Samstag, 30. Mai 2020

Der autoritäre Planet - Rainer Mausfeld



Der autoritäre Planet

„Im Kampf gegen Machtkonzentration, Demokratieabbau und Totalüberwachung reicht Empörung allein nicht aus“, skizziert Elitenkritiker Rainer Mausfeld im Rubikon-Exklusivinterview.



von Rainer Mausfeld, Flo Osrainik

Wir dürfen nicht frei sein, allenfalls können wir wählen, von wem wir beherrscht und unterdrückt werden. Und selbst die Liste unserer möglichen Unterdrücker bekommen wir nur vorsortiert präsentiert. Wirkliche Demokratie sähe anders aus. Jedoch hilft die Demokratie-Fassade, die Bevölkerung ruhig zu halten. Medien und Expertengremien verbreiten in diesem Kontext nicht die Wahrheit, sondern nur Scheinwissen, das den Herrschaftsinteressen dient. In diesem umfassenden Interview gibt Prof. Rainer Mausfeld eine Kostprobe seiner Fähigkeiten als analytischer Denker. Seine Warnung kommt zur rechten Zeit, denn Corona hat viele bedenkliche Tendenzen zu einem neuen digitalen Totalitarismus eskalieren lassen.

Flo Osrainik: Herr Mausfeld, wir leben nicht nur in irren und wirren, sondern auch in brisanten und gefährlichen Zeiten. Da wird ein Kampf gegen die Überbringer der Wahrheit geführt — am Journalisten Julian Assange soll ein Exempel statuiert werden. Man verfolgt und bestraft also Menschen, die Verbrechen aufdecken und lässt die Verbrecher laufen. Bürger werden massenhaft überwacht, eine Handvoll Männer besitzt mehr als die halbe Weltbevölkerung, Zivilisten werden außergerichtlich von Drohnen ermordet, das Völkerrecht interessiert ohnehin längst keinen mehr, Armeen werden wieder aufgerüstet, Feindbilder willkürlich aufgebaut, die Messer lautstark gewetzt, der Planet systematisch zugemüllt und die Masse bleibt scheinbar fern(seh)gesteuert bei Fußball, Seifenopern und Dschungelcamp zu Chips und Bier vor der Glotze hängen. Man kann die Menschen offensichtlich mit Lügen in Kriege verwickeln, deren Folgen weitere Kriege, Tod und Elend sind, und alle bleiben so lange ruhig, bis die Opfer anklopfen. Dann taucht eine jugendliche Klimaaktivistin, noch ein Kind, in den Medien auf und weist auf ein bekanntes Problem hin, das alle betrifft. In kürzester Zeit gab es eine weltweite Bewegung der Empörung plus Gegenbewegung. Ähnlich verhält es sich nun in der Corona-Krise, die all das auch noch schnell vergessen macht. Grundsätzlich gefragt: Was läuft auf diesem Planeten schief?



Rainer Mausfeld: Wenn Sie in Dimensionen unseres Planeten denken, wird die Antwort natürlich anders ausfallen, als wenn Sie in Dimensionen unserer Epoche, also der vergangenen Jahrzehnte denken. Auf beiden Ebenen lässt sich die Frage, was schief läuft, zumindest auf sehr abstrakter Ebene klar beantworten.



Beginnen wir mit der Vogelperspektive auf uns selbst, also auf unsere evolutionsbiologische Beschaffenheit als Gattung „Mensch“. Der Mensch weist gegenüber allen anderen Lebewesen eine evolutionäre Besonderheit auf, die für seine Zivilisationsentwicklung gewaltige Konsequenzen hat. Einige unserer höheren kognitiven Befähigungen konnten sich nämlich in der Evolutionsgeschichte nur dadurch entwickeln, dass sie von einer rigiden Instinktbindung befreit wurden. Das bedeutet, dass die damit verbundenen psychischen Funktionskreisläufe nicht mehr gleichsam mechanisch und starr ablaufen, sondern viele Freiheitsgrade haben, aus denen sich im Gefüge der vielen psychischen Komponenten unseres Geistes fast beliebig viele Kombinationsmöglichkeiten ergeben.



Diese besondere Art von mentaler Architektur, die Noam Chomsky in das Zentrum seiner Arbeiten zur Sprache gestellt hat, ist die Basis menschlicher Kreativität in Sprache, Musik, Kunst, Spiel und in vielen anderen Bereichen. Die Kehrseite dieser evolutionären Errungenschaft einer Befreiung von rigider Instinktbindung ist jedoch, dass auch die destruktiven Kapazitäten des Menschen nicht mehr, wie bei anderen Lebewesen, biologisch selbstlimitierend sind, sondern nahezu grenzenlos. Insofern könnte man den Menschen, wie dies auch von einigen Evolutionsbiologen zum Ausdruck gebracht wird, als eine Art evolutionsbiologischen Designfehler betrachten, weil sein destruktives Potenzial die internen Möglichkeiten einer Kontrolle bei Weitem übersteigt und somit nahezu grenzenlos ist. Damit trägt der Mensch gleichsam den Keim einer Selbstzerstörung in sich. Die gesamte Zivilisationsgeschichte lässt sich als ein Bemühen verstehen, die daraus resultierenden Probleme unseres gemeinschaftlichen Zusammenlebens kompensatorisch zu bewältigen. Das bedeutet insbesondere, zivilisatorische Schutzbalken zu entwickeln, durch die Macht eingehegt werden kann. Die Leitidee der Demokratie ist das bedeutendste Beispiel.
Damit sind wir dann bei der für uns heute relevanteren Frage: Was läuft schief in den vergangenen Jahrzehnten? Auch hier ist auf abstrakter Ebene die Antwort nicht schwer: Mit der neoliberalen Gegenrevolution, die gerade darauf zielt, alle zivilisatorischen Errungenschaften der Aufklärung ein für allemal zu beseitigen, wurde auch eine der größten zivilisatorischen Errungenschaften gegen die Barbarei, also gegen ein Recht des Stärkeren, de facto beseitigt, nämlich die Demokratie als radikale Vergesellschaftung von Herrschaft. Dadurch ist in den vergangenen Jahrzehnten die Asymmetrie der Machtverhältnisse zwischen den Zentren der Macht und den Machtunterworfenen so groß geworden, dass sich Macht wieder ungehindert und zügellos entfalten kann. Das hat innerhalb von Gesellschaften wie auch im Verhältnis zwischen den Staaten zu einer Rückkehr zum Recht des Stärkeren geführt und damit zu einem massiven zivilisatorischen Regress.



Zu dieser gigantischen Asymmetrie der Macht gehört auch, dass sich die eigentlichen Zentren der Macht immer abstrakter organisiert und sich global so vernetzt haben, dass sie grundsätzlich jeder demokratischen Kontrolle und Rechenschaftspflicht entzogen sind.



Sie haben dem Volk die Souveränität einer Selbstgesetzgebung entzogen und sich selbst eine legislative Souveränität gegeben. Auf diese Weise haben sich mittlerweile die Zentren der Macht und insbesondere transnationale Großkonzerne zu Selbstversorgern mit Gesetzen gemacht. Dazu bedarf es keines systematischen Plans, denn es ist der Macht immanent, dass sie danach drängt, sich zu stabilisieren und auszuweiten; Macht kann immer nur durch eine Gegenmacht begrenzt werden. Und daran mangelt es gegenwärtig. Denn diejenigen, die die Macht haben, können sich auch den Geist kaufen, der benötigt wird, um Manipulationstechniken zu entwickeln, mit denen sich auf der Klaviatur unseres Geistes spielen lässt — also Psychotechniken, durch die sich, in den Worten von Walter Lippmann, „die verwirrte Herde auf Kurs halten“ lässt.



So wurden in vielen Jahrzehnten mit gewaltigen finanziellen Mitteln und unter massiver Beteiligung von Sozialwissenschaften und Psychologie Techniken der Soft-Power-Bevölkerungskontrolle entwickelt, also Techniken der Indoktrination, des Empörungsmanagements, der Dissenskontrolle, der Spaltung sozialer Bewegungen, der Erzeugung von Apathie und moralischer Gleichgültigkeit, der sozialen Narkotisierung durch Konsumismus und eine mediale Überflutung mit Nichtigkeiten, et cetera, et cetera — ein riesiges Arsenal des Demokratiemanagements im immerwährenden Kampf der wenigen Besitzenden gegen die Masse der Nichtbesitzenden. Diese Techniken sind mittlerweile nahezu zur Perfektion getrieben worden, und wir alle sind, ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht, mehr oder weniger von ihnen geprägt.



In einem Beitrag für das Buch „Die Öko-Katastrophe“ sagen Sie, dass die „Herrschenden grundsätzlich versuchen, alle an die Wurzeln ihrer Machtverhältnisse gehenden Lösungen zu verhindern“, weshalb sie darauf abzielen, soziale Bewegungen, die sich möglicherweise zu einer kritischen Masse formen und somit politisch wirksam werden könnten, präventiv zu spalten und zu neutralisieren.“ Im Fall der Klimabewegung bestünde für die Eliten die Gefahr, dass sich die Bewegung mit der Wurzel des Übels beschäftigen und das System infrage stellen könnte. Aber die Klimabewegung hat sich doch nicht gegen Kriegsgeschrei und Aufrüstung, gegen Konsum- und Wachstumswahn, also gegen das herrschende, zerstörerische System gewandt. Die Ursachen interessieren nicht, wieso dann dieser Hype?



Auch die Empörung, die Sie angesprochen haben, ist längst Gegenstand eines systematischen Empörungsmanagements geworden. Die Denkfabriken der Mächtigen, also Think Tanks und entsprechende Bereiche der Universitäten, haben klar erkannt, dass politische Empörungsreaktionen der Bevölkerung durchaus wünschenswert sind, weil sie wie ein Blitzableiter dazu beitragen, dass sich affektive politische Veränderungsenergien auf Ablenkthemen richten oder sich in einem gedanklichen Niemandsland affektiv verzehren und damit verpuffen. Dies gelingt jedoch im Sinne der Mächtigen nur, wenn sich gewährleisten lässt, dass eine politische Empörung begriffslos bleibt — wenn also die Möglichkeiten eines Verstehens der Auslösebedingungen und damit einer gedanklichen Einbettung und Stabilisierung der Empörung fehlen.



Das sehr einfache Rezept dazu ist die Erzeugung eines gesellschaftlichen Gedächtnisverlustes. Man muss nur dafür sorgen, dass diejenigen, die ein besonders großes Bedürfnis nach politischen Veränderungen aufweisen, gedanklich konsequent von allen emanzipatorischen Traditionen entwurzelt werden. Wenn ihnen dann dadurch das in langen emanzipatorischen Bemühungen mühsam gewonnene gedankliche Instrumentarium nicht mehr zur Verfügung steht, bleiben sie in ihrer begriffslosen Empörung orientierungslos gefangen. Hinzu kommt, dass eine begriffslose Empörung ihre Träger besonders anfällig dafür macht, eigene starke Empörungsaffekte durch eine Einbettung in anti-emanzipatorische Narrative zu bewältigen. Diese Anfälligkeit einer begriffslosen Empörung erleichtert es wiederum den Mächtigen, die Empörten — und politischen Dissens allgemein — mit dem üblichen Diffamierungsvokabular aus dem öffentlichen Debattenraum zu verbannen.



Die radikale Entwurzelung von emanzipatorischen Traditionen, wie sie mittlerweile im Zuge der neoliberalen Indoktrination in zuvor nicht gekannter Weise erreicht wurde, sorgt also dafür, dass politische Empörung begriffslos bleibt.



Dies blockiert die Möglichkeit, emanzipatorischem Denken — auf individueller wie auf kollektiver Ebene — Stabilität und Nachhaltigkeit zu verleihen. So ist dann sichergestellt, dass Empörungen flüchtig bleiben und je nach aktuellem Empörungsanlass von x zu y irrlichtern. Es ist also aus Sicht der Herrschenden durchaus erwünscht, wenn immer neue Empörungssäue durchs digitale Dorf gejagt werden, die genauso schnell wieder vergessen sind, wie sie durch Trigger erregt werden können.



Die entwickelten Techniken eines Empörungsmanagements können dabei nicht nur auf einer radikalen Entwurzlung von emanzipatorischen Traditionen aufsetzen, sondern auch auf charakteristischen psychischen Verformungen, wie sie besonders durch die neoliberale Formung des Selbst erreicht wurden: nämlich Konsumismus sowie einen extrem individualistischen und von gesellschaftlichen Beziehungen abgelösten Freiheitsbegriff. So lässt sich mühelos eine Art Empörungskonsumismus erzeugen, der zu seiner Befriedigung Empörungsanlässe benötigt, die sich ohne tiefere Reflexion konsumieren lassen.
Ziel all dieser Techniken eines Empörungsmanagements ist es, sicherzustellen, dass politische Empörungsreaktionen nicht zu einer stabilen Re-Politisierung führen, sondern langfristig durch eine Empörungserschöpfung eine weitere Entpolitisierung erzeugen — also die Stabilität der herrschenden Machtverhältnisse nicht gefährden. Wenn wir kritisch auf die politischen Empörungsbewegungen der letzten Jahrzehnte zurückblicken — und, nicht minder wichtig, auch auf die ausgebliebenen Empörungsbewegungen, beispielsweise über extremste Freiheitseinschränkungen, die unsere Lebensweise in aller Welt anderen auferlegt —, so muss man wohl feststellen, dass die Techniken eines Empörungsmanagements in bedrückender Weise erfolgreich sind.



Nur ein Beispiel: Die meisten haben sich mit einer Fülle gravierender Freiheitseinschränken längst konsumistisch versöhnt — etwa den extremen Verletzungen elementarer Freiheitsrechte, die Edward Snowden aufgedeckt hat — und sind bereit, ihre privatesten Freiheiten an Facebook, Instagram, Google, Apple oder Amazon abzutreten und jeden Zustimmungs-Botton anzuklicken, wenn es dafür nur Unterhaltung und konsumistische Befriedigung gibt. Die Mächtigen haben es längst geschafft, dass wir — in den Worten von Aldous Huxley — unsere Unterwerfung zu lieben gelernt haben.



Es geht also beim Empörungsmanagement gerade darum, den vorrangig auf Status-quo-Wahrung bedachten Teil der Bevölkerung in politischer Apathie zu halten und zugleich denjenigen Teil der Bevölkerung, der ein hohes politisches Veränderungsbedürfnis hat, in einer begriffslosen Empörung zu halten, die dann entweder zu einem Empörungskonsumismus führt oder in einer Empörungserschöpfung versandet.



Da eine begriffslose Empörung sich nicht gedanklich stabilisieren kann, kann sie niemals an die wirklichen Wurzeln der Missstände gehen, weil sie immer in einer radikalen Subjektivität gefangen bleibt und kognitiv und moralisch blind ist für abstraktere und überpersönliche Missstände.



Ohne eine gedankliche politische Einbettung bleibt eine solche Empörung wesenhaft apolitisch. Sie bleibt blind für Kindersklaverei bei der Schürfung von Coltan, ohne das wir keine Smartphones hätten. Eine begriffslose Empörung bleibt blind für eine Politik, die durch Kriege, terroristische Akte, Waffenexporte, Sanktionen und durch die globalisierte neoliberale Wirtschaftsordnung ohne mit der Wimper zu zucken Abermillionen Tote in aller Welt verursacht. — Es sind freilich die Toten der „Anderen“ und die Freiheitseinschränkungen der „Anderen“. — Eine begriffslose Empörung bleibt blind für die mehr als 40 Millionen Menschen, die gegenwärtig Opfer moderner Formen der Sklaverei sind — etwa in Textilfabriken in Südostasien, auf Baumwoll- oder Kakaoplantagen, 300.000 Kinder allein auf Kakaofarmen der Elfenbeinküste —, und sie bleibt blind für die Einsicht, dass deren Lage und die unsere irgendwie zusammenhängen.



Fehlt den Menschen ein scharfes Bewusstsein vom Unrecht der Herrschenden oder wie werden die Massen manipuliert, steckt Struktur dahinter und worauf sollte man grundsätzlich sowie in Corona-Zeiten achten?



Menschen haben als Teil der Beschaffenheit unseres Geistes ein natürliches Unrechtsbewusstsein, das jedoch vielfältig kulturell überformt wird. Daher muss man annehmen, dass die meisten sich des Unrechts der Herrschenden sehr wohl bewusst sind. Doch wird unser Handeln nur zu einem recht kleinen Teil durch unsere moralischen Kapazitäten bestimmt. Auch sind unsere moralischen Kapazitäten von Natur aus so beschaffen, dass sie mit wachsender sozialer Distanz an Gewicht verlieren und zudem nur noch eine vergleichsweise geringe Rolle spielen, wenn es um moralische Bewertungen unseres eigenen Handelns oder Nicht-Handelns geht.



In unserer Psyche gibt es sehr viel wirksamere Kräfte, die unser Handeln mitbestimmen. Beispielsweise unsere natürliche Neigung, unseren eigenen Lebensstandard zu bewahren und zu rechtfertigen, also unsere Status-quo-Neigung. Oder unsere Tendenz zu einer Selbstwertstabilisierung, die uns zum Beispiel Diskrepanzen zwischen unseren deklarierten Werten und unserem Handeln nicht erkennen lässt. Oder unsere Neigung, Konflikte mit den als mächtig Angesehenen möglichst zu vermeiden. All diese natürlichen Neigungen sind in ihren Bedingungsvariablen in der Psychologie gut erforscht und lassen sich gezielt für Manipulationen nutzen.



Das gilt auch für unsere natürliche Neigung, für komplexe gesellschaftliche Phänomene eine Ursachenzuschreibung in konkret sinnlich erfassbaren Kategorien oder auf der Basis von Personalisierungen zu machen. Wir haben also eine natürliche Neigung zu einem „Konkretismus“ und zu Personalisierungen. Diese Neigungen lassen sich sehr wirksam manipulativ nutzen, um die Aufmerksamkeit auf Ablenkziele zu richten, wie dies sehr erfolgreich in der Finanzkrise von 2008 mit dem Thema „Gier der Banker“ bewerkstelligt wurde. Ablenkthemen, die in der Corona-Krise aus Sicht der Herrschenden gut geeignet sind, emanzipatorische Bewegungen zu spalten und Veränderungsenergien zu neutralisieren, sind beispielsweise technische virologische und statistische Probleme oder Fragen nach der Rolle von Bill Gates, so berechtigt diese Themen als solche in der Sache auch sein können. Auch hier sollten wir uns also wieder vor Blickverengungen durch Konkretismus und Personalisierung hüten und stattdessen strukturell denken, denn Manipulation gehört wesenhaft als Stabilisierungsinstrument zur Organisationsform von Macht.
In dem Maße, in dem Macht nicht mehr durch zivilisatorische Schutzbalken, sprich: demokratische Kontrolle, eingehegt ist und durch eine Gegenmacht begrenzt wird, sind auch die mit ihr verbundenen Manipulationsinstrumente nahezu unbegrenzt. Denn ökonomische Macht kann sich beliebig Manipulationsmacht kaufen. Nicht nur in Form von Think Tanks und Medien. Sie kann sich durch vielfältige Möglichkeiten eines Offerierens von Vorteilen die Unterstützung wichtiger wirtschaftlicher, sozialer und politischer Elitengruppen sichern. Und dabei darauf vertrauen, dass es unter jeder Herrschaftsform stets genügend Intellektuelle, Wissenschaftler und Journalisten gibt, die bereit sind, sich wie Eisenspäne in den jeweiligen Kraftfeldern der Macht auszurichten.



Es geht also darum, die Formen der Macht und die Art ihrer Stabilisierungstechniken gedanklich zu erfassen und zu verstehen und auf dieser Grundlage eine geeignete Gegenmacht aufzubauen — das ist seit der Aufklärung Aufgabe und Ziel emanzipatorischer Bewegungen, und hierzu gibt es einen riesigen Schatz an Einsichten und Erfahrungen. Wir müssen ihn nur nutzen.



Wir erleben einen — wie Sie sagen — massiven, radikalen Abbau an historisch mühsam gewonnener demokratischer Substanz. Der globalisierte Kapitalismus hätte sich einer demokratischen Kontrolle entzogen und sich auf Ewigkeit verrechtlicht. Verstehe ich richtig, dass „der Staat“ — im Verbund mit anderen Staaten — den Kapitalismus schützt und sich das Recht nimmt, jene zu bestrafen und zu töten, die dagegen aufbegehren, egal ob Individuum, Gruppe oder „Feindstaat“? Kann man dann überhaupt noch ernsthaft von „Demokratie“ sprechen oder wie muss man die Veranstaltung nennen?



Der sich in der Zeit der Aufklärung herausbildende bürgerlich-kapitalistische Staat hat nie primär dem Allgemeinwohl gedient, sondern stellt eine institutionelle Verdichtung sehr komplexer kapitalistischer Sozial- und Klassenbeziehungen dar, wie sie für die kapitalistische Produktionsweise unverzichtbar sind. Es wäre also ein Kategorienfehler, den Staat als einen moralischen Akteur anzusehen. Vorrangiges Ziel des Staates ist es, die Stabilität gegenwärtiger Machtverhältnisse zu sichern. Dem steht jedoch die zivilisatorische Leitidee von Demokratie diametral entgegen. Denn dabei geht es ja gerade darum, zivilisatorische Schutzbalken gegen das Recht des Stärkeren — also gegen die Barbarei — zu entwickeln, durch die sich eine radikale Vergesellschaftung von Herrschaft gewährleisten lässt.



Da Kapitalismus gerade bedeutet, das Recht des ökonomisch Stärkeren durch ein Eigentums- und Vertragsrecht rechtlich zu kodifizieren, und da kapitalistische Strukturen ihrem Wesen nach autoritär organisiert sind, sind Kapitalismus und Demokratie in grundlegender Weise miteinander unverträglich.



Auch dies wurde ja immer wieder von Politikwissenschaftlern, Sozialhistorikern und namhaften Intellektuellen, wie Noam Chomsky, akribisch aufgezeigt. Seit Beginn des vergangenen Jahrhunderts geht und ging es also vorrangig darum, diesen Widerspruch durch Entwicklung geeigneter Indoktrinationstechniken zu verdecken und für die Öffentlichkeit unsichtbar werden zu lassen. Offensichtlich sehr erfolgreich, da viele immer noch davon überzeugt sind, dass die Idee einer kapitalistischen Elitendemokratie — das gegenwärtige Standardmodell westlicher „Demokratien“ — irgendetwas mit der in der Aufklärung gewonnenen Leitidee von Demokratie als eine souveräne Selbstgesetzgebung des Volkes zu tun hat.



Da wir durch die Beschaffenheit unseres Geistes zu einem Wortaberglauben neigen, also zu der Überzeugung, dass Wörter auch diejenigen Sachverhalte in der Realität widerspiegeln, die wir assoziativ mit ihnen verbinden, haben die Machteliten es für nützlich erachtet, zum Zwecke einer Revolutionsprophylaxe den Demokratiebegriff beizubehalten, seine Bedeutung jedoch so zu verschieben, dass er heute geradezu sein eigenes Gegenteil bezeichnet, nämlich eine Eliten-Wahloligarchie.



Von oben ausgerufene oder verordnete Kämpfe, ob gegen sogenannte Fake News, Populismus oder gegen den Klimawandel würden nicht dem Gemeinwohl, sondern den Interessen der ökonomischen und politisch Mächtigen dienen? Wie das? Können Sie das an Beispielen belegen?



Alle von oben, also von den Zentren der Macht verordneten Kämpfe dienen grundsätzlich nicht dem Gemeinwohl, weil Zentren der Macht ihrem Wesen nach keine moralischen Akteure sind und stets nur das Ziel einer Stabilisierung und Ausweitung von Macht verfolgen. Die Idee eines Gemeinwohls ist ihnen wesenhaft fremd. Sie sehen sie sogar als gefährlich an, weil sie ihre Macht destabilisieren könnte. Dennoch nutzen sie natürlich diese Idee rhetorisch, weil sie — ähnlich wie das Wort Demokratie — besonders wirksam zur Manipulation der Bevölkerung ist. Im Kontext von Machtbeziehungen gehören also all diese Begriffe zum Bereich der Indoktrination und Ideologie, weil sie die tatsächlichen Machtverhältnisse gerade verschleiern sollen.



Indirekt können natürlich tatsächliche Fragen eines Gemeinwohls oder der Gesundheit der Bevölkerung in die Überlegungen zur Machtstabilisierung der Herrschenden eingehen, weil sie für kapitalistische Produktionsprozesse wichtig sein können und weil sich ihre öffentliche Wahrnehmung auf das Wahlverhalten auswirken kann. In diesem Sinne können Staaten auf indirekte Weise auch zu moralischen Akteuren werden, nämlich in dem Maße, wie sich natürliche moralische Kategorien von der Basis der Gesellschaft über demokratische Mechanismen nach oben wirksam machen lassen.



Der gesamte öffentlich politische Diskurs illustriert diese Mechanismen. Nur noch eine kleine Bemerkung zu Fake News, weil dieser Ausdruck gegenwärtig eine so prominente Rolle im Dissensmanagement spielt. Die Erzeugung von tatsächlichen Fake News gehört seit je zum Kern des propagandistischen Werkzeugkastens einer Machtsicherung. Das gilt im besonderen Maße für kapitalistische Demokratien, da die demokratische Maske ohne Propaganda — und damit ohne Verwendung von Fake News — nicht aufrechtzuerhalten wäre. Ohnehin müssten, wie Walter Lippmann schon Anfang der 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts feststellte, „news and truth“ klar unterschieden werden.



Medien dienen grundsätzlich nicht zur Verbreitung der Wahrheit, sondern den politischen und ökonomischen Interessen derjenigen, in deren Besitz sie sind.



Zu diesen Interessen kann dann auch gehören, dass Medien sich bei Themen, die an der Peripherie von Machtinteressen liegen, um eine wahrheitsgetreue Berichterstattung bemühen, um in der Bevölkerung die Illusion ihrer Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit zu fördern.
Unter dem Aspekt von Manipulationstechniken gehört der Begriff Fake News zu den besonders wirksamen Methoden, durch die sich im Kopf ein Nebel der Verwirrung erzeugen lässt. Mit einer Fake-News-Strategie lässt sich die für jedes rationale Denken wichtige Unterscheidung von „wahr“ und „falsch“ so zersetzen, dass intellektuelle Bemühungen, herauszufinden, welche Behauptungen über die gesellschaftliche Welt eigentlich wahr sind, schlicht irrelevant werden. Es geht dann nicht mehr um Wahrheit, sondern nur noch darum, wer die Macht hat, seinen eigenen Standpunkt zur Wahrheit zu erklären und alles andere als Fake News zu ächten und aus dem Debattenraum auszugrenzen. Wenn nämlich etwas durch die Mächtigen als Fake News etikettiert ist, soll niemand mehr wagen, überhaupt auf die Idee zu kommen, eine Behauptung auf ihre Wahrheit oder Falschheit zu überprüfen.



Propagandakonzepte wie Fake News haben also die Funktion, abweichende Meinungen zu stigmatisieren und zugleich überhaupt unsere Befähigung zu einem rationalen Denken zu zersetzen.



Übrigens gilt Gleiches für den aktuell wieder besonders beliebten Ausdruck „Verschwörungstheoretiker“. In der Sache ist der Ausdruck Verschwörungstheoretiker ohne Sinn — und wer ihn im politischen Kontext verwendet, ohne Verstand. Das ist in diesem Bereich freilich kein Manko, denn hier geht es um Macht. Wie wirksam sich der Ausdruck
Verschwörungstheoretiker zum Schutz von Machtverhältnissen verwenden lässt, kann man tagtäglich in politischen Auseinandersetzungen beobachten. Dankenswerterweise offenbaren Medien allein dadurch, dass sie diesen Ausdruck in einem solchen Ausgrenzungssinne verwenden, wie hemmungslos sie sich in den Dienst der Stabilisierung herrschender Machtverhältnisse stellen.



Kapitalismus und Demokratie lassen sich also nicht miteinander vereinbaren. Sie machen zunehmend autoritäre Strukturen aus und fordern, an die Wurzeln der Machtverhältnisse zu gehen. Aber wie „legal“? Und dient die Idee der Ein- und Unterteilung von Menschen in Staaten, Klassen oder Religionen nicht nur der Herrschaft kleiner Gruppen? Haben wir es nicht mit einem grundsätzlichen Problem von (Fremd-)Herrschaft zu tun?



Fremdherrschaft, das heißt, dem Willen eines anderen unterworfen zu sein, ist in der Tat das Urproblem gesellschaftlicher Organisation. Die gesamte Zivilisationsgeschichte dreht sich darum, Schutzbalken gegen die mit einer Fremdherrschaft verbundenen Exzesse der Macht zu entwickeln. Die dabei kollektiv gewonnenen Einsichten in die tieferen Ursachen der gigantischen Blutspuren, die der Mensch in der Geschichte immer wieder angerichtet hat, zeigen, dass diesen stets die ideologische Annahme zugrunde liegt, dass es Menschengruppen gäbe, die von Natur aus zum Herrschen geboren seien und andere Gruppen, die aufgrund einer natürlichen Minderwertigkeit zum Dienen geboren seien. Diese Grundideologie des Herrschens durchzieht von der Antike bis zu modernen Formen des Rassismus die abendländische Geschichte. Sie lässt sich nur überwinden, wenn wir bereit sind, alle Menschen als frei und gleich anzuerkennen, ungeachtet ihrer tatsächlichen Differenzen. Dies genau ist die Grundlage einer egalitären Demokratie, aus der sich dann alles Weitere entwickeln lässt.



Im Verlauf der Geschichte sind nun immer wieder neue Formen von Herrschaft entstanden. Beispielsweise durch die Entwicklung des Eigentumsrechts. Ein Kern des klassischen Liberalismus liegt in seiner „Sakralisierung des Eigentums“, durch die der Liberalismus das Recht auf Privateigentum an Produktionsmitteln und an Grund und Boden zu einem absoluten Recht gemacht hat. Dadurch wurden diese Formen des Privateigentums jeder demokratischen Willensbildung entzogen. Auf dieser Basis sind neue Formen von Fremdherrschaft entstanden, die sich dann im Kapitalismus und dem damit verbundenen Konzept einer „liberalen Demokratie“ voll entfalten konnten. Die kapitalistische Eigentumsordnung verpflichtet alle, die über kein eigenes Kapital verfügen, für fremdes Eigentum zu arbeiten. Arbeit im Kapitalismus bedeutet also Unterwerfung unter die Verwertungsbedingungen des Akkumulationsprozesses und damit unter die Machtverhältnisse, die eine Minderheit von Besitzenden über eine Mehrheit von Nichtbesitzenden ausübt. Das ist eine der mächtigsten Formen von Fremdherrschaft, denn die Überlebensgrundlage der Nichtbesitzenden hängt vom erfolgreichen Verkauf der eigenen Arbeitskraft an die Besitzenden ab.



Um kapitalistische Ausbeutung zu rechtfertigen, ist der Kapitalismus auf die von Ihnen genannte Idee der Ein- und Unterteilung von Menschen angewiesen. Daher ist die permanente Erzeugung von Rassismus historisch tief in unserer Gesellschaft verankert. Die mit jeder Form von Rassismus einhergehende Zuschreibung unveränderlicher Eigenschaften zu Gruppen dient gerade der Verfestigung und Stabilisierung von Ausbeutungsverhältnissen. Insbesondere kann, wie vor allem Immanuel Wallerstein aufgezeigt hat, der globalisierte Kapitalismus nur rassistisch sein, weil er extreme Ungleichheit rechtfertigen muss. Innerhalb des Kapitalismus ist also eine Befreiung von Fremdherrschaft nicht möglich. Und natürlich auch nicht in einer kapitalistischen Elitendemokratie, dem gegenwärtigen Standardmodell westlicher Demokratien, die — in den Worten Mikhail Bakunins — nichts anderes bedeutet als „die Verwaltung einer Mehrheit durch eine Minderheit im Namen der angeblichen Dummheit ersterer und der angeblichen Weisheit letzterer“.



Für Horst Stowasser ist „unsere Demokratie“ nicht das, was sie sein sollte oder vorgibt zu sein, da das Volk nicht herrscht, sondern bestenfalls wählen kann, von wem es beherrscht werden soll. „Und selbst die bekommt es vorsortiert angeboten.“ Wirkliche Demokratie wäre, wenn das Volk, also alle Menschen, in gleichem Maße entscheiden könnten. In dieser, der herrschenden Demokratie würde sich aber nur eine (Mehrheits-)Meinung — mehrfach gefiltert und in einem manipulierten Rahmen zustande gekommen — durchsetzen und viele andere unterdrücken. Der Unterschied zwischen Diktatur und dieser staatlichen Demokratie würde deshalb genau besehen darin bestehen, dass in ersterer eine Minderheit die Mehrheit und in letzteren eine Mehrheit zahlreiche Minderheiten unterdrückt. Beides sei eine Herrschaft einiger über viele, also streng genommen eine Oligarchie und keine Demokratie. Da „Menschen aber verschiedene Meinungen haben, die sich eben nicht in einer Gesellschaft unter einen Hut bringen lassen“, sei Demokratie entweder nur in kleinen Gruppen oder gar nicht möglich. Ein Netz kleiner Gruppen, eine Föderation verschiedener Gesellschaften wäre aber nichts anderes als die grundlegende Struktur der Anarchie. Wirkliche Demokratie ist also entweder anarchisch oder unsinnig.“ Und nach Ralf Burnicki wäre es ohnehin Anarchie, „sobald Demokratie sich wirklich ernst nähme und alle gleichviel zu sagen hätten.“ Wie sehen Sie das?



Was Stowasser als „unsere Demokratie“ bezeichnet, ist natürlich tatsächlich eine Eliten-Wahloligarchie, wie Stowasser korrekt feststellt. Genau als eine solche war von Beginn an unser gegenwärtiges Standardmodell einer kapitalistischen Demokratie auch geplant — ein prominentes und einflussreiches Beispiel hierfür sind die Arbeiten von Joseph Schumpeter. Es ist jedoch ein verbreitetes und beliebtes Missverständnis, dass eine „wirkliche Demokratie“ eine Diktatur der Mehrheit wäre und zudem nur in kleinen Gruppen möglich sei. Dieses Missverständnis ist historisch nicht ganz unmotiviert, weil sowohl die athenische Konzeption wie auch einige Vorstellungen von Rousseau in diese Richtung gingen. Daher war es gerade ein Anliegen moderner Demokratiekonzeptionen, die damit verbundenen Probleme zu lösen und solche Prozeduren einer Verrechtlichung von Selbstgesetzgebung zu entwickeln, durch die sich verhindern lässt, dass die jeweils unterlegene Minderheit der reinen Willkür der Mehrheit ausgeliefert ist.



Der demokratischen Leitidee einer Selbstgesetzgebung würde es grundlegend zuwider laufen, wenn sich Demokratie in einer bloßen Mehrheitsentscheidung erschöpfte. Die eigentliche Prozedur, um die Vielfalt sehr unterschiedlicher Interessen und Positionen für ein politisches Handeln miteinander in Einklang zu bringen, bezieht sich auf die Sicherstellung eines öffentlichen Debattenraums, in dem sich alle als Freie und Gleiche einbringen können. Erst wenn sich eine Handlungsentscheidung nicht über einen solchen öffentlichen Diskurs erreichen lässt, sind Abstimmungen nötigt.



Nun werden in sehr großen und damit sehr heterogenen Gesellschaften die meisten politischen Fragen kaum mehr durch einen allgemeinen Konsens zu lösen sein. Das wirft dann gravierende Probleme für die Möglichkeit einer souveränen Selbstgesetzgebung auf, also für die gewünschte Identität von Gesetzgebenden und Gesetzesadressaten, denn eine solche kann es nur auf der Basis von etwas Gemeinsamem geben. In modernen hochgradig heterogenen Gesellschaft kann aber dieses Allgemeine und Gemeinsame, auf das man sich bei einer Selbstgesetzgebung verständigen könnte, nicht mehr — wie vielleicht noch in der Zeit der Aufklärung — in konkreten spezifischen Werten und Positionen liegen.



Vielmehr wird sich eine Verständigung auf etwas Allgemeines nur noch auf die Prozeduren beziehen können, auf denen Entscheidungen über ein politisches Handeln basieren sollen. Ein solches Verfahren muss so beschaffen sein, dass es auch die allgemeine Einwilligung derjenigen finden kann, die im Einzelfall eine unterlegene Minderheit sein könnten. Es muss also so beschaffen sein, dass Mehrheitsentscheidungen dadurch eine demokratische Legitimität verliehen wird, dass abweichende Meinungen in den Prozess der Entscheidung in angemessener Weise eingegangen und soweit wie möglich berücksichtigt worden sind. Darüber hinaus muss garantiert sein, dass diese Entscheidungen fortlaufend an den gesellschaftlichen Erfahrungen geprüft und jederzeit durch die gesellschaftliche Basis korrigiert werden können. Nur durch eine im Wege einer Selbstgesetzgebung gewonnene Verrechtlichung demokratischer Prozeduren lässt sich in großen sehr heterogenen Gesellschaften eine radikale Vergesellschaftung von Herrschaft erreichen.



Natürlich ergeben sich bei der Konkretisierung einer solchen Idee für die gesellschaftliche Praxis — wie immer — eine Fülle sehr schwieriger Fragen, wie sie seit der Aufklärung die politische Philosophie durchziehen. Die große Demokratietheoretikerin Ingeborg Maus hat diese Fragen in außergewöhnlicher Tiefe, Kohärenz und Klarheit behandelt und damit der Leitidee von Demokratie, als einem zivilisatorischen Schutzbalken gegen illegitime Macht, ein neues Fundament gegeben.



Verteilt die Macht, damit sie keinen mächtig macht“, lautete eine Losung 1968 in Paris. Benötigen wir eine neue Utopie und wie könnte diese aussehen? Wäre eine parteilose Rätedemokratie erstrebenswert, da Räte direkt verantwortlich und an Weisungen ihrer Wähler gebunden sind und jederzeit abberufen werden können? Wahlvorgänge würden von unten nach oben geschehen. Könnte so eine funktionierende Synthese zwischen individueller Freiheit und sozialer Verantwortung entstehen, um unsere Probleme zu lösen und wären etwa mitarbeitergeführte, also vergesellschaftete Konzerne wie Mondragón hilfreich dabei?



Das Kernthema der politischen Philosophie seit der Aufklärung ist ja, individuelle Freiheitsbedürfnisse und Gemeinschaftsinteressen miteinander in Einklang zu bringen. Zu der Frage, wie dies konkret gelingen kann, sind in der langen Tradition emanzipatorischer Bewegungen eine Fülle von Einsichten gewonnen worden und auch eine Vielfalt konkreter Erfahrungen. Die Mondragón-Genossenschaft ist ein großartiges Lehrbeispiel einer aus der gesellschaftlichen Basis kommenden und strikt an sie angebundenen genossenschaftlichen Organisation. Sie hat es sogar geschafft, mit einer solchen Struktur zu einem Großkonzern zu werden. Nun sind leider, wie vielfach aufgezeigt wurde, auch konsequent von unten organisierte gesellschaftliche Strukturen stets davon bedroht, im Zuge ihrer unvermeidlichen Bürokratisierung wieder neue Formen einer Elitenbildung hervorzubringen, wodurch dann zunehmend die konsequente Anbindung an die Basis verloren zu gehen droht.



Derartige Tendenzen zeigen sich verstärkt auch in der Mondragón-Genossenschaft, die nun einmal — als eine im ökonomischen Bereich gleichsam singuläre Struktur — an allen Außenschnittstellen in kapitalistische Machtverhältnisse eingebunden ist. Trotz all dieser Probleme stellen diese und die weltweit vielen anderen aktuellen Beispiele von Formen einer wirtschaftlichen Basisorganisation unverzichtbare Einsichten und Erfahrungen für emanzipatorische Bewegungen bereit. Das gilt auch für die vielen geschichtlichen Beispiele konkreter Realisierungen von radikal an die gesellschaftliche Basis angebundenen Organisationsformen. Insbesondere in der Tradition der Arbeiterräte wurden vielfältige und wichtige Ideen hierzu entwickelt, so durch Anton Pannekoek, Herman Gorter, Max Adler, Karl Korsch und zahlreiche andere. Anton Pannekoek hat — für die damaligen gesellschaftlich-ökonomischen Verhältnisse — die am detailliertesten ausgearbeiteten Analysen und Modelle einer Räteorganisation vorgelegt.



Zu den zentralen Einsichten in das Verhältnis von individuellen Freiheitsbedürfnissen und den Interessen einer Gemeinschaft gehört natürlich auch, dass individuelle Freiheitsrechte stets in einem Beziehungsverhältnis zu demokratisch bestimmten Interessen derjenigen Gemeinschaft stehen, der ein Individuum angehört. Wie in einer konkreten historischen Situation dieses Beziehungsverhältnis zu gestalten ist, ist stets auf demokratischem Wege von der gesellschaftlichen Basis neu auszuhandeln.



Autoritäre oder expertokratische Festlegung für dieses Beziehungsverhältnis, wie dies gegenwärtig in der Corona-Krise massiv der Fall ist, sind mit jeder Form von Demokratie fundamental unverträglich, auch mit der im Grundgesetz festgelegten.



Jedoch sind gleichermaßen auch Vorstellungen absoluter, also von allen gesellschaftlichen Beschränkungen befreiter Freiheitsrechte von Individuen mit der Idee von Demokratie grundlegend unverträglich.



Hier stoßen wir — gegenwärtig noch mehr als sonst — auf ein sehr folgenschweres Problem, das sich aus der weit verbreiteten Vorstellung gleichsam absoluter individueller Freiheitsrechte ergibt. Schon dem klassischen Liberalismus lag ein hochgradig individualistischer und damit entpolitisierter Freiheitsbegriff zugrunde. Die neoliberale Ideologie hat diesen Freiheitsbegriff noch einmal ins Extrem gesteigert. Dem entpolitisierten Freiheitsbegriff des klassischen Liberalismus zufolge besteht Freiheit gerade in den staatlichen Rechtsgarantien, die eine — wie es bei einem der Begründer des Liberalismus hieß — „Sicherheit im privaten Genuss” gewährleisten. Dieser heute tief in den Köpfen verankerte Freiheitsbegriff könnte vielleicht zu einem Teil die Heftigkeit der öffentlichen Reaktion erklären, mit der in der Corona-Krise nun die eigene, individuelle Freiheit gegen Einschränkungen verteidigt wird. Im Netz brachte jemand seine Ablehnung der Maskenpflicht mit der erhellenden Bemerkung zum Ausdruck, dass er sich durch die Maskenpflicht in seiner Würde verletzt fühle und endlich wieder in Würde Shopping gehen möchte.



Dieser stillschweigend zugrunde gelegte tief neoliberal geprägte Freiheitsbegriff könnte auch erklären, dass die für die jeweils eigene Situation weniger konsum- und genussrelevanten massiven Einschränken von Freiheitsrechten, wie sie in den vergangenen Jahrzehnte erfolgt sind, keine vergleichbare Empörungswelle auslösten — sei es gegen die exekutivischen Selbstermächtigungen durch Sicherheits- und Überwachungsgesetze, sei es bei der Ökonomisierung des Gesundheitswesens, sei es im Fall von Hartz IV oder dem wachsenden Sektor prekärer Arbeitsverhältnisse, alles übrigens mit massiven und klar erkennbaren körperlichen wie psychischen Kollateralschäden. Durch den mittlerweile tief in den Köpfen — auch im sich kritisch fühlenden Milieu — verankerten extrem individualistischen Freiheitsbegriff wird also das Problem einer „Synthese zwischen individueller Freiheit und sozialer Verantwortung“ noch schwerer zu bewältigen sein, als es ohnehin immer schon war — keine besonders optimistisch stimmende Ausgangslage für eine Entstehung stabiler und politisch kraftvoller emanzipatorischer Bewegungen.



Und wie realistisch ist es überhaupt, dem Dilemma gigantischer sozialer Ungleichheit, neuer Kriege und Monopole, den Problemen des Klimawandels oder dem Erstarken totalitärer Strukturen bei einem weiteren Verlust von Grundrechten zu entkommen?



Diejenigen, die die Macht innehaben, haben zu allen Zeiten versucht, auch Macht über unser Denken und unsere Imagination auszuüben, indem sie definieren, welche politischen Veränderungswünsche „realistisch“ seien und welche utopisch. Realistisch seien demnach höchsten kleine Reförmchen an der Peripherie der Machtverhältnisse, grundlegendere Änderungen wurden und werden stets als utopisch diffamiert. Viele haben eine solche Auffassung nach jahrzehntelanger Indoktrination tief verinnerlicht, sodass es nicht leicht sein wird, sich davon zu befreien. Ein Slogan der 68er-Bewegungung lautete ja: „Seien wir realistisch, versuchen wir das Unmögliche.“ Diese paradoxe Formulierung will uns auffordern, uns endlich von den Fesseln dessen zu befreien, was die Mächtigen als „realistisch“ definieren, nämlich alles, was kompatibel mit ihren Machtinteressen ist, sodass wir wieder ein gedankliches und affektives Potenzial für gesellschaftliche Utopien freisetzen können, also Vorstellungen darüber, was eine menschenwürdige Gesellschaft ausmacht und in welcher Art von Gesellschaft wir leben wollen.
Ob die Corona-Krise hier vielleicht einen emanzipatorischen Schub auslösen könnte, erscheint mir jedoch höchst zweifelhaft.



Vermutlich werden nach der Corona-Krise, bei der sich ja mehrere Krisen sehr unterschiedlicher Art verbinden, die soziale Ungleichheit und die Umverteilung von unten nach oben und von Süd nach Nord noch einmal sehr viel größer werden, auch werden sich die Konzentrations- und Monopolisierungsprozesse in der Wirtschaft beschleunigen.



Zu den bedrohlichsten Entwicklungen wird gehören, dass die Methoden digitaler Überwachung und der Repression einen gewaltigen Entwicklungsschub erfahren werden, denn diejenigen, die von solchen totalitären Entwicklungen profitieren, werden dieses einzigartige globale Feldexperiment für ihre Interessen zu nutzen wissen. Die gigantische Asymmetrie der Machtverhältnisse, die sich globalisiert immer abstrakter organisiert und somit einer sinnlichen Erfassung und auch jeder demokratischen Kontrolle und Rechenschaftspflicht entzogen haben, sowie die nahezu perfektionierten Techniken eines Dissens- und Empörungsmanagements machen die Aussichten auf emanzipatorische Verbesserungen heute schlechter als je zuvor.



Auch sind breite emanzipatorische Bewegungen, die einen wirksamen politischen Impetus entfalten könnten, gegenwärtig nicht in Sicht. Und bloße Protestbewegungen sind, wie die Geschichte lehrt, häufig weitgehend apolitisch. Sie bleiben in ihrer begriffslosen Empörung flüchtig und zerfallen rasch, wenn individualistische Bedürfnisse nach einer Rückkehr zur „Normalität“ erfüllt sind. Sie haben also große Schwierigkeiten zu erkennen, dass die gegenwärtige Form eines Ausnahmezustandes schon seit Langem — wenn auch oftmals in einer weniger sinnlich-konkret erfassbaren Weise — Teil des Normalzustandes ist und dass die eigentlichen Probleme gerade in diesem Normalzustand einer Lebensform liegen, die sich längst mit massiven Freiheitseinschränkungen, mit kapitalistischer Ausbeutung oder mit der Zerstörung gesellschaftlicher und ökologischer Substanz konsumistisch versöhnt hat. Gerade diese Normalität unserer Lebensweise ist also das eigentliche Problem. Der aus individualistischen Freiheitsbedürfnissen gespeiste Wunsch, in einer „Nach-Corona-Zeit“ endlich wieder zu dieser Normalität zurückkehren zu können, mag psychologisch verstehbar sein — er ist jedoch ein zutiefst anti-emanzipatorischer Wunsch.



Es wird also vermutlich noch schlimmer werden müssen, bevor begründbare Hoffnung besteht, dass es wieder besser werden kann. Aber vielleicht ist das zu pessimistisch gedacht, denn natürlich hängt letztlich alles von unserem Wollen und von unserer Entschlossenheit ab — denn wenn wir wirklich wollten, könnten wir auch.

Vielen Dank für Ihre Zeit


Dienstag, 26. Mai 2020

"DER MOLOCH..." - Buchvorstellung


Pressemitteilung/MOLOCH

DER MOLOCH AM PRANGER

Unter diesem Titel veröffentlicht der Autor Harry Popow, Jahrgang 1936, ein neues Buch; dem er aus aktuellen Erwägungen den Untertitel „Kleine weiße Friedenstaube, komm recht bald zurück!“ hinzufügt.

Den Inhalt skizziert er mit folgendem Klappentext:

DAS WIR kommt zu Wort und singt im Chor: „Kleine weiße Friedenstaube, fliege übers Land.“ In Erinnerung an das bekannteste Kinderlied der DDR. Treffender geht es nicht. Wenn sich Autoren und User im Laufe der Jahre im Netz zu dringenden tagespolitischen und vor allem gesellschaftskritischen Problemen äußern – da ist es angebracht, in der befohlenen Virus-Stille dem Nachdenken noch mehr Raum zu geben und alle diese Bekenntnisse und Erkenntnisse zu einem Buch zusammenzufassen. Es sind Fundstücke!

Wer sich in diese Lektüre vertieft, wird auf Geschichtliches, auf Literarisches, auf viel Menschlichkeit stoßen. Er wird von politischen Standpunkten einstiger aufrechter DDR-Bürgern erfahren, auch von Usern, die ihre eigene Version von Politik haben sowie von Dankesworten von Buchautoren für ihnen gewidmete Buchtipps.

Die meist kurzen Meinungsäußerungen, Polemiken und Beobachtungen strahlen das Bedürfnis aus, sich auszutauschen, den Ängsten vor Krieg und Gewalt, den Träumen von einer friedlichen Zukunft Raum und den Mächtigen in Wirtschaft und Politik kräftig und nachhaltig Pfeffer zu geben.

Was liegt da näher, als sich bei der weltumspannenden Corona-Pandemie an den Kopf zu fassen und sich zu fragen, inwieweit die Gelddiktatur überhaupt noch in der Lage ist, sowohl die Kriegsgefahr für immer zu ersticken, sich den Klimaveränderungen zu stellen und den bedrohlichen Virus im Interesse des Weiterlebens auf diesem Planeten Erde ohne Privatgier nach Maximalprofit zurückzudrängen.

DER MOLOCH AM PRANGER“ richtet den Scharf-Blick auf jene, die mit einem „Weiter so“ die Welt wiederholt in die höchste Gefahrenzone bugsieren werden. Leser, User und Autoren sind sich deshalb einig: Her mit einer zukunftsträchtigen, mit allen Völkern abgestimmten menschenwürdigen Alternative zum jetzigen Moloch-System. Der Menschen - Chor lässt nicht locker:

Kleine weiße Friedenstaube, komm recht bald zurück!“

Harry Popow: „DER MOLOCH AM PRANGER“, epubli-Verlag, 323 Seiten:

https://www.epubli.de//shop/buch/MOLOCH-AM-PRANGER-Harry-Popow-9783752956061/99278?utm_medium=email&utm_source=transactional&utm_campaign=Systemmail_PublishedSuccessfully  









Montag, 25. Mai 2020

Verwirrspiel - Rainer Rupp



Tagesdosis 22.5.2020 – Corona: Das große Verwirrspiel


Ein Kommentar von Rainer Rupp.

Nach fast fünf Monaten Corona-Erfahrung in Deutschland, mit sehr widersprüchlichen Empfehlungen und stark unterschiedlichen Forschungsberichten, Einschätzungen und Stellungnahmen deutscher und internationaler Corona-Experten der Fachrichtungen Virologie und Epidemiologie, von Lungenfachärzten, Beatmungsspezialisten, Pathologen, Soziologen, Ökonomen, Politikern und Journalisten, nach diese Überschwemmung mit angeblichen unumstößlichen Wahrheiten und Halbwahrheiten, nach all dem bin ich als aufmerksamer Beobachter der Szene heute genauso verwirrt wie zu Beginn des Jahres, allerdings jetzt auf viel höheren Niveau.

Tatsächlich ist der zu Beginn der Krise verbreitete Witz zur traurigen Wahrheit geworden. Der lautete: „Es gibt nur eins, was sich noch schneller verbreitet als Corona, die Corona-Experten“. Die aber sind womöglich für die Menschheit noch gefährlicher als das Virus selbst, zumindest wenn man sich die soziale Katastrophe und den wirtschaftlichen Kahlschlag anschaut, welche die unermüdlichen Corona-Bekämpfer in den politischen Befehlsständen angerichtet haben. In der Bibel heißt es zwar: „Jesus aber sprach: Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht was sie tun.“ Tatsächlich hatte man immer wieder das überwältigende Gefühl, dass Sie, nämlich unsere Politiker, samt ihrer Experten, wirklich nicht wussten, was sie tun. Wenn sich aber die Bevölkerung erst einmal von dem Schock durch die Corona-Bedrohung erholt hat, und die angerichtete soziale und wirtschaftliche Misere offenkundig wird, wage ich zu bezweifeln, dass die Bevölkerung den Politikern und ihren Parteien so einfach gut christlich verzeihen wird.

„Die wissen sehr gut was sie tun!“, lautet dagegen eine starke Minderheitsmeinung, die den Parteipolitikern und dem „vom tiefen Staat kontrollierten System“ schon vor der Corona-Krise nicht über den Weg getraut hat. Jetzt vermuten sie dunkle, böse Pläne hinter der angeblichen „fake“ Corona-Krise. Da sich bereits Ende letzten Jahres eine neue Finanz- und Wirtschaftskrise für 2020/2021 angekündigt hatte, was übrigens in der entsprechenden Fachliteratur bestätigt wird, vermutet diese Minderheit, dass die Mächte des Tiefen Staats das Auftreten des Corona Virus als willkommene Gelegenheit genutzt haben, ihre Schäfchen ins Trockene zu bringen.

Das angeblich harmlose Corona Virus, – so das Narrativ – das nicht gefährlicher als eine Grippe sei, sei dann mit Hilfe der willigen Mainstreammedien zu einer tödlichen Pandemie umgedeutet worden, um die Gesellschaft in eine Schockstarre zu versetzen, welche die Durchsetzung von Maßnahmen erlaubte, die selbst bei normalem Krisen niemals hätten durchgesetzt werden können. Da wäre z.B. die gigantische Finanzoperation, für die Gesetze durch das Notparlament gepeitscht wurden, mit deren Hilfe der Bundesregierung plötzlich Billionen Eurobeträge zur freien Verteilung zur Verfügung standen, angeblich zur Rettung der Wirtschaft und der Arbeitsplätze.

Schaut man jedoch genauer hin, dann hat die Bundesregierung das Corona Virus nach der alten Politikerdevise instrumentalisiert, wonach man „keine Krise ungenutzt vergeuden darf“, um alte Pläne durchzusetzen, wozu man unter normalen Umständen keine Chance gehabt hätte. Tatsächlich hat die Regierung unter dem Deckmantel der Corona-Krise der für die Jahre 2020/2021 erwarteten neuen Finanz- und Wirtschaftskrise nur vorgegriffen. Unter normalen Bedingungen hätte die Bundesregierung mit Plänen für eine erneute Rettung des Finanzkasinos auf Kosten der Steuerzahler einen Volksaufstand ausgelöst. Aber genau das ist jetzt geschehen. Als Corona-Hilfen deklariert sind die Billionen Euro-Zuwendungen vornehmlich an Banken und Großunternehmen gegangen, unter Vernachlässigung der kleinen- und mittelständigen Betriebe, wo doch gerade dort die große Mehrheit der Beschäftigten ihr Brot verdient. Der Filz zwischen Politik und großem Geld hat mal wieder gesiegt. Das Volk geht nicht nur leer aus, sondern muss noch über Generationen die Zeche zahlen.

Zum anderen hat die teils panische Angst der Bevölkerung vor dem Virus der herrschenden Elite auch noch einen weiteren alten Wunsch erfüllt, nämlich zu testen, wie weit sie bei entsprechender Angstmache gehen können, elementare Grundrechte zu beschneiden oder temporär sogar ganz abzuschaffen, ohne dass es zu einem Volksaufstand kommt. Angesichts der allseits erwarteten, fortschreitenden politischen und sozialen Polarisierung, wo die kleine Zahl der extrem Reichen immer reicher wird und die Masse der Armen größer und ärmer wird, und sich zugleich die sozialen Umgangsformen zunehmen in Gewalt ausdrücken, sorgen sich die Eliten und Stadthalter der Reichen in den Regierungsämtern und Behörden nicht nur in Deutschland seit Jahren immer stärker um ihre gesicherte Zukunft. Und dazu gehört an vorderster Stelle die Kontrolle des Plebs, damit der nicht eines Tages mit Fackeln und Mistgabeln ihre Paläste stürmt.

Vor diesem Hintergrund bekommen die einschneidenden Beschränkungen der persönlichen Freiheitsrechte, des Versammlungs- und des Demonstrationsrechts einen ganz anderen Stellenwert. Zu diesen Zwangsmaßnahmen gehört auch die Aushebelung der Arbeitsgesetze durch das neue Gesetz zur Arbeitszwangsverpflichtung, mit bis zu 12 Stunden erzwungener Tagesarbeitszeit. Nicht zu vergessen sind die Versuche der Regierung, die Meinungsfreiheit und auch das Recht auf ihr freie und unbehinderte Verbreitung einzuengen, weil angebliche „fake news“ über Corona die Gesundheit der Bevölkerung gefährdet.

Im Unterschied zu den Einschränkungen anderer persönlicher Freiheitsrechte bietet das Seuchengesetz nicht einmal angesichts der Corona-Krise eine Handhabe, um das Grundrecht der freien Meinungsäußerung und deren ungehinderten Verbreitung einzuschränken. Daher haben die Politiker unter Strafandrohung die Aufgabe der Zensur an private „Sub-Unternehmer“ ausgelagert, nämlich an die Betreiber der sogenannten „sozialen Medien“ wie Face Book, utube, google, etc., die nun auf groteske Weise Zensur üben, über Dinge, von denen sie nichts verstehen.

Nun sollte man nicht in Panik verfallen und glauben, dass diese Gesetze, die in der jetzigen Form einem Polizeistaat in Lateinamerika „alle Ehre“ machen würden, auch unser Leben in der Zeit nach Corona bestimmen werden. Aber jeder, der die Geschichte der bürgerlichen Demokratien studiert hat, oder schon alt genug ist, um eigene Erfahrungen gesammelt zu haben, weiß, dass einmal erlassene Gesetze nie ganz zurückgenommen werden, selbst wenn der Notfall längst vorbei ist.

Viele der neuen Gesetze werden in irgendeiner Form weiter existieren und erst einmal in der Schublade verschwinden, um bei passender Gelegenheit wieder hervorgeholt zu werden. Dazu wird dann nicht unbedingt eine Pandemie-Krise nötig sein. Um die Einschränkung des Versammlungs- und Demonstrationsrechts wieder hervorzuholen kann die Krise auch den Namen „soziale Unruhen“ haben. In einer solchen Situation könnten auch die Reaktivierung der Gesetze über Kontakt- und Ausgangsverbote sehr hilfreiche sein. Darin liegt die eigentliche Gefahr der neuen Gesetze für die Post-Corona Ära.

Die sozialen und ökonomischen Krisen, die sich seit dem Finanzkrach 2008 nicht nur in Deutschland, sondern noch viel stärker in der EU und darüber hinaus in der gesamten, so genannten „liberale westliche Welt“ verschärft haben, werden ganz sicher nach dem Ende der Corona-Pandemie nicht vorbei sein.

Vielmehr ist in der Post-Corona Ära mit einer gegenteiligen Entwicklung zu rechnen. Denn der Lockdown, die zeitweise oder dauerhafte Unterbrechung von Lieferketten, die starken Produktionseinbrüche, Massenarbeitslosigkeit, Massenpleiten von Kleinunternehmen, Nachfragerückgang bei Konsum- und Investitionsgütern, neu Blasenbildung an den Finanzmärkten durch Billionen Euro und Dollar Geldspritzen der Zentralbanken, etc, p.p., all das wird nicht ohne schwerwiegende, derzeit noch nicht abschätzbare Folgen für die politische und gesellschaftliche Stabilität in den westlichen Ländern bleiben, Deutschland mit eingeschlossen.

An der Oberfläche sieht es so aus, als ob viele dieser tatsächlichen und erwarteten Entwicklungen die These derjenigen unterstützen, wonach das Corona Virus nicht gefährlicher ist als eine Grippe, die Eliten des Tiefen Staates jedoch die Panik geschürt und die Angst der Bevölkerung genutzt haben, um sich und ihresgleichen auf Kosten der Masse der Bevölkerung über die nächste Krise hinweg zu retten und zugleich mit dem globalen anti-Corona Impfgeschäft noch den großen Reibach zu machen. Obwohl viele Elemente in diesem Puzzle stimmen, ist für mich die Schlussfolgerung, dass Corona ein Fake ist, nicht akzeptabel. Das hat einen einfachen Grund:

Kann sich jemand eine Konstellation vorstellen, wo sich in solch unterschiedlicher Staaten wie China und die USA, Kuba und Großbritannien, Russland und Deutschland, Saudi Arabien und Iran, Israel und Syrien, und so weiter und so fort, also in all diesen Staaten die politischen und wirtschaftlichen Eliten sich darin einig sind, mit einem fake Corona Virus die eigene Bevölkerung in Panik zu versetzen, um auf diese Weise ihre jeweilige politische Agenda besser durchsetzen zu können. Selbst mit noch so wilden Phantasmen kann ich mir keine Konstellation vorstellen, die ein solches Szenario hergeben würde.  Das heißt: Corona ist kein Fake und das Virus stellt eine echte, nicht mit der Grippe vergleichbare Gefahr dar, die jedoch Menschen je nach Vorerkrankung und Stärke ihres Immunsystems mit unterschiedlicher Härte trifft oder sogar ganz verschont.

Das Fatale ist, dass diejenigen, die eine große Corona-Verschwörung der Eliten propagieren, damit ihre berechtigte Kritik an den sozialen, gesellschaftlichen und politischen Missständen im Staat entwerten. Sie machen es ihren Gegner, vor allem den Verfechtern des Status Quo, leicht, sie als Verschwörungstheoretiker vor der Öffentlichkeit zu desavouieren und lächerlich zu machen.

Das soll jedoch nicht heißen, dass die Wissenschaft inzwischen alles über CoVid-19 weiß. Weit gefehlt.  Man weiß zwar mehr, aber das Genaues weiß man immer noch nicht. Und diejenigen, die bisher glaubten, sie seien im Besitz der Wahrheit und die sich bei der Vertretung ihrer Meinung lautstark auf „die Wissenschaft“ beriefen, konnten ihre Thesen über CoVid-19 ebenso wenig allgemeingültig belegen, wie deren Gegner, die genau das Gegenteil behaupteten und sich dabei ebenfalls auf eminente und honorige Wissenschaftler berufen konnten. Die immer noch andauernde Kontroverse über den gesundheitlichen Sinn oder Unsinn des Tragens von Gesichtsmasken ist ein banales Beispiel dafür.

In diese Kategorie andauernder Differenzen zwischen renommierten Virologen, Epidemiologen und Ärzten fällt auch die scheinbar unlösbare Debatte über die Zahl der Gesamtheit der Infizierten und der Toten, die an oder mit Corona gestorben sind.

Vorläufig unlösbar ist auch die Frage nach der Sterblichkeitsrate,

*weil nach dem Zufallsprinzip durchgeführte Tests ergeben haben, dass sehr viele mehr Menschen als offizielle registriert mit Corona infiziert sind, ohne dass sie selbst Symptome zeigen aber trotzdem Leute in ihrem Umfeld anstecken.
*weil fünf Monate in die Krise hinein bei weitem noch keine ausreichende Zahl von Testpäckchen vorhanden ist, weil das Gesundheitsministerium die Entwicklung verschlafen hat.
*weil zudem die vorhandenen Testpäckchen unzuverlässig sind, so dass man den Worten eines Experten zufolge genauso gut eine Münze werfen könnte, um festzustellen ob jemand infiziert ist oder nicht.

Um die Tödlichkeit des Virus zu berechnen, braucht man die Zahl der Infektionsfälle und der Todesfälle. Im Fall der Bundesrepublik gab es mit Datum vom 21. Mai 178.531 nachgewiesenen Infektionen und 8.270 Todesfällen, also 4,6 Prozent. Allerdings behaupten viele Experten, dass die Zahl der unerkannten Corona-Infektionen, die ohne Krankheitssymptome verlaufen, ein Vielfaches der nachgewiesenen Infektionen beträgt. Wenn z.B. die unerkannt geblieben Infektionen genau so groß sind, wie die Nachgewiesenen, dann sinkt die Tödlichkeit der Infektion bereits auf die Hälfte, 2,3 Prozent.

Auch die Zahl der angeblich an Corona Verstorbenen ist widersprüchlich. Niemand weiß genau, ob ein Toter wegen Corona oder an einer anderen Ursache, verbunden mit einer harmlosen Corona-Infektion, verstorben ist. Der Präsident des deutschen Robert-Koch-Instituts bestätigte am 20. März 2020 z.B., dass testpositive Verstorbene unabhängig von der wirklichen Todesursache als „Corona-Todesfälle“ gezählt werden: „Bei uns gilt als Corona-Todesfall jemand, bei dem eine Coronavirus-Infektion nachgewiesen wurde“, so der RKI-Präsident auf die Frage einer Journalistin. Auch in Altenheimen wird Berichten zufolge oft nach der Methode „Pi mal Daumen“ entschieden, ob Tote als Corona-Opfer registriert werden oder nicht.

Folglich stimmen die Zahlen vorne und hinten nicht, weil von Regierungsbezirk zu Regierungsbezirk, von Bundesland zu Bundesland, von Staat zu Staat, praktisch überall anders gerechnet wird. Verlässliche nationale Aussagen oder internationale Vergleich werden dabei zum Glücksspiel. Und niemand kann wirklich sagen, wie ansteckend Corona nun wirklich ist. Nur systematische Obduktionen können darüber Auskunft geben, wie viele Menschen nun tatsächlich an Corona gestorben sind. Alles andere sind Spekulationen.

In diesem Zusammenhang gab es nach dem Auftritt der ersten CoVid-19 Fälle in Deutschland eine besondere Kuriosität, nämlich die Empfehlung des alt-ehrwürdigen Robert Koch Instituts (RKI) an alle Pathologen, keine Obduktionen an Corona-Toten vorzunehmen! Das, obwohl das Lehrbuch beim Auftauchen neue Krankheiten, speziell bei Pandemien, genau das fordert. Die noch seltsamere Begründung der Robert Koch Instituts zur Unterlassung von Obduktionen lautete, dass das Corona Virus zu ansteckend sei. Dabei verfügen Pathologen auf Grund ihres Berufs zu jeder Tages- und Jahreszeit über die bestmögliche Schutzkleidung.

Damit nicht genug, noch am 3. April hat das deutsche Robert-Koch-Institut (RKI) erneut von Autopsien testpositiver Verstorbener abgeraten, da das Risiko einer Tröpfcheninfektion durch Aerosole angeblich zu hoch sei. Natürlich hat dieses fragwürdige Verhalten ausgerechnet des staatlichen Instituts, das mit der Bekämpfung von Corona beauftragt ist, nicht nur zu Kopfschütteln unter Experten geführt, sondern es hat auch Wasser auf die Mühlen all jener getragen, die eine Verschwörung hinter der Corona-Krise sehen.

Ein Facharzt für Pathologie kommentiert diesen Verhalten des RKI wie folgt: “Ein Schelm, wer Böses dabei denkt! Bisher war es für Pathologen selbstverständlich, mit entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen auch bei infektiösen Erkrankungen wie HIV/AIDS, Hepatitis, Tuberkulose, PRION-Erkrankungen usw. zu obduzieren. Es ist schon bemerkenswert, dass bei einer Seuche, die über den ganzen Globus hinweg Tausende von Patienten dahinrafft und die Wirtschaft ganzer Länder nahezu zum Stillstand bringt, nur äußerst spärliche Obduktionsbefunde (sechs Patienten aus China) vorliegen. Sowohl aus seuchenpolizeilicher als auch aus wissenschaftlicher Sicht sollte hier doch ein besonders großes öffentliches Interesse an Obduktionsbefunden bestehen. Das Gegenteil ist aber der Fall. Hat man Angst, davor, die wahren Todesursachen der positiv getesteten Verstorbenen zu erfahren? Könnte es sein, dass die Zahlen der Corona-Toten dann dahin schmelzen würden wie Schnee in der Frühlingssonne.”

Erstaunlicher Weise wird auch auf einer Webseite der NDR „Tagesschau“ vom 21. April 2020 die kritische Frage gestellt: „Will das RKI Obduktionen verhindern?“ Weiter heißt es: „In einer Empfehlung des RKI sehen einige den Versuch, das wahre Ausmaß der Corona-Epidemie zu verschleiern.“ In dem NDR-Bericht der Tageschau ging es damals jedoch hauptsächlich über die ersten Ergebnisse einer ganzen Reihe von systematischen Obduktionen, die Prof. Klaus Püschel, Direktor am Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf in Eigenregie entgegen der RKI-Empfehlung schon längst begonnen hatte.

Zu diesem Zeitpunkt war übrigens die erneute RKI-Empfehlung vom 3. April, keine Obduktionen zu unternehmen, endlich von der RKI-Webseite verschwunden. Stattdessen erklärte RKI-Vizechef Lars Schaade während einer Pressekonferenz am 21. April: „Gerade wenn die Erkrankung neu ist, ist es wichtig, möglichst viel zu obduzieren.“ Denn daraus könne man neue Erkenntnisse erhoffen.“

Wenige Wochen später, am 9 Mai konnten wir dann in einem, allerdings sehr kurz gehaltenen Artikel in „Die Welt“ eine Corona- Sensation lesen. Unter dem Titel „Studie: Corona-Patienten sterben überraschend oft an Embolien“, berichtete die Tageszeitung über die Ergebnisse einer Studie des Rechtsmediziners Prof. Püschel und seines Teams, das bereits 192 Covid-19-Tote obduziert und analysiert hatten. Demnach sei ungewöhnlich häufig, also mehr als die Hälfte der Patienten an Corona verursachten Thrombosen (Blutgerinnseln) und tödlichen Lungenembolien gestorben.

Laut Prof. Püschel erübrige sich damit die Diskussion darüber, ob jemand an oder mit Corona verstorben ist. Auch eine ganze Reihe von Obduktionen an Corona-Toten, die in der Schweiz durchgeführt worden sind, haben den Befund des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf bestätigt. Demnach ist CoVid-19 eine System-Krankheit, die das ganze Endothel befällt und entzündet. Das Endothel ist eine Zellschicht, die eine Art Schutzschild um die Organe und den Darmtrakt bildet. Durch die Entzündung dieser Schutzschicht entstehen Mini-Blutgerinnseln, die die lebensnotwendigen Prozesse in den Mikrogefäßen blockieren. Ist dieser Regelungsprozess gestört, kann dies Durchblutungsstörungen in den Organen oder im Körpergewebe auslösen, die zum Zelltod und damit zum Absterben dieser Organe oder des Gewebes führen.

Das Fazit: Das Corona Virus löst also nicht nur eine Lungenentzündung aus, sondern direkt eine Entzündung des gesamten Endothels im Körper, in dem Herz-, Hirn-, Lungen- und Nierengefäße sowie Gefäße im Darmtrakt eingebettet sind. „Mit fatalen Folgen: Es entstehen schwere Mikrozirkulationsstörungen, die das Herz schädigen, Lungenembolien und Gefäßverschlüsse im Hirn und im Darmtrakt auslösen und zum Multiorganversagen bis zum Tod führen können“ heißt es in einer Erklärung auf dem Universitätsportal Zürich“ , siehe dazu auch einen Bericht von Russia Today.

Dieser Befund erklärt u.a. auch warum jüngst ein CoVid-19 Patient in Hamburg sogar wegen Corona erblindet ist, denn Mini-Blutgerinnsel hatten sich um den Sehnerv festgesetzt, infolgedessen der Sehnerv abgestorben ist, so ein Bericht des Medizinprogramms „Visite“ auf NDR vom 12.Mai 2020.

Auf Grund der Obduktionsbefunde wollen behandelnde Ärzte nun versuchen, mit Blutverdünnungsmittel die Tromben zu verhindern, die sich im akutem Stadium von CoVid-19 bilden und zum Organversagen führen. Wenn sich diese Therapie bewährt, dann hätten viele Leben gerettet werden können, wenn man schon früher auf entsprechende Obduktionsergebnisse gehabt hätte.

Die Obduktionsbefunde erlauben noch eine weitere wichtige Schlussfolgerung, die nun hoffentlich weiteren Spekulationen über die Wesensart des Corona Virus ein Ende macht, nämlich dass Behauptung, COVID-19 sei eine harmlose Grippe, nicht stimmt! Zwar muss – ähnlich wie bei einer Grippe – nicht jeder Infizierte krank werden, aber der Krankheitsverlauf von CoVid-19 ist weitaus heimtückischer und schwerer als beim Grippe Virus und sollte daher nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Wobei wir wieder bei der Frage angekommen wären, ob die sozialen Lockerungen zu früh und daher gefährlich sind oder nicht.

Vor diesem Hintergrund hat kürzlich der Bericht eines Whistleblowers aus dem Bundesinnenministerium, an dem namhafte Ärzte und Wissenschaftler mitgearbeitet haben, die Bundesregierung in die Bredouille gebracht; nicht nur, weil er den sozialen Lock Down und die Stilllegung ganzer Wirtschaftszweige als eine katastrophale Fehlentscheidung der bundesdeutschen, politischen Elite geißelt, sondern er bringt auch eine ganz neue Perspektive ins Spiel, nämlich die Opportunitätskosten der Regierungsmaßnahmen. In dem Bericht wird nämlich behauptet, dass auf Grund der Tatsache, dass die meisten Betten auf den Intensivstationen in den Krankenhäusern für potentielle Corona-Patienten reserviert waren, zig Tausende von notwendigen Operationen an Nicht-CoVid-19-Patienten nicht durchgeführt werden konnten, was dazu geführt habe, dass unterm Strich mehr Nicht-CoVid-19 Patienten gestorben sind als es an Corona-Toten gibt.

Es ist zu erwarten, dass der Stoff für weitere Verwirrungen in der Corona Frage so schnell nicht ausgeht.

Rainer Rupp ist Mitglied des Beirats des Deutschen Freidenker-Verbandes



Samstag, 23. Mai 2020

Die Spaltung Deutschlands - 71. Jahrestag




    Sascha´s Welt


    23. Mai – 71. Jahrestag der Spaltung Deutschlands


    Veröffentlicht am 23. Mai 2020 von sascha313


    Heidig_Kapitalherrschaft


    Die Unkenntnis über historische Tatsachen ist in der BRD heute groß. Die Massenmedien tragen dazu bei, die Unwissenheit zu vergrößern und mit Falschinformationen und Lügen zu durchsetzen, was die Erkenntnis der Hintergründe unmöglich machen soll. Doch das hat eine lange Tradition. Schon kurz nach dem Ende des Krieges kündigte sich mit der berüchtigten Rede Churchills 1946 in Fulton (USA) die verbrecherische Absicht der Westmächte an, den Krieg gegen die Sowjetunion fortzusetzen – einen Krieg, bei dem der deutsche Faschismus kläglich gescheitert war.

    Eine demokratische Entscheidung des gesamten deutschen Volkes aller vier Besatzungszonen über den einzuschlagenden Weg der deutschen Gesellschaft nach dem Zusammenbruch des faschistischen deutschen Staates 1945 gab es nicht. Die USA, Großbritannien und Frankreich setzten aus strategischem, politischem, wirtschaftlichem und militärischem Kalkül ausschließlich auf den Erhalt ihrer Machtbasis in den von ihnen verwalteten deutschen Zonen. Sie setzten auf die Strategie des gewaltsamen Zurückrollens des den Kapitalismus weltweit »bedrohlich« erscheinenden Sozialismus in der Sowjetunion.

    Wie die Westmächte Deutschland spalteten



    Das Konzept des von ihnen formulierten »Rollback« und des »Eisernen Vorhangs« im Herzen Europas wurde eine zentrale Aufgabe des westlichen Bündnisses. Auf der Grundlage dieser strategischen Politik nahmen die USA, Großbritannien und Frankreich von Beginn an die Spaltung Deutschlands nicht nur billigend in Kauf, sondern organisierten und forcierten diese. Die drei westlichen Besatzungsmächte schufen dafür in den von ihren besetzten deutschen Zonen zügig eherne Fakten:

    *Im März 1948 vollzogen die drei Besatzungsmächte in London einen ersten wichtigen Akt zur Abspaltung der Westzonen und die Gründung eines deutschen Separatstaates. Die USA, Großbritannien und Frankreich einigten sich in London auf die Bildung einer gemeinsamen Wirtschaftseinheit und die Zusammenführung der drei westdeutschen Besatzungszonen zur sogenannten »Trizone«.


    *Der zweite bedeutende Akt für die dann folgende staatliche Spaltung Deutschlands fand am 21. Juni 1948 statt. In der »Trizone« und drei Tage später auch in den drei Westsektoren Berlins veranlassten die dortigen Besatzungsmächte eine Währungsreform. Die bis dahin gültige Reichsmark wurde über Nacht durch die D-Mark als gesetzliche Währungseinheit ersetzt.



    *Der Termin für den dritten und abschließenden Akt der staatlichen Spaltung Deutschlands war der 23. Mai 1949. An diesem Tag fand die Gründung des Separatstaates BRD statt. Das Grundgesetz trat in Kraft.


    Der bis dahin vorhandene Status quo im besetzten Deutschland, in den Ost- und den Westzonen, wurde damit einseitig verändert. Im dann gewählten ersten Bundeskanzler der BRD, Konrad Adenauer, hatten die westlichen Alliierten im Verlauf des gesamten Spaltungsprozesses von Beginn an einen soliden, aktiven und kooperativen Partner.

    Ein sogenannter »Parlamentarischer Rat« erarbeitete unter Ausschluß der Öffentlichkeit, der Bürger, die Verfassung, das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Max Reimann, der KPD-Vorsitzende, trat in diesem Plenum gegen die Vorbereitung eines deutschen Separatstaates auf.

    Das deutsche Volk in den Westzonen wurde indes auch nicht in die Entscheidung über die Gründung des deutschen Separatstaates BRD und in die Entscheidung und Verabschiedung des Grundgesetzes einbezogen. Ein Volksentscheid über das Grundgesetz des neuen Staates BRD fand 1949 und auch danach nie statt. Dieses Vorgehen war im höchsten Maße undemokratisch.

    Nach der Einverleibung der DDR in die BRD im Jahre 1990 fand ebenfalls keine Entscheidung durch das deutsche Volk in Ost und West über eine neue gemeinsame Verfassung statt.

    Artikel 146 des gültigen Grundgesetzes der BRD verlangt aber, Zitat:

    »Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist«.


    Demokratie, die Macht des Volkes, ist bis heute, traditionsgemäß, ein Fremdwort in Bundesdeutschland.

    Quelle: vakanzblog (Danke an Jürgen Heidig!)

    Siehe auch:
    Ein historischer Rückblick – Wie und warum wurde Deutschland gespalten?



Dienstag, 19. Mai 2020

WHO-Konferenz im Zeichen des US-China-Konflikts - Linke Zeitung



WHO-Konferenz im Zeichen des US-China-Konflikts


VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 20. MAI 2020

von Bill Van Auken – https://www.wsws.org

Die Covid-19-Pandemie breitet sich aus und droht, die armen und unterdrückten Ländern des globalen Südens mit massenhaftem Sterben und Leiden heimzusuchen. Gleichzeitig nutzte Washington die Jahreskonferenz der Weltgesundheitsorganisation am Montag, um China die Schuld an der Pandemie zuzuschreiben.

Die 73. Jahrestagung der Weltgesundheitsorganisation (WHO), an der Vertreter aus den 194 Mitgliedstaaten teilnahmen, fand am Montag statt. Zu diesem Zeitpunkt lag die Zahl der weltweit bestätigten Coronavirus-Infektionen bei etwa 4,8 Millionen und die Zahl der Todesfälle bei 317.000. Gleichzeitig haben zig Millionen Erwerbstätige auf der ganzen Welt im Zuge der Pandemie ihren Arbeitsplatz und ihr Einkommen verloren.

Unter diesen Umständen tat sich die Trump-Regierung mit einem aggressiven, vorab aufgezeichneten Beitrag hervor. US-Gesundheits- und Sozialminister Alex Azar erhebt in dem Video ebenso scharfe wie unbewiesene Anschuldigungen gegen die WHO und China.

„Wir müssen über einen der Hauptgründe dafür, dass dieser Ausbruch außer Kontrolle geriet, offen sprechen“, sagt Azar. „Es ist dieser Organisation nicht gelungen, die Informationen zu beschaffen, die die Welt brauchte, und dieses Versäumnis hat viele Menschenleben gekostet.“

Azars Vorwürfe treffen sich mit Berichten, dass US-Präsident Donald Trump beschlossen hat, die Mittel seiner Regierung für die Finanzierung der WHO weiterhin und auf unbestimmte Zeit auszusetzen. Zuvor hatten die USA 400 Millionen Dollar, d.h. ein Fünftel des Jahresbudgets der Weltgesundheitsorganisation getragen.

Azar wiederholte die reißerischen Verschwörungstheorien des Weißen Hauses und wertete die chinesische Reaktion auf den Ausbruch der Pandemie als bewussten Versuch, die Infektion in die Vereinigten Staaten zu tragen und dadurch die USA zu schwächen.

„In einem offensichtlichen Versuch, diesen Ausbruch zu verbergen, setzte sich mindestens ein Mitgliedsstaat über seine Transparenzpflichten hinweg, mit enormen Kosten für die ganze Welt“, sagte Azar. „Wir haben erlebt, dass die WHO an ihrer Kernaufgabe des Informationsaustauschs und der Transparenz gescheitert ist, da die Mitgliedstaaten nicht guten Willens sind.“

Dies ist Unsinn. Wie WHO-Chef Tedros Adhanon Ghebreysus in seiner eigenen Rede auf der Tagung deutlich machte, „schlug die WHO früh Alarm und noch dazu wiederholt.“ Am 30. Januar rief die WHO auf der Grundlage der von China übermittelten Informationen den globalen Gesundheitsnotstand aus, das ist die höchste Alarmstufe der Organisation. Damals gab es weniger als 100 bestätigte Fälle und keinen einzigen Todesfall außerhalb Chinas.

Die US-Regierung beschloss, die Warnung zu ignorieren. Man sorgte sich vor allem um die Aktienkurse an der Wall Street und spielte in diesem Sinne die Gefahr durch das Coronavirus herunter. Als die Auswirkungen der Pandemie unbestreitbar waren, reagierte die US-Regierung, indem sie riesige Ressourcen für eine massive Rettung der Finanzmärkte zur Verfügung stellte.

Washingtons kriminelle Nachlässigkeit und Gleichgültigkeit hatten unvermeidliche Folgen. Die USA wurden mit Abstand zur führenden Nation in Bezug auf die Verbreitung des Coronavirus und die Todesfälle. Während knapp vier Prozent der Weltbevölkerung in den Vereinigten Staaten leben, zählen sie gleichzeitig fast ein Drittel der bestätigten Infektionen und 29 Prozent der Todesfälle weltweit.

Es könnte keine schlimmere Anklage gegen die US-Politik geben. Die Scheinangriffe auf die WHO und China zielen darauf ab, die Aufmerksamkeit vom eigenen Vorstrafenregister abzulenken. Gleichzeitig verfolgt der US-Imperialismus auch hier seine globalen geostrategischen Interessen weiter und eskaliert den Konflikt mit seinem wichtigsten globalen Rivalen.

Während in den Vereinigten Staaten und Europa, den ersten Epizentren der Pandemie, die herrschende Kapitalistenklasse versucht, die verfrühte „Wiederaufnahme des Wirtschaftslebens“ einzuleiten, um ungeachtet der menschlichen Kosten die hemmungslose Ausbeutung der Arbeiterklasse wieder aufzunehmen, breitet sich die Pandemie weiterhin weltweit aus.

In seiner Rede auf der WHO-Jahrestagung warnte UN-Generalsekretär Antonio Guterres davor, dass „das Virus sich über die ganze Welt verbreitet hat und nun in den globalen Süden vordringt, wo seine Auswirkungen noch verheerender sein könnten“.

WHO-Generaldirektor Tedros warnte in ähnlicher Weise und sagte, dass „Entwicklungsländer und diejenigen, die unter Gewalt und Konflikten leiden, dieser Bedrohung unter den schwierigsten Umständen begegnen“.

„Wie praktizieren Sie soziale Distanzierung, wenn Sie unter beengten Verhältnissen leben?“, fragte er. „Wie bleiben Sie zu Hause, wenn Sie arbeiten müssen, um Ihre Familie zu ernähren? Wie praktizieren Sie Handhygiene, wenn Ihnen sauberes Wasser fehlt?“

Dies sind die Bedingungen, mit denen die Mehrheit der Menschheit konfrontiert ist und die zu einer explosiven Ausbreitung der Pandemie in den ehemaligen Kolonialländern und historisch unterdrückten Ländern führen.

In Südamerika ist die Zahl der bestätigten Fälle auf über 443.000 und die Zahl der Todesfälle auf über 23.000 angestiegen. Auf Brasilien, das größte Land des Kontinents, entfällt mit mehr als 244.000 weit über die Hälfte der bestätigten Fälle. Studien weisen unterdessen darauf hin, dass die tatsächliche Zahl wahrscheinlich 15 Mal höher liegt. Die Zahl der bestätigten Todesfälle liegt bei über 16.000.

In Sao Paulo, der größten Stadt Brasiliens und Epizentrum des Covid-19-Ausbruchs, berichtet der Bürgermeister, dass die öffentlichen Krankenhäuser der Stadt „kurz vor dem Zusammenbruch“ stehen. Sie sind bereits zu 90 Prozent ausgelastet und werden spätestens in zwei Wochen neue Patienten abweisen müssen.

Während die Zahl der Infektionen und Todesfälle in die Höhe schießt, fordert Brasiliens faschistischer Präsident Jair Bolsonaro eine uneingeschränkte Wiederaufnahme der kapitalistischen Produktion. Er drängt die Konzerne und die Finanzoligarchie des Landes dazu, selbst gegen die begrenzten Einschränkungen und Maßnahmen der Bundesstaaten einen „Krieg“ zu führen. Er hat auch ein Dekret unterzeichnet, das den öffentlichen Behörden volle Immunität für alle „Fehler“ im Umgang mit der Pandemie gewährt.

Bolsonaro und seine Anhänger innerhalb des Militärs streben zu weitergehenden autoritären Herrschaftsformen, um die Arbeiterinnen und Arbeiter wieder in unsichere Fabriken und an unsichere Arbeitsplätze zurück zu treiben. Gleichzeitig kommt es zu einer explosionsartigen Zunahme von Protesten und Streiks der Beschäftigten im brasilianischen Gesundheitswesen, das die weltweit höchste Zahl an Todesopfern zu beklagen hat. Seit dem Ausbruch der Pandemie sind allein 116 Krankenpflegerinnen und Krankenpfleger gestorben.

Südasien leidet nicht weniger unter einer der höchsten Steigerungsraten von Coronavirus-Infektionen auf dem Planeten. In Indien ist die Zahl der bestätigten Fälle auf über 100.000 und die Zahl der Todesfälle auf über 3.000 angestiegen. Der potenziell tödliche Virus fordert seinen größten Tribut in den Slums von Delhi und Mumbai. Während die rechtsextreme hinduistisch-nationalistische Regierung von Premierminister Narendra Modi einen der umfassendsten Lockdowns der Welt durchgesetzt hat, ist das marode Gesundheitssystem des Landes nicht auf den Ausbruch vorbereitet. Das Land gibt kaum 1 Prozent seines BIP für die Gesundheitsversorgung aus. Das Ergebnis sind Krankheit, Hunger sowie Polizeigewalt und Brutalität für die Massen der Arbeiter und Unterdrückten.

Die Verarmung und der Hunger werden ausgenutzt, um die Arbeiter in die Fabriken zurückzudrängen. Gleichzeitig nutzt die Regierung die Krise, um ein massives Privatisierungs- und Wirtschaftsumstrukturierungsprogramm durchzusetzen, das Indien als Land für Unternehmens- und Finanzinvestitionen gegenüber China attraktiver machen soll.

Am 18. Mai betrug die Zahl der bestätigten Coronavirus-Fälle in Sri Lanka 986, mit neun Todesfällen. Trotz der Gefahr einer Verbreitung des Virus hat die Regierung von Präsident Gotabhaya Rajapakse die Wirtschaft des Landes seit dem 11. Mai wieder geöffnet und viele Maßnahmen beendet. Die Hauptstadt Colombo und der angrenzende Bezirk Gampaha stehen weiterhin unter Ausgangssperre, doch allen Unternehmen des öffentlichen und privaten Sektors wurde erlaubt, überall auf der Insel mit einem Drittel ihrer normalen Arbeitskräfte zu arbeiten. Gleichzeitig nutzt die Regierung Rajapakse die Pandemie für ihre Militarisierungspläne und setzt Soldaten in Colombo sowie in Zügen, Bahnhöfen und Busbahnhöfen ein, um die öffentlichen Bewegungen zu überwachen.

Auf den Philippinen werden aktuell 12.718 bestätigte Fälle und 831 Todesfälle zu verzeichnet. Präsident Rodrigo Duterte hat eine Sperre bis Juni verlängert. Duterte hat unter dem Deckmantel der Pandemiekrise sein hartes Durchgreifen gegen demokratische Rechte verstärkt. Seine Regierung hat den größten Fernsehsender des Landes, ABS-CBN, unter dem fadenscheinigen Vorwand der erloschenen Übertragungsrechte stillgelegt. Der wahre Grund dürfte die kritische Haltung des Senders gegenüber Dutertes autoritären Schritten sein.

Afghanistan hat sich zu einem der am stärksten betroffenen Länder Zentralasiens entwickelt. Verheert durch den fast zwei Jahrzehnte langen Krieg des US-Imperialismus, hat der Ausbruch von Covid-19 das Leiden der Bevölkerung weiter verstärkt. Gegenwärtig gibt es in Afghanistan 7.072 bestätigte Covid-19-Fälle und etwa 173 Tote aufgrund des Virus. Bei geringen Tests machen diese Zahlen zweifellos nur einen Bruchteil der tatsächlichen Opfer des Virus aus.

In Afrika stiegen die bestätigten Fälle am Montag auf fast 87.00, mit fast 2.800 Toten. Seit Lesotho die erste Infektion gemeldet hatte, ist jedes einzelne der 54 Länder des Kontinents Teil der globalen Pandemie geworden. Da die Gesundheitssysteme der verarmten Länder am wenigsten in der Lage sind, dem tödlichen Virus zu begegnen, prognostiziert die WHO, dass sich innerhalb des ersten Jahres der Pandemie etwa eine Viertelmilliarde Afrikaner infizieren und bis zu 190.000 sterben werden.

Bis Montag gab es in Südafrika 15.515 bestätigte Fälle und 264 Todesfälle. Die Ausbreitung des Virus ist im Westen des Landes am stärksten, zudem konzentriert in den armen und dicht besiedelten Townships wie Khayelitsha, Kapstadts größtem inoffiziellem Stadtteil.

Die höchste Zahl der bestätigten Todesfälle in Afrika – 630 – wird in Ägypten verzeichnet. Das Land hat auch 12.229 Infektionen bestätigt. Die von den USA und Europa unterstützte Diktatur von General Abdel Fattah el-Sisi nutzt die Pandemie, um die polizeistaatliche Repression zu verschärfen. Journalisten, die kritische Artikel schreiben, die Zahlen des Regimes hinterfragen und den Umgang mit der Krise nicht gutheißen, werden verfolgt.

Auch in Nigeria, der bevölkerungsreichsten Nation des Kontinents, wurde mit fast 6.000 bestätigten Infektionen und 182 Todesfällen ein starker Anstieg der Fallzahlen gemeldet. Da nur 28.000 Tests durchgeführt wurden, die zu 21 Prozent positiven Ergebnissen führten, liegen die tatsächlichen Zahlen zweifellos weitaus höher.

Auch in Ghana ist die Zahl der Fälle stark angestiegen, da mehr als 500 Arbeiter einer Fischverarbeitungsfabrik positiv auf das Coronavirus getestet wurden.

Seit dem 1. Mai hat sich die Zahl der Coronavirus-Fälle in Südafrika, Nigeria und Ghana verdoppelt. Gleichzeitig haben die Regierungen aller drei Länder eine stufenweise Wiedereröffnung der Betriebe und der Produktion eingeführt.

Im Nahen Osten stieg dieZahl der Covid-19-Fälle am Montag auf über 465.000. Die höchste Zahl von Fällen – 150.000 – wird in der Türkei verzeichnet. Der Iran hat über 122.000 Fälle und mit 7.057 bestätigten Todesfällen die höchste Zahl an bestätigten Covid-19-Opfern in der Region. Der stärkste Anstieg der Infektionen an einem einzelnen Tag wurde am Montag gemeldet, als 2.294 weitere Personen positiv getestet wurden. Die Regierung begann Ende letzten Monats mit der Wiedereröffnung der Wirtschaft des Landes und lockerte die Quarantänemaßnahmen.

Das potenziell tödliche Virus breitet sich auch in Syrien, Libyen und im Jemen aus, drei Ländern, deren soziale Infrastruktur durch die von imperialistischen Interventionen dezimiert wurden. Das Fehlen von Tests durch lokale Behörden oder internationale Organisationen lässt das Ausmaß der Krise bislang unbekannt.

Überall auf der Welt, von den USA und Westeuropa bis nach Lateinamerika, Asien, Afrika und in den Nahen Osten, enthüllt und verschärft die Covid-19-Pandemie die allgegenwärtige soziale Ungleichheit, die Umverteilung des Vermögens von den arbeitenden Menschen hin zu einer herrschenden Finanzoligarchie, die Aushöhlung demokratischer Herrschaftsformen und die zunehmenden Hinwendung zum Autoritarismus sowie die Vorbereitung für einen imperialistischen Krieg.

Millionen Menschenleben auf der ganzen Welt stehen auf dem Spiel. So erweist sich der Kampf gegen die Pandemie immer offener als ein politischer Kampf, der nur durch eine unabhängige politische Mobilisierung und internationale Vereinigung der Arbeiterklasse im Kampf für den Sozialismus erfolgreich geführt werden kann.

https://www.wsws.org/de/articles/2020/05/20/pers-m20.html



Montag, 18. Mai 2020

Buchvorstellung - Renate Schoof


Zum Inhalt des Buches "Alle Wünsche 

werden erfüllt":

Mitten im Leben neu beginnen. Raus aus dem überfordernden Alltag und der zu eng gewordenen Partnerschaft. Endlich Luft zum Atmen und Träumen, endlich Platz für Wünsche.
Amelie lebt nun in einer Stadt für Anfänge und überraschende Begegnungen. Sie genießt es, unterwegs zu sein, zu malen – und sich zu verlieben. Der Verdacht, an Krebs erkrankt zu sein, verändert alles: Amelie gerät in einen Irrgarten aus Angst und Hoffnung. Doch da ist auch das Bedürfnis, dem inneren Kompass zu folgen.
Einfühlsam, klug und kenntnisreich gelingt es der Autorin, Gegenbilder zum Üblichen zu entwerfen. Das Streben nach Freiheit in Geborgenheit wird mit gesellschaftskritischen Gedanken verbunden, aber auch mit Fragen zu künstlerischer Arbeit, zu Ganzheit und Gesundung.





Erschienen im Zeitgeist Verlag




Über die Autorin:
Renate Schoof lebt als freie Schriftstellerin in Göttingen. Nach einer Ausbildung im Buchhandel war sie zunächst als Dokumentarin bei der dpa in Hamburg tätig. Im Anschluss studierte sie Pädagogik sowie Germanistik und arbeitete neun Jahre als Lehrerin. Von ihr erschienen bisher mehr als 20 Werke: Romane, Erzählungen und Gedichtbände, dazu Kinder- und Jugendbücher. Renate Schoof erhielt diverse Literaturpreise und Auszeichnungen.

Sonntag, 17. Mai 2020

Renate Schoof und KenFM im Gespräch


Heute am 17.Mai 2020 erhielt ich von Autor Wolfgang Bittner folgende Info: Hiermit sende ich Dir ein Interview von KenFM mit der Autorin Renate Schoof - trotz Corona - , das Euch vielleicht interessieren wird:



https://kenfm.de/renate-schoof/



Ich finde es ganz informativ. Es ist vorgestern veröffentlicht worden und die Resonanz ist recht gut. Herzliche Grüße aus dem sonnigen Göttingen
Wolfgang


Interview zum Buch: "Alle Wünsche werden erfüllt", Autor: Renate Schoff

Dienstag, 12. Mai 2020

DER MOLOCH - und er lebt!



Horoskop der Pandemie: Der Kapitalismus stirbt nicht am Coronavirus



VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 12. MAI 2020


von Fernando Buen Abad  – http://de.granma.cu

Was haben wir getan, um etwas zu ändern? Ohne heftige Kritik oder Selbstkritik ist keine Zukunft möglich

Wie wird die Welt nach der Pandemie aussehen? Alle möglichen kühnen Vorstellungen darüber gehen um die Welt- Einige rufen danach, „zur Normalität zurückzukehren“. Andere nähren die Hoffnung, dass wenn der Virus tot ist, die Wut des Kapitalismus zu Ende sei. Andere geben ihren Betrachtungen einen mehr grünen ökologischen Anstrich und natürlich dürfen auch die Prediger nicht fehlen, die die Situation als bösen Zauber außerirdischer Vorsehung verstehen, aber dabei   gut aufpassen, dass ihre „Zehnten“ sich summieren.

Aber da sind auch die „Think Tanks“, die intellektuellen Berater, die Akademiker und die „Gurus“ für jede Gelegenheit. Sie entfalten bereits ihre Künste des Opportunismus und das komplette Menu des Reformismus, um die mit Statistiken und Infografien aktualisierten Dispositive des in „gesunden Menschenverstand“ verwandelten falschen Bewusstseins zu installieren. Sie möchten uns dringend mit der Illusion eines „neuen Kapitalismus“ erfreuen, der human und progressiv ist, und dank der Pandemie von seinen Schrecken befreit wurde.

Ein verrückter Wettlauf, um die Zukunft zu „erraten“ ist entfesselt worden. Auf den Schalttafeln der herrschenden ideologischen Kontrolle schrillen die Alarmglocken, denn dort sieht man die Hinterhalte, die das Kapital gegen die Menschen errichtet hat, zusammenbrechen. Sie sind alarmiert und haben ihre Meuten losgelassen, um uns „wieder einmal“ die Zukunft zu entführen und sie schnell mit mehr von dem Gleichen zu prägen. Für die Unterdrücker ist es genauso wichtig, die Zukunft mit ihren „neuen“ – alten- Werten zu infizieren, wie einen Impfstoff gegen COVID-19 zu finden. Beides ist für sie ein großes Geschäft.

Sie versuchen, das herrschende Wirtschafssystem kosmetisch zu bearbeiten, seine Folterräume am Arbeitsplatz, seine Finessen beim Bankwucher, seine Strategien der Plünderung und Privatisierung bei Bildung, Gesundheit, Wohnungsbau, Kultur… sie versuchen das Monströse ihrer kapitalistischen Kriegsindustrie zu vertuschen, ihre Handlanger im Bereich Finanzen und Medien — und alle anderen Gemeinheiten, die sie sich Jahrhunderte lang unentwegt ausgedacht haben, um die Menschheit mit Hunger und Armut zu demütigen: die größte ideologische Chirurgie als kleines Lifting präsentiert.

Sie bereiten ein Arsenal an Palliativen und Schmerzmitteln und an Unterhaltung vor, mit denen die Rebellion betäubt werden soll, um das Entsetzen zu verwässern, das die Pandemie enthüllt hat und um uns zu überzeugen, dass man nichts verändern kann, dass „die Dinge sind, wie sie sind“ und wir uns darin ergeben sollen — dass schon der eine oder andere Krümel vom Tisch des „erneuerten“ Kapitalismus fallen werde.

Die intellektuellen Jungs, die dieser Schurkerei zu Diensten sind, arbeiten schwer. Sie haben bereits viele Seiten in den „wichtigsten“ Tageszeitungen und viele Stunden in Radio und Fernsehen des transnationalen Monopolzirkusses reserviert und natürlich in den „sozialen Netzen“.

Unter den Förderern der neuen Verschönerung der Kapitalismus befinden sich dieselben alten Ideologen, die zum horrenden Desaster beigetragen haben, unter dem die Menschheit leidet. Es sind dieselben Nachnamen, dieselben Universitäten, dieselben Finanzhaie … nichts Neues an dieser „Erneuerung“, die sie uns aufzuzwingen versuchen, um die Frage zu beantworten: Wie sieht die Zukunft der Menschheit nach der Pandemie aus? Anders ausgedrückt: Mehr von demselben, mit einigen kleinen Reformen. Ohne Gewinnverlust, versteht sich.

Im Innern der Eingeweide des Kapitalismus befindet sich die Kraft, die in zerstören wird. Man muss die Kraft nicht woanders suchen. Es ist die Kraft, die den Kapitalismus liquidiert und begräbt, um eine neue Gesellschaft zu schaffen. „Die Bourgeoisie produziert vor allem ihre eigenen Totengräber“, sagte Karl Marx. Man braucht nicht viel Wissenschaft, um das jeden Tag in voller Aktion zu sehen. Sie zerstört der Widerspruch Kapital-Arbeit, an ihrem Punkt höchster Spannung, der mit einer Revolution, die im Gange ist, gegeben ist, auch wenn sie viel Geld dafür ausgeben, das zu verschleiern.

Aus diesem Antagonismus ergibt sich die Spannung, die die historische Rolle und die Ziele des Klassenkampfes des Proletariats in größerem Umfang verdeutlichen wird. Der Kapitalismus schafft nicht nur immer wieder die Krisen, er erfindet auch Trugbilder, um zu verkünden, dass man die „Wiedererholung“ der Weltwirtschaft erreichen werde und ihre Szenarien mit langfristigen Reformstrategien erneuern wird. Er wird „neue“ Reformen und große Täuschungsmanöver durchführen, damit das Kapital weiter über den Menschen steht.

Auch ist eine internationalistische Philosophiebewegung zur Umwandlung der Realität notwendig. Man löst die Probleme, die die Akkumulation des Kapitals der Menschheit aufzwingt, nicht nur mit Steuerreformen, nicht nur mit Reformen des Staatsapparates, der vor den Oligarchien in die Knie geht. Man löst sie nicht nur mit mehr Krankenhäusern, nicht nur mit mehr Schulen und auch nicht mit noch mehr von dem Gleichen. Man muss die Inhalte jeder Institution vollständig reformieren.

Die Produktionsweisen und die Produktionsverhältnisse, die Landnutzungsrechte, die „Bergbaukonzessionen“, die Souveränität der Küstenmeere und ganz allgemein das Recht der Völker ihre natürlichen Reichtümer und die Produkte ihrer Arbeit zu genießen, müssen angesprochen werden. Man muss die gesamte bürgerliche Demokratie diskutieren. Ihre Geschichte, ihre Definitionen, ihre Gesetze und ihre Tausenden von ideologischen und rechtlichen Hinterhalten. Für die humanistische Revolution muss man ernsthaft philosophieren.

Es ist auch die Stunde gekommen, um die Philosophie zu entkolonisieren. Gegen die Mafias in den Eingeweiden vorzugehen, die sie entführt haben, um den Klassenkampf zu verbergen und das Kapital auszuzeichnen. Man muss die Bildung insgesamt und ihre Unterwerfung unter den Markt des Wissens in Frage stellen. Man muss das Gesundheitsmodell und seine Prinzipien hinterfragen, um sich von der merkantilen Logik und dem messianischen Individualismus zu emanzipieren. Man muss bis an die Schmerzgrenze die ganze „Wertestruktur und den „gesunden Menschenverstand“ in Frage stellen, die uns vom Netz der „Kommunikationsmedien“ eingeimpft werden, und die gekidnappt wurden, um uns dem „Stockholm Syndrom“ zu unterwerfen, das uns zwingt, sie zu akzeptieren, als ob die Werte der Klasse der Unterdrücker unsere eigenen Werte wären. Man muss den gesamten Justizapparat in Frage stellen, den Apparat der Bestrafungen… den Kapitalismus als Ganzes, uns alle eingeschlossen. Man muss auch die Führungskrise unserer revolutionären Linken hinterfragen und sie lösen, um mit dem Kapital Schluss zu machen. Wie wird die Welt nach der Pandemie aussehen? Genauso, nur noch mit der Gefahr, dass sie uns erneut unsere Zukunft entführen …dieselbe, die sich schnell verschlimmern wird, wenn wir uns nicht organisieren, um sie umzuwandeln. „Im Zögern liegt die Gefahr“, würde Eloy Alfaro sagen.
http://de.granma.cu/mundo/2020-05-11/horoskop-der-pandemie-der-kapitalismus-stirbt-nicht-am-coronavirus