Mittwoch, 29. April 2020

Diktatur ANGSTMACHE - Rationalgalerie



ANGSTMACHE ALS HERRSCHAFTSMITTEL


Interview mit dem Psychologen Klaus-Jürgen Bruder*


Autor: Uli Gellermann
Datum: 29.04.2020
  
AUS GEGEBENEM ANLASS INTERVIEWT PROFESSOR KLAUS-JÜRGEN BRUDER SICH SELBST.

Sie beschäftigen sich schon lange mit der Frage, warum und Herrschaft stabil ist und bleibt. Hat es Sie überrascht, dass die vom Staat wegen der Coronakrise angeordneten Maßnahmen so weitgehend widerspruchslos akzeptiert wurden?


Ich bin natürlich entsetzt, wie schnell und ohne Infragestellung auch in den maßgebenden Medien alle möglichen einander widersprechenden Erklärungen und Maßnahmen angenommen wurden und in der breite, in der sie durchgesetzt und gegen die leisesten Bedenken und Kritik mit Zähnen und Klauen, unter Missachtung selbst des geringsten Respekts verteidigt werden. Dieses Ausmaß hat mich überrascht und zeigt, wie stabil die Herrschaft ist und wie tiefgehend sie internalisiert ist – vor dem Hintergrund von Angst allerdings. Selbstverständlich wird die CDU der große Gewinner sein.

Andererseits hat es mich nicht überrascht, wenn wir die größere Zeitperspektive der Entwicklung seit ´68 ins Auge fassen, wie Schritt für Schritt die Infragestellung von Herrschaft, („unnötiger Unterdrückung“) aufgegeben worden ist (zum „ewig gestrigen“ geschlagen), wie das Selbstbewusstsein verschwunden ist, wie die Haltung des Abfindens mit dem Gegebenen sich breit gemacht hat, oder gar sich einen Platz auf Kosten anderer zu erobern durchgesetzt hat. 
Von dem Punkt, an dem wir auf der Linie dieser Entwicklung heute angekommen sind aus betrachtet überrascht es mich nicht.

Ich bin auch enttäuscht, dass die Bewegungen, die sich in den letzten Jahren gebildet haben, besonders FfF, Antifas usw. sich so wenig zu Wort gemeldet haben. Es hätten kritische Diskussionen organisiert werden müssen, die die Verantwortlichen in Politik und Medien dazu aufzufordern, über die Versäumnisse und falschen Entscheidungen in der Gesundheitspolitik (Abbau der Krankenhäuser, Bettenzahl, Personal, letztlich auf Grund der jahrelangen Privatisierungswelle) und in der Präventionspolitik (Vorräten an Schutzmaterial und Schutzmitteln, Abbruch der pharmakologischen Forschungsprojekte im Gebiet der Pandemien, usw) Rechenschaft abzulegen. Ebenso wären Diskussionen mit unterschiedlich ausgerichteten Expertinnen über die Fragen der Gefährlichkeit des Virus, der Diagnose und Behandlung zu fordern gewesen. Und es fehlt weitgehend die Sorge darüber, wie notstandsgesetzmäßig bürgerliche Rechte außer Kraft gesetzt werden

Das alles hat nicht stattgefunden und so werden die extrem einschneidenden zerstörerischen Maßnahmen widerspruchslos akzeptiert. Das hat mich dann nicht mehr überrascht: was soll die Bevölkerung tun, wenn sie von denen im Stich gelassen wird, die sich bisher als Opposition angeboten hatten?

Welche Mechanismen kommen hier psychologisch zur Geltung? Ist das Angst vor der Krankheit oder der Sanktionierung, Wunsch nach Konformität, Gruppendruck?

Ja, die Angst vor der Ansteckung, bzw. Krankheit spielt ganz sicher eine Rolle, vielleicht die wichtigste, während die anderen Angst-Gründe weniger ins Gewicht fallen.

Dabei ist wichtig, dass diese Angst eine Antwort auf die Darstellung der Gefährlichkeit des Virus durch die Verantwortlichen ist, die medial vermittelt und dabei verstärkt wird. Die Form und Qualität dieser Darstellung ist verantwortlich für das Ausmaß und die Verbreitung dieser Angst.
Es wurden ja pausenlos und in Dauerberieselung die Gefahren eingehämmert und dadurch die Angst in Panik getrieben. Die Panik zeigt sich u.a. daran, dass andere Sichtweisen niedergeschrien wurden sowie an den tausend Gerüchten darüber, was alles gefährlich sein soll und was man alles machen müsse, um sich zu schützen.

Angst ist nicht einfach „natürlich“! Hier mischt sich sogen. Realangst mit neurotischer Angst. Angstmache wird immer wieder als Herrschaftsmittel eingesetzt. Das wurde nachweisbar spätestens mit Bekanntwerden der „Verschlußsache“ aus dem BMI, in dem dieses Mittel Angsterzeugung direkt vorgeschlagen bzw. vereinbart worden sind. 
Beispiel: Bild eines traurigen niedergeschlagenen Kindes mit dem erklärenden Text: ich habe mein Oma angesteckt, ich bin schuldig an ihrem grausamen Tod, das werde ich nicht mehr los mein ganzes Leben.

Es ist wie die Warntafel vorm schwarzen Mann am Eingang zu Kinderspielplätzen. Die Ironie dabei: der häufigste „Täter“ war der Vater, Stiefvater, Onkel, nicht der Fremde, der aus dem Busch vorspringt.

Wer ist bei dieser jetzigen Panikmache der Stiefvater, der dieses Mal sich hinter dem Täter aus dem Busch versteckt?

Wir werden ja schon wieder durch lautes Wispern von einer verheerenden Wirtschaftskrise, Rezession vorbereitet.
Außer Angst muss man einen anderen psychologischen Mechanismus annehmen: im Befolgen der Maßnahmen steckt Autoritarismus, weil nicht nachgefragt wird, wie sinnvoll diese Maßnahmen eigentlich sind, wie angemessen. Diesen Mechanismus kann man als den Versuch sehen, den Konflikt zwischen dem bewussten Ich, das die Kontrolle der Situation unter Wahrung der eigenen Interessen verfolgt, und dem unbewussten Überich, das die Forderungen der Vertreter der „äußeren Realität“ repräsentiert, zu „lösen“, indem das Ich sich dem Überich unterwirft. Man kann davon ausgehen, dass diese Lösung von der Stärke des Ich mitbestimmt wird: je schwächer das Ich, desto weitergehender die Unterwerfung unter die Autorität und Ihre Forderungen. Daher ist Herrschaft so stabil.

Halten Sie die Maßnahmen denn selbst für angebracht oder überzogen?

Es hat etwas erschreckend Totalitäres: eine Krankheit, einen Virus ausrotten wollen, egal was es kostet, Wir kennen doch den Sarkasmus: Operation geglückt – Patient tot
Nach diesem Rezept scheinen die Regisseure derzeit vorzugehen.
Dass sie nicht von „Krieg“ sprechen wollen, überrascht nicht: sie kennen schließlich ihre Bevölkerung, das Wort Krieg müssen die Herren und Damen vermeiden
Man würde ja auch andere gesellschaftliche Säuberungsmaßnahmen nicht Krieg nennen wollen, zurzeit sind die Etiketten „Fürsorge“, „Rücksicht“, und „Egoismus“, „Rücksichtslosigkeit“ im Umlauf, und wie wir bereits aus der Kriegsvorbereitungspropaganda kennen: Kriege vorbereiten ist „Verantwortung“ und Verantwortungslosigkeit sich nicht „engagieren“ wollen – immer steht das Menetekel der Gemeinschaft im Hintergrund, auch ein Wort, dessen unsägliche Bedeutung wir noch aus der unseligen deutschen Vergangenheit kennen und das diese wieder zurückholt.
Überhaupt erinnert so manches an damals. Aussonderung, Sonderbehandlung bestimmter Gruppen aus der Bevölkerung, auch der Ruf nach dem Gefängniswärter ist schon ertönt: „Sperrt uns ein!“ sollen manche Alte gerufen haben. Vielleicht kommt ihnen im Alter die Erinnerung an die schöne Jugend wieder.

Das Totalitäre liegt uns vielleicht doch „im Blut“ (und im Boden). Es steckt auch in der Säuberung in der Architektur und im Städtebau der Zeit: im „Neoklassizismus“. Kein Park zumindest in der Hauptstadt ist davor verschont, leer gefegt zu werden von kuscheligen Ecken, alle Wegen mit Platten belegt, alles von weitem zu durchblicken, als ob die Zielfernrohre nichts störendes behindern dürfe, wenn es mal so weit ist.

Das Vokabular der gegenwärtigen Virus-Bekämpfung ist selbstverständlich medizinisch, aber die Art wie die Medizin hier auftritt, so mit Kommandogewalt, läßt eine zweite Bedeutung dahinter vermuten: die Abstandsregeln eignen sehr gut zu Disziplinierung, die Ansteckungsgefahr ist selbstverständlich auch soziologisch zu verstehen: Massen sind der bürgerlichen Soziologie wegen ihrer Ansteckungsgefahr verdächtig, die Kontaktsperre macht konspirative Treffen fast unmöglich, die gleichzeitige Beschränkung der Kommunikation auf Smartphone und Internet wird nicht mehr zurückgenommen: sie setzt die offensive, aggressive Digitalisierung aller Bereiche der Gesellschaft endlich unaufhaltsam durch: dass sie auch vom Gesundheitsministerium gepuscht worden war, wird jetzt klar, sie macht auch die Vorbereitung von Prostest überwachbar, politische Äußerungen, Versammlungen, Protest werden hier ausgeschlossen.

Dass das Coronavirus eine Gefahr ist, lässt sich doch kaum bestreiten. Oder glauben Sie, dass da übertrieben wird?

Ich erkläre mir diese Maßnahmen als „Schockstrategie“ im Sinne von Naomi Klein. Ich bin kein Experte, aber es gibt weltweit Experten, die anderer Meinung sind, als die uns vorgeführten, die der Meinung sind, dass die Gefährlichkeit nicht höher ist als bei bekannten Grippe-Formen.
Wieso werden keine Zahlen genannt, die das widerlegten? Weil es die nicht gibt, es gibt nur Zahlen, die belegen, dass es bei dieser Krankheit bisher weniger Tote gibt, als bei den vorangegangenen Formen, erst recht weniger als die Millionen, die angenommen worden waren.
Deshalb komme ich dazu, dass das Virus gemäß der Schockstrategie dafür herhalten muss, andere Ziele durchzusetzen: Digitalisierung aller Bereiche der Gesellschaft, Marktbereinigung, Abschaffung des Bargeldes, Überwachung der Bevölkerung, Einübung in die Niederschlagung sozialer Kämpfe, die angesichts der Wirtschaftskrisen in den nächsten Jahren noch entstehen werden.

Was halten Sie von der Behandlung des Themas durch die Medien?

In die Augen sticht die Linientreue der Meinungsbildenden Medien, wie wir sie auch in anderen Fragen kennen, wie bei der Kriegspolitik, aber hier noch totaler, rigoros nur eine Linie zulassend, die Behandlung des Themas in immer der gleichen Richtung, Dauerbeschallung, Desinformation, Hofberichterstattung. Alles dies dient der Angststeigerung und der Förderung des Autoritarismus.
Anders bei den sogen. Sozialen Medien: dort und nur dort findet man kritische Auseinandersetzung und es kommen kritische Experten zu Wort. Die Form der Verurteilung, Diffamierung, des unsachlichen Niveaus, man muss schon sagen „unter der Gürtellinie“, wenn nicht sogar von lebensbedrohlicher Einschüchterung erinnert an die übelsten Seiten von Religionskriegen.
Was bedeuten die Einschränkungen wie die Kontaktsperre für Menschen mit psychischen Erkrankungen, etwa für Depressive? Wie wirkt sich das Klima auf eher angstvolle Charaktere aus?
Für sehr viele Menschen sind die Maßnahmen verheerend, nicht nur für Menschen mit psychischen Problemen. Die Gefahr der Hoffnungslosigkeit ist groß. Man braucht sich nur klar zu machen, dass diese Menschen dringend auf den Kontakt räumlich anwesender Personen, nicht nur Therapeuten, sondern auch anderer Menschen ihres persönlichen Umfelds angewiesen sind, um sich das Ausmaß ihres zusätzlichen Leids vorstellen zu können.

Vor dem Virus müssen ja vor allem Alte und Vorerkrankte Angst haben? Dennoch klagen viele abgesicherte Mittelschichtler über Probleme im Homeoffice oder dass Sie ihr Geld vom Reiseveranstalter nicht zurückbekommen. Sind das nicht Luxussorgen?

Luxussorgen würde ich das nicht nennen, Eingesperrt-Sein zu Hause, Mangel an wichtigen Kontakten sind nicht nur für Menschen mit psychischen Problemen belastend, sondern erzeugen solche Probleme auch, erst recht wenn dann noch Home schooling dazu kommt, die unbeschäftigten Kinder sind unerträglich, Spannung und Gewalt in Familien nimmt zu.

*Klaus-Jürgen Bruder ist Psychoanalytiker, Professor für Psychologie an der Freien Universität Berlin, Vorsitzender der Neuen Gesellschaft für Psychologie mit der er seit 10 Jahren interdisziplinäre Kongresse organisiert, sowie unter anderem Herausgeber der Schriftenreihe »Subjektivität und Postmoderne« im Gießener Psychosozial-Verlag. Seine Forschungsschwerpunkte sind: Geschichte der Psychologie, Psychoanalyse, Pragmatismus, Postmoderne, Jugendkultur, Geschlechterbeziehungen, Diskurs der Macht



Dienstag, 28. April 2020

DIE WAHRHEIT ÜBER CHINAS PANDEMIE - Linke Zeitung



Die Wahrheit über Chinas COVID-19-Antwort


VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 29. APRIL 2020 ⋅ HINTERLASSE EINEN KOMMENTAR


von Roger Stoll – https://www.mintpressnews.com

Übersetzung LZ

Chinas schnelle Aufdeckung und Transparenz bei der Meldung des COVID-19-Ausbruchs war eine atemberaubende Demonstration medizinischer, wissenschaftlicher und administrativer Effizienz.

Während die USA zweieinhalb Jahre brauchten, um HIV/AIDS nach der Entdeckung des ersten symptomatischen Falles im Land zu identifizieren, hat China innerhalb weniger Monate COVID-19 entdeckt, identifiziert und eingedämmt. In den USA sind über eine halbe Million Menschen an HIV/AIDS gestorben; weltweit sterben jedes Jahr die gleiche Zahl.  Selbst heute noch sterben in den USA jedes Jahr 13.000 Menschen an der Krankheit.

Kein Wunder, dass die Welt versteht, dass die erfolgreiche nationale Mobilisierung Chinas zur Eindämmung des COVID-19-Virus beispiellos war, wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) anerkannt hat. Es ist auch wohlbekannt, dass Chinas rasche Erkennung und Transparenz bei der Berichterstattung über den Ausbruch von COVID-19 eine atemberaubende Demonstration medizinischer, wissenschaftlicher und administrativer Wirksamkeit war. Aber irreführende und falsche Berichte der US-Regierung und der Medien bestehen darauf, den weltweiten Konsens abzulehnen.

Jetzt, da es sich bei COVID-19 um eine globale Pandemie handelt, sollten wir vielleicht etwas über die Entdeckung und Identifizierung des Virus in Wuhan, Provinz Hubei, China, erfahren.

Chinas schnelle Entdeckung und Reaktion auf COVID-19

Die Geschichte von COVID-19 beginnt vielleicht mit Dr. Zhang Jixian, Direktor der Abteilung für Respirations- und Intensivmedizin des Krankenhauses für integrierte chinesische und westliche Medizin der Provinz Hubei. Sie war die erste, die auf den Ausbruch aufmerksam machte.

Am 26. Dezember sah Dr. Zhang im Krankenhaus vier Patienten mit grippeähnlichen Symptomen, ein älteres Ehepaar und ihren Sohn sowie einen Verkäufer vom Markt für Meeresfrüchte. Die Fälle verwirrten sie, da die Tests die beiden schweren Grippearten SARS-CoV-1 („SARS“) und andere Diagnosen ausschlossen. Dr. Zhang nahm sie auf und stellte sie unter Quarantäne, was, wie sie später erklärte, aus ihrer persönlichen Erfahrung im Kampf gegen den SARS-Ausbruch im Jahr 2003 resultierte.

Am 27. Dezember meldete Dr. Zhang die Fälle dem Chef des Krankenhauses, Dr. Xia Wenguang, der dann dem örtlichen Zentrum für Krankheitskontrolle und Prävention (CDC) Bericht erstattete. In den folgenden zwei Tagen traten vier weitere Fälle auf.

Am 29. Dezember diskutierte Dr. Xia die Fälle mit zehn Experten aus verschiedenen medizinischen Disziplinen und berichtete der CDC der Provinz Hubei, die noch am selben Tag mit der epidemiologischen Forschung begann.

Am 30. Dezember berichtete die CDC von Hubei an die nationale CDC Chinas.

Am 31. Dezember informierte China die WHO über die mysteriösen Fälle einer „viralen Lungenentzündung unbekannten Ursprungs“.

Am 3. Januar wurde das neue Virus identifiziert, und innerhalb einer Woche hatten chinesische Wissenschaftler das Genom sequenziert und die Daten mit der Welt geteilt.

Fast den ganzen Januar über war unklar, ob das Virus von Mensch zu Mensch übertragbar ist und wenn ja, in welchem Ausmaß. Nichtsdestotrotz waren bereits Quarantäne und andere Schutzmaßnahmen für den Fall getroffen worden, dass sich die Infektion als „anhaltende“ Übertragung von Mensch zu Mensch erweisen sollte, etwas viel Ernsteres als eine Übertragung von Tier zu Mensch oder eine „begrenzte“ Übertragung von Mensch zu Mensch.

Doch am 23. Januar war Wuhan bereits vorsorglich abgeriegelt, obwohl das internationale Expertenkomitee der WHO erst am 30. Januar feststellte, dass es sich bei dem Ausbruch um einen „öffentlichen Gesundheitsnotstand von internationaler Bedeutung“ handelte.

Fälschung der Erzählung über Dr. Li Wenliang

Eine parallele Entdeckungsgeschichte, die sich um Dr. Li Wenliang dreht, ist grob verzerrt worden, um die wahre Geschichte zu diskreditieren.

Am 30. Dezember erzählte Dr. Li Wenliang, ein Augenarzt aus Wuhan, Freunden in sozialen Netzwerken von seiner Furcht vor einem Wiederauftreten von SARS, basierend auf Patientenakten, die er im Krankenhaus gesehen hatte. Die örtliche Polizei tadelte ihn und mehrere andere leicht, weil sie falsche Gerüchte verbreitet hatten, die Panik auslösen und die medizinische Behandlung und die Untersuchung der Krankheit behindern könnten. Die Rüge war vielleicht verständlich, da die Krankheit nicht als zwischen Menschen übertragbar angesehen wurde, ebenso wenig wie das bekannte SARS-Virus. Nach Dr. Lis eigenem tragischen Tod von COVID-19 wurde der Verweis von der Regierung zurückgezogen und eine offizielle Entschuldigung an seine Familie ausgesprochen.

Sicherlich hat sich Dr. Li in Bezug auf das Virus geirrt (er war schließlich Augenarzt). Und es könnte ihm vorgeworfen werden, dass er in sozialen Medien darüber gepostet hat, zumal die Angelegenheit von Spezialisten der Seuchenbekämpfung korrekt behandelt wurde. Dennoch war Dr. Li‘ s Sorge um eine möglicherweise gefährliche Ansteckung gerechtfertigt.

US-Offizielle und die Medien haben Dr. Li als „Whistleblower“ bezeichnet. Aber Dr. Li meldete seine Bedenken weder den medizinischen oder anderen Behörden noch der breiten Öffentlichkeit, was per Definition die Aufgabe von Whistleblowern ist. Seine Beiträge in den sozialen Medien kamen Tage, nachdem Dr. Zhang ihre Patienten angemessen gemeldet hatte, „pfiff“, wenn Sie so wollen, und wurde dafür offiziell gelobt. Tatsächlich scheint „whistleblowing“ keineswegs Dr. Lis Absicht gewesen zu sein.  Am beunruhigendsten ist die erfundene Geschichte eines unterdrückten Informanten, die den wachsamen Dr. Li in ein unsicheres Licht rückt, obwohl er in Wirklichkeit nur verständliche Bedenken mit Freunden teilte.

Schlussfolgerung

Die Welt schuldet den Menschen und Institutionen Chinas Dank dafür, dass sie COVID-19 fachkundig identifiziert und eingedämmt haben, was eine nationale Mobilisierung von produktiven Ressourcen, medizinischem Personal und Hunderttausenden von Freiwilligen erforderte. Zwei Vollversorgungskrankenhäuser wurden in weniger als zwei Wochen errichtet. Die Produktion von COVID-19-Testsätzen stieg in weniger als zwei Monaten um das Sechsfache; die Produktion von persönlicher Schutzausrüstung (PSA) erhöhte sich innerhalb weniger Wochen um das Zwanzigfache. Wuhan wurde streng unter Quarantäne gestellt, was durch die Lieferung von Lebensmitteln und Hilfsgütern durch die Regierung ermöglicht wurde.

Es ist tragisch, dass ein Großteil des Westens, insbesondere die USA, die durch Chinas Bemühungen gewonnene Zeit vergeudet hat. In unserer Hemisphäre haben die Regierungen von Kuba, Nicaragua und Venezuela schnell und erfolgreich gehandelt, um das Virus unter Kontrolle zu bringen. Die meisten anderen Regierungen (einschließlich unserer eigenen), die dem Neoliberalismus unterworfen sind, haben dies jedoch nicht getan.

In einer Zurschaustellung von Verachtung für das menschliche Leben im In- und Ausland hat es die US-Regierung versäumt, ihre eigene Bevölkerung vor der Krankheit zu schützen, während sie gleichzeitig langjährige (und umfassende) Kriege und Sanktionen gegen Völker in beiden Hemisphären fortsetzt, die die Pandemie effektiv in eine Biowaffe verwandeln. Historiker werden diesen Moment der US-Geschichte zweifellos mit besonderer Abscheu betrachten.

Reportagefoto | Ein Arbeiter in einem Gefahrgutanzug steht an einem Sicherheitskontrollpunkt an einer U-Bahn-Station in Peking, 24. Januar 2020. Mark Schiefelbein | AP



Roger Stoll ist ein Solidaritätsaktivist für Lateinamerika/Karibik und gehört der Task Force on the Americas an, einer drei Jahrzehnte alten antiimperialistischen Menschenrechtsorganisation. Er hat Artikel, Buchbesprechungen und politische Poesie in Dissident Voice, Resumen Latinoamericano, Counterpunch, Popular Resistance, San Francisco Examiner, ZNet, Jewschool und New Verse News veröffentlicht.



Montag, 27. April 2020

Russlands heiliger Feiertag - Klaus Joachim Herrmann



Russlands heiliger Feiertag


von Klaus Joachim Herrmann

Das klappt, das klappt, das klappt kolossal“, poltert mein Freund Waleri, und er haut mir auf die Schulter – der Major der Sowjetarmee a.D. dem Deutschen. Waleri Prik kämpfte im Großen Vaterländischen Krieg, sein erster deutscher Satz war: „Ich garantiere Euch Euer Leben!“ Als Kulturoffizier half er nach dem Sieg nicht nur manchem Künstler im früheren Feindesland. Farbe zum Malen und Brot zum Überleben beschaffte er. Das Wort von „den Freunden“ war kein leeres, kein spöttisches, kein herablassendes oder „verordnetes“ Wort – es traf auf ihn einfach zu.

Von seiner Zeit in Berlin, Dresden, Erfurt oder Leipzig erzählte uns der Mann mit dem schwarzen buschigen Haar, den dichten Brauen und der hakigen Nase in Moskau auch Jahrzehnte später gern. Da war er längst wieder in Zivil. Ihm als Maler saßen Künstler des Bolschoi-Theaters Modell. Gegen Deutschland und die Deutschen hegte er nicht Hass noch Groll. Gegner waren damals die Faschisten. Das war etwas ganz anderes. Besucher aus der DDR waren für ihn wie für viele Sowjetbürger „наши“, unsere.

Mit Waleri auf den Sieg anzustoßen war freilich unmöglich. Nicht dass er es dem deutschen Freund verweigert hätte. Dessen Land trug Waleri nichts nach. Doch Wodka auf den Sieg? „Vor dem Sturmangriff gab es manchmal 100 Gramm, auch mehr. Doch wir waren müde und hungrig.“ Da habe er oft genug zuschauen müssen, wie Kampfgefährten in feindliches Feuer taumelten. „Ich wollte so nicht sterben.“ Zum 75. Jahrestag des Sieges hätte Major Waleri Prik, lebte er noch, ganz sicher die Uniformjacke mit den Orden angelegt.

Die Militärparade auf dem Roten Platz in Moskau steht noch aus. „Die Risiken der Epidemie sind noch außerordentlich groß“, räumte Präsident Wladimir Putin ein. Sämtliche Feiern des 9. Mai sind verschoben. Unter anderen Umständen als der Ausbreitung des Corona-Virus wäre schon der Gedanke als Blasphemie erschienen. „Der 9. Mai ist für uns heilig“, doch das Leben eines jeden Menschen sei von unschätzbarem Wert, erklärte Putin vor dem Sicherheitsrat.

Der Tag des Kriegsbeginns am 22. Juni 1941 wird im ganzen Land mit einer Schweigeminute begangen. Sie gilt auch Tanja Sawitschewa. Die 14-Jährige führte ein Tagebuch der Belagerung Leningrads von September 1941 bis Januar 1944 durch die deutsche Wehrmacht: „Schenja ist am 28. Dezember 1941 um 12 Uhr gestorben. Onkel Ljoscha am 10. Mai 42 um vier Uhr am Nachmittag; Mama, Oma, Onkel Wasja, Ljoka: Alle tot. Die Sawitschews sind tot. Alle sind tot. Nur Tanja lebt noch.“ Tanja starb im Sommer 1944, blind und vollständig gelähmt.

Der Raub- und Vernichtungskrieg begann im Jahre 1941 mit dem deutschen Überfall. „Führer befiehl! Wir folgen Dir!“ – laut dem Nazi-Chefpropagandisten Joseph Goebbels „ein großartiges Lied“. Im Rundfunk dann ergänzt mit dem Zitat aus „Les Preludes“ von Franz Liszt – das wurde die „Russlandfanfare“. Das „Unternehmen Barbarossa“ war Terror, Mord und Ausrottung des „jüdischen Bolschewismus“ und „slawischer Untermenschen“, war Eroberung von „Lebensraum im Osten“. Öl und Eisen lockten, die Kornkammern des Ostens.

27 Millionen Tote kostete der Zweite Weltkrieg die Sowjetunion, davon etwa die Hälfte Zivilisten. Bei den patriotischen Märschen des „Unsterblichen Regiments“ mit Millionen Teilnehmern in Russland und vielen weiteren Ländern bestätigt sich, dass keine Familie ohne Opfer blieb. Sei es beim Morden der Zivilbevölkerung und der Kriegsgefangenen durch die faschistischen Gegner, an den Fronten, bei kriegsentscheidenden Schlachten wie um Stalingrad oder im Kursker Bogen.

Im sowjetischen Hinterland wütete stalinscher Terror. Der Geheimdienst und Denunzianten machten Jagd auf vorgebliche Volksfeinde, Spione und Deserteure, belieferten den GULAG mit Zwangsarbeitern. Wenn Demonstranten mit dem „Unsterblichen Regiment“ mit Fotos ihrer Angehörigen gedenken, möchte mancher nicht mitgehen. Er könnte auf das Andenken an Täter treffen, die für Opfer in der eigenen Familie verantwortlich sind.

Im Stolz auf den Sieg über den Faschismus bleibt man sich in Russland aber einig. Es herrscht Unverständnis und Empörung, dass die Sowjetunion beschuldigt wird, für den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges ebenso wie Nazi-Deutschland verantwortlich zu sein. Solche Unterstellung nennt Walentina Matwijenko, Vorsitzende des Föderationsrates, schlicht „verbrecherisch“. Dabei gibt das EU-Parlament mit seiner Entschließung vom 19. September 2019 die Richtung vor. Unter Hinweis auf den Ribbentropp-Molotow-Nichtangriffspakt und dessen Protokolle zur Aufteilung Polens zwischen Nazideutschland und der Sowjetunion von 1939 beschuldigt es die „beiden gleichermaßen das Ziel der Welteroberung verfolgenden totalitären Regime“ auch noch der „Verfälschung historischer Tatsachen über die Ursachen, den Verlauf und die Folgen des Zweiten Weltkriegs“.

Damit wird der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker nachträglich als Ketzer ausgetrieben. Denn er erkannte in seiner berühmten Rede vom 8. Mai 1985, dass mit dem Pakt von Berlin und Moskau „die deutsche Schuld am Ausbruch des Zweiten Weltkrieges nicht verringert“ werde. Die Initiative zum Krieg „ging von Deutschland aus, nicht von der Sowjetunion. Es war Hitler, der zur Gewalt griff. Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges bleibt mit dem deutschen Namen verbunden.“ Vergeblich und sinnlos hätten die meisten Deutschen “den unmenschlichen Zielen einer verbrecherischen Führung gedient“.

Die „schlimme Botschaft“ der EU hingegen setze als „Text grober ideologischer Propaganda, wie er aus der schlimmsten Zeit des Kalten Krieges“ in Erinnerung sei, die Unterdrücker und Unterdrückten, Opfer und Schlächter, Eindringlinge und Befreier gleich“, antwortet die Internationale Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) – Bund der Antifaschisten. Russlands Präsident sagt: „Unsere Antwort auf die Lüge – das ist die Wahrheit.“ So werde man berichten „über die Siege und Niederlagen der Roten Armee, über das tragische Schicksal der Kriegsgefangenen, über den Mut der Kämpfer im Untergrund und die Schande der Kollaborateure, über die Tragödie des Holocaust und die Verbrechen gegen friedliche Einwohner, über die Exzesse der Nationalisten – der Komplizen Hitlers“.

Allein schon seine Charakterisierung des polnischen Botschafters in Berlin in den Jahren 1933 bis 1939, Jozef Lipski, als „Drecksack, antisemitisches Schwein“ sorgte in Warschau für Empörung und die Ankündigung einer Geschichtslektion. Offenbar unwiderlegt blieb jedoch Putins Darstellung, der Diplomat habe Hitler „versprochen, ihm für die Verhöhnung des jüdischen Volkes ein Denkmal zu errichten“. Damit nicht genug, erinnerte Moskau an das Münchner Abkommen von 1938 und die Beteiligung Polens an der Aufteilung der Tschechoslowakei. Heißt solches nun, der Wahrheit die Ehre zu geben oder die Büchse der Pandora zu öffnen?

Eine „Schlacht um die Deutungshoheit“ beklagt die rumänische konservative Wochenzeitung Revista 22. Heute werde das Gedenken an den Weltkrieg vor allem in Mittelosteuropa dazu genutzt, sich selbst als besser darzustellen, als man war, bemängelt der Historiker Mădălin Hodor. Ein „Unwürdiges Fingerhakeln über den Gräbern“ kritisiert Šimon Krbec vom Studienzentrum des Genozids Terezín (Theresienstadt). In Europa mache sich eine gefährliche Tendenz der selektiven Wahrnehmung der Geschichte breit.

Die UdSSR, deren rechtlicher Nachfolger Russland sei, ist „der Aggressor, der sich heimlich mit Hitler über die Teilung Polens einigte“, bleibt die lettische Tageszeitung Latvijas Avize sicher. Natürlich sei „auch Deutschland ein Aggressor“, räumt das Blatt gerade noch ein. Doch habe das „seine Taten schon hundert Mal bereut“. In der westlichen Geschichtsschreibung scheinen die Siegermächte nach dieser Logik ohnehin immer mehr nach der Formel 3+1 zusammengesetzt zu sein: drei Alliierte plus Deutschland minus Russland.

Vor allzu einfacher Darstellung warnt Konstantin Sonin in dem Radiosender Echo Moskwy. Es sei unwahr, wenn ein Vertreter des russischen Außenministeriums sage, Russland habe Polen nicht überfallen und war nicht an der Vernichtung seiner Staatlichkeit beteiligt. „Russland war Aggressor gegenüber Polen, aber Russland war auch Opfer der deutschen Aggression, mit der der Weltkrieg begann.“ Immerhin versichert die britische Times: „Niemand bestreitet die Opfer der Sowjetunion nach der Invasion von 1941 oder das Heldentum der Roten Armee, das zur Befreiung der meisten Todeslager führte.“

Der Londoner Guardian beklagt sogar Untätigkeit der „wichtigsten Institutionen in Washington und London“ angesichts des Holocaust. Obwohl sie „mit schlagenden Beweisen für den sich abzeichnenden Genozid konfrontiert wurden“, hätten sie „eine Intervention nicht als Priorität“ angesehen. „Vielleicht lag es am Antisemitismus unter wichtigen Funktionsträgern, vielleicht war es ihnen schlicht nicht wichtig genug, vielleicht gaben sie anderen militärischen und diplomatischen Problemen den Vorrang.“

Wann es auch immer zu den Feierlichkeiten kommen mag, Wladimir Putin dürfte dabei bleiben: „ Für unsere früheren Verbündeten in der Antihitlerkoalition wäre es im innenpolitischen und moralischen Sinne richtig, zu uns zu kommen.“ Da ist mit ihm Michail Gorbatschow, letzter Präsident der Sowjetunion, eines Sinnes. Die Absage wäre eine vertane Chance, meinte er in der Nowaja Gasjeta. „Der Westen gibt Russland an allem die Schuld und Russland wiederum dem Westen. Kampfflugzeuge nähern sich immer öfter fremden Grenzen, Schiffe kommen einander gefährlich nahe, mit Raketen wurden mehrmals Zivilflugzeuge abgeschossen.“ Die Virus-Pandemie überzeuge erneut davon, „wie zerbrechlich die globale Welt ist und wie groß die Gefahr ist, im Chaos zu versinken“.

Die Siegesfeierlichkeiten sollen unbedingt „in diesem Jahr“ stattfinden. Die Parade und der Marsch des „Unsterblichen Regiments“ könnten auf den 24. Juni als Tag der Siegesparade von 1945 verlegt werden. Ein mögliches Datum wäre der 7. November. An diesem Tag fand im Jahre 1941 jene Parade statt, deren Teilnehmer direkt an die Front vor der sowjetischen Hauptstadt gingen. An der Stadtgrenze erinnert auf dem Weg vom Flughafen Scheremetjewo ins Zentrum eine riesige Panzersperre daran, wo der faschistische Vormarsch gestoppt wurde.

C праздником победы! Glückwunsch zum Tag des Sieges




Samstag, 25. April 2020

CORONA-KRISE UND DER ABGESANG DES KAPITALS - Linke Zeitung



Historische Aspekte der Corona-Krise und der Niedergang des Kapitalismus


VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 23. APRIL 2020 ⋅ HINTERLASSE EINEN KOMMENTAR


von Nima Sabouri – http://freiesicht.org

Die Entstehung der Corona-Krise kann nicht analysiert werden, ohne dabei die ausbeuterische Beziehung des kapitalistischen Wirtschaftssystems zur Natur zu betrachten; eine historische Beziehung, die schon seit Jahrzehnten extrem zerbrechlich geworden ist. Jede andere Analyse wäre eine verkürzte Darstellung der Realität, die, gewollt oder ungewollt, eine entpolitisierte Sicht auf die Situation verstärken würde. Je schneller sich die Corona-Pandemie geografisch ausbreitet, desto klarer wird ihre Bedeutung im zeitlich-historischen Kontext. Sie zeigt die Grenzen der Ausbeutung der Natur durch den Menschen durch kapitalistisches System auf und ist sehr wahrscheinlich nur der Beginn einer Reihe weiterer, ähnlicher Krisen.

Erst durch die aus ihr folgende Wirtschaftskrise wurde die Corona-Pandemie und die Krise der öffentlichen Gesundheit überhaupt als „Krise“ anerkannt. Sie findet jedoch entlang schon bestehender größerer und kleinerer Krisen statt, die den Kapitalismus in seiner Untergangszeit (Niedergangszeit) begleiten. Denn die siegreichen historischen Fortschritte des Kapitalismus untergraben immer mehr seine existenziellen Grundlagen und bringen ihn immer mehr an seine Grenzen; die Grenzen, die jenseits unabhängig von Kapitallogik durch die ontologischen Einschränkungen von Mensch und Natur gesetzt werden. Der Niedergang des Kapitalismus geht jedoch einher mit seiner internen Transformation und bedeutet nicht zwangsläufig eine Entwicklung hin zu einer besseren Gesellschaft oder gar zum Sozialismus. Denn die kapitalistischen Verwalter (insbesondere die Staaten) sind mittlerweile an das ständige Auftauchen von Krisen gewöhnt, haben spezielle Managementmechanismen für diese entwickelt und nutzen diese manchmal sogar als „Schock-Therapie“ (der Begriff von Naomi Klein). Anders formuliert: Der Kapitalismus hat die Fähigkeit, sich an die und mit den Krisen anzupassen und die zusätzlichen Kosten der Krise an die Menschen, also die Unterdrückten, weiterzugeben. Die Entstehung des Neoliberalismus zum Beispiel war eine kapitalistische Antwort auf die Wirtschaftskrise Mitte der 70er.

Auch in der gegenwärtigen Doppel-Krise (Gesundheit und Wirtschaft) versuchen die Staaten die Überreste der kapitalistischen Wirtschaftsweise um jeden Preis zu retten. Da diese Krise schon eine einzigartige Tiefe bekommen hat, erfordert aus der Seite von Machthaber das Aufzwingen staatlicher Sondermaßnahmen; das würde heißen eine Wiederherstellung oder Umstrukturierung von gesellschaftlichen Ordnungen.Aufgrund der heutigen historischen Umstände ist es allerdings wahrscheinlicher, dass all das eher zu einer Entwicklung hin zu autoritären politischen Formen führt, basierend auf umfassender Kontrolle; Chinas autoritäres Paradigma hat gerade besondere Anziehungskraft und Legitimität bekommen, was gleichzeitig gut vereinbar ist mit den nationalistischen Zwängen kapitalistischer Wirtschaft.

„Das letzte Wort“ wird jedoch nicht zwangsläufig von Staaten und den anderen Verwaltern des Kapitalismus gesprochen. Wir wissen, dass die neoliberale Entpolitisierung der Gesellschaft(en) und die Folgen der historischen Niederlagen linker Bewegungen den heutigen Unterdrückten viele politische Möglichkeiten für radikale, organisierte Kämpfe gegen das herrschende System genommen haben; auch, dass in der Folge viele Menschen offener für reaktionäre Ideologien geworden sind (sei es Nationalismus, Rassismus oder religiöser Fundamentalismus). Aber das ist nur ein Teil der Realität: Für die heterogenen Massen der Unterdrückten hat der zunehmende Druck des kapitalistischen Produktionsprozesses und die Umwandlung von Gesellschaften in „soziale Fabriken[1]“ nicht bloß zu einer Anhäufung von Frustration und Leid gesorgt. Vielmehr konnten Menschen durch diesen schmerzhaften Prozess viele persönliche Fähigkeiten und kollektive (Kampf-)Möglichkeiten erlernen. Diese Fähigkeiten, zusammen mit den Schmerzen, der Wut und Enttäuschung, ergeben das materielle Potenzial, um die bestehende Ordnung zu verändern und die politische Zukunft selbst in die Hand zu nehmen. Das ist es, was Marx mit seiner Aussage meint, „das Wachstumsniveau der Produktivkräfte hat die sozialen Produktionsverhältnisse überschritten.“

Die tiefe Kluft, die sich in dieser Krise offenbart, erschafft einen wichtigen historischen Kontext für die Verwirklichung und Konvergenz dieser potentiellen Subjektivität der Unterdrückten. Alle früheren Niederlagen der Unterdrückten auf der Suche nach und dem Aufbau von einer alternativen Gesellschaft können jetzt ein Leitfaden für einen effektiveren Kampf sein. Wenn „Arbeitskraft“ und Natur zwei grundlegende Gebrauchswerte für die Aufrechterhaltung der kapitalistischen Ordnung sind, dann kann der Aufstand der Menschen und deren „Solidarität“ mit den Aufständen der Natur (wie die Corona-Krise oder der Klimawandel) dazu führen, dass der Kapitalismus zu einer vergangenen historischen Phase wird und ein neues Kapitel in der Geschichte der Beziehung zwischen Mensch und Natur beginnt.

[1]. Die Tatsache, dass in den letzten Jahrzehnten die gesamte Gesellschaft bzw. die gesamte Leben vom Großteil der  Gesellschaft zu Arbeitsfeld der kapitalistischen Wirtschaft geworden ist, was ich als eine Folge des Prozess der Proletarisierun betrachten würde.

Historische Aspekte der Corona-Krise und der Niedergang des Kapitalismus – Nima Sabouri



Mittwoch, 22. April 2020

CORONA-KRISE - KAPITALISMUS-KRISE - Linke Zeitung



Historische Aspekte der Corona-Krise und der Niedergang des Kapitalismus


VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 23. APRIL 2020



von Nima Sabouri – http://freiesicht.org

Die Entstehung der Corona-Krise kann nicht analysiert werden, ohne dabei die ausbeuterische Beziehung des kapitalistischen Wirtschaftssystems zur Natur zu betrachten; eine historische Beziehung, die schon seit Jahrzehnten extrem zerbrechlich geworden ist. Jede andere Analyse wäre eine verkürzte Darstellung der Realität, die, gewollt oder ungewollt, eine entpolitisierte Sicht auf die Situation verstärken würde. Je schneller sich die Corona-Pandemie geografisch ausbreitet, desto klarer wird ihre Bedeutung im zeitlich-historischen Kontext. Sie zeigt die Grenzen der Ausbeutung der Natur durch den Menschen durch kapitalistisches System auf und ist sehr wahrscheinlich nur der Beginn einer Reihe weiterer, ähnlicher Krisen.

Erst durch die aus ihr folgende Wirtschaftskrise wurde die Corona-Pandemie und die Krise der öffentlichen Gesundheit überhaupt als „Krise“ anerkannt. Sie findet jedoch entlang schon bestehender größerer und kleinerer Krisen statt, die den Kapitalismus in seiner Untergangszeit (Niedergangszeit) begleiten. Denn die siegreichen historischen Fortschritte des Kapitalismus untergraben immer mehr seine existenziellen Grundlagen und bringen ihn immer mehr an seine Grenzen; die Grenzen, die jenseits unabhängig von Kapitallogik durch die ontologischen Einschränkungen von Mensch und Natur gesetzt werden. Der Niedergang des Kapitalismus geht jedoch einher mit seiner internen Transformation und bedeutet nicht zwangsläufig eine Entwicklung hin zu einer besseren Gesellschaft oder gar zum Sozialismus. Denn die kapitalistischen Verwalter (insbesondere die Staaten) sind mittlerweile an das ständige Auftauchen von Krisen gewöhnt, haben spezielle Managementmechanismen für diese entwickelt und nutzen diese manchmal sogar als „Schock-Therapie“ (der Begriff von Naomi Klein). Anders formuliert: Der Kapitalismus hat die Fähigkeit, sich an die und mit den Krisen anzupassen und die zusätzlichen Kosten der Krise an die Menschen, also die Unterdrückten, weiterzugeben. Die Entstehung des Neoliberalismus zum Beispiel war eine kapitalistische Antwort auf die Wirtschaftskrise Mitte der 70er.

Auch in der gegenwärtigen Doppel-Krise (Gesundheit und Wirtschaft) versuchen die Staaten die Überreste der kapitalistischen Wirtschaftsweise um jeden Preis zu retten. Da diese Krise schon eine einzigartige Tiefe bekommen hat, erfordert aus der Seite von Machthaber das Aufzwingen staatlicher Sondermaßnahmen; das würde heißen eine Wiederherstellung oder Umstrukturierung von gesellschaftlichen Ordnungen.Aufgrund der heutigen historischen Umstände ist es allerdings wahrscheinlicher, dass all das eher zu einer Entwicklung hin zu autoritären politischen Formen führt, basierend auf umfassender Kontrolle; Chinas autoritäres Paradigma hat gerade besondere Anziehungskraft und Legitimität bekommen, was gleichzeitig gut vereinbar ist mit den nationalistischen Zwängen kapitalistischer Wirtschaft.

„Das letzte Wort“ wird jedoch nicht zwangsläufig von Staaten und den anderen Verwaltern des Kapitalismus gesprochen. Wir wissen, dass die neoliberale Entpolitisierung der Gesellschaft(en) und die Folgen der historischen Niederlagen linker Bewegungen den heutigen Unterdrückten viele politische Möglichkeiten für radikale, organisierte Kämpfe gegen das herrschende System genommen haben; auch, dass in der Folge viele Menschen offener für reaktionäre Ideologien geworden sind (sei es Nationalismus, Rassismus oder religiöser Fundamentalismus). Aber das ist nur ein Teil der Realität: Für die heterogenen Massen der Unterdrückten hat der zunehmende Druck des kapitalistischen Produktionsprozesses und die Umwandlung von Gesellschaften in „soziale Fabriken[1]“ nicht bloß zu einer Anhäufung von Frustration und Leid gesorgt. Vielmehr konnten Menschen durch diesen schmerzhaften Prozess viele persönliche Fähigkeiten und kollektive (Kampf-)Möglichkeiten erlernen. Diese Fähigkeiten, zusammen mit den Schmerzen, der Wut und Enttäuschung, ergeben das materielle Potenzial, um die bestehende Ordnung zu verändern und die politische Zukunft selbst in die Hand zu nehmen. Das ist es, was Marx mit seiner Aussage meint, „das Wachstumsniveau der Produktivkräfte hat die sozialen Produktionsverhältnisse überschritten.“

Die tiefe Kluft, die sich in dieser Krise offenbart, erschafft einen wichtigen historischen Kontext für die Verwirklichung und Konvergenz dieser potentiellen Subjektivität der Unterdrückten. Alle früheren Niederlagen der Unterdrückten auf der Suche nach und dem Aufbau von einer alternativen Gesellschaft können jetzt ein Leitfaden für einen effektiveren Kampf sein. Wenn „Arbeitskraft“ und Natur zwei grundlegende Gebrauchswerte für die Aufrechterhaltung der kapitalistischen Ordnung sind, dann kann der Aufstand der Menschen und deren „Solidarität“ mit den Aufständen der Natur (wie die Corona-Krise oder der Klimawandel) dazu führen, dass der Kapitalismus zu einer vergangenen historischen Phase wird und ein neues Kapitel in der Geschichte der Beziehung zwischen Mensch und Natur beginnt.

[1]. Die Tatsache, dass in den letzten Jahrzehnten die gesamte Gesellschaft bzw. die gesamte Leben vom Großteil der  Gesellschaft zu Arbeitsfeld der kapitalistischen Wirtschaft geworden ist, was ich als eine Folge des Prozess der Proletarisierun betrachten würde.

Historische Aspekte der Corona-Krise und der Niedergang des Kapitalismus – Nima Sabouri



Dienstag, 21. April 2020

Verfaultes System - Linke Zeitung



Die Covid-19-Pandemie und der Aufstieg des Wirtschaftsnationalismus

VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 22. APRIL 2020


von Nick Beams – https://www.wsws.org

Die Coronavirus-Pandemie und ihre wirtschaftlichen Folgen führen Milliarden Menschen auf der ganzen Welt vor Augen, wie verfault und verdorben das kapitalistische System im Innern ist. Diese Form der gesellschaftlichen Organisation ist offenkundig absurd.

Man brauche nur das Beispiel herausgreifen, dass Amazon-Gründer Jeff Bezos, der reichste Mann des Planeten, sein Vermögen seit Jahresbeginn um 24 Milliarden Dollar auf über 138 Milliarden Dollar steigern konnte. Krankenpfleger und Mitarbeiter im Gesundheitswesen dagegen kämpfen in den USA und weltweit ohne ausreichende Schutzkleidung gegen das Virus an.

Andere Beispiele gibt es reichlich, etwa dass Gesundheitsämter und Bundesstaaten in den USA gezwungen waren, auf dem kapitalistischen „freien Markt“ gegeneinander um die notwendige Ausrüstung zu feilschen. Oder die Vernichtung von Ernten und Milch in den USA, während Tausende Amerikanerinnen und Amerikaner auf Lebensmittelspenden angewiesen sind, um ihre Familien zu ernähren.

Die Pandemie hat nicht nur solche Widersprüche sichtbar gemacht, die in den so genannten „normalen Zeiten“ verdeckt waren, sondern auch jene grundlegenden Wahrheiten offenbart, die seit langem der Grund waren, um für den wahren Sozialismus zu kämpfen.

Die Pandemie hat eines sehr deutlich gemacht: Die dünne Schicht der Unternehmens- und Finanzoligarchen sowie das Profitsystem als Ganzes sind ein Hindernis für die rationale und wissenschaftliche Organisation von Wirtschaft und Gesellschaft. Letztere wiederum braucht es, um das menschliche Lebens zu schützen, und daher muss das Hindernis beseitigt werden.

Es wäre ein Fehler, dieses gewaltige soziale Problem nur im außergewöhnlichen Kontext der Pandemie zu betrachten. Es ist weitaus größer.

Die Befürworter einer Rückkehr an den Arbeitsplatz ohne Rücksicht auf die gesundheitlichen Gefahren für die Arbeiterinnen und Arbeiter argumentieren, dass ein fortgesetzter Lockdown mehr wirtschaftlichen Stress und eine Verschärfung der Armut sowie gesundheitliche und psychologische Probleme bedeutet. Solche Probleme könnten jedoch rasch gelöst werden, indem die riesigen Vermögen von Bezos und seinesgleichen enteignet werden, um allen ein existenzsicherndes Einkommen zu sichern und gleichzeitig die Gesundheitskrise zu bewältigen.

Wie die World Socialist Web Site jüngst in ihrem Perspektivbeitrag schrieb: Würde das Vermögen der 250 Milliardäre in den Vereinigten Staaten mit einem Gesamtvolumen von fast 9 Billionen Dollar enteignet und gleichmäßig unter den 100 Millionen ärmsten Haushalten verteilt, erhielte jeder von ihnen 18 Monate lang ein monatliches Einkommen von 5.000 Dollar.

Darüber hinaus sind die Probleme, die von den Befürwortern der Rückkehr an den Arbeitsplatz als Ergebnis des Lockdowns beschrieben werden, in Wirklichkeit die Probleme des täglichen Lebens, die durch die „normale“ Funktionsweise des kapitalistischen Systems entstehen. Und sie werden sich im Zuge der Pandemie massiv verschärfen, wenn die herrschende Klasse versucht, den aus der Arbeiterklasse gewonnenen Mehrwert zu steigern und damit das fiktive Kapital abzusichern, das im Zuge der Rettung von Konzernen und Finanzsystem geschaffen wurde.

Jeden Tag wird die Gesundheit der Arbeiterinnen und Arbeiter beeinträchtigt durch die ständige Verschlechterung ihrer Arbeits- und Lebensbedingungen. Jeden Tag leben sie mit der Gefahr, dass sie als Ergebnis einer „Umstrukturierung“ arbeitslos und in die Armut gedrängt werden.

Jeden Tag sehen sie sich mit der Aussicht konfrontiert, dass sie infolge von Umwälzungen im globalen Finanzsystem und von Spekulationsgeschäften aussortiert werden, weniger Rente erhalten, höhere Hypotheken und Mieten zahlen müssen und so weiter – Veränderungen, die im Handumdrehen ein Leben zerstören können.

Mit anderen Worten: Der durch die Pandemie manifestierte Wahnsinn ist nur ein besonders ungeheuerlicher Ausdruck der allgemeinen Funktionsweise einer schlechten Sozial- und Wirtschaftsordnung.

So wie die Pandemie die Absurditäten, Irrationalitäten und zerstörerischen Konsequenzen des Profitsystems aufdeckt, so zeigt sie auch den reaktionären Charakter der politischen Strukturen, auf denen die Akkumulation von Privatprofiten beruht, d.h. des Nationalstaatensystems.

Die Pandemie hat aus sich selbst heraus die Notwendigkeit internationaler Zusammenarbeit und Kooperation in Fragen von Gesundheits- und Wirtschaftspolitik deutlich gemacht hat.

Es gibt keine nationale Lösung für die von dem Virus ausgehenden Gefahren für die Gesundheit – sie erfordern eine koordinierte globale Reaktion. Eine einzelne Nation kann das Virus innerhalb der eigenen Grenzen unter Kontrolle bringen, ist dann aber mit der Gefahr einer „zweiten Welle“ von Infektionen konfrontiert, da es sich in anderen Teilen der Welt weiter ausbreitet. Das Virus respektiert keine Passkontrollen, Einwanderungsgesetze und Grenzen.

Diese Pandemie hat der Welt einen großen Schock versetzt. Aber sie ist Auslöser für eine Krise, deren Bedingungen sich schon über einen längeren Zeitraum entwickelt haben. Sie ist nicht die eigentliche Ursache der gegenwärtigen Krise – genauso wie der Mord an Österreichs Franz Ferdinand, der den Ersten Weltkrieg auslöste, nicht der Hauptgrund für den Konflikt war.

Die Pandemie hat die Krise nicht nur ausgelöst. Sie beschleunigt Prozesse, die bereits weit fortgeschritten waren, bevor sie so offensichtlich wurden. Einer davon ist das Anwachsen nationaler Konflikte.

Lange bevor die aktuellen Vorwürfe gegen China erhoben wurden, die jetzt von der Trump-Regierung und ihren Verbündeten in aller Welt in Bezug auf den Virusausbruch lautstark ertönen, hatten der Militär- und Geheimdienstapparat der USA mit politischer Rückendeckung von Demokraten und Republikanern und zusammen mit mächtigen Teilen der Medien China als Bedrohung für die „nationale Sicherheit“ der USA ausgemacht.

In den Strategiepapieren der US-Militärmaschine wurde der „Krieg gegen den Terror“ ersetzt durch die Behauptung, man müsse sich nun auf eine Ära der „Großmachtkonkurrenz“ vorbereiten. China wurde dabei zur Hauptgefahr für die wirtschaftliche und militärische Hegemonie der USA erklärt.

Ein Handelskrieg wurde durch die Erhebung von Zöllen ausgelöst und die chinesischen Wirtschafts- und Technologieentwicklungspläne zur existenziellen Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA erklärt. Begleitet wurde dies von einer Reihe von Verboten für chinesische Telekommunikationsunternehmen und dem Beginn einer weltweiten Kampagne der USA, die das chinesische Unternehmen Huawei von der Entwicklung von 5G-Netzen bei den US-Verbündeten ausschließen sollte.

Die USA spielen mit der „America First“-Doktrin der Trump-Regierung fraglos eine Vorreiterrolle beim Wirtschaftsnationalismus, doch die gleichen Tendenzen zeigen sich überall.

Die Europäische Union ist tief gespalten und von Konflikten zerrissen, der prominenteste davon heißt Brexit. Die EU ist geteilter Meinung bezüglich der wirtschaftlichen Antwort auf die Pandemie. Deutschland ist bestrebt, die eigene Dominanz über Europa aufrechtzuerhalten und lässt führende politische Persönlichkeiten verkünden, dass das Land eine größere Rolle auf Weltebene spielen muss.

Als Folge der Pandemie und des Lockdowns wurden Probleme in globalen Lieferketten und in der globalisierten Wirtschaft sichtbar. Nun werden Stimmen laut, die fordern, dass sich jedes Land um den Schutz seiner „eigenen“ Wirtschaft kümmern muss.

US-Handelsminister Wilbur Ross gab bereits im Januar den Ton an, als er erklärte, dass die Unterbrechungen der Lieferkette in China infolge des Virusausbruchs US-Firmen ermutigen würden, ihre Produktion wieder auf amerikanischen Boden zu verlagern.

Die japanische Regierung von Shinzo Abe hat 2,2 Milliarden Dollar aus ihrem Konjunkturpaket bereitgestellt, um Hersteller bei der Verlagerung der Produktion aus China zu unterstützen.

Ein Artikel von Neil Irwin in der New York Times vom 16. April mit der Überschrift „Das Ende der Weltwirtschaft, wie wir sie kennen“ zitiert ein Mitglied des Rates für Außenpolitik, es sei ein „Umdenken“ im Gange, wie sehr jedes Land von einem anderen abhängig sein wolle.

Dies sei zwar nicht das Ende der Globalisierung, doch die Pandemie habe das Denken in der Trump-Regierung beschleunigt, dass es „kritische Technologien, kritische Ressourcen, Reserveproduktionskapazitäten gibt, die wir hier in den USA im Krisenfall haben wollen“.

Im Artikel heißt es weiter, dass Frankreichs Finanzminister französische Unternehmen angewiesen hat, ihre Lieferketten neu zu bewerten, um weniger abhängig von China und anderen asiatischen Nationen zu werden.

In den USA, wo antichinesische Ausfälle schon Alltag sind, hat die Senatorin und Republikanerin Lindsey Graham sogar vorgeschlagen, die USA sollten China für Covid-19 bestrafen, indem sie die chinesischen Bestände an US-Staatsanleihen streichen.

Ein Gradmesser für die Geschwindigkeit dieser Prozesse lässt sich aus der Gegenüberstellung der heute herrschenden Situation mit den Ereignissen im Gefolge der globalen Finanzkrise von 2008 ableiten.

Im April 2009 trafen sich die Staats- und Regierungschefs der G20 in London, um sich zu einer koordinierten Reaktion zu verpflichten. Sie gelobten, nie wieder den Weg der protektionistischen Maßnahmen einzuschlagen, die in der Weltwirtschaftskrise der 1920er Jahre eine so katastrophale Rolle gespielt und dazu beigetragen hatten, die Bedingungen für den Zweiten Weltkrieg zu schaffen.

Eine Zeit lang war die Verpflichtung zum „Widerstand gegen Protektionismus“ ein regelmäßiger Bestandteil der Erklärungen aller internationalen Wirtschaftsgremien wie der G20 und G7. Jetzt wird diese Phrase nicht mehr in den Mund genommen. Dies geschieht unter Bedingungen, da alle Institutionen, die in der Nachkriegszeit zur Regulierung des globalen Kapitalismus geschaffen wurden – die Welthandelsorganisation, die G7, der Internationale Währungsfonds, die Weltgesundheitsorganisation – von Konflikten zerrissen sind oder sich in einem fortgeschrittenen Stadium des Verfalls befinden.

Die Bedeutung dieser Entwicklungen kann nur in ihrem breiteren historischen Kontext verstanden werden.

Im 19. Jahrhundert wurde die Entwicklung des Kapitalismus und der menschlichen Produktivkräfte durch die Bildung von Nationalstaaten gefördert, wie z.B. durch die Vereinigung Deutschlands 1871, die Gründung des italienischen Nationalstaats und den amerikanischen Bürgerkrieg, der die politischen Grundlagen für die Entwicklung der Vereinigten Staaten als Wirtschaftsmacht legte.

Doch der Vormarsch der Produktivkräfte machte nicht an den Landesgrenzen halt. Sie entwickelten sich weltweit im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts und im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts. Diese gewaltige wirtschaftliche Entwicklung brachte jedoch einen zentralen Widerspruch im globalen kapitalistischen System an die Oberfläche – der es seither immer wieder erschüttert – nämlich zwischen der Entwicklung einer globalen Wirtschaft und der Aufteilung der Welt in rivalisierende Nationalstaaten und Großmächte.

Dieser Konflikt explodierte in Form des Ersten Weltkriegs, als jede kapitalistische Regierung versuchte, ihn zu lösen. Wie Leo Trotzki schrieb, „nicht auf der Grundlage einer vernünftig organisierten Zusammenarbeit der gesamten produzierenden Menschheit trachtet man diese Aufgabe des Imperialismus zu lösen, sondern auf der Grundlage der Ausbeutung der Weltwirtschaft durch die kapitalistische Klasse des siegreichen Landes, das durch diesen Krieg aus einer Großmacht zu einer Weltmacht werden soll.“

Die russische Revolution im Oktober 1917 – der Sturz des Kapitalismus durch die Arbeiterklasse – wies den einzigen Ausweg. Sie wurde von Lenin und der Führung der Bolschewistischen Partei als der Startschuss für die sozialistische Weltrevolution betrachtet und erkämpft. Das heißt sie bedeutete die Übernahme der politischen Macht durch die internationale Arbeiterklasse als Voraussetzung für den Wiederaufbau der Weltwirtschaft auf sozialistischem Fundament – die notwendige nächste Etappe in der historischen Entwicklung der Menschheit.

Der Krieg hatte nichts gelöst. In den folgenden zwei Jahrzehnten verstärkte sich der wirtschaftliche Nationalismus, was 1939 zum Ausbruch eines noch verheerenderen Weltkriegs führte.

In den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs und infolge seiner unmittelbaren Nachwirkungen erkannten die Führer des Weltimperialismus, dass eine neue internationale Wirtschafts- und Währungsordnung aufgebaut werden musste, denn jede Rückkehr zu den Bedingungen der 1930er Jahre hätte eine sozialistische Revolution, auch in den USA, mit sich gebracht.

Man versuchte, den Widerspruch zwischen der Entwicklung einer globalen Wirtschaft und der Teilung der Welt in rivalisierende Nationalstaaten und Großmächte durch die Entwicklung eines neuen Welthandels- und Währungssystems zu überwinden, das auf der ökonomischen Macht der imperialistischen Großmacht, den Vereinigten Staaten, basierte. Dies war die Grundlage des 1944 gegründeten Währungssystems von Bretton Woods, mit dem der US-Dollar, auf Basis einer Goldbindung, zur internationalen Leitwährung wurde.

Aber dieses System bot keine dauerhafte Lösung. Historisch betrachtet bot es nur eine vorübergehende Verbesserung. Der wesentliche Widerspruch tauchte wieder auf, denn gerade die wirtschaftliche Expansion, die es hervorbrachte, untergrub das Fundament, auf dem es beruhte – die wirtschaftliche Überlegenheit der USA gegenüber ihren Rivalen.

Der Beginn vom Ende der amerikanischen Dominanz kündigte sich mit der Entscheidung von US-Präsident Nixon am 15. August 1971 an, die Goldbindung des US-Dollars aufzuheben. Die relative Schwächung der USA gegenüber ihren wirtschaftlichen Rivalen bedeutete, dass sie das von ihnen geschaffene System nicht länger aufrechterhalten konnten.

Der wirtschaftliche Niedergang der USA hat sich in der Folgezeit in rasantem Tempo fortgesetzt. Vom ökonomischen Machtzentrum des Weltkapitalismus sind die Vereinigten Staaten zum Zentrum von kapitalistischer Fäulnis und Verfall geworden, was sich vor allem in der Finanzpolitik manifestiert – der vollständigen Trennung der Vermögensakkumulation vom zugrunde liegenden Produktionsprozess – und der Erzielung von Profit durch Spekulation anstatt wie ehemals durch industrielle Entwicklung.

Diese Fäulnis brach in der Finanzkrise von 2008 an die Oberfläche und ist nun im Zuge der Pandemie in noch groteskeren Formen hervorgetreten – wie im gegenwärtigen Boom des Aktienmarktes während gleichzeitig Zehntausende sterben.

Der US-Imperialismus hat jedoch nicht die Absicht, von der Bildfläche zu verschwinden. Vielmehr ist man angesichts der Rivalen an allen Fronten – China, Deutschland, die Europäische Union und Japan – und angesichts der Feinde, die man überall erkennt, entschlossen, die eigene Position mit allen erforderlichen Mitteln, einschließlich Krieg, zu behaupten.

Die Quelle der großen Probleme, mit denen die Menschheit konfrontiert ist, ist nicht die wirtschaftliche Globalisierung und die Integration des wirtschaftlichen und sozialen Lebens im Weltmaßstab.

Die Globalisierung der Produktion stellt an und für sich einen wichtigen Fortschritt dar. Sie hebt die Produktivität der Arbeit – die materielle Grundlage für jeden wirtschaftlichen Aufstieg – auf ein neues Niveau. Darüber hinaus legen die ausgedehnten und komplexen Planungs- und Kommunikationssysteme, mit denen transnationale Konzerne ihre wirtschaftlichen Aktivitäten durchführen, die materielle Grundlage für eine höhere Form der Gesellschaft: Für eine internationale sozialistische Planwirtschaft, die bewusst von den Produzenten der Welt – der internationalen Arbeiterklasse – kontrolliert und demokratisch reguliert wird.

1934, als sich wieder einmal Kriegswolken zusammenzogen, warnte Trotzki, dass der Ruf faschistischer und nationalistischer Regime nach einer Rückkehr zum „häuslichen Herd“ eine tiefere Bedeutung habe.

Erstens war der Wunsch nach einer harmonischen nationalen Wirtschaftsentwicklung auf Grundlage kapitalistischen Eigentums eine vollständige Fiktion und zudem beinhaltete diese Politik in Realität eine große Gefahr. Es bedeutete das Bestreben der Großmächte, alle wirtschaftlichen Ressourcen der Nation zur Vorbereitung eines Krieges zu bündeln. Dieser Krieg brach nur fünf Jahre später aus, mit noch verheerenderen Folgen als die erste imperialistische Feuersbrunst.

Heute ist jeder Wirtschaftsnationalismus – der jetzt infolge der Pandemie Konjunktur hat – genauso reaktionär.

Die Probleme, mit denen die Menschheit konfrontiert ist, ergeben sich nicht aus der wirtschaftlichen Globalisierung als solcher, sondern wurzeln in dem Widerspruch zwischen dieser fortschreitenden Entwicklung und der reaktionären sozialen und politischen Ordnung, die auf privatem Profit und der Teilung der Welt in rivalisierende Nationalstaaten und Großmächte beruht.

Die Produktivkräfte, die durch die Arbeit der internationalen Arbeiterklasse geschaffen wurden, müssen daher von diesen reaktionären Fesseln befreit werden. Dieser Weg wurde mit dem ersten Schritt zur sozialistischen Weltrevolution im Oktober 1917 vorgezeichnet. Dies ist der Weg, auf den die internationale Arbeiterklasse jetzt zurückkehren muss, als einziger Weg aus der gegenwärtigen Krise.

https://www.wsws.org/de/articles/2020/04/22/pers-a22.html 


Sonntag, 19. April 2020

Gedanken vor dem Ende der Pandemie - Dr. Wolfgang Schacht


Entnommen: https://linkezeitung.de/2020/04/19/was-wir-vor-dem-ende-der-coronavirus-pandemie-noch-sagen-wollen/ Was wir vor dem Ende der Coronavirus-Pandemie noch sagen wollen
VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 19. APRIL 2020

von Dr. Wolfgang Schacht   – http://www.dr-schacht.com

Die Falschheit und Hinterlistigkeit „unserer freiheitlichen demokratischen Rechtsstaaten“ kennt keine Grenzen. Der amerikanische Präsident, Donald Trump, fordert, die Umstände der Entstehung und der weltweiten Verbreitung des Coronavirus näher zu untersuchen. „Es sind viele merkwürdige Dinge passiert, es gibt viele Untersuchungen, und wir sind bestrebt zu untersuchen, was geschehen ist“, sagte er. „Es ist aus China gekommen, 184 Länder leiden darunter, das ist sehr schlecht. Es ist notwendig aufzuklären, wo das entstanden ist“. Außerdem fügte er noch hinzu, dass in China die bisher höchste Anzahl der Todesfälle aufgetreten ist, denn die Macht in China hat uns ziemlich niedrige Zahlen über Erkrankungen und Todesfälle mitgeteilt.

Angesichts dieser haarsträubenden Behauptungen möchten wir schreien „Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen!“. Doch was soll das? Verzweifelte Schreie im durchgeknallten Zeitalter der kapitalistischen Globalisierung 4.0 hört schon lange keiner mehr. Sie verhallen! Ungehört! Wie in der Wüste! Beinah hätten wir es vergessen. In der aktuellen amerikanischen Presse lesen wir zu unserem großen Erstaunen, dass angeblich Russland an den vielen Todesfällen in den USA, ja ganz allgemein, an der Krise des amerikanischen Gesundheitswesens schuld ist. In diesem Zusammenhang erinnern wir uns sofort an die hervorragenden Vorschläge und Aktionen der Bundesregierung im Jahre 2016 zur „Verbesserung der Wirtschaftlichkeit des deutschen Gesundheitswesens“ durch Privatisierung, durch brachialen Abbau des Personals, durch Schließung vieler Krankenhäuser und Kliniken. Die von den Konzernen und Banken initiierten Vorschläge wurden treu und brav – wie immer – von ihren Lobbyisten in den Regierungsparteien CDU/CSU, SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke umgesetzt. Von den Linken? 

Wie ist das möglich? Jetzt steht die deutsche Bundeskanzlerin vor einem Dilemma. Denn angesichts ihrer unsozialen Gesundheitspolitik und der völlig unerwarteten Coronavirus -Pandemie muss das im starken Maße reduzierte Personal der Krankenhäuser, Kliniken, Altersheime, … bis zur totalen Erschöpfung arbeiten. Unseren Respekt und unseren großen Dank für ihre aufopferungsvolle Arbeit verdienen sie auf jeden Fall. Anstatt ihre zutiefst unmenschliche Politik zu korrigieren, versucht die Bundeskanzlerin, Frau Dr. Merkel, jetzt Ärzte und Pflegepersonal aus anderen Ländern, welche diese Arbeitskräfte noch viel dringender brauchen, mit lukrativen Angeboten abzuwerben. Die Coronavirus-Pandemie ist praktisch zu einem Krieg geworden. Sind in diesem Krieg tatsächlich alle Mittel erlaubt? Plötzlich tauchen gespenstige Fragen auf, die in der BRD nicht erlaubt, nicht gestellt, bewusst vertuscht und nachhaltig zerquatscht werden:

1. Warum gibt es in „unserer“ Demokratie im Widerspruch mit dem Grundgesetz eine Zweiklassengesellschaft, d.h. Privatpatienten und Kassenpatienten bzw. Herren und Gesinde?
2. Warum genießt der Privatpatient allen Komfort und alle nur denkbaren medizinischen Leistungen?
3. Warum können dem Kassenpatienten dringend notwendige medizinische Leistungen aus Kostengründen und/oder auf Grund fehlender Kapazitäten verweigert werden?
4. Warum erhält ein Arzt für die Behandlung eines Privatpatienten den doppelten, dreifachen, vierfachen, ja sogar den fünffachen Geldbetrag von der Krankenkasse im Vergleich mit einem Kassenpatienten?
5. Warum erhält ein Privatpatient einen besonderen Termin (Ort und Zeit) für ein gründliches Gespräch … mit seinem Arzt und für seine Behandlung?
6. Warum muss der Kassenpatient in der Regel mehrere Stunden auf ein schnelles Gespräch mit dem Arzt und auf eine eventuelle Behandlung warten?
7. Warum erhält ein Privatpatient nach der Überweisung zu einem Facharzt in wenigen Tagen einen Termin (Ort und Zeit)?
8. Warum muss ein Kassenpatient nach der Überweisung zu einem Facharzt mehrere Monate auf einen Termin und eine Behandlung warten?
9. Warum wird trotz der riesigen Profite der Konzerne und Banken in Deutschland keine einheitliche Krankenversicherung und Krankenkasse für alle Bürgerinnen und Bürger dieses Landes geschaffen?


Wir kennen die Antwort und sind verpflichtet, sie tagtäglich allen unseren Mitbürger verständlich zu machen. „Teile und herrsche!“ – war, ist und bleibt im Kapitalismus das wichtigste und allentscheidende Machtinstrument. Deshalb hetzen die Medien des Establishments die „Armen“ auf die „Reichen“, die „Ungebildeten“ auf die „Gebildeten“, die „Besitzlosen“ auf die „Besitzenden“, die „Wessis“ auf die „Ossis“, die „Gläubigen“ auf die „Ungläubigen“, die „Jungen“ auf die „Alten“, die „Linken“ auf die „Rechten“, die „Bisexuellen“ auf die „Heterosexuellen, … die „Privatpatienten“ auf die „Kassenpatienten“ und – wie kann es anders sein – auch umgekehrt. Diese Spaltung der Gesellschaft in zig Tausend Gruppierungen mit scheinbar unüberwindlichen Widersprüchen kann nur nach dem Sturz des Kapitalismus überwunden werden. Selbst die banale Tatsache, dass „unser“ Gesundheitsminister kein Arzt ist, spaltet unsere Gesellschaft.

Was haben diese Fragen mit der Coronavirus-Pandemie zu tun? Sehr viel! Denn sollte die Anzahl der Erkrankten in dieser oder in einer der nächsten Pandemien so zunehmen, dass die Kapazität der Betten bzw. die Anzahl der Behandlungsgeräte unter marktwirtschaftlichen Bedingungen nicht ausreicht, dann muss der Arzt allein entscheiden, ob er seinen Privatpatienten oder den Kassenpatienten, einen jungen oder alten Menschen, einen … an das lebensrettende Geräte anschließt. Die Entscheidung darüber ist in „unserer“ unmoralischen, egoistischen und geldgierigen kapitalistischen Gesellschaft schon längst gefallen. Oder haben Sie, verehrte Leserinnen und Leser, daran Zweifel? Gut zu wissen, dass „unsere“ Führungskräfte der Regierungsparteien CDU/CSU, SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke auf der anderen Seite des Ufers stehen, d.h. dort, wo die Privatpatienten ihre Privilegien in aller Ruhe hüten und pflegen können. Sie zur grenzenlosen Solidarität mit den Armen, Schwachen und Kranken in dieser Welt zu bewegen, dürfte unter den gegenwärtigen gesellschaftlichen Bedingungen völlig sinnlos und hoffnungslos sein.

Die Hoffnung an ihr gutes Herz, an ihren festen Glauben an eine Gerechtigkeit, an die Menschlichkeit und Humanität verbindet uns in den letzten Monaten besonders mit den aktuellen Entwicklungen und Handlungen in der Russischen Föderation. Denn die russischen Ärzte und Politiker kämpfen um jeden erkrankten Menschen, unabhängig vom Alter, vom sozialen Stand und von seinen finanziellen Möglichkeiten. Deshalb sind in Russland trotz ca. 36.800 am Coronavirus COVID-19 erkrankten Menschen bisher „nur“ 313 Menschen gestorben (Stand vom 17. 04. 2020, 24:00 Uhr). In den USA waren es zur gleichen Zeit ca. 678.210 erkrankte Menschen, wobei 34.641 daran gestorben sind. Trotz der Coronavirus-Pandemie richtet sich die politische Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit nach wie vor auf die Änderungen und Ergänzungen in der Verfassung der Russischen Föderation, über die noch in diesem Jahr eine Volksabstimmung erfolgen soll. Im Mittelpunkt der Diskussionen stehen vor allem Fragen über

*die neue russische Ideologie und Weltanschauung;
*die neue soziale Orientierung Russlands;
*die neuen Normen zum Schutz gegen Fälschungen der russischen Geschichte;
*Garantien für die Entwicklung eines effektiven und qualitativ guten Gesundheitswesens für alle;
*das unikale Kulturerbe des russischen Vielvölkerstaates;
*den neuen Status der russischen Sprache als Sprache des staatsbildenden Volkes;
*den besonderen Schutz der Ehe zwischen Mann und Frau;
*den Schutz der staatlichen Souveränität, der Grenzen und aller Gebiete Russlands;
*das Verbot der Anlage von Geld und Wertsachen in ausländischen Banken und
über die doppelte Staatsangehörigkeit für Beamte des russischen Staates.


Damit Sie, verehrte Leserinnen und Leser, unserer Internetseite die Verfassung der Russischen Föderation besser kennenlernen, haben wir den gesamten Text von der russischen in die deutsche Sprache übersetzt und zur freien Verwendung am 14. März 2020 an den russischen Präsidenten, Vladimir Putin, geschickt. Alle Änderungen und Ergänzungen sind im Text durch rote Schrift besonders gekennzeichnet. Sie brauchen deshalb nicht alle 49 Seiten zu lesen. Jetzt sind Sie in der Lage, sich mit der neuen Verfassung der Russischen Föderation persönlich vertraut zu machen. Alle Lügen über „Putins neue Verfassung“ haben künftig keine Chance mehr.
Wir freuen uns über Ihre Empfehlungen und Hinweise zu diesem wichtigen Dokument Russlands. Der Link lautet:
http://www.dr-schacht.com/Die_Verfassung_Russlands_vom_11._03._2020.pdf


Freitag, 17. April 2020

Zwangsimpfung? - NRhZ


Liebe FreundInnen, liebe NRhZ-LeserInnen,

wir möchten auf den Beschluss von Bund und Ländern hinweisen, in dem die Impfung der gesamten Bevölkerung als Schlüssel zur Rückkehr zum normalen Alltag bezeichnet und mit dem der Weg in ein umfassendes Überwachungssystem gewiesen wird. Desweiteren machen wir aufmerksam auf eine Strategie-Studie der Rockefeller Foundation, in der aufgezeigt wird, wie mittels "Pandemie" eine "stärker kontrollierte Welt" geschaffen wird. Und wir zeigen, was mit Veröffentlichungen des Robert-Koch-Instituts offenbar wird - wie mit den COVID19-Fallzahlen manipuliert wird und dass die Welle der fiebrigen Atemwegserkrankungen incl. COVID19 in der Woche endete, als die Corona-Restriktionen begannen.

Herzlich grüßen Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann





Zwangsimpfung: Schlüssel zur Rückkehr des normalen Alltags

Am 15. April 2020 haben die Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder in Sachen "Beschränkungen des öffentlichen Lebens zur Eindämmung der COVID19-Epidemie" einen "Beschluss" gefasst, in dem es heißt: "Wir müssen uns alle bewusst machen, dass wir die Epidemie durch die Verlangsamung der Infektionsketten der letzten Wochen nicht bewältigt haben, sie dauert an. Deshalb können wir nicht zum gewohnten Leben der Zeit vor der Epidemie zurückkehren, sondern wir müssen lernen, wie wir für eine längere Zeit mit der Epidemie leben können." Es folgen dann 19 Punkte.

Punkt 17 bahnt den Weg zur Zwangsimpfung der gesamten Bevölkerung: "Eine zeitnahe Immunität in der Bevölkerung gegen SARS-CoV-2 ohne Impfstoff zu erreichen, ist ohne eine Überforderung des Gesundheitswesens und des Risikos vieler Todesfälle nicht möglich. Deshalb kommt der Impfstoffentwicklung eine zentrale Bedeutung zu. Die Bundesregierung unterstützt deutsche Unternehmen und internationale Organisationen dabei, die Impfstoffentwicklung so rasch wie möglich voranzutreiben. Ein Impfstoff ist der Schlüssel zu einer Rückkehr des normalen Alltags. Sobald ein Impfstoff vorhanden ist, müssen auch schnellstmöglich genügend Impfdosen für die gesamte Bevölkerung zur Verfügung stehen."

Zwangsimpfungen sind im Infektionsschutzgesetz (IfSG)
bereits geregelt. In § 20, Absatz 6, heißt es: "Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates anzuordnen, dass bedrohte Teile der Bevölkerung an Schutzimpfungen oder anderen Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe teilzunehmen haben, wenn eine übertragbare Krankheit mit klinisch schweren Verlaufsformen auftritt und mit ihrer epidemischen Verbreitung zu rechnen ist."

Und Punkt 4 weist den Weg in ein umfassendes Überwachungssystem, zu dem gehört, dass unter dem Vorwand der Pandemie-Bekämpfung Mobiltelefone mit der Fähigkeit ausgestattet werden, per Bluetooth-Technologie aufzuzeichnen, welche Personen sich in enger räumlicher Nähe zueinander befunden haben: "Zur Unterstützung der schnellen und möglichst vollständigen Nachverfolgung von Kontakten ist der Einsatz von digitalem „contact tracing“ eine zentral wichtige Maßnahme. Bund und Länder unterstützen hierbei das Architekturkonzept des „Pan-European Privacy-Preserving Proximity Tracing“, weil es einen gesamteuropäischen Ansatz verfolgt, die Einhaltung der europäischen und deutschen Datenschutzregeln vorsieht und lediglich epidemiologisch relevante Kontakte der letzten drei Wochen [!] anonymisiert auf dem Handy des Benutzers ohne die Erfassung des Bewegungsprofils [?] speichert. Darüber hinaus soll der Einsatz der App auf Freiwilligkeit basieren. Sobald auf Grundlage der bereits vorgestellten Basissoftware eine breit einsetzbare Anwendungssoftware (App) vorliegt, wird es darauf ankommen, dass breite Teile der Bevölkerung diese Möglichkeit nutzen, um zügig zu erfahren, dass sie Kontakt zu einer infizierten Person hatten, damit sie schnell darauf reagieren können..."

Das korrespondiert mit den Vorstellungen von Bill Gates, dem "heimlichen WHO-Chef", der vorschlägt, den Menschen einen digitalen Ausweis zu geben, aus dem ihr Impfstatus hervorgeht, und dass Menschen ohne diesen "digitalen Immunitätsnachweis" nicht reisen dürften. Wörtlich sagt er am 24. März 2020: "Letztendlich müssen wir Nachweise darüber haben, wer eine genesene und wer eine geimpfte Person ist... Also wird es schließlich diesen digitalen Immunitätsnachweis geben, der dazu beitragen wird, die globale Wiederöffnung zu erleichtern." (zitiert gemäß off-guardian.org)

(Siehe dazu auch den Artikel "ID2020, Known-Traveller und Kontaktverfolgung durch Google und Apple: US-Konzerne werden zur Weltpassbehörde" von Norbert Häring vom 16.04.2020, in dem es einleitend heißt: "Wir sind nicht mehr weit davon entfernt, dass die digitalen Technologiekonzerne der USA virtuelle Passbehörde der Welt werden, die bestimmt, wer sich in welchem Radius bewegen darf. Sogar die physischen Kontakte jedes Trägers eines Android oder Apple-Smartphones sollen künftig erfasst und von den USA aus auswertbar sein.")

Rockefeller Foundation: mittels "Pandemie" zu einer "stärker kontrollierten Welt"

In einer Strategie-Studie der "Rockefeller Foundation" vom Mai 2010, überschrieben "Scenarios for the Future of Technology and International Development" findet sich auf Seite 18/19 unter der Überschrift "Lock Step" das folgende Szenario:
Eine Welt der strengeren Regierungskontrolle von oben nach unten und einer autoritäreren Führung, mit begrenzter Innovationskraft und wachsendem Zurückdrängen der Bürger
Im Jahr 2012 traf die Pandemie, die die Welt seit Jahren erwartet hatte, endlich ein... die fast 20 Prozent der Weltbevölkerung infizierte und 8 Millionen in nur sieben Monaten tödlich traf, die meisten von ihnen gesunde junge Erwachsene. Die Pandemie hatte auch tödliche Auswirkungen auf die Volkswirtschaften: Die internationale Mobilität von Menschen und Gütern kam zum Stillstand... Die Pandemie überzog den Planeten,... aber selbst in den entwickelten Ländern war die Eindämmung eine Herausforderung... Einige wenige Länder haben sich jedoch besser geschlagen - vor allem China... Das schnelle Eingreifen der chinesischen Regierung stoppte die Ausbreitung des Virus viel früher als in anderen Ländern und die ermöglichte eine schnellere Erholung nach der Pandemie...

Die Idee einer stärker kontrollierten Welt fand zunächst breite Akzeptanz und Zustimmung. Die Bürger gaben bereitwillig einen Teil ihrer Souveränität - und ihrer Privatsphäre - an paternalistischere Staaten ab. Die Bürger waren... begieriger nach einer Führung und Aufsicht von oben nach unten, und die nationalen Führer hatten mehr Spielraum, um Ordnung in der von ihnen für richtig gehaltenen Weise durchzusetzen..."

(Siehe dazu auch den Artikel "Angeregt von Psychopathen begierig nach Führung?" von Wolfgang Effenberger)


Montag, 13. April 2020

Ausnahmezustand - Ulrich Busch, Blättchen



Ausnahmezustand


von Ulrich Busch

Als ich Anfang des Jahres im Blättchen Nr. 2 vorsichtig die Frage aufwarf, ob im Jahr 2020 „Anlass zur Sorge“ bestehen würde, hatte ich die fragile Lage im Finanzsektor und die sich seit 2018 anbahnende Wirtschaftskrise im Auge. Inzwischen hat uns das Covid-19-Virus befallen und wir befinden uns im Ausnahmezustand. Es hat den Anschein, als ginge es jetzt nur noch ums nackte Überleben, von einer drohenden Finanz- und Wirtschaftskrise ist dagegen kaum mehr die Rede. Dies ist verständlich, weil die Rettung von Menschenleben vorgeht und die Erhaltung des Lebens ungleich wichtiger ist als die Sicherung von Wirtschaftswachstum und Finanzstabilität. Nach drei Monaten Corona-Krise und allgemeinem Shutdown rückt jedoch allmählich der Zeitpunkt heran, wo auch andere Aspekte des Lebens wieder Beachtung finden sollten. Dann wird man auch die Schäden erfassen, die durch die Stilllegung ganzer Volkswirtschaften entstanden sind, und deren verheerende Folgen für die Staatshaushalte, die Währungen und den globalen Wirtschaftskreislauf abschätzen.

Man wird sich fragen müssen, ob die tiefe Rezession, die eine Reihe von Volkswirtschaften 2020 hart trifft und wodurch womöglich eine große Weltwirtschaftskrise ausgelöst wird, tatsächlich nur auf die Corona-Pandemie zurückzuführen ist oder ob nicht auch einige Maßnahmen zu deren Bekämpfung dazu beigetragen haben. Vielleicht aber wäre die Rezession auch ohne Covid-19-Pandemie eingetreten und diese hat wie ein Brandbeschleuniger gewirkt. – All dies sind mögliche Antworten auf die gestellte Frage. Je nachdem, welcher Antwort man den Vorzug gibt, stellen sich aber weitere Fragen: Wenn die Rezession ohnehin nicht mehr zu vermeiden war (siehe Jürgen Leibiger im Blättchen Nr. 7/2020), wäre die Pandemie dann nicht eine hervorragende „Ausrede“ für das Systemversagen? Der Schuldige an den Verwerfungen und wirtschaftlichen Folgen ist nun das Virus und niemand sonst. Bestenfalls sind Touristen aus China, die Italien besucht hatten, als Mitschuldige zu betrachten, auf keinen Fall aber das Wirtschafts- und Gesellschaftssystem. Damit aber stellt sich die Frage nach der Verhältnismäßigkeit der getroffenen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie. Auch wenn der Schutz des Lebens und der Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger über alles geht, fragt man sich bei einigen Maßnahmen doch, ob sie angemessen waren oder Ausdruck bloßer Willkür übereifriger Politiker, um mit „Notstandsmaßnahmen“ und der Ausrufung des „Ausnahmezustandes“ die gegenwärtige Ordnung auf ihre Belastbarkeit zu testen, oder sie, wie in Ungarn und Polen, zu einer autoritären Gesellschaft umzubauen.

Es liegt aber auch auf der Hand, die Krise zum Anlass zu nehmen, unsere Wirtschafts- und Lebensweise im Hinblick auf ihre zerstörerischen Wirkungen für die natürliche Umwelt zu hinterfragen. Plötzlich erscheint ein Leben möglich ohne Massentourismus, ohne Flugreisen, ohne Kreuzfahrten, ohne ständige Events, ohne unablässiges Shoppen und dergleichen. Sogar die „Nachrichten“ sind wieder das, was sie eigentlich sein sollten, nämlich politische Nachrichten und keine Sportberichte mit vorgeschalteten Börseninformationen und nachgeschaltetem Wetterbericht. Wie jede Krise, so ist auch diese Krise nicht nur eine Tragödie, sondern auch eine Chance, eine Chance für ein besseres Leben, für ein Umdenken, für eine Umkehr auf einem problematischen Weg. Vielleicht ist die Pandemie, wovon ja vor allem die entwickelten Volkswirtschaften in Asien, Europa und Nordamerika betroffen sind, auch als eine „Antwort“ oder Reaktion der Natur auf unsere fortgesetzte Kriegsführung gegen die natürlichen Grundlagen unseres Lebens, gegen Natur und Umwelt, zu werten. Die Aussage, wonach wir uns seit Ausbruch der Pandemie „im Krieg“ befinden, erhielte dadurch einen tieferen Sinn.

Bevor auf diese Fragen vorschnelle Antworten gegeben werden, sollten aber die Fakten gründlich studiert und die gegenwärtige Katastrophe in ein Verhältnis zur Normalität gesetzt werden. Manchmal hilft dies, Fehlschlüsse zu vermeiden und nicht Verschwörungstheorien aufzusitzen. Die entscheidende Frage dabei ist: Handelt es sich bei der Corona-Pandemie wirklich um eine Katastrophe? Zum Vergleich einige Zahlen: Die Pestepidemie Mitte des 14. Jahrhunderts forderte in Europa mehr als 25 Millionen Tote. Das war fast ein Drittel der gesamten Bevölkerung. Ganze Landstriche waren danach verödet und verlassen. – Dies war eine Menschheitskatastrophe. Die Spanische Grippe 1918/19 forderte in mehreren Wellen rund 50 Millionen Tote. Das waren mehr als doppelt so viele wie der Erste Weltkrieg insgesamt an militärischen und zivilen Opfern gefordert hatte. – Auch das war zweifelsohne eine Katastrophe. Die SARS-Epidemie 2002/03 hatte 774 Tote zur Folge, die H1N1-Epidemie verzeichnete 18.036 Tote. Beides waren schlimme Seuchen, im historischen Vergleich aber keine Katastrophen. Die gegenwärtige Pandemie verzeichnet bis jetzt (9.4.2020) weltweit 1,5 Millionen Infizierte und 88.567 Todesfälle. Diese Zahlen übersteigen die der vorhergehenden Epidemien, stehen aber im Weltmaßstab trotzdem noch nicht für eine Menschheitskatastrophe. Was hier jedoch eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt, ist die regionale und lokale Häufung der Infektionen und Todesfälle in einigen Zentren. So ist Wuhan nicht zu vergleichen mit Shanghai und New York nicht mit Berlin.

Trotz aller Ernsthaftigkeit der Lage muss die Frage erlaubt sein: Was ist (noch) normal und was weist auf eine katastrophale Entwicklung und Abweichung von der Normalität hin? In Deutschland versterben im Verlaufe eines Jahres rund 955.000 Menschen, das sind pro Monat rund 80.000, pro Woche rund 18.365 und pro Tag 2616 Männer und Frauen. Diese Zahlen stehen für einen normalen Lebenszyklus. Seit Januar dieses Jahres sind durch die Covid-19-Pandemie zusätzliche Tote zu beklagen, bisher 2349. Das entspricht 0,24 Prozent der im Jahresverlauf zu erwartenden Sterbefälle. In Berlin sind für 2020 ungefähr 36.000 Todesfälle zu erwarten. Infolge der Corona-Pandemie sind bisher 37 Patienten verstorben. Das entspricht 0,1 Prozent. Auch wenn sich diese Zahlen bis zum Ende der Pandemie noch erhöhen werden, jeder einzelne Tote zu beklagen ist und alles dafür getan werden muss, so viel Menschenleben wie irgend möglich zu retten, belegen diese Zahlen bisher keine signifikante Abweichung von der Normalität, also keine Katastrophe. Die bevorstehende Wirtschafts- und Finanzkrise aber könnte eine Katastrophe werden, was die Frage nach den Ursachen dafür und der Angemessenheit bestimmter Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie in den Fokus der Diskussion rücken wird.



Samstag, 11. April 2020

DIE NEOLIBERALE ANTWORT... Linke Zeitung



Die Strategie der Herdenimmunität ist die neoliberale Antwort auf Corona (Großbritannien und Niederlande)


VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 12. APRIL 2020


von Isabel Frey – http://freiesicht.org

In den letzten Tagen fällt immer wieder der Begriff der Herdenimmunität. Was für Länder wie Großbritannien, die Niederlande oder Schweden eine legitime Strategie zur Bekämpfung des Corona-Epidemie ist, kritisiert die Weltgesundheitsorganisation als ein riskantes Experiment, das zu hohen Todeszahlen und dem Kollaps des Gesundheitssystems führen kann. Nach scharfer Kritik rücken einige Regierungen von diesem Kurs ab. Doch warum wird so eine fahrlässige Strategie überhaupt in Erwägung gezogen? Der Grund dafür ist das politische Paradigma des Neoliberalismus, schreibt Isabel Frey.

(Dieser Artikel ist zuerst auf Englisch erschienen)

Während die meisten europäischen Länder strikte Ausgangsbeschränkungen einführen, um die Ausbreitung des Coronavirus zu stoppen, wählen einige Länder eine andere Strategie: Herdenimmunität. Anstatt soziale Kontakte einzuschränken und möglichst viele Tests durchzuführen, setzen sie bewusst auf einen hohen Durchseuchungsgrad in der Bevölkerung. Dadurch soll ein Großteil der Bevölkerung immun werden. Der britische Premier Boris Johnson brachte als erster diese umstrittene Strategie ins Spiel und hat bis vor ein paar Tagen kaum Maßnahmen zur Eindämmung der Epidemie ergriffen.

Auch Schweden und die Niederlande verfolgten trotz harscher Kritik der Weltgesundheistorganisation diesen Plan. Zwar haben sich  sowohl Großbritannien als auch die Niederlande mittlerweile von der Herdenimmunität distanziert; ähnlich rigorose Maßnahmen wie in anderen europäischen Ländern bleiben aber weiterhin aus.  So werden zum Beispiel in den Niederlanden und in Schweden weiterhin nur Menschen aus Risikogruppen getestet, und auch Ausgangsbeschränkungen und Geschäftsschließungen bleiben aus.

Diese Länder argumentieren, dass die Herdenimmunität die einzige langfristig Strategie sei, da bei Lockerung von Ausgangssperren die Epidemie immer wieder neu ausbrechen könnte. Anstatt das ganze Land unter Quarantäne zu setzen und die Wirtschaft herunter zu fahren, sollen nur Risikogruppen von der restlichen Bevölkerung isoliert werden. Allerdings haben unzählige Epidemiologinnen und Epidemiologen die Strategie als unwissenschaftlich, riskant und potenziell tödlich kritisiert. Ein jüngst erschienener Bericht des Imperial College London hat die Zahl der Todesopfer in Großbritannien in diesem Szenario auf 250,000 geschätzt. Dieser Bericht war es letztendlich, der die britische Regierung umdenken ließ. Das liege daran, dass es nicht möglich ist, Risikogruppen so effektiv zu isolieren, ohne die Kapazitäten des Gesundheitssystems zu übersteigen.

Epidemiologischer Neoliberalismus



Warum würden europäische Länder so eine riskante Strategie überhaupt in Erwägung ziehen und gegen die Empfehlungen der WHO handeln? Der Grund dafür ist der Neoliberalismus. Das ist das dominante politische Paradigma seit den 1980er Jahren, das auf Kürzungen im öffentlichen Sozial- und Gesundheitssystem setzt, auf Privatisierungen, Deregulierung und extreme individuelle Verantwortung. Der blinde Glaube an die Gerechtigkeit des freien Markts führt zu einer Politik, die Profit über das Wohlergehen der Menschen stellt. Zudem lässt es Menschen glauben, Armut, Arbeitslosigkeit oder prekäre Leben sind die Schuld der Einzelnen – nicht der Gesellschaft.

Herdenimmunität ist epidemiologischer Neoliberalismus. Die Strategie beruht auf der Annahme, dass eine Epidemie am besten bekämpft wird, indem man nicht eingreift, sie also dereguliert – genauso wie der freie Markt. Doch so wie auch der Neoliberalismus, trifft die Strategie der Herdenimmunität letztendlich die Schwachen und die Armen am härtesten: Ältere Menschen, Menschen mit Beeinträchtigungen, Obdachlose, Flüchtlinge oder Menschen mit schweren Vorerkrankungen werden einer großen Gefahr ausgesetzt. Das sind die Menschen, die das höchste Risiko haben, an COVID-19 zu sterben – insbesondere wenn das Gesundheitssystem überlastet ist und Ärzte und Ärztinnen abwägen müssen, wem sie das Leben retten und wen sie sterben lassen, wie das heute in Italien der Fall ist.

Gesundheits- und Sozialsystem zusammengekürzt



Es ist kein Zufall, dass ausgerechnet Großbritannien und die Niederlande auf diese Strategie setzen wollten, denn diese Staaten fahren schon lange Jahre einen neoliberalen Kurs. Sie haben systematisch im Gesundheits-, Bildungs- und Sozialsystem gekürzt und eine Politik betrieben, die wirtschaftliche über soziale Interessen stellt. Daher ist es wenig überraschend, dass sich diese Regierungen gegen Quarantäne-Maßnahmen stellen, auch wenn sie Leben retten – schlicht weil sie der Wirtschaft Verluste bringen würden. Allerdings ist Schweden ein etwas anderer Fall: Es ist ein Land, das weltweit für gute Sozialpolitik und einen großzügigen Wohlfahrtsstaat bekannt ist. Doch sogar eine traditionsstarke Sozialdemokratie wie Schweden ist nicht von neoliberaler Politik verschont geblieben; auch der schwedische Wohlfahrtsstaat ist in den letzten Jahrzehnten systematisch abgebaut worden.

Die Kürzungen im Gesundheitssystem führen dazu, dass die Ausgangsbedingungen in diesen Ländern sehr schlecht sind: Wenige Intensivbetten und wenig Personal. Die größte Herausforderung der Corona-Epidemie ist es, die Ausbreitungskurve so flach zu halten, dass die Kapazitäten der Intensivstationen nicht erschöpft werden. Aber die Kapazitäten dieser drei Länder sind so niedrig, dass sie auch mit strikten Quarantäne-Maßnahmen nicht ausreichen würden. Großbritannien und die Niederlande haben nur halb so viele Intensivbetten pro Person wie Italien; und Schweden, der vermeintlich beste Sozialstaat, hat sogar weniger als die Hälfte.

Kapazitäten würden trotz Quarantäne nicht genügen



Hätten diese Länder verhindern wollen, dass die Grenzen ihres Gesundheitssystems überschritten werden, hätten sie schon längst handeln müssen. Doch jetzt stehen sie nach Jahren der Kürzungen vor den Trümmern ihrer Politik. Würden sie jetzt strikte Quarantänemaßnahmen einführen, würde das nicht nur die Wirtschaft schwer belasten, sondern auch zeigen, wie kaputtgespart ihre Gesundheitssysteme sind.

Indem neoliberale Regierungen auf Herdenimmunität setzen, können sie nicht für das Scheitern des Gesundheitssystems zur Rechenschaft gezogen werden.

Denn genauso wie arme Menschen selbst verantwortlich gemacht werden, weil sie nicht hart genug zu arbeiten, können auch kranke Menschen beschuldigt werden, sich nicht konsequent genug isoliert zu haben. So kann die Politik die Verantwortung für hohe Todeszahlen von sich weisen.

Herdenimmunität ist keine riskante epidemiologische Strategie, sondern biologische Kriegsführung. Sie führt zum Tod vieler Menschen, ohne dass Regierungen dafür Verantwortung übernehmen müssen. Aber diese Strategie kommt nicht überraschend, nach Jahrzehnten neoliberaler Politik. Denn wenn man an einen unregulierten Markt glaubt, ist auch eine unregulierte Epidemie nicht abwegig – auch wenn sie für Hunderttausende tödlich endet.

Quelle: https://kontrast.at/corona-herdenimmunitaet-neoliberalismus-grossbritannien-niederlande/

Die Strategie der Herdenimmunität ist die neoliberale Antwort auf Corona (Großbritannien und Niederlande) – Isabel Frey



Donnerstag, 9. April 2020

Ostergruß von Silvia und Peter Pree




Ostern in Corona-Tagen






Ostern naht, doch muss man sagen.
Manches haben wir zu klagen!
Corona-Virus sorgt dafür!
Wir können kaum bis vor die Tür!

Ostern in Corona-Tagen
ist viel Mühsal zu ertragen!
Ganz allein, nicht die Verwandten!
Und auch nicht Onkel oder Tanten…

Richtig feiern geht halt nicht!
Und Home Office nimmt manchen mit!
Kein Osterausflug zu genießen.
wenn draußen schon die Blumen sprießen…

So sitzen wir daheim und warten,
bisweilen spielt man auch mit Karten…
Doch Osterfreud‘ ging uns verloren;
Corona Virus sorgt für Sorgen!

Wirft manchen schnell auf’s Krankenbett.
Als ob die Pestilenz er hätt!
In Quarantäne muss er harren,
um andere gut zu bewahren.

Mit Mundschutz geht man aus dem Haus!
Ich sage euch, es ist ein Graus!
Schon gar nicht in ein andres Land!
Weil man die Leute streng verbannt 

Im eigenen Haus nur brav zu bleiben.
Es gibt kein fröhlich Ostertreiben!
Was macht der Osterhase dann,
wenn er doch nicht nach draußen kann?

Und doch, man muss ganz ehrlich sagen!
Der Hase kann ganz andres wagen!
Und Ostern kommt er über Nacht!
Da werden Nester schnell gebracht!

Sein Geheimnis bleibt‘s für immer!
Doch für uns ist es der Rettungsschimmer!
Darauf können wir uns freu’n - 
Zu Ostern wird’s zwar ruhiger sein,

doch halten fest zusammen wir!
Verlass ist auf das Hasentier!
Erfreuen wir uns am Fest im Kleinen,
Wir werden wieder uns vereinen…

Im Sommer wird’s dann leichter sein…
Drum sollten wir uns einfach freu’n!
An dem was wir jetzt haben können
statt Trübsal blasen oder flennen…

Viel hält der Frühling uns bereit
zur wunderschönen Osterzeit.
Wenn Narzissen prachtvoll blühen,
Wird der Corona weiter zieh’n.

Machen wir das Beste draus!
Holen den Frühling uns ins Haus
mit bunt geschmückten Osterzweigen
feiern einfach mal bescheiden..

Schaut auch, dass es gut euch geht…
Bis die Pandemie vergeht…
In einem Jahr kann man dann sagen.
dass gemeinsam wir geschafft es haben…


Frohe Ostern und angenehme Festtage!

Peter und Silvia