen Nationalstolz statt Gedenken." Und wer noch entsetzt von dieser Infamie weiter liest, stößt auf die primitive Gleichsetzung von Tätern und Opfern in dieser Zeile: "Deutschland verdrängte den Völkermord, Russland zensiert ihn." Und so grundiert die Frau den ideologisierten Schweine-Journalismus mit einer weiteren Unterstellung: "Die Stadtbehörden hätten sich sonst wohl viel früher fragen lassen müssen, warum sie damals so wenig für die Bürger taten."

Dass die Sowjets um ihr Überleben kämpften? Was kümmert es Silke Bigalke? Dass auf russische Gefangene die deutschen Vernichtungslager warteten, wenn sie in Leningrad und anderswo nicht den Marsch der Nazis stoppen würden, was will die korrumpierte Dame davon wissen? Und so verhöhnt sie die Toten, wenn sie das heutige russische Gedenken an sie karikiert: "Als sei ihr Tod so gerechtfertigt, als seien sie freiwillig verhungert. Dies verharmlost das Geschehene, und das ist gefährlich." Als hätten die Russen damals den Krieg gegen die Deutschen begonnen, als hätten die Russen den Hunger selbst erzwungen, als sei die Militärparade nicht Warnung sondern Gefährdung. Als stünde die Parade nicht im Gefolge jener Truppen, die das eingeschlossene Leningrad befreiten.

Man verdient gutes Geld mit und in den deutschen Redaktionen. Nicht selten ist es Schweige-Geld: Man tut so als wisse man nicht von den Nazi-Verbrechen gegen die Russen. Aber immer wieder ist es auch das Geld der Freier von der Rüstungsindustrie, die mit dem alten recycelten Feindbild des unwerten russischen Menschen den Lustgewinn erhöht, der augenscheinlich im Profit liegt: Ein böser Feind ist die Voraussetzung für mehr Rüstung.

Gutes Geld verdient auch Dieter Schaub, der die Medien Union GmbH besitzt, zu der Produkte wie die "Süddeutsche Zeitung" gehören. Schaub zählt zu den 100 reichsten Deutschen. Sein Vermögen wird auf 1,1 Milliarden US-Dollar geschätzt. Er gibt den Strichern, die ihren Ehrgeiz mit profitabler Russophobie befriedigen, ein komfortables Zuhause. Er alimentiert jenen Hass, jene Menschenfeindlichkeit, die dem Rüstungs-Etat Gründe zuführt. Auf diesem beliebten Weg der deutschen Wirtschaft hätte Hitler beinahe gesiegt. Er wurde vor Leningrad geschlagen. Seine Wiedergänger proben ihre Rollen.


Mein Kommentar:

Verbrecherische politische Blindheit

Zum Gedenken an die Leningrader Blokade und Auschwitz, wo die Schuld bei den Konzerndeutschen Verbrechern liegt, lediglich von Rassenwahn, Hass und Menschenfeindlichkeit zu phantasieren (so auch die Kanzlerin), ohne auch nur im entferntesten die eigentlichen Verursacher, die heute wieder mit dem Säbel rasseln, mit Straße und Hausnummer zu benennen, zeugt nicht von geistiger Schmalspurigkeit, sondern von einer menschenverachtenden Politik der marktgetreuen Eliten. Jeder anständige Mensch möge sich schämen für diese Regierung und seine persönlichen Schlussfolgerungen ziehen.

Harry Popow




Samstag, 26. Januar 2019

Im Würgegriff des US-Imperialismus




Venezuela im Würgegriff der US-Imperialisten
von LZ

von https://orbisnjus.com

Der imperialistische alles verschlingende amerikanische Demokratie-Krake, hat unmittelbar zu Beginn des Jahres seineTentakeln nach Süden ausgefahren, und das sozialistische Venezuela in den Würgegriff genommen um einen offenkundigen Coup d`etat zu instigieren.

Anders sind die sich überschlagenden Ereignisse in dem ölreichsten Land der Welt nicht zu werten. Die beispiellosen Interferenzen diverser US-Regierungsvertreter allen voran der amerikanische Präsident Donald Trump, haben das notwendige Öl ins Feuer gegossen.

Den im vergangenen Jahr gewählten und jüngst inaugurierten venezuelanischen Präsidenten, Nicolas Maduro, jegliche Legimität abzusprechen und stattdessen den polarisierenden und ungewählten Parlamentspräsidenten,Juan Guiado, als zwischenzeitlichen Präsidenten des Landes anzuerkennen war das notwendige Übel um die Lage eskalieren zu lassen.

Der von Washington als Diktator bezeichnete Nicolas Maduro, sah sich angesichts der infiltrierenden Ambitionen der Amerikaner dazu gezwungen die Beziehungen zu seinem interferierenden Nachbarn zu überdenken, und wies alle US-Diplomaten an innerhalb von 72 Stunden das Land zu verlassen.

Der inzwischen von diversen NATO-Staaten und südamerikanischen Ländern als “Interim-Präsident” anerkannte Guiado schaltete sich daraufhin ein, und appellierte an sämtliche diplomatischen Missionen in Venezuela, die Aufforderungen Maduros zu ignorieren und wie gehabt fortzufahren.

Der selbsternannte “Präsident” behauptete das konträre Botschaften keine Gültigkeit hätten, da sie von “Eindringlingen” stammen würden, womit er sich offensichtlich auf die Maduro-Regierung bezog.

Erwartungsgemäß begrüßten die USA den Vorstoß ihrer oppositionellen Marionette und argumentierten in einer Stellungnahme des Außenministeriums das Nicolas Maduro keine legale Autorität aufweise um die diplomatischen Beziehungen mit den Vereinigten Staaten zu beenden oder US-Diplomaten als Persona non Grata zu deklarieren. Zudem drohten sie jedwede Entität zur Verantwortung zu ziehen die die Sicherheit der US-Mission und ihr Personal in Gefahr bringen würde. Militärische Interventionen schloss Donald Trump nicht aus. Dieser äußerte vor Reportern im Weißen-Haus das “alle Optionen auf dem Tisch” seien.

Die amerikanische Schützenhilfe für Juan Guiado, trieb schlagartig oppositionelle aufrührerische Elemente auf die Strassen, die überwiegend gewalttätige Kundgebungen initiierten.

Von der US-Rückendeckung angetrieben provozierten Demonstranten brutale Zusammenstöße mit venezuelanischen Sicherheitskräften. In der westlichen Medienlandschaft sprach man naturgemäß subjektiv von repressiven Maßnahmen, um eine sich anbahnende Revolution im Keim zu ersticken.

Zudem verbreitete man die Hoffnung das sich die bewaffneten Streitkräfte Venezuelas auf die Seite der Opposition schlagen würden. Was inzwischen von dem venezuelanischen Militär ausgeschlossen worden ist.

Der Oberbefehlshaber der Streitkräfte gab kürzlich bekannt das das Militär geschlossen hinter seinem Präsidenten stehe. Womit der gewählte gemeint ist, nicht die selbsternannte aufrührerische US-Marionette.

Nichtsdestotrotz stellen die Vereinigten Staaten die Loyalität der Streitkräfte gegenüber Maduro öffentlich weiterhin in Frage. Weil sie sich darüber im Klaren sind das Guiado ein aufhetzender Demagoge bleiben wird, solange er keine Befehlsgewalt über exekutive Organe innehat.

Mag ihn die halbe Welt anerkennen. Der derweil aufblühende nationale Sicherheitsberater, John Bolton, äußerte gegenüber dem US-Nachrichtensender Fox Business, das er nicht davon ausgehe das das Militär auf der Seite Nicolas Maduros stehe. Der normale Soldat von nebenan würde ans desertieren denken, so Bolton. Wie er zu diesem Schluss gekommen ist, ließ er offen.

Man brauch kein Venezuela-Experte zu sein um zu realisieren das ein von den USA ausgebrüteter Regime-Change sich im rasanten Tempo entfaltet. Die sonst so allergisch auf auswärtige Interferenzen reagierenden Vereinigten Staaten, stehen derweil an vorderster Front um die demokratisch gewählte Regierung Venezuelas in die Knie zu zwingen.

Vor diesem Hintergrund sollte man die angebliche bisher nicht bewiesene “russische Beeinflussung” der vergangenen amerikanischen Präsidentschaftswahlen vor Augen halten, und sich die Frage stellen ob die USA die gleichen Maßstäbe an sich selbst legen? Definitiv nicht!

Angesichts der umstürzlerischen Vorgehensweise der Amerikaner, kann man überhaupt noch von diplomatischer Besonnenheit reden? Was sind nicht existente russische Bots gegen amerikanische Regierungsvertreter die offenkundig zum Chaos anstacheln?

Hätte jeder x-beliebige russische Amtsträger in irgendeinem Land auf dieser Welt solche Agilität an den Tag gelegt, um die inneren politischen Angelegenheiten zu Gunsten des Kremls zu dirigieren und zu manipulieren, welcher westlicher Aufruhr wäre dann zu vernehmen?

Genau dort liegt der Hund begraben! Die heuchlerische Doppelzüngigkeit kommt an diesen Tagen erneut zum Vorschein. Wenn Bürgerkriegszustände und Unterwanderung mit dem Prädikat Made In The USA exportiert werden, gaukelt man uns vor das Demokratie im Spiel sei.

Hingegen führt man eigens sagenumwobene Propaganda an um Russland für die abstrusesten Märchen zu sanktionieren. Insbesondere die Beeinflussung von Wahlen und amerikanischen Präsidentschaftskandidaten, wurden als zu ahnendes Sakrileg hoch in den Himmel stilisiert.

Internationales Recht, der Verstoß gegen demokratische Normen, bla bla. Alles mal wieder keine Kriterien die in Bezug auf das aufwiegelnde Gebaren der USA herangezogen werden. War es je anders?






Donnerstag, 24. Januar 2019

Weltwirtschaftsforum: AUSWEGLOSIGKEIT



Weltwirtschaftsforum: Mit Volldampf in den Abgrund


24.01.2019 • 11:05 Uhr

Umwelt und Klima drohen zu kollabieren, die Spaltung in Arm und Reich wächst. Die Mitverursacher der katastrophalen Zustände debattieren im noblen Davos über selbige. Einen konkreten Plan haben sie nicht und ihre wenigen Vorschläge sind irrational.



Von Susan Bonath

Im schweizerischen Davos halten dieser Tage Polizei und Militär die Stellung. Umgerechnet knapp zehn Millionen Euro kosten die bewaffneten Schutzorgane für 3.000 Reiche und Mächtige, die sich dort, in den Bündner Alpen, noch bis Freitag zum viertägigen Weltwirtschaftsforum versammelt haben. Damit debattieren ausgerechnet die Verursacher der Probleme unter anderem über wachsende soziale Ungleichheit und die ökologische Katastrophe. Der Vorbericht der Stiftung Weltwirtschaftsforum (World Economic Forum, kurz WEF) zeigt die absurden Widersprüche auf. Deutlich wird: Mit kapitalistischen Mitteln sind diese unlösbar.

Das goldene Kalb war laut dem Alten Testament ein Götzenbild, das die Israeliten gemeinsam mit Aaron schufen, während Mose auf dem Sinai die 10 Gebote erhielt. Mose zerschlug anschließend den Götzen und lies 3.000 Menschen töten. Heutzutage würde eine Steuererhöhung bei den Reichen schon genügen.

Umweltzerstörung und soziale Katastrophe

Das größte Risiko für den Planeten sehen die Autoren der Studie in der wachsenden Zerstörung der ökologischen Lebensgrundlage. „Von allen Risiken ist es bei der Umwelt am deutlichsten, dass die Welt in eine Katastrophe steuert“, schreiben sie. Und: „Es gab nie einen dringenderen Bedarf für kollaborative und gemeinsame Ansätze für globale Probleme, die alle betreffen“, so WEF-Präsident Børge Brende im Vorwort.

Zugleich zeigt sich das WEF skeptisch, was Lösungen betrifft. Eine gemeinsame Strategie sei zwar überfällig, aber vor allem wegen „nationaler Egoismen und wirtschaftlicher Konflikte“ kaum umzusetzen. Handelskonflikte machen die „Ökonomen“ etwa zwischen den USA und China sowie zwischen den USA und der EU aus. Die imperialen Gegner sähen diese „zunehmend als Mittel des strategischen Wettbewerbs“, heißt es. Und längst seien diese Krisen nicht ausgestanden, resümieren die Autoren.

Mehr Wirtschaftswachstum gegen das Elend?

Auch deshalb sieht man beim WEF „den Zusammenhalt der Gesellschaften“ bedroht. Vielerorts faserten die sozialen Verträge auseinander, warnt Brende. Dies habe Auswirkungen auf die Menschen. Schätzungen zufolge sei ein knappes Zehntel der Weltbevölkerung – rund 700 Millionen Menschen – psychisch erkrankt, konstatierte er.

Denn, so Brende weiter, „für viele Menschen ist dies eine zunehmend beängstigende Welt, die unglücklich und einsam macht“. Brendes Fazit: „Das ist ein Zeitalter beispielloser Möglichkeiten und technologischen Fortschritts; aber für zu viele ist es ein Zeitalter der Unsicherheit.“

Dann wird die „Logik“ des WEF schräg. Dieselben Autoren, die kurz zuvor noch vor dem drohenden ökologischen Kollaps als größter, Massen an weiteren Elendsflüchtlingen produzierenden Gefahr warnten, sehen nun ausgerechnet selbige befeuerndes Wirtschaftswachstum als Strategie gegen die soziale Spaltung. Die Wirtschaft müsse noch schneller als bisher wachsen, heißt es. WEF-Präsident Brende sieht den gewichtigsten Motor für die Ungleichheit in der „nachlassenden Dynamik des Wirtschaftswachstums“.

Hinzu kommt laut WEF eine „immer weniger vorhersagbare Dynamik der Finanzmärkte“. Diese drohe Wirtschaftskrisen in immer kürzeren Abständen zu produzieren, erklärt Brende, als komme diese Entwicklung aus heiterem Himmel. Außerdem steige die weltweite Schuldenlast. Inzwischen betrage sie mehr als das Doppelte des jährlichen Bruttoinlandsprodukts auf diesem Planeten.

Nun muss man kein Wissenschaftler sein, um zu erkennen, dass endloses exponentielles Wirtschaftswachstum auf einem begrenzten Planeten selbigen früher oder später zerstören muss. Denn eine wachsende Wirtschaft verbraucht immer mehr Rohstoffe aus aller Welt und immer mehr Energie. Irgendwann ist es damit zu Ende.

Nicht nur, dass diese Ressourcen begrenzt sind: Eine wachsende Wirtschaft sorgt für exponentielle Luftverschmutzung und Müllberge. Schon jetzt klagen viele Branchen, Zuckerproduzenten genauso wie die Stahlindustrie, über eine wachsende Überproduktion, die die Preise drückt. Und die in verrückter Weise deshalb in immer größeren Massen auf den Müllhalden landet, um die Preise stabil zu halten.

Mit anderen Worten: Die „Experten“ vom WEF liefern ganze zwei Alternativen. Entweder vernichtet das Kapital durch endloses Wachstum den Planeten. Oder die Masse der Verelendeten wird schon vor der Vernichtung der Erde exorbitant ansteigen. Wobei in kruder Weise das eine das andere wiederum befeuert. Welch eine paranoide Logik und düstere Alternative, frei nach dem Motto: Zugunsten des Wirtschaftswachstums kann sich die Menschheit das Überleben nicht leisten.

Der kapitalistische Wahnsinn

Dabei verteidigen die Ökonomen nichts weiter als das seit Jahrhunderten gepredigte kapitalistische Märchen, wonach endloses Wirtschaftswachstum Wohlstand generiere. Das ist der Wahn, auf dem diese Produktionsweise basiert. So ist der einzige Antrieb für jede Produktion innerhalb der ökonomischen Konkurrenz der Maximalprofit. Dabei spielt es keine Rolle, ob Brot oder Munition, Handys oder Panzer vom Band kommen. Der Profit muss stimmen.

Kurbelte anfangs die ökonomische Konkurrenz zwischen Privateigentümern an Produktionsmitteln sowie zwischen Lohnabhängigen tatsächlich den technologischen Fortschritt an, ist es am Ende letzterer, der zwar für kurzzeitige Einzelprofite sorgt, doch letztlich die Gesamt-Profitrate im Monopoly senkt.

Denn die Massenproduktion drückt die Preise spätestens dann, wenn andere Unternehmer technologisch nachziehen. Im Zwang, Konkurrenten abzuschütteln, sinken schließlich die Löhne, unter anderem durch Abwanderung in Billiglohnländer. So gilt es, Profitverluste auszugleichen.

Der viel bejubelte Wettbewerb um Maximalprofite führt zwangsläufig zu vermehrter Kapitalkonzentration auf der einen und zum Sinken der Gesamt-Profitrate auf der anderen Seite. Genau dieser Mechanismus zwingt nicht nur zu endlosem, den Planeten zerstörenden Wachstum. Er treibt gerade die Ausbeutung der Arbeitenden sowie die Verelendung immer weiterer Teile der Weltbevölkerung expansiv voran.

Dieser Mechanismus lässt darüber hinaus Finanz- und Industriekapital miteinander verschmelzen. Wirtschaftlich starke Staaten wachsen so zu kriegstreibenden Imperien an, die nur ein Ziel haben: andere Staaten niederzuringen, um möglichst viel Kapital im Land zu halten.

Ausweg aus der Krisenspirale

Brende gibt einen Teil der Schuld den so unüberschaubaren wie abstrakten Finanzmärkten. Worum geht es dabei eigentlich? Die Banken sind im spätkapitalistischen Monopoly zuallererst einmal Dienstleister. Sie vergeben Geld als Kredit, um das erwünschte Wirtschaftswachstum zu finanzieren. Damit machen sie das Tauschmittel Geld zur Ware, die in Produktionsmittel und Arbeitskraft investiert wird, um mehr Geld zu generieren. Kurzum: Die Kapital- und Profitmaschine muss laufen. Mit den Zinsen kassieren die Banken einen Anteil vom Profit ihrer Schuldner, quasi als Honorar für den Geldverleih.

Weil die so genannten Finanzmärkte aber, anders als vielfach behauptet, nicht dauerhaft von der Wirtschaft abzukoppeln sind, platzen regelmäßig die Blasen, die durch schnelle Spekulationsgeschäfte mit Aktien, Derivaten und anderen abenteuerlichen „Finanzprodukten“ entstehen. Derlei Praktiken dienen zwar dem schnellen Einzelprofit. Bleibt aber die wirtschaftliche Leistung am Ende aus, kracht das Kartenhaus ein. In der Folge brechen beteiligte Unternehmen und Banken zusammen. Beschäftigte landen auf der Straße und verarmen. Die Kaufkraft nimmt ab, mehr Firmen geraten ins Schleudern, die Profitrate sinkt, die Armut auch.

Letztlich bleibt eins zu konstatieren: Die Marktökonomen haben keine Lösung für die akuten Probleme der Menschheit. Sie scheitern an den Widersprüchen ihrer eigenen Logik, die keine ist. Wenn die soziale Katastrophe, die Flucht und Migration zwangsläufig verursacht, nur mit einer immer schnelleren Vernichtung der ökologischen Lebensgrundlage zu lösen sein soll, was ja in Wahrheit dieselben Probleme gebiert, bleibt nur eins übrig: Die Wirtschaft muss von Profit auf Bedarf umgestellt werden. Solange sie aber nur wenigen gehört und die Staaten auf der Seite der Eigner stehen, ist das unmöglich.

RT Deutsch bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.





Dienstag, 22. Januar 2019

Der Westen & Russland - zum Diskurs




22. Jahrgang | Nummer 2 | 21. Januar 2019



Der Westen & Russland – zum Diskurs


von Wolfgang Schwarz

Zur Begleitmusik des Kalten Krieges gehörten auf westlicher Seite über die Jahrzehnte immer wieder auch Schreckensszenarien, in denen eine bis an die Zähne gerüstete Sowjetunion an der Spitze des Warschauer Paktes durch einen Überfall auf die NATO – gern in Zentraleuropa, an der Nahtstelle der Systeme, also auf deutschem Boden – den Dritten Weltkrieg vom Zaune brach und ein militärisch unzureichend gerüsteter Westen um sein Überleben kämpfte. Als prominentes Beispiel ist manchem vielleicht noch „The Third World War: The untold story“ des britischen Ex-Generals Sir John Hackett von 1982 in Erinnerung; deutscher Titel: „Welt in Flammen. Der Dritte Weltkrieg: Schauplatz Europa“.



Entsprechende Szenarien gingen in aller Regel von einer mehr oder weniger dramatischen konventionellen Überlegenheit des Ostens aus, so dass der Vormarsch gegebenenfalls durch frühzeitigen massiven Einsatz taktischer Kernwaffen durch die NATO gestoppt werden sollte.


Passiert ist das alles gottseidank nicht, und da man hinterher bekanntlich immer klüger ist, weiß man im Westen inzwischen, was der US-amerikanische Politologe John Mueller unlängst in einem Essay in Foreign Affairs resümierte, dass nämlich „die Sowjetunion nie ernsthaft eine direkte militärische Aggression gegen die Vereinigten Staaten oder Westeuropa in Betracht gezogen [hat]“. Mueller verwies dabei auf eine der führenden US-Autoritäten in sowjetischen Angelegenheiten, den Historiker Vojtech Mastny, den seine intensiven Untersuchungen zu der Schlussfolgerung geführt hätten, „dass die Strategie der nuklearen Abschreckung ‚irrelevant war‘“, darauf gerichtet „einen großen Krieg abzuschrecken, den der Feind überhaupt nicht führen wollte“.


Seither sind nicht nur der Warschauer Pakt und die einst als übermächtig empfundene Sowjetarmee längst Geschichte, sondern es hat sich das militärische Kräfteverhältnis so grundlegend gewandelt, dass, wie Kristin Ven Bruusgaard von der Stanford University im Dezember 2018 in The National Interest lapidar vermerkte, eine konventionelle Auseinandersetzung zwischen Russland und den USA heute „nicht fair sein wird, […] sie (die Russen – W.S.) werden verlieren“. Und zwar, so wäre zu ergänzen, umso eher, wenn sich zusätzlich europäische NATO-Staaten beteiligten. Wen dazu militärische Zahlenangaben zu Streitkräftestärken und unmittelbar einsetzbaren Beständen an Großwaffensystemen interessieren, der kann unter anderem die aktuelle Ausgabe der „Military Balance“ des Londoner International Institute for Strategic Studies (IISS) zu Rate ziehen.
Trotzdem hat in der NATO, Deutschland inbegriffen, die Stunde der russophoben Panikmacher, die uns erneut weismachen wollen, dass Moskau nur auf eine günstige Gelegenheit lauert, längst wieder geschlagen.



Im Dezember vergangenen Jahres steuerte der britische Denktank Human Security Center (HSC) ein Szenarium bei, dem zufolge es im Frühjahr 2024 – nach einer „unsauberen Wahl von Putins gesalbtem Nachfolger“ – zu Protesten in Moskau kommen könnte, die sich trotz staatlicher Gewaltmaßnahmen landesweit ausbreiten. Die herrschende Elite entscheidet daraufhin, dass ein „kontrollierter Konflikt mit der NATO […] die beste – oder eher die am wenigsten schlechte – Option“ sei, davon abzulenken. Im Visier: Estland, Lettland und Litauen. „Wie in anderen vergleichbaren Konflikten wird der russische Angriff durch einer Serie von Anschlägen unter falscher Flagge gegen Moskaus Interessen ausgelöst werden.“


Seriöse deutsche Medien greifen, um dem Publikum die russische Bedrohung plausibel zu machen, nicht zuletzt auf die Expertise ausgewiesener Fachleute zurück. In einem Interview in der Tagesspiegel-Ausgabe vom 6. Dezember war das Joachim Krause, „Professor emeritus und Direktor des Institutes für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel“, wie das Blatt mitzuteilen wusste. Und Chefredakteur von SIRIUS – Zeitschrift für Strategische Analysen beim renommierte De Gruyter-Verlag, könnte man hinzufügen. Das Gespräch führte Hans Monath.
Krause begann mit einem Paukenschlag: „Fakt ist: Spätestens seit Anfang 2014 sucht Russland die strategische (Hervorhebung – W.S.) Konfrontation mit den westlichen Staaten und zwar hauptsächlich im militärischen Bereich.“ In sicherheitspolitischen Kontexten bedeutet „strategisch“ bekanntlich ganz großes Theater. 


Da wäre zu fragen, was Moskau dabei denn in die Waagschale zu werfen hat, bei über zehnfach geringerem Militärbudget als dem der USA und fast 15-fach niedrigerem, nimmt man die NATO insgesamt. Mehr noch: Laut SIPRI sind die russischen Rüstungsausgaben im Jahre 2017 „preisbereinigt“ um 20 Prozent zurückgegangen. Für 2018 liegen aktuelle Zahlen noch nicht vor, Putin hatte aber eine weitere Kürzung angekündigt.
Den Interviewer interessierten diese Details offenbar nicht.
Krause weiter: Der Westen müsse „angemessen […] reagieren“. Und: „Entscheidend ist, dass das militärpolitische Kalkül Moskaus durchkreuzt wird, welches darauf abzielt, wieder einen erfolgreichen (Hervorhebungen – W.S.) Angriffskrieg in Europa möglich werden zu lassen.“ Wann wäre das denn schon einmal der Fall gewesen? Als die GSSD mit 500.000 Mann und 5000 Panzern in der DDR stationiert war und die USA tausende von taktischen Kernwaffen auf bundesdeutschem Boden vorhielten, um Front und gegnerisches Hinterland gegebenenfalls zu pulverisieren?
Nachfrage Monath dazu? Fehlanzeige.



Des Weiteren ging Krause auf die Stationierung von konventionell wie nuklear armierbaren russischen Kurzstreckenwaffen vom Typ Iskander in der Exklave Kaliningrad ein: „Die Aufstellung dieser Waffen macht nur Sinn als Teil eines Plans für einen regionalen Krieg im Baltikum, bei dem Russland nach erfolgreicher Besetzung der baltischen Staaten und vielleicht auch anderer Territorien die Nato von einer Rückeroberung dieser Gebiete abschrecken will.“ Das wäre dann ein klassischer Fall für die Beistandsklausel in Artikel fünf des Nordatlantikvertrages, der auch in Moskau nicht unbekannt sein dürfte. Zu rechnen wäre daher gegebenenfalls mit dem militärischen Gesamtpotenzial der NATO. Nun weiß man aber oder hat sich spätestens beim Luftfeldzug des Westens gegen Gadaffi wieder daran erinnert, dass bei intensiver Kriegführung schon nach relativ kurzer Zeit Waffendepots und Munitionsvorräte aufgebraucht sind. Plant man ernsthaft Krieg, ist man gut beraten, die Wirtschaft rechtzeitig auf eine signifikant verstärkte Herstellung und Bevorratung von Rüstungsgütern umzustellen.


Ob es dafür aufseiten Russlands (bereits) Anzeichen gibt? Monath hat nicht danach gefragt. Und für besonders hartnäckig Begriffsstutzige legte Krause noch nach: „Die Lagerung von Kernwaffen in Kaliningrad bei gleichzeitiger Stationierung von Iskander Raketen bedeutet, dass in absehbarer Zeit Berlin und Warschau einer direkten Bedrohung durch nicht-strategische russische Kernwaffen ausgesetzt sind.“


Dazu ist zunächst einmal anzumerken, dass vom Startgerät des Systems Iskander zwei unterschiedliche Flugkörper eingesetzt werden können, beide bei den russischen Streitkräften vorhanden:

zum einen eine ballistische Boden-Boden-Rakete (NATO-Code: SS-26), für die der „2017 Ballistic and Cruise Missile Threat“-Report des National Air and Space Intelligence Center‘s (NASIC) der US-Luftwaffe eine Reichweite von 360 Kilometern ausweist,

und zum anderen ein Boden-Boden-Marschflugkörper (NATO-Code: R-500), von dem der 2017er NASIC-Report zwar eine Aufnahme im Flug enthält, aber im Unterschied zu den anderen russischen Cruise Missiles seltsamerweise keine Reichweitenangabe macht.


Krause seinerseits spricht von Systemen, die „gerade noch unter dem INF-Vertrag erlaubt“ seien, was auf ein Maximum von 499 Kilometern Reichweite hinausliefe. Die Distanz per Luftlinie zwischen Kaliningrad und Berlin wird im Internet mit 528 Kilometern angegeben.


Doch selbst wenn man mit Krause annimmt, dass Berlin mit Iskander-Flugkörpern aus der Exklave heraus getroffen werden könnte, dann bleibt doch die entscheidende Frage: In welches andere militärische Szenarium außer in das eines allgemeinen atomaren Vernichtungskrieges passte denn die nukleare Bedrohung einer gegnerischen Hauptstadt, gar ein solcher Angriff auf ein urbanes Zentrum mit überwiegend ungeschützter Zivilbevölkerung?


Auch das interessierte den Mann vom Tagesspiegel allerdings nicht. Möglicherweise bestand zwischen Interviewer und Interviewtem ja einfach eine Art Grundkonsens: Dem Russen ist prinzipiell alles zuzutrauen. Damit erübrigt sich natürlich nicht nur jegliches Nachfassen, es beantwortet sich vielmehr zugleich die Frage von selbst, ob hier ernsthafter Journalismus geboten wurde oder bloß grobschlächtige Feindbildpropaganda.


Zu Krauses Ausführungen passendes Putin-Bashing hatte Karl Schlögel, emeritierter Viadrina-Professor und ausgewiesener Osteuropa-Historiker, bereits am 4. Dezember in der Welt geliefert: „Das muss man können: einen neuen Kriegsschauplatz zu eröffnen – und kaum jemand regt sich auf. Doch Putin, der Meister der Eskalationsdominanz, kann es. Russlands Präsident, der den Westen schon Jahre vor sich hertreibt, schickt seine Kanonenboote in die Straße von Kertsch, beschießt und kapert nach Piratenmanier in internationalen Gewässern ukrainische Schiffe, setzt verwundete Seeleute fest und verschleppt sie ins Lefortowo-Gefängnis nach Moskau, und schreit ‚Haltet den Dieb‘.“ Dabei sollte man doch „seit der Krim-Okkupation […] auf Putins Stil, den Handstreich, die Überrumpelung, die virtuose Choreografie, in der Planung und Improvisation zusammenkommen, gefasst sein.“


Die empfohlene Rezeptur fiel entsprechend aus: „[…] sofortiger Stopp der Nordstream 2 Gaspipeline“, mit deren Erträgen Putin „seine Abenteuer finanzieren kann“.


Ob Schlögel wirklich glaubt, dass gegenüber Russland ein Vorgehen nach dem Grundsatz auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil ein Mittel zur Konfliktberuhigung oder gar -lösung sein könnte. Oder geht es ihm gar nicht darum?


Henry Kissingers jedenfalls meinte schon zu Beginn des Ukraine-Konflikts: „Die Dämonisierung von Wladimir Putin ist keine Politik. Sie ist ein Alibi für die Abwesenheit von Politik.“





Mittwoch, 16. Januar 2019

DEN JAHREN LEBEN GEBEN - WUNDERWASSER


Wunderwasser Harkány. Ein Gesundheitstrip & kulturhistorischer Ausflug in die Baranya – Heimat der Donauschwaben.“ - Karl-Heinz Otto


DEN JAHREN LEBEN GEBEN …

Buchtipp von Harry Popow

Dieses Buch „Wunderwasser Harkány“ mit dem Untertitel „Ein Gesundheitstrip & kulturhistorischer Ausflug in die Baranya – Heimat der Donauschwaben“ könnte leicht in die irrige Annahme führen, es handele sich nur um die Gesundheit des Autors mit hinzugefügten Reiseerlebnissen. Nein, es ist ein Plädoyer für die Liebe. Und so muss ich als Rezensent gleich jenen Schlusssatz des Autors Karl-Heinz Otto hervorheben, den ich für den tiefsinnigsten des in letzter Zeit gelesenen halte: „Es kommt nicht darauf an, dem Leben Jahre zu geben, sondern den Jahren Leben!“

Ergänzend hebt er auf Seite 365 hervor: „Was für die gesamte Menschheit der Frieden ist, ist für das Individuum die Gesundheit, „denn sie bedeutet, Frieden mit seinem Körper und Geist zu schließen ...“

Wer so genau hinschaut auf die wahren Werte für die Menschen, der nimmt auch nicht jeden angeblich gut gemeinten Ratschlag auf, weder von der Politik noch von Ärzten. So ist zu lesen, dass der Autor seit dem 68. Lebensjahr an einer schmerzhaften Hüftarthrose litt, und der Arzt ihm alternativlos eine Hüftprothese empfahl. Im Hinblick auf die Beschwerden seiner Mutter, die nach mehrmaligen Hüft-Operation schließlich auf einen Rollstuhl angewiesen war, lehnte Carlotto, wie er sich als Schriftsteller nennt, jeglichen operativen Eingriff ab. Er fragte sich, wie er es bisher in seinem ganzen Leben gewohnt war, ob es nicht eine Alternative gebe, von dem der Herr Doktor nicht eine einzige erwähnt hatte. Etwa des ausbleibenden Gewinns wegen? Sein kritischer Geist und sein Mut verhalfen ihm jedenfalls, am Vorschlag seines Arztes zu zweifeln.



Dabei zweifelte er keinesfalls Kompetenz und Können seines Arztes an, sondern hinterfragte lediglich dessen vorschnelle Entscheidung, um möglicherweise doch noch eine Alternative zur Hüftoperation zu finden. Wenn der geneigte Leser diese Haltung auch für sich positiv zu vermerken weiß, dann wohl auch für die Fragen von Krieg und Frieden. Der Autor, um es vorwegzunehmen, hat auch folgenden Satz als seine Lebensmaxime betrachtet: Er mache sich keine Gedanken darüber, was er nicht beeinflussen kann. Doch er widerspricht sich selber: Denn jede Zeile dieses Buches handelt nicht von Wundern, sondern vom prallgefüllten Leben eines aktiven und lebenshungrigen Menschen, der mit tausenden kleinen und großen Taten den Jahren Leben gab und gibt.


Die Neugier, der Wissensdrang, das Wunder von menschlicher Kraft und Einfühlungsvermögen – sie sind es, die das eigentliche Wunder darstellen. Nicht allein das Heilwasser ist es, dass das Wunder zu 99.99 Prozent vollbringt, seine Hüftleiden zu heilen (siehe Seite 122) und das Leben wieder in vollen Zügen zu genießen, sondern der menschliche Wille, die heilenden Naturkräfte zu erforschen, zu analysieren und für sich nutzbar zu machen. Und wäre der nach Heilung suchende Autor nicht von einer möglichen Alternative überzeugt gewesen und hätte nicht Kraft, Ausdauer und die notwendigen finanziellen Mittel aufgebracht, hätte er wohl nie das europaweit einmalige Wunderwasser von Harkány aufgespürt.


Folgen wir als Leser dieser Odyssee, die ihn zunächst nach Bad Doberan, nach Heiligendamm und in das slowakische Weltbad Pistany führt, um endlich in einer Zeitreise durch die Geschichte der Baranya und Ungarns zu enden, dann finden wir auf nahezu allen Seiten die Liebe Karl-Heinz Ottos zu den Mitmenschen, seine ausgeprägte Sucht, der Geschichte und den von den gesellschaftlichen Bedingungen abhängigen Menschen und deren Mut zum Überleben auf den Grund zu gehen.


Seine erste Reise nach Ungarn verdankt er persönlichen Beziehungen. Dort trifft er sich mit seinen ehemaligen Schulkameraden Ingrid und Rolf Poser, die nach der politischen Rückwende ausgewandert waren. Der ehemalige Botschaftssekretär hat sich am Rande der ungarischen Puszta der Weinkelterei verschrieben und macht sich als talentierter Laienmusiker und versierter Akkordeonspieler im dortigen katholischen Kirchenchor nützlich.


Diese und viele andere Kontakte zu Ungarn, Donauschwaben, Literaturfreunden, Bauern und Katholiken bereichern nun das Leben des Autors. Er gewinnt nicht nur neue Leser für seine Bücher, er erfährt Lebensgeschichten, Schicksale und Lebensbedingungen auf Dörfern und in Städten. Ihn interessieren neben Lebensgeschichten seiner Wahlverwandten, wie er sie bisweilen nennt, vor allem deren Kenntnisse über die Geschichte des Landes, über ihre Burgen, Schlösser und anderen kulturellen Denkmäler. Beeindruckend, mit wieviel Liebe er seine Freunde zeichnet und seine Leser an deren – manchmal auch kontrovers geführten – Gesprächen und Disputen teilhaben lässt, die sie selbst beim Baden im Heilwasser führen. Da zu den Badegästen neben einheimischen Ungarn auch zahlreiche Serben und Kroaten, Tschechen und Slowaken gehören, kommen auch so manche Erinnerung an sozialistische Zeiten ins Spiel. Er verneigt sich vor der Gastfreundschaft, vor der ehrlich gemeinten Höflichkeit und den Kochkünsten seines Gastlandes.


Es gibt keinen einzigen Ausflug des neugierigen Autors in die südungarische Baranya, bei dem er lediglich die Schönheit der jeweiligen Feste oder Kirche beschreibt. Stets hinterfragt er, weshalb diese steinernen Zeitzeugen aus dem jahrhundertealten Kampf gegen die Türkenherrschaft noch heute so zahlreiche Besucher anziehen? Der atheistisch geprägte Autor bemüht sich, Hintergründe und Zusammenhänge zu erkennen und setzt sich vor allem kritisch mit den Auswüchsen der katholischen Kirche auseinander, ohne ehrliche Gläubige zu verletzen. So nimmt er an Schrifttafeln Verschleierungen von Realitäten wahr, setzt sich auf Seite 205 mit der Behauptung auseinander, „den Ursprung der Kirche in die Römerzeit zurückzuverlegen“. Über einen Katholiken und dessen Glauben an fantastische Erscheinungen fällt er kein Urteil, kann und darf er auch nicht als toleranter Mensch, solle doch jeder seinen Glauben pflegen, wenn er ihm guttut. Durch Wallfahrerei komme ja niemand zu Schaden, dafür aber „durch das Segnen der christlichen Waffen und Krieger während der letzten verheerenden Weltkriege“. (Seite 223) 


Einen aktuellen Seitenhieb gegen die beiden herrschenden deutschen Parteien, die sich als Christen verstehen, lesen wir auf Seite 232: „Statt der Bibel zu folgen und Schwerter zu Pflugscharen umzuschmieden – also abzurüsten –, folgen sie diesem amerikanischen Wahnsinnspräsidenten und verschleudern immer höhere Milliardensummen für immer grausamere Tötungsinstrumente, obwohl die Bundesrepublik Deutschland von keinem einzigen Staat militärisch bedroht wird ...“


Selbst im Wunderwasser in Harkány, so schreibt der Autor auf Seite 342, erwacht in ihm sein Hunger, „den schillernden Facetten des Lebens nachzuspüren und meine nie versagende Neugier zu befriedigen“. So fragt er sich, wer der ungarische Ministerpräsident ist, „an dem die vielfachen Schmährufe aus allen Ecken Europas stoisch abzuprallen scheinen“? Trotz der kostenlosen öffentlichen Verkehrsmittel für EU-Pensionäre, trotz der Legalisierung der familiären steuerfreien Schnapsbrennerei für den Eigenbedarf, was natürlich beim Volk gut ankommt. Weshalb aber die Anfeindungen aus dem Ausland? Ist es dessen Staatsprogrammatik, wie der Autor auf Seite 354 feststellt, die auf dem christlichen Árpáden-Mythos fußt? Ist es dessen Anti-Migrationsrede, die an die „simpelsten Instinkte“ appelliert und eine dämonische Angsthysterie schürt, obwohl die Ursachen für die Flüchtlingskrise bei den westeuropäischen und den USA-Rüstungsgewinnlern liegen? Der Autor resümiert, sein Orbán-Bild habe sich gründlich eingetrübt.


Das Resümee für den Leser mag so aussehen: Einem Menschen mit fundiertem Wissen über gesellschaftliche und geschichtliche Zusammenhänge mag vergönnt sein, mit offenen Augen die Welt zu sehen, sie anzuschauen. Diese Haltung ist es, die einem Urlauber, Touristen oder auch Leser erlaubt, jegliche Erscheinungen zu hinterfragen, nach Antworten zu suchen und sich selbst einzubringen, statt sich wie ein lahmes Schaf durch den Alltag treiben zu lassen.


Was für ein Gewinn des Autors, nach über einem Dutzend Kuraufenthalten in Hakánys Wunderwasser mit seinen eigenen Hüftgelenken wieder schmerzfrei die Welt und sein Leben genießen zu können.


Der Autor, so heißt es auf den letzten Seiten, wünscht ebenso anderen Lesern oder auch Leidtragenden ebenso Widerstandskraft gegenüber ausschließlich profitorientierten Heilvorschlägen mancher Chirurgen. Und sicherlich auch dies: Nach Alternativen suchen sollte man nicht nur auf dem Gebiet des Gesundheitswesens.


Die Haltung, stets mehr zu erfahren, also in die Tiefe zu gehen mit aller Gründlichkeit, das hebt sich von normal Reisenden mit ihren Schilderungen erheblich ab. So lernt man wieder zu forschen, nachzudenken und sich an Genüssen, besonders auch der kulinarischen, zu erfreuen. Zu lieben bedeutet, unsere Existenz zu bereichern, unserem Leben einen Sinn zu geben und die Welt zu verändern. Jeder tue also was er kann.


Der Autor blickt im 81. Lebensjahr auf ein Dutzend Harkány-Kuren zurück und stellt fest: Ich habe alles richtig gemacht. Ich gebe meinen Jahren Leben, ein lebenswertes Leben.


(Übrigens: Die zahlreichen farbigen Fotodokumente sind Perlen in diesem Buchgeschenk für die Leser.)





Eine Entdeckungsreise besteht nicht darin, nach neuen Landschaften zu suchen, sondern neue Augen zu bekommen.
Marcel Proust (1871 – 1922)



Liebe ist nicht in erster Linie eine Bindung an eine bestimmte Person. Sie ist eine Haltung, eine Orientierung des Charakters, welche die Beziehung eines Menschen zur Welt als Ganzes und nicht nur zum Objekt der Liebe bestimmt.“
Erich Fromm





Karl-Heinz Otto: „Wunderwasser Harkány. Ein Gesundheitstrip & kulturhistorischer Ausflug in die Baranya – Heimat der Donauschwaben. 1. Auflage 2018, Edition Märkische Reisebilder, Korrektur: Regine Miks, Vertrieb: Phon: 0331 270 1787, Mail: dr.carlotto@t-online.de, ISBN 978-3-934232-99-0, 367 Seiten, Preis: 20 Euro








Montag, 14. Januar 2019

Ovationen für Sahra Wagenknecht


Die Linke gestern im Kino Kosmos

Gestern, am 13.01.2019, war ich dabei, als die Linke den Auftakt gab für die Kämpfe um soziale Gerechtigkeit und gegen Krieg und für konsequente Abrüstung im Jahre 2019. Der voll besetzte Saal tobte, als Sahra Wagenknecht das Wort ergriff. Man konnte sie kaum verstehen, denn immerfort gab es tosenden Beifall für ihre auf den Punkt gebrachte Attacke gegen soziale Ungerechtigkeit und Kriegsgebaren, gegen das herrschende Kapital. Eine polemische Rede, kämpferisch und vorwärtsweisend, wie man es von dieser Rosa-Luxemburg-Kämpferin gewöhnt ist. Zum Ende ihrer Rede standen die Leute im Saal auf, jubelten ihr zu, Ovationen stehenden Fußes. Ein bewegender Augenblick, den man nie vergessen wird.
Und nun erwarte ich als Blogger, dass diese polemische Offensive der Sahra Wagenknecht veröffentlicht wird, denn ich will sie in diesem meinem Blog veröffentlichen.
H.P.
Hier das Video in der Mediathek:

https://www.linksfraktion.de/mediathek/13012019-politischer-jahresauftakt/#&gid=1&pid=1 

Rede der Sahra Wagenknecht: https://www.youtube.com/watch?v=uPhdjqh4C7o 

Freitag, 11. Januar 2019

AUFSTEHEN - LESEPROBE



Leseprobe
AUFSTEHEN
aus dem Buch
„DER RUF DER TAUBE“

Von Harry Popow


Der neunte November. 2018. Ich stehe früh auf und sage zu meiner lieben Frau: „Guten Morgen du Schöne“. Sie lächelt. Wir frühstücken. Heute habe ich mir vorgenommen, an der  Großkundgebung „AUFSTEHEN“ am Brandenburger Tor teilzunehmen. Ich schaue auf die Uhr. Noch über eine Stunde Zeit zur Abfahrt von Schöneiche mit der Straßenbahn und dann mit der S-Bahn zur Friedrichstraße. Und was ist online zu erfahren? Schaue schnell nach. Da, ein Artikel von Arnold Schölzel in der „jungen Welt“. Überschrift: „Was nötig ist“. Der letzte Satz:


Der 9. November erinnert daran, was nötig ist, um mit dem imperialistischen Krieg Schluss zu machen: Ohne Bruch mit dem Kapitalismus geht es nicht.“

Das gefällt mir. Eine Stunde später Unter den Linden. Der Alte wie ich staunt über die vielen Veränderungen. Geschäfte gab es immer, aber wie die heute ihre Pracht anbieten. Wahnsinn. Ich nähere mich dem Brandenburger Tor. Ich wundere mich: So wenig Leute? Immerhin, es ist nur noch eine viertel Stunde bis zum angekündigten Beginn der Kundgebung. Aber die zahlreichen Polizeiwagen am Straßenrand belehren mich eines Besseren: Wo die sind ist Politisches im Gange.

Doch der Platz am Brandenburger Tor füllt sich zunehmend. Es müssen Tausende sein. Ein Flugblattverteiler. Ich lasse mir eines geben. Mal sehen, ob es das richtige ist. Ich lese was von AFD. Das Blatt wandert zurück zum Verteiler. Transparente. Flaggen mit der Aufschrift „aufstehen“. Ein Schild: Hände weg von Syrien. Viele ältere Menschen, auch jüngere. Sie geben Beifall einem Mann namens Bülow von der SPD, dann einem Grünen. Huh-Rufe, wenn es um die neuerlichen Ausgaben für die Hochrüstung geht. Dann folgende Aussage: Das undifferenzierte Bild über die DDR trage mit Schuld daran, dass es zu Rechtsruck gekommen sei. Wieder Beifall. Besonders bei der Forderung, gesellschaftliche Lösungen müssen her, die kapitalistische Wirtschaft sei in Frage zu stellen. Über das Klima wird gesprochen, über soziale Ungerechtigkeit.

Mit diesem Thema gewinnt dann Sahra Wagenknecht die Herzen der Kundgebungsteilnehmer. Sie legt los wie keine und wie kein anderer. Zählt die Missstände in diesem unsozial gewordenen Staat auf. Schluss mit der Rüstungsspirale. Fordert gute Verhältnisse mit Russland. Erinnert an die Weimarer Republik, die auf wackligen Füssen stand. Sagt, man müsse die Mauern zwischen OBEN und UNTEN niederreißen. Soziales müsse die Oberhand gewinnen. Die Weimarer Republik mahnt, das Volk durch Ungerechtigkeit nicht zu spalten, denn das sei der Nährboden für Spaltung, bei der lediglich die Nazis wieder aus ihren Löchern kriechen würden.

Viel kluges wird gesagt, dem Herzen Luft gemacht. Aufruf, weiter aufzustehen. Miteinander sich zu vernetzen. Beifall.

Ich erinnere mich an den 11. Oktober 1949. Unser Fanfarenzug – ich als Trommler -, durfte mit dabei sein auf dem Marx-Engels-Platz anlässlich der Gründung der DDR. Fackeln, Freude. Wilhelm Pieck sprach, glaube ich. Welch eine Stunde der hoffnungsvollen Erwartung: Nie wieder Krieg vom deutschen Boden aus.

Ziemlich spät nach Schöneiche zurückgekehrt, schreiben ich für meinen Blog eben diesen Text. Nur Stichworte, aber mit Herz und auch weiterer Zuversicht. Und: Ich denke besonders an den letzten Satz von Arnold Schölzel: Ohne Bruch mit dem Kapitalismus geht es nicht.
Harry Popow

(...)
Presseinformation

In diesem Sachbuch mit 548 Seiten und über 91 Buchtipps geht es um Zusammenhänge in Politik und Wirtschaft, um die Ursachen von antagonistischen Widersprüchen und deren Überwindung. Es sind jene Konflikte , die von Politikern und hörigen Printmedien des westlichen Kapitalismus bewusst unerwähnt, ja totgeschwiegen werden. (Unterzeile: „Blüten“ im Kreuzfeuer)

Es trägt mit Analysen, Meinungen, Kommentaren sowie autobiografischen Notizen zum Alltag und zu politischen und persönlichen Problemen des gesellschaftlichen Lebens Symbolcharakter für gesellschaftskritische Literatur - im Interesse der notwendigen Veränderungen im System der kapitalistischen Herrschaft in der BRD, im Interesse von Abrüstung statt Aufrüstung. Es ist ein bemerkenswerte konzentriertes Angebot an philosophischen, geschichtlichen und besonders aktuellen Erkenntnissen sowie deren Lösungsansätzen.

Zu danken sind den um Wahrheit ringenden Autoren wie Lucas Zeise, Daniela Dahn,  Jürgen Grässlin, Hans-Dieter Mäde, Jürgen Roth, Matthias Eik & Marc Friedrich, Heiko Schrang, Christiane Florin, Herman L. Gremliza (Hg.), Brigitte Queck, Wolfgang Bittner oder Arn Strohmeyer, um nur einige zu erwähnen.

Wir brauchen in Deutschland nicht den politischen Stillstand, sondern den Aufbruch, die Veränderung, die auch im Buch „Staatsfeind bis heute“ von Gunter Pirntke, die 11. Feuerbachthese betreffend, dringend angemahnt wird.

Die nach vorne drängenden politischen Sachbücher – sie sind nur wenige Sandkörner auf dem Damm der Vernunft gegen verheerende entpolitisierende Überflutung und Krieg. Sie sind kenntlich gemachte Bruchstellen im Gefüge zwischen Mensch und kapitalistischer Profitgier.

Harry Popow: DER RUF DER TAUBE. „BLÜTEN“ IM KREUZFEUER.  © Copyright by Harry Popow, Verlag: epubli, Druck: epubli – ein Service der neopubli GmbH, Berlin, Erscheinungsdatum 19.11.2018, ISBN: 9783746782256/80635, Seiten: 548, Preis: 33,99 Euro
https://www.epubli.de//shop/buch/RUF-DER-TAUBE-Harry-Popow-9783746782256/80635?utm_medium=email&utm_source=transactional&utm_campaign=Systemmail_PublishedSuccessfully




Mittwoch, 9. Januar 2019

Für einen anderen Zeitgeist - Arnold Schölzel



Gegen Konterrevolution
und Krieg!

Das Jahr 2019 bringt mehrere Gedenkdaten, die aktuelle Bedeutung haben: Der 100. Jahrestag der Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht am 15. Januar erinnert daran, daß die Novemberrevolution durch die SPD-Führung im Zusammenspiel mit der Reichswehr blutig niedergeschlagen wurde. Außerdem wurde am 5. Januar 1919 die „Deutsche Arbeiterpartei“ gegründet, die ab 1920 NSDAP hieß. Sie war zunächst nur eine von zahlreichen rechtsextremen Organisationen, die mit Hilfe von Reichswehr und Großkapital „die Brutalität, den unverhüllten Zynismus, die Niedertracht aller ihrer Vorgänger“ verstärkten. So hatte es Rosa Luxemburg für das Programm der KPD formuliert.

Am 9. November 2019 jährt sich der Tag, an dem die Grenzen der DDR geöffnet wurden, zum 30. Mal. Erneut siegte die Konterrevolution. In seiner ersten Regierungserklärung im „vereinten“ Deutschland erhob Helmut Kohl just am 30. Januar 1991, also am Jahrestag der Machtübergabe an Adolf Hitler 1933, den erneuten Anspruch des deutschen Imperialismus auf einen „Platz an der Sonne“: „Mit der Wiedergewinnung der vollen Souveränität wächst uns Deutschen nicht nur mehr Handlungsfreiheit, sondern auch mehr Verantwortung zu.“ Nämlich: „mehr Mitwirkung an der Lösung weltpolitischer Fragen“.

So wurde der „Zeitgeist“ nach rechts verschoben, d. h. „der Herren eigner Geist“. Nationalismus, Herrenvolkideologie und Fremdenfeindlichkeit waren der wahre Inhalt von Kohls Anschlußprogramm. Es wird bis heute mit Lügen, insbesondere über die DDR und den Sozialismus, mit Hetze und Haß verwirklicht. CDU/CSU, SPD, Grüne und FDP wurden zu Kriegsparteien, eines sozialen Kriegs nach innen und des heißen Kriegs nach außen. Ihr Werk vollendet nun die AfD. Sie stellt sich als Opfer einer „Lügenpresse“ dar, wurde aber mit Hilfe von Konzern- und öffentlich-rechtlichen Medien in den Bundestag befördert. Ihre Parlamentsfraktion tritt dort absichtlich provokant auf. Ihre grotesken, aber nicht wirkungslosen Lügen – etwa über den UNMigrationspakt – stoßen in Teilen von CDU und CSU auf Wohlwollen. Ihre Strategie, organisierte Faschisten zusammen mit „besorgten Bürgern“ auf die Straße zu bringen, hatte in Chemnitz und anderen Orten Erfolg. Erstmals seit 1945 entsteht so eine Massenbasis für eine Partei, welche die bürgerlich-parlamentarische Republik in Frage stellt. Einst erklärte der KPD-Vorsitzende Max Reimann im Parlamentarischen Rat zum Grundgesetz: „Wir unterschreiben nicht. Es wird jedoch der Tag kommen, da wir Kommunisten dieses Grundgesetz gegen die verteidigen werden, die es angenommen haben!“ Dieser Tag ist näher gerückt.

Denn die Kandidatur eines Friedrich Merz für den CDU-Vorsitz und die Bereitschaft der Habeck-Grünen zur Koalition mit so ziemlich jedem signalisieren, daß in Deutschland das Modell Berlusconi, Trump oder Macron Einzug halten könnte: Regieren ohne traditionelle Parteien, gestützt allein auf Fernsehen und Internet. Letzteres bedeutet: unter Einbeziehung von extrem Rechten, die durch Verbreitung von Falschnachrichten, Hetze und Haß stark werden – und durch Gewalt: Etwa 200 Menschen wurden seit 1990 in Deutschland von rechten Tätern ermordet.

Der 70. Jahrestag der DDR-Gründung am 7. Oktober ist vor diesem Hintergrund ein besonderer Gedenktag. Der erste Friedensstaat auf deutschem Boden mußte beseitigt werden, damit Kriege des deutschen Imperialismus wieder möglich werden – und Chauvinismus sowie Faschismus.

Am 1. Oktober 2019 feiert schließlich die VR China den 70. Jahrestag ihrer Gründung. Ihr Aufstieg zur Weltmacht innerhalb weniger Jahrzehnte zeigt, wie rasch historische Veränderungen möglich sind. Der Imperialismus reagiert mit Erhöhung der Kriegsgefahr, Deutschland vorne mit dabei.

Konterrevolution und Krieg sind zwei Seiten einer imperialistischen Medaille. Machen wir 2019 zu einem Jahr des Kampfes für Frieden, für den Erhalt der bürgerlichen Republik als eines Kampfplatzes von Sozialisten und Kommunisten, für einen anderen Zeitgeist!
Arnold Schölzel

Sonntag, 6. Januar 2019

KLASSENKAMPF statt WOHFÜHLDEBATTE - Rainer Rupp



Massenmigration – Fatale Folgen für Osteuropa

Im zweiten Teil wurden die negativen Folgen der Migration auf Wirtschaft und Gesellschaft außerhalb Europas dargestellt, vor allem in Afrika. In diesem letzten Teil widmen wir uns der grenzenlosen, innereuropäischen Migration, vor allem aus den osteuropäischen EU-Ländern.



von Rainer Rupp

Nach dem zweiten Teil ist es sicherlich keine Neuigkeit, wenn hier behauptet wird, dass im Vertragswerk der Europäischen Union vor allem anderen die Kapitalinteressen auf Kosten der Arbeitnehmer und zum Nachteil sozial orientierter Gesellschaftsmodelle durchgesetzt wurden. Zwei Kernelemente des neoliberal gestrickten Lissabonner Vertrages haben denn auch einen alten, langehegten Traum der Geldhäuser und Konzernbosse erfüllt: nämlich den grenzenlosen, weder durch Zoll noch durch sonstige nationale Vorschriften behinderten Verkehr von Kapital und Arbeitskräften innerhalb der EU.

Vor allem vor dem Hintergrund der dramatischen und in der Regel katastrophalen Umstellung – quasi über Nacht – der osteuropäischen Planwirtschaften in neo-liberal operierende Marktwirtschaften seit Anfang der 1990er Jahre wurde eine riesige Lawine von Arbeitsmigranten von Ost nach West ausgelöst. Nachdem die westlichen Konzerne wie Heuschrecken über die Länder hergefallen waren und alles kahl gefressen hatten, was nicht niet- und nagelfest war, waren die Wirtschaftsleistungen in diesen Ländern ebenso dramatisch eingebrochen wie andererseits die Arbeitslosenzahlen in ungeahnte Höhen gestiegen waren, während zugleich das aus dem real-existierenden Sozialismus als Selbstverständlichkeit gewohnte soziale Netz kurzerhand abgewickelt worden war.

Ähnlich wie in Afrika hat auch in Osteuropa angesichts der nur sich selbst bereichernden politischen "Eliten" die Hoffnungslosigkeit – verbunden mit der seit Anfang der 1990er Jahre extrem gewordenen sozialen Ungleichheit zwischen Ost und West – vor allem gut ausgebildete Fachkräfte in den angeblich "goldenen" Westen getrieben. Aufgrund des Lissabonner EU-Vertrags war der Weg zur totalen Freizügigkeit der Produktivkraft "Mensch" innerhalb der EU bereits – zur Freude der Arbeitgeberverbände – längst geebnet.

Diese Massenzuwanderung aus den osteuropäischen Ländern, wo der real-existierende Sozialismus noch für ein hohes Ausbildungsniveau der Beschäftigten gesorgt hatte, hat dann in den Zielländern im Westen, vor allem in Großbritannien, den Beneluxstaaten und auch in Deutschland einen starken Druck auf das allgemeine Lohnniveau ausgeübt. Zugleich hatte der Verlust an teils hoch qualifizierten Menschen für die Volkswirtschaften in Osteuropa und die dort zurückgebliebenen Menschen besonders fatale Folgen, wie nachfolgende Beispiele zeigen.

Dadurch, dass es gerade die jungen und potenziell produktivsten Menschen waren, die in die hochindustrialisierten Ländern abgewandert waren – anstatt mitzuhelfen, ihre von der Krisen gebeutelten Länder wieder aufzubauen – wurde und wird mit jeder neuen Migrationswelle die Ungleichheit zwischen den EU-Zentren und den Ländern der europäischen Peripherie ebenso wie zwischen Europa und dem „globalen Süden“ verstärkt.

In der Peripherie sind es oft gut ausgebildeten Fachkräfte, Ingenieure, Ärzte oder Krankenschwestern, die es in die Zentralräume treibt oder die gezielt von dort aus angeworben werden. Dazu hat der österreichische Historiker Hannes Hofbauer jüngst in einem Interview aufschreckende Zahlen genannt:

Bei herrschenden Lohndifferenzen von 8:1 zwischen Deutschland und beispielsweise Bulgarien ist das auch kein Wunder. Zehn Prozent aller Ärzte in Deutschland sind nicht hier ausgebildet, sondern sie kommen aus Rumänien, Serbien oder Bulgarien. Wenn man sich vor Augen hält, dass die Ausbildung eines Arztes in Deutschland circa 200.000 bis 300.000 Euro kostet, kann man erahnen, welchen Preis die ärmeren Volkswirtschaften bezahlen und was sich der reiche Norden erspart. Das Gesundheitswesen im europäischen Südosten liegt derweil im Argen.“

"Die menschlichen Kosten dieser Entwicklung für die Länder der Peripherie … sind enorm“, so Hofbauer, der das dann am Beispiel Bulgariens vorgeführt. Demnach hat das Land „in den vergangenen 25 Jahren 20 Prozent seiner Bevölkerung verloren. Wenn man die aktivsten Teile der Bevölkerung nimmt, also jene, die zwischen 20 und 45 Jahre alt sind, beträgt der Verlust sogar 41 Prozent. Eine kürzlich erschienene Studie des IWF hat errechnet, dass zwischen 1990 und 2012 20 Millionen Osteuropäer nach Westen emigriert sind".

Laut Internationalem Währungsfonds (IWF) hätte das Wirtschaftswachstum in Osteuropa sieben Prozent mehr betragen. Daher empfiehlt der Fonds den Ländern Osteuropas, die bereits unter großem Facharbeitermangel leiden, ihrerseits den Import billiger Arbeitskräfte aus der Ukraine, Albanien oder Weißrussland. Laut dem österreichischen Historiker haben Polen und die Slowakei bereits darauf reagiert und ihre Einwanderungsgesetze angepasst und liberalisiert: „In der Slowakei werken bereits Ukrainer bei Volkswagen, KIA und Renault-Peugeot, und in Polen halten über eine Million Ukrainer ganze Branchen am Leben.“

Aber auch die aus dem Osten der EU kommenden Migranten selbst hatten sich das Leben im "goldenen Westen" – z.B. in Deutschland oder England – anders vorgestellt. Zwar war ihre Entlohnung höher als zu Hause, aber dennoch lag sie bei oft gleicher Arbeit weit unter dem, was z.B. ihre deutschen Kollegen bekamen. Meist waren sie pro-forma bei modernen Sklavenverleihunternehmen angestellt, die einen Teil ihres kärglichen Arbeitslohns abkassierten. In der Regel mussten sie ohne gewerkschaftlichen Schutz, oft sogar in Schwarzarbeit und ohne Versicherung, die Drecksarbeit machen und ihre Freizeit in erbärmlichen Wohnverhältnissen verbringen.

Nach der großen Migrationswelle aus Osteuropa nach dem Sturz des real-existierenden Sozialismus kam dann eine zweite, allerdings weniger starke Migrationswelle aus den südlichen EU-Ländern als Folge der großen Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008. Aufgrund der unglaublichen Zerstörungen, welche durch die fehlgeleitete, so genannte "Sparpolitik" der EU-Troika auf Druck Deutschlands den Volkswirtschaften der so genannten PIIGS-Staaten (Portugal, Italien, Irland Griechenland, Spanien) aufgezwungen worden war, sind Millionen junger Leute aus diesen Staaten auf der Suche nach Arbeit bis nach Australien und Südamerika emigriert. Zigtausende gut ausgebildeter Arbeitskräfte aus der südeuropäischen Peripherie kamen auch trotz der Sprachprobleme nach Deutschland, nur um zu Hause der Massenarbeitslosigkeit zu entgehen.

Weitere Migranten aus den PIIGS-Ländern wurden durch staatlich geförderte Programme der Bundesregierung "im Auftrag" der Arbeitsgeberverbände angeworben. Allerdings war das kein durchschlagender Erfolg, denn viele dieser Zugewanderten sind inzwischen wieder nach Hause zurückgekehrt, weil sie die Arbeits- und Lebensbedingungen hierzulande zu erdrückend fanden und sich zudem die Situation in ihren Ländern etwas gebessert hat.

Da inzwischen der Import billiger Arbeitskräfte aus Osteuropa stagnierte und der erhoffte Zustrom aus Südeuropa stark zurückgegangen war, sahen sich die Unternehmen in den letzten zwei Jahren gezwungen, endlich wieder etwas höhere Löhne zu zahlen. Denn die Massenzuwanderung aus Nord- und Zentralafrika und aus den von westlichen Kriegshandlungen zerstörten und destabilisierten Ländern des Mittleren Ostens brachte nicht das von den Unternehmen erhoffte Ergebnis. Denn unter der Million von „Merkel-Flüchtlingen“, die allein 2015 unkontrolliert über die Grenzen nach Deutschland kamen, war nur eine sehr begrenzte Anzahl von echten Fachkräften, wobei Ärzte aus Syrien besonders begehrt waren.

Vor diesem Hintergrund war es nur folgerichtig, dass die Arbeitgeberverbände bei ihrer Merkel-Regierung erneut vorstellig wurden, um endlich das schon lange geplante Migrationsgesetz zu verabschieden. Dadurch wird jetzt die verstärkte und gezielte Zuwanderung von Fachkräften aus Staaten von außerhalb der EU ermöglicht, um das etwas gestiegene Lohnniveau wieder zu deckeln. Zur Erinnerung: laut der Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung sind die Löhne und Gehälter in Deutschland zwischen 1995 und 2004 inflationsbereinigt gesunken: um minus 0,9 Prozent. Seit 1992 gab es (bis 2016) keine Reallohnerhöhung, was wiederum zur Auswanderung vieler deutscher Fachkräfte ins Ausland (u.a. in die Schweiz und nach Norwegen) geführt hatte.

Der UN- Migrationspakt von Marrakesch und das deutsche Migrationsgesetz sind nichts anderes als ein weiterer, hinterhältiger Anschlag auf die heimische Arbeiterklasse, der von unseren Politikern und Medien als humanitärer Akt moralisch überhöht und verbrämt wird. Dass dies ausgerechnet vom Großteil der deutschen Linken begrüßt wird, könne man sich nur "mit der geistigen Verwirrung vieler Linken erklären", so der bereits erwähnte Historiker Hofbauer, der davon ausgeht, dass diese Linken das "einzelne migrantische Schicksal, das in aller Regel ein schweres ist und dem man zugeneigt ist zu helfen, mit der Funktion der Migration verwechseln".

Denn die Migration passe "haarscharf in die Anforderungen des Neoliberalismus". Der ständige Import billiger und williger Arbeitskräfte in die Zentrumsländer Europas beweise dies deutlich. "Seit dem ersten Anwerbeabkommen im Jahr 1955 (zwischen Deutschland und Italien) waren es die Unternehmerverbände, die mehr Migration forderten, um damit Arbeitsmärkte sowie Arbeits- und Sozialgesetze deregulieren zu können", so Hofbauer. Diese Funktion der Migration wird z.B. durch die Forderung deutscher Arbeitgeberverbände bestätigt, die auf dem Höhepunkt der großen Wanderung der Muslime nach Europa verlangten, den eben erst eingeführten Mindestlohn in Deutschland für die Beschäftigung von Flüchtlingen auszusetzen.

Tatsache ist, dass sich mit der Massenmigration aus der Peripherie inzwischen die Folgen der weltweiten Ungleichheit auch in den europäischen Zentralräumen negativ bemerkbar gemacht haben. Der Deregulierungswahn am Arbeits- und Wohnungsmarkt hat neue Dimensionen erreicht. Parteipolitische Proteste dagegen scheinen nur von der AfD zu kommen. Aber anstelle einer dringend notwendigen Kritik der Funktion der Migration im globalen, neo-liberalen Kapitalismus, macht diese Partei die Migranten zu den Sündenböcken für die zerstörerischen Entwicklungen. Die Linke hingegen sträubt sich, den strukturell zerstörerischen Charakter von Massenmigration zu erkennen. Selbst marxistische Kritik am Wesen der Migration und ihren Triebkräften sowie eine klare Benennung ihrer Opfer und Profiteure wird von manchen dieser Linken sofort als rechtsradikal diffamiert.

Die Tatsache, dass sich ausgerechnet aus den USA eine Stimme meldet, die glasklare Kritik an diesem weltweiten Orientierungsverlust und der Konfusion linker Moralapostel übt, ist höchst erfrischend. Der Kommentar eines Lesers meines letzten Artikels zu diesem Thema hat mich auf den Beitrag von Dr. Angela Nagel auf der marxistischen Webseite "American Affairs" verwiesen. Dort geht es um den guten altbewährten, aber längst als unmodern erklärten Klassenkampf, statt um den von modernen Linken geführten Diskurs um einen Mutter-Theresa-Wohlfühl-Sozialismus. Nachfolgend zwei Auszüge aus dem Beitrag von Dr. Nagel mit dem Titel: "Eine linke Position gegen offene Grenzen" (The Left Case Against Open Borders):

Mit der Zerstörung und Aufgabe jeglicher Arbeitsmarktpolitik können sich die mit der Migration entstandenen Fragen derzeit nur noch im Rahmen eines Kulturkampfes abspielen, in dem ausschließlich moralische Positionen vorgebracht werden. In der erhitzten öffentlichen Debatte in den USA über Zuwanderung herrscht eine einfache moralische und politische Dichotomie. 'Rechts' ist, wer 'gegen die Einwanderung' ist und 'links', wer 'für die Einwanderung' ist. Aber die Ökonomie der Migration erzählt eine andere Geschichte". (…)

Die gutmeinenden (linken) Aktivisten von heute sind zu nützlichen Idioten der großen Konzerne geworden. Indem sie 'offene Grenzen' befürworten und mit einem heftigen moralischen Absolutismus auftreten, der jede Einschränkung der Migration als unbeschreibliches Übel ansieht, tun sie jede Kritik am ausbeuterischen System der Massenmigration als Blasphemie ab. Sogar linke Politiker wie Bernie Sanders in den USA und Jeremy Corbyn in Großbritannien werden von Kritikern des 'Nativismus' (der Besinnung auf nationale Werte) beschuldigt, wenn sie die Legitimität von Grenzen oder Migrationseinschränkungen zu irgendeinem Zeitpunkt anerkennen. Dieser Radikalismus für offene Grenzen kommt letztlich den Eliten in den mächtigsten Ländern der Welt zugute, entmachtet die organisierte Arbeiterschaft weiter, beraubt die Entwicklungsländer ihrer dringend benötigten Fachkräfte und wendet sich gegen die Interessen der Arbeiter.“


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Freitag, 4. Januar 2019

Warnungen für taube Ohren? - Wolfgang Bittner





Konfrontationspolitik und Aufrüstung – ein Rückblick


Deutschland, Frontstaat und Brückenkopf


Von Wolfgang Bittner

Seit dem 2014 von den USA initiierten Putsch in der Ukraine besteht Kriegsgefahr in Europa, das ist großen Teilen der Bevölkerung überhaupt nicht bewusst. Der Krieg in der Ostukraine kann jederzeit ausufern und sich zu einem Flächenbrand entwickeln, daran hat sich nach dem Regierungswechsel von 2017 in Washington nichts geändert. Denn die „Nebenregierung“ (auch Tiefer Staat oder Deep State) genannt, vertritt andere Interessen als der amtierende Präsident Donald Trump, der während des Wahlkampfes und in seiner Antrittsrede am 20. Januar 2017 versprochen hatte, keine Interventionskriege mehr zu führen und sich mit Russland zu verständigen.

Trump sagte: „Wir werden die Freundschaft und das Wohlwollen aller Nationen auf der Welt suchen, aber wir machen das in dem Wissen, dass es das Recht aller Nationen ist, ihre eigenen Interessen an die erste Stelle zu setzen. … Die Bibel lehrt uns, wie schön es ist, wenn die Völker Gottes friedlich zusammenleben.“(1) In einem Interview mit der New York Times am 23. November 2016, erklärte er: „Wäre es nicht schön, wenn wir gut mit Russland auskämen. Wäre es nicht schön, wenn wir gemeinsam gegen den Islamischen Staat vorgingen... Wir müssen dem Wahnsinn, der sich in Syrien abspielt, ein Ende setzen.“(2)

Aber die Europäer, allen voran die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, hielten trotz der veränderten Lage an der Aggressions- und Sanktionspolitik gegen Russland fest. Anlässlich des Abschiedsbesuchs Obamas am 18. November 2016 in Berlin, zu dem sich neben Merkel die vier europäischen Regierungschefs Theresa May (Vereinigtes Königreich), François Hollande (Frankreich), Matteo Renzi (Italien) und Mariano Rajoy (Spanien) trafen, wurde die Beibehaltung der Sanktionen gegen Russland beschlossen.(3)

Der frühere SPD-Parlamentarier und Herausgeber des einflussreichen Internetportals NachDenkSeiten,(4) Albrecht Müller, schrieb dazu: „Jetzt haben unsere famosen Zeitgenossen in Berlin Angst, Trump könnte die Bestrafung Russlands lockern …“(5) Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass die deutsche Regierung die Aggressionspolitik der NATO und des kriegsbereiten US-Establishments mitträgt, dann ist er mit der Berliner Erklärung der Bundeskanzlerin vom 18. November 2016 erbracht worden.

Anstatt die Gunst der Stunde zu nutzen, sich außenpolitisch unabhängig zu machen, abzurüsten und die Sanktionen gegen Russland zu beenden, folgen die Europäischen Staaten, insbesondere Deutschland, trotz der Abkühlung des Verhältnisses zu den USA weiter deren militärischen Vorgaben. Es sind – trotz allem – offensichtlich Kriegsvorbereitungen, die stattfinden. Man mag noch so zerstritten sein, hinsichtlich der Aufrüstung gegen Russland ist man sich nach wie vor einig.

Beginn der Entfremdung waren von der Regierung Trump verhängte Schutzzölle, der Rücktritt der USA vom Atomvertrag mit dem Iran und ein Eklat auf dem G7-Gipfel am 9. Juni 2018 im kanadischen La Malbaie, wo Donald Trump – inzwischen auf Linie gebracht und getreu seinem Versprechen „America first“ – den Verbündeten ein Ende des freien Handels androhte, weil sie sein Land angeblich „wie ein Sparschwein“ ausplünderten.(6) Außerdem stieß Trumps Vorschlag, Russland wieder in die G7 aufzunehmen, auf entschiedenen Widerspruch bei Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Russland gewohnheitsmäßig für die Probleme in der Ukraine verantwortlich machte.(7)

Zwar betonen westliche Politiker gebetsmühlenartig, man dürfe „den Gesprächsfaden“ zum Kreml nicht abreißen lassen, und Angela Merkel traf sich bereits wieder am 18. August 2018 zum soundsovielten Mal zu einem „Gedankenaustausch“ mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Aber die ständigen unversöhnlichen Äußerungen deutscher Politiker sprechen eine andere Sprache und dokumentieren die von den Hardlinern in Washington gesteuerte, für Deutschland existenzgefährdende Berliner Politik.

So forderte Außenminister Heiko Maas abweichend von der diplomatischen Linie seines Vorgängers Sigmar Gabriel eine „harte Haltung“ gegenüber Russland. Wie unbedarft deutsche Außenpolitik betrieben wird, ging schon aus seiner Antrittsrede hervor: „Ein Übermaß an Verständnis gegenüber der Kreml-Politik und das Bedürfnis, gute Beziehungen zu Russland zu pflegen, herrschen in der deutschen Politik und Gesellschaft immer noch vor und überraschen stets aufs Neue. Russlands Vorgehen in der Ukraine ist in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg beispiellos. Der Kreml hat mit der Krim einen Teil der Ukraine gewaltsam annektiert und ist zudem aktiv an einem Angriffskrieg in der Ostukraine beteiligt… Russlands völkerrechtswidrige Annexion der Krim und die andauernde Aggression gegen die Ukraine kann man nicht hinnehmen. Die Ukraine-Krise bleibt ein Test unserer Entschlossenheit und unserer Geschlossenheit – in der Europäischen Union, aber auch mit den amerikanischen Verbündeten.“(8)

Wie schon Merkel, wandte sich Maas gegen eine Rückkehr Russlands in die G7(9) und spulte des Weiteren die üblichen Verdächtigungen und Unterstellungen ab: Das am 17. Juli 2014 abgestürzte malaysische Zivilflugzeug MH17 sei von Russland abgeschossen worden, wiederholte Hackerangriffe auf politische Einrichtungen der EU-Mitgliedsstaaten seien von Moskau gesteuert, für den Giftgasanschlag auf den britisch-russischen Doppelagenten Skripal in London seien die Russen verantwortlich. Das alles dürfe nicht ohne Folgen bleiben. Daher könne es „keine schnelle Rückkehr zur Partnerschaft mit Russland geben“. Dessen Verhalten sei „aggressiv, völkerrechtswidrig und nicht hinnehmbar“, der „russischen Aggression“ seien „sowohl ukrainische Bürger als auch Bürger der Europäischen Union zum Opfer gefallen“, was eine „geschlossene europäische Antwort“ erfordere.(10)

Worthülsen und Verdrehungen des politischen Geschehens. Wie scheinheilig sich der deutsche Außenminister hier verhält wird deutlich, wenn er feststellt, „dass Russland bisher nicht bereit zu sein scheint, zur Aufklärung beizutragen“ und fordert: „Moskau sollte Transparenz schaffen und Stellung nehmen“. Wie soll das geschehen? Bisher sind die Daten der ukrainischen Luftüberwachung zum Flug MH17 nicht zugänglich gemacht worden. Die Verantwortung der russischen Regierung für dubiose Hackerangriffe konnte nicht nachgewiesen werden. Und im Fall Skripal hat Russland wiederholt seine Mitwirkung an der Aufklärung angeboten, erhielt jedoch keine Informationen über die Untersuchungsergebnisse aus London.

Nichts ist bewiesen, und dennoch verurteilt der Jurist Maas Russland unter Missachtung des Rechtsprinzips der Unschuldsvermutung (in dubio pro reo), während er sich zugleich vollmundig auf das Grundgesetz, „die Prinzipien des demokratischen Rechtsstaats“ sowie auf „Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit“ beruft. Auch hinsichtlich des 2014 in der Ukraine durchgeführten Regime Change, der darauf folgenden angeblichen Annexion der Krim und des von dem im Westen geschätzten und geförderten Kriegsherrn Petro Poroschenko geführten Bürgerkriegs in der Ukraine,(11) vertritt Maas in Unkenntnis oder Verleugnung der Tatsachen die übliche antirussische Propaganda.

Obwohl der neue West-Ost-Konflikt nachweislich von den USA mit der von ihr dominierten NATO unter Gefolgschaft der westeuropäischen Staaten initiiert worden ist, resümiert Maas: „…wenn Russland sich selbst immer mehr in Abgrenzung, ja teilweise Gegnerschaft zu vielen im Westen definiert, so mögen wir das bedauern. In jedem Fall aber verändert es die Realität unserer Außenpolitik.“(12) Damit befindet sich Maas im Einklang mit der von Angela Merkel gegenüber Russland vertretenen, wenn auch immer wieder bemäntelten, Aggressionspolitik. Die Kanzlerin wirbt, ebenso wie der französische Präsident Emmanuel Marcon, für die Aufstellung einer europäischen Armee, selbstverständlich im Rahmen der NATO. Mitte November sagte sie im Europäischen Parlament: „Wir sollten an der Vision arbeiten, eines Tages auch eine echte europäische Armee zu schaffen”.(13)

Dem entspricht schon länger die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, die mit deutschen Aufklärungsflugzeugen in Syrien Krieg führt und deutsche Soldaten unter anderem nach Mali schickte. Vor dem NATO-Gipfel im Juli 2018 bekräftigte sie ihren Standpunkt, man müsse Russland im Dialog aus einer „Position der Stärke“ begegnen, dann lasse sich besser mit Moskau sprechen. Der russische Verteidigungsminister Sergei Schoigu antwortete ihr: „Nach allem, was Deutschland unserem Land angetan hat, sollten Sie noch 200 Jahre lang nichts zu diesem Thema sagen.“ Er riet den Berliner Politikern, über die jüngere Geschichte nachzudenken und empfahl: „Fragen Sie Ihre Großväter, was es bedeutet, aus einer Position der Stärke mit Russland zu sprechen. Sie werden es Ihnen wahrscheinlich sagen können.“(14)

Das dürfte die Berliner Politikerkaste um Angela Merkel kaum beeindrucken, noch weniger die US- und NATO-Strategen. Der US-Verteidigungshaushalt für 2018 wurde von 610 auf 716 Milliarden Dollar erhöht, „die bedeutendste Investition“ in das US-Militär in der neueren Geschichte, so Donald Trump. Die zusätzlichen Mittel sollen für die Modernisierung der Streitkräfte und für den Aufbau einer „Weltraumarmee“ genutzt werden. „Wie der Himmel, die Erde und das Meer ist der Weltraum zum Schlachtfeld geworden“, sagte Trump und fügte mit einem Seitenhieb auf China hinzu: „Eine Präsenz im Weltraum reicht nicht aus, wir müssen eine Dominanz der USA im Weltraum haben.“(15)

Militärische Dominanz zeigten die USA mit ihren NATO-Verbündeten im Oktober 2018 an den Grenzen Russlands mit dem größten Manöver seit Ende der 1990er Jahre unter der Bezeichnung „Trident Juncture“ (Dreizackiger Verbindungpunkt). 50.000 Soldaten, darunter 10.000 deutsche, übten in Skandinavien mit Tausenden Panzern, 250 Flugzeugen und 65 Schiffen, darunter ein US-Flugzeugträger, den Krieg gegen Russland. In der Frankfurter Allgemeinen hieß es dazu: „In drei Tagen sollen dann hoch im Norden die Roten angreifen. Darauf freuen sich hier die allermeisten, besonders die von der Bundeswehr … Die Soldaten sind froh, endlich zu zeigen, was sie können.“(16) Als wäre alles nur ein Spiel. Kurz zuvor fand bereits das NATO-Manöver Saber Strike“ (Säbelhieb) mit 18.000 Soldaten im Baltikum statt.(17)

Zeitgleich drohten die USA mit der Kündigung des INF-Vertrages (Intermediate-Range Nuclear Forces), wonach den USA und Russland verboten ist, Mittelstreckenraketen mit einer Reichweite von 500 bis 5.000 Kilometern zu entwickeln, zu bauen und zu stationieren. Eine insbesondere für Deutschland und Europa hochgefährliche Entwicklung, weil die geringen Vorwarnzeiten bei Fehlalarm keine Verständigung mehr zulassen und ein Einsatz dieser Raketen – ob gezielt oder versehentlich – Mitteleuropa auslöschen würde. Das Abrüstungsabkommen von 1988 hatte zur Verschrottung von etwa 2.700 nuklearen Kurz- und Mittelstreckenraketen sowie zum Abzug aller taktischen Atomwaffen von US-Kriegsschiffen und zur Verringerung der in Europa gelagerten Atombomben geführt.(18)

Deutschland ist nach wie vor Frontstaat und Brückenkopf der USA. Abgesehen von der Stationierung amerikanischer Atomraketen in Büchel/Eifel und der Drohneneinsatzzentrale in Ramstein/Pfalz, wird in Ulm das neue Nato-Hauptquartier für schnelle Truppen- und Materialtransporte eingerichtet. Die bestehende “Nato-Speerspitze”, also die Very High Readiness Joint Task Force (VJTF), die Nato Response Force (NRF) und die enhanced Forward Presence (eFP), sollen für den Konfliktfall durch weitere Truppen verstärkt werden, und zwar mit zusätzlich 30.000 Soldaten, also 30 Bataillonen, 30 Flugzeugstaffeln (das sind 360 Flugzeuge) und 30 Schiffen. Deutschland soll für diese Bereitschaftstruppe eine besondere Verantwortung übernehmen. Des Weiteren ist im Gespräch, Raketenabwehrsysteme des Typs THAAD nach Deutschland zu verlegen. Hinzu kommen Pläne für Neuaufnahmen in die NATO. Etwaige Kandidaten sind Georgien, Ukraine, Makedoniens, eventuell auch Schweden, Finnland, Irland, Serbien und Moldawien.(19)

Ende 2017 wurde ein europäisches Militärbündnis für „permanente strukturierte Zusammenarbeit“, das sich PESCO nennt, gegründet. Unter anderem ist geplant, Westeuropa unabhängig von staatlichen Grenzen durchgängig zu machen, und zwar für die schnelle Verlegung von schwerem militärischem Gerät und Soldaten an die östlichen Grenzen. Die NATO braucht neue Straßen, Brücken und Infrastrukturen, um effektiver Krieg führen zu können. Und Verteidigungsministerin von der Leyen erklärte begeistert: „Europa muss handlungsfähiger und effizienter werden.“ Was daraus folgt, scheint den Berliner Politikern noch nicht klar zu sein: Nämlich eine Auflösung deutscher Souveränität, die im Übrigen durch die fortdauernde Stationierung ausländischer Truppen mit Sonderbefugnissen ohnehin nicht vollständig gegeben ist (wie sich aus dem Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut von 1993 ergibt)(20).

Weiter folgt daraus die Festigung der Bindung – man kann auch sagen, der Unterwerfung – an die USA und die NATO sowie der Ausschluss Russlands aus Europa. Damit wird nicht nur der wirtschaftliche, kulturelle und wissenschaftliche Austausch mit Russland zunehmend erschwert, wenn nicht verhindert. Damit wird auch die Gefahr eines europäischen großen Krieges virulent, wobei insbesondere Deutschland noch mehr zum Brückenkopf der USA mit der von ihr gesteuerten NATO wird, die bis an die russischen Grenzen vorgerückt ist und dort eine gewaltige Militärmaschinerie aufbaut.

Dazu hatte sich der russische Präsident Wladimir Putin in den vergangenen Jahren eher abwartend verhalten, von den „Partnern“ im Westen gesprochen und mehrfach für Kooperation geworben. In seiner Rede an die Nation vom März 2018 sagte er jedoch – und das sind völlig neue Töne: „Obwohl wir die zweitgrößte Nuklearmacht geblieben sind, wollte niemand uns hören. Mit uns wollte niemand sprechen. Hören Sie uns jetzt zu!“, und er fügte noch hinzu: „Das ist kein Bluff“.(21) Zuvor hatte er Videos einblenden lassen, mit denen er eine Reihe neuer, angeblich nicht abfangbarer Nuklearwaffen zeigte, die entwickelt und bereits getestet wurden, unter anderem die mehr als 200 Tonnen schwere Interkontinentalrakete „Sarmat“ und die Hyperschallrakete „Kinschal“ sowie einen nuklear bestückbaren Torpedo.

Das ist die Antwort auf die von den USA ausgehende Einkreisung Russlands und die in Osteuropa stationierten US-Systeme zur Raketenabwehr, die auch offensiv genutzt werden könnten und somit einen Verstoß gegen den INF-Vertrag darstellen. Wie US-Militärstrategen zugeben, dient die Entwicklung neuer Waffensysteme und ihre Stationierung in Europa nicht der Verteidigung; vielmehr könnte sie dem Präsidenten die Entscheidung für einen atomaren Erstschlag gegen Russland erleichtern.(22)

Im Oktober 2018 warnte der Kremlsprecher Peskow die USA davor, nach einem Ausstieg aus dem INF-Vertrag genau die Waffensysteme zu entwickeln, die durch das Abkommen verboten werden. Die USA verletzten das Abkommen schon seit längerem mit der Entwicklung raketenbestückter Drohnen, so Peskow. Sollten sie es kündigen, sehe sich Russland genötigt, „Maßnahmen“ zu ergreifen, die seine Sicherheit garantieren. Dazu erklärte Außenminister Sergej Lawrow, Moskau sei noch immer zu einem Dialog mit Washington bereit.(23)

Auch die chinesische Regierung äußerte Besorgnis über die neuerliche Konfrontationspolitik der USA. Eine Aufkündigung des INF-Abkommens würde das strategische Gleichgewicht verletzen, so die Sprecherin des Außenministerium Hua Chunyin. Sie wies zugleich die amerikanische Darstellung einer vermeintlichen Bedrohung der USA durch China zurück und forderte die US-Regierung zu einem vorsichtigen Umgang mit dem Vertrag auf, dessen einseitige Kündigung „viele negative Auswirkungen“ habe würde.(24)

Der deutsche Außenminister Maas bedauerte in einer Erklärung vom 21. Oktober 2018 die Entwicklung, die „uns und Europa vor schwierige Fragen“ stelle: „Wir haben Russland in der Vergangenheit bereits mehrfach aufgefordert, die schwerwiegenden Vorwürfe der Verletzung des INF-Vertrags auszuräumen. Bisher hat Russland dies nicht getan. Wir werben auch gegenüber den USA dafür, mögliche Konsequenzen zu bedenken.“(25)

Indem er die Fakten ignoriert, „wirbt“ Maas also um die Gunst der USA, die über verbotene Waffensysteme verfügen, während er Russland „auffordert“, schwerwiegende Vorwürfe auszuräumen. Ein solches Verhalten kennzeichnet die deutsche Außenpolitik schon seit Langem und wirft ein bezeichnendes Licht auf den amtierenden Außenminister, der die Konsequenzen seines Handelns offensichtlich nicht bedenkt. Er und andere westliche Politiker rügen den von Donald Trump am 19. Dezember 2018 angekündigten Abzug der US-Truppen aus Syrien, die dort nach dem Völkerrecht gar nicht sein dürften.(26) Die westliche Politik wird nach wie vor von Aggression und Aufrüstung bestimmt.

Wladimir Putin hat auf der Jahrespressekonferenz (27) in Moskau am 20. Dezember 2018 vor der Gefahr eines Atomkrieges gewarnt, die aber von den Menschen kaum wahrgenommen werde. „Das scheint etwas Unmögliches oder auch Unwichtiges zu sein“, sagte er und fügte hinzu: „Wenn so etwas passiert, dann kann es zum Untergang der ganzen Zivilisation oder auch des ganzen Planeten führen.“ Ziel der russischen Außenpolitik sei, günstige wirtschaftliche und soziale Bedingungen für das Land zu schaffen, Fortschritt zu sichern und als gleichberechtigter Partner in der Welt anerkannt zu werden. Den USA warf er vor, durch den Austritt aus bestehenden Verträgen das Gleichgewicht der Kräfte und das System der nuklearen Rüstungskontrolle verletzt zu haben. Aufgrund der geringen Vorwarnzeiten und unkalkulierbarer Situationen könne es sehr leicht zu einer globalen Katastrophe kommen. Seine Warnung scheint jedoch im Westen auf taube Ohren zu stoßen.

Der Schriftsteller und Publizist Dr. jur. Wolfgang Bittner lebt in Göttingen. 2017 erschien von ihm im Westend Verlag in Frankfurt am Main das Buch „Die Eroberung Europas durch die USA – eine Strategie der Destabilisierung, Eskalation und Militarisierung“.