Montag, 28. März 2016

Zwischen den Stühlen - Hanna-Gedicht

Zwischen den Stühlen

Von Hanna Fleiss



Nicht nach uns
werden die Kriege sein, bluten
die Städte, brennen die Menschen,
verröcheln die Ungeborenen
in den Leibern der Mütter.

Nicht nach uns
werden die Davongekommenen
um Wasser flehen, um Brot, um Obdach,
das bisschen, was der Mensch
zum Leben braucht.

Nicht nach uns
werden Dichter die Schmerzen
der Liebe, die Schatten der Wälder,
die Wildheit der Meere und den
Ruf des Kuckucks besingen.

Sorglos sitzen wir zwischen
den Stühlen des Gestern und des Morgen.
Unser Bleiberecht in der Welt
ist bemessen – auf eigene Rechnung
und ohne Gewähr.

25.8.15



Samstag, 19. März 2016

DIE MENTALEN VERGEWALTIGER


DIE MENTALEN VERGEWALTIGER

Noch ist es nicht mehr weit, bis zu jenem Tag am 08. Mai 2016, da jeder anständige Mensch sich der Befreiung vom Faschismus durch die Rote Armee und der Antihitlerkoalition dankbar erinnert. Ich war dabei, als sich Massen von Menschen zum 70. Jahrestag im Jahre 20015 am Treptower Ehrenmal versammelten. Das war eine überwältigende Demonstration: Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus.




Aus dem Nachlass meiner russischen Mutter, die in der Krypta dieses großartigen Denkmals abgebildet ist, stellte ich nicht nur ihre Tagebuchaufzeichnungen sicher, sondern „rettete“ auch das Deckblatt der offiziellen Einladungskarte zur Eröffnung des Ehrenmals am 8. Mai 1949.

Mit Befremden nimmt jeder Vernunftbegabte zu solchen Ehrentagen der Erinnerung und Mahnung auch Hassgesänge wahr, die lediglich dazu dienen, diese Befreiungstat zu verunglimpfen.

So bezeichnete ein anonymer BBC-Reporter 2015 das Denkmal in Berlin als “Grab des unbekannten Gewalttäters”, so die “Rossijskaja Gaseta” (…) In einem Artikel des britischen Senders über das sowjetische Ehrenmal im Treptower Park in Berlin wurden die Gefallenen des Zweiten Weltkriegs beleidigt. Der Verfasser scheine nicht zu wissen, so die Gaseta, dass unter dem Denkmal 7000 der 80 000 sowjetischen Soldaten begraben liegen, die in der Schlacht um Berlin gefallen sind. Damit wird nicht nur Geschichtsfälschung betrieben, es soll die Rolle der Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg minimiert werden.
(http://de.sputniknews.com/panorama/20150925/304524913.html#ixzz43KwYAaV7 )

Daran muss ich denken, auch daran, dass von offizieller Seite immer wieder vom "Ende des Zweiten Weltkrieges" gequatscht wird. Schändungen und Geschichtsfälschungen, Reduzierungen der Befreiungsgroßtat auf Fälle von Vergewaltigungen – das sind keine Versehen von ignoranten Kläffern, das sind gezielte Aufrufe zu neuen Kriegstaten, zur Löschung der Ergebnisse des Zweiten Weltkrieges. Will die Kapitalelite mit ihren weitgehend hörigen Medien einen neuen Anlauf starten in Tot und Verderben?

Vergewaltiger der neuen Art, das sind die, die – zunächst mental im sogenannten Informationskrieg – zu einem Dritten Weltkrieg hetzen. „Solche Handlungen sind nicht nur unmoralisch, sondern auch äußerst gefährlich. Sie regen die Welt zu neuen Konflikten, Grausamkeiten und Gewalt an“, heißt es in in einer Botschaft Putins (siehe Link).

Keiner sage, das sei Schnee von gestern. Kürzlich schlug ich einem Verlag ein Manuskript vor. Es geht dabei um die Erinnerungen einer russischen Frau und Mutter an ihre Moskauer Zeit und auch an ihre Erlebnisse im Nazideutschland und nach 1945 in der DDR als Dolmetscherin.

Die Antwort des Verlages: Für eine Veröffentlichung müssten sich die Tagebuchaufzeichnungen zu großen Teilen mit der jeweils aktuellen Politik der Sowjetunion bzw. der DDR auseinandersetzen. Das tun sie aber nicht. Deshalb sehe man von einer Veröffentlichung ab.

So ist das also - du sollst die eigenen Ideale und die in den Aufbau einer Alternative zum kapitalistischen Deutschland gesteckte Energie, deine Hingabe für ein  "nie wieder Krieg vom deutschen Boden aus" in den Dreck treten und genau das Gegenteil denken und tun – im Interesse der alten Kapitalherrschaft! Spurenverfälscher rüsten sich so für die Abwehr jeglicher Veränderungen hin zu einer humaneren Welt, mehr noch, sie entpuppen sich immer offener als die eigentlichen Vergewaltiger des Denkens und Handelns des angeblich "gläubigen" Volkes.

Ein Verlag nur? Möge er keineswegs für alle stehen...

H.P.





"Feindbild Russland" - Gespräch mit dem Autor

Russland


18. März 2016 um 9:26 Uhr

Der russische Dämon

Verantwortlich: Jens Berger
Hannes Hofbauer
Die Typisierung „des“ Russen mit allerlei negativen Adjektiven beherrscht aufs Neue die Schlagzeilen deutschsprachiger Medien. Der dabei verwendete Singular ist ein untrügliches Zeichen für Distanz, Abscheu, Hass. Die meinungsbildenden Kräfte im Westen, so lehrt die Zeitgeschichte, freundeten sich mit Russland und seinen Führern nur in der Phase der Zerstörung der Sowjetunion an. Schon kurz darauf schlug die Freude über das Ende der kommunistischen Epoche in Skepsis um. Das alte Feindbild entstand neu und durchzieht nun wie ein roter Faden die Rezeption Russlands im Westen. Jens Wernicke sprach hierzu mit dem Publizisten Hannes Hofbauer, der in seinem soeben erschienenen Buch „Feindbild Russland“ das Phänomen der Russophobie bis ins 15. Jahrhundert zurückverfolgt und als Werkzeug zur Durchsetzung von wirtschaftlicher und politischer Macht skizziert.

Herr Hofbauer, mitten in die immer schlimmer werdende Hetze gegen Russland publizieren Sie ihr neues Buch. Hoffen Sie, dass die Kriegstreiber noch aufzuhalten sind?

Feindbildproduktionen reflektieren Feindschaften; das ist in der Weltpolitik nicht anders als im gesellschaftlichen Leben. Wenn wir uns die neue Ausprägung des alten Feindbildes Russland ansehen, dann hat sich das – nach einer Reihe von Zäsuren, über die noch zu sprechen sein wird – unmittelbar nach dem „Njet“ des ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch zum Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union im November 2013 festgesetzt. Damals wurde allen Beteiligten klar, dass der weitere Vormarsch von EU und NATO in Richtung Osten von Moskau nicht mehr so widerspruchslos hingenommen wird, wie die Erweiterungen des westlichen Einflussbereichs seit den 1990er Jahren.

Ich erwähne das nur gleich zu Beginn unseres Gesprächs, um klar zu machen, dass die „Hetze gegen Russland“ handfeste wirtschaftliche und geopolitische Interessen des Westens begleitet. Seit zur Ukrainekrise eine neue Front – nämlich die im Nahen Osten – hinzugekommen ist, sinken die Chancen auf ein friedliches Miteinander und haben die Kriegstreiber Hochkonjunktur.

Das Bild „vom Russen“ und von Putin als bösem Diktator, das uns täglich medial präsentiert wird – ist das denn alles nur Hetze und Propagandaprodukt? Ich meine: Ein Vorzeige-Demokrat scheint er ja nicht gerade zu sein…

Die politische Landschaft und Struktur Russlands bzw. der Russländischen Föderation, wie sie genau genommen heißt, unterscheiden sich grundlegend von jenen, wie wir sie im westlichen Europa kennen. Ein bürgerlicher Parlamentarismus, in dem sich christlich-konservative und sozialdemokratische Parteien – mit fallweise nationalen, grünen und puristisch-liberalen Einsprengseln – die Macht teilen, taugt als herrschaftliches Instrument für unsere Gesellschaften. In Russland finden sich dazu weder die kulturellen noch die Klassenvoraussetzungen. Das dortige politische System ist grundsätzlich autoritärer angelegt. Als Diktatur würde ich es allerdings nicht bezeichnen. Dass Wladimir Putin zum Feindbild des Westens wurde, hat aber nichts mit diesen politischen Strukturen zu tun, denn dieselben gab es schon unter Boris Jelzin. Und der war Liebkind in Berlin und Washington, während Putin als Gegner betrachtet wird.

Um auf die Frage zurückzukommen: Das Anti-Russland-Bashing hat mit der Einschätzung Diktatur oder Demokratie nichts zu tun. Wenn dem so wäre, dann müsste gegen viele Staaten und ihre Staatschefs, mit denen die USA und die EU bestens kooperieren, Hetze in unseren Medien betrieben werden.

Es ist also nicht alles wunderbar, gleichwohl verdreht die Propaganda Tatsachen, bedient sich Lügen etc. – und konstruiert so ein Feindbild, das wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen in die Hände spielt? Woran liegt das?

Jelzin – mehr noch als Gorbatschow – ging in die Geschichte als Zerstörer der Sowjetunion ein. Und diese Zerstörung hatte nicht nur US-Präsident Ronald Reagan als oberste Priorität seiner Amtszeit gesehen. Zu dieser Zerstörung gehörten neben dem Ende der kommunistischen Herrschaft auch territoriale Einbußen, soziale Verheerungen und ein westliches Vorrücken in wirtschaftlicher und militärischer Hinsicht.

Mit Putin folgte dann ab 2000 eine Konsolidierung Russlands, zuerst in administrativer, später auch in sozio-ökonomischer Hinsicht. Und mit dieser neuen Stärke, die ab Mitte der 2000er Jahre spürbar wurde, erschwerten sich für westliche Institutionen und Investoren die Bedingungen in Russland. Sinnbildlich gesprochen: Der besoffene russische Tanzbär Jelzin tanzte nach der Pfeife des Westens, mit Putin aber war nicht mehr so leicht Kirschen essen. Oder, wie es eine russische Soziologin mir gegenüber einmal ausdrückte: In der Ära Gorbatschow-Jelzin lautete die Devise im Westen, sich mit Russland zu engagieren; während der ersten Putin-Jahre bis 2008 hieß es, sich mit Russland zu arrangieren; und seit 2008, sich gegen Russland zu engagieren. Das Jahr 2008 markiert den Georgienkrieg, als Moskau erstmals seit dem Ende der Sowjetunion Armee und Marine außerhalb der Russländischen Föderation zum Einsatz brachte.

Könnten Sie ausmachen, wie es kommt, dass es zu diesem propagandistischen Feindbild in unseren Medien eigentlich keinerlei Alternativen mehr gibt? Dass diese also fast schon gleichgeschaltet erscheinen?

Eine völlige mediale Gleichschaltung sehe ich im Falle Russlands nicht. Zwar ist die Mehrheit der meinungsbildenden Medien russlandfeindlich eingestellt – ich zitiere da in meinem Buch eine Studie eines jungen Wissenschaftlers, der nach einer Untersuchung von vier deutschen Zeitungen – Süddeutsche, Die Welt, Spiegel Online und Bild – im Jahre 2014 herausgefunden hat, dass 90 Prozent aller Kommentare ein Moskau-feindliches Bild vermittelt haben. Aber auf der anderen Seite gab es Ende 2014 auch einen von vielen Prominenten unterzeichneten Aufruf unter dem Titel „Wieder Krieg in Europa? Nicht in unserem Namen“. Das war sicherlich keine Übereinstimmung mit der Politik des Kreml, aber doch ein Mahnruf von Gerhard Schröder bis Roman Herzog, einer Dämonisierung Russlands vorzubeugen bzw. entgegenzutreten.

Wenn ich Ihr Buch recht verstehe, ist das Feindbild Russland auch gar nicht neu. Diesen Konflikt hat es seit Jahrhunderten gegeben und er bricht jetzt lediglich aufs Neue aus?

Die konkreten Konfliktlinien sind zwar immer anders geartet gewesen, aber, ja, das Feindbild als solches reicht weit in die Geschichte zurück. Ich verorte es erstmals Ende des 15. Jahrhunderts. Das war jene Phase, in der Iwan III. erstmals die Tatarenherrschaft abschütteln konnte und ein russisches Zarentum konsolidierte, das er bis an die Ostsee ausdehnen wollte. Die Binnenlage Russlands und der Wunsch aus dieser auszubrechen, ist eine „ewige“ Konstante der Beziehungen zwischen Russland und seinen Nachbarn. Damals, Ende des 15. Jahrhunderts, waren es die livländisch-polnische Union und der Deutsche Orden, die gegen Moskau standen. Dementsprechend ist es nicht verwunderlich, dass die erste Welle einer Russophobie an der Universität Krakau ihren Ausgangspunkt nahm. Dort kreierte ein berühmter Philosoph jener Zeit, Johannes von Glogau, das Klischee vom barbarischen, asiatischen Russen, das sich seither über 500 Jahre als Stereotyp gehalten hat.

Immer wieder im historischen Zeitenlauf ist dieses negative Russlandbild dabei auch von einem positiven unterbrochen worden. So etwa im Barock, als Peter der Große Land und Volk zwang, sich nach Westen auszurichten, oder auch während des 19. Jahrhunderts, als preußischer Adel und Herrschaft pro-russisch und die bürgerlichen Revolutionäre anti-russisch waren, also ein geteiltes Russlandbild gegeben war. Seit Ende des 19. Jahrhunderts aber ist das Feindbild Russland dann mehr oder minder durchgängig gültig und hat – mit der Übernahme der Macht durch die Sowjets – über den Antikommunismus auch Großbritannien und die USA erreicht. Das Feindbild Russland ist über den Antikommunismus in den anglo-amerikanischen Raum gekommen.

Gibt es denn auch eine Kontinuität in Bezug auf die Methoden der Dämonisierung oder wie verändern diese sich?

Die Medien zur Verbreitung eines Feindbildes sind vielfältig. Sie reichen im Falle Russlands von der römisch-katholischen Kirchenkanzel, von der aus gegen die „ungläubigen“ Orthodoxen gepredigt wird, über eine „rassenkundige Wissenschaft“ während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bis zu aktuellen Russlandbildern auf deutsch- und englischsprachigen Wochenmagazinen, die Russland auf Putin reduzieren und diesen als Gottseibeiuns darstellen, dem entgegengetreten werden muss, koste es, was es wolle. Da sind dann wieder bellizistische Töne zu vernehmen.

„Der Russe“ wird wieder im Singular verwendet, was rein sprachlich diskriminierend ist. Auch sind die Medien voll von Begriffen wie „Kreml-Chef“, wenn vom russischen Präsidenten die Rede ist. Das soll beim Publikum Erinnerungen an den eigenen Chef wecken, der ja in der Regel kritisch gesehen wird und kein Freund ist. Auf der anderen Seite der Weltkugel ist vom „Pentagon-Chef“ nicht die Rede, diese Wortwahl gibt es gar nicht.

Worauf läuft das alles denn hinaus? Russland warnt ja aktuell nicht zum ersten Mal vor der Gefahr eines Dritten Weltkrieges. Will der Westen diesen oder nimmt er ihn billigend in Kauf?

Auch der Papst hat diesbezüglich seine Stimme erhoben und vor einem Weltkrieg gewarnt, der sich schleichend ausbreiten könnte. Solche Stimmen der Vernunft sind einerseits ermutigend, zeigen jedoch andererseits, dass der Friede, in dem wir leben, keineswegs selbstverständlich ist. Denn wo keine konkrete Kriegsgefahr besteht, müssten solche Warnungen nicht ausgesprochen werden.

Und tatsächlich gibt es einflussreiche Kreise vor allem in den USA, die vor einem großen Waffengang nicht zurückschrecken. Und da spreche ich nicht nur vom alten kalten und heißen Krieger John McCain, der an allen Ecken dieser Welt auftaucht, um US-amerikanische Hegemonie einzufordern und überall dort, wo das nicht „friedlich“ klappt, militärische Mittel promotet. Im Ukrainekonflikt haben sich auch US-Vize Joe Biden, EU-Außenpolitikerin Catherine Ashton, der deutsche Außenminister Guido Westerwelle und viele andere auf die Barrikaden in Kiew gestellt und angeblich im Namen der Demokratie – auf dem Rücken der Ukraine – gegen Moskau Kriegsstimmung erzeugt. Die Lage ist also wirklich ernst; die Warnungen vor einem großen Krieg kommen nicht von ungefähr.

Und wenn der Kriegstreiberei und Feindbildverbreitung etwas entgegengesetzt werden sollte, wie bewerkstelligte man das dann aktuell am ehesten? Was rieten Sie? Was können wir tun?

Dabei nicht mitmachen, das wäre schon ein Anfang. Und ich rede da gar nicht von Politik oder politischen Einschätzungen. Auch kulturell wäre ein wenig mehr Verständnis nützlich. Viele, auch kritische Menschen, setzen unsere westliche Zentrumskultur als Non-Plus-Ultra, als nicht hinterfragbare Lebensweise. Nehmen wir das Beispiel des Umgangs mit der Homosexualität. Da reiben sich Grüne und Linke an russischen Gesetzen, die Werbung für gleichgeschlechtliche Liebe unter Strafe stellen. Ein solches Gesetz ist abzulehnen. Aber auch in Deutschland und Österreich waren Homosexuelle vor kurzem noch diskriminiert.

Und wenn ich daran denke, dass Obama bis Gauck und Merkel die Olympischen Spiele in Sotschi im Februar 2014 mit dem Hauptargument der Homosexuellendiskriminierung boykottiert haben – die Krim war noch ukrainisch und kein Streitfall –, dann wird mir der instrumentelle Charakter solcher „Argumente“ klar: Zwölf Jahre zuvor fand in Salt Lake City in den USA ebenfalls eine Olympiade statt. Im Staate Utah war nicht bloß Homosexualität verboten – was ja in Russland gar nicht der Fall ist –, sondern wurden auch alle Sexualpraktiken, die nicht zur Reproduktion taugen, strafrechtlich verfolgt. Damals, im Jahr 2002, regte sich darüber niemand auf und alle fuhren brav zur Eröffnung der Spiele in die USA. Das zeigt den sehr unterschiedlichen Umgang mit dem „Fremden“.

Auch geht es darum, eine gewisse Distanz zu wahren und eine andere Gesellschaft nicht ausschließlich mit unseren Maßstäben zu messen.

Einige verweisen aktuell ja gern auf die Entspannungspolitik unter Willy Brandt und die Strategie des „Wandels durch Annäherung“, die der aktuelle Rollback vollständig zu nivellieren droht. Wie wäre es daher mit einem „Zurück zu Brandt“? Wäre eine Reanimation dieser Politik ein guter, gangbarer Weg?

Die Zeiten haben sich geändert. Die Entspannungspolitik im Westen war – auch – Antwort und Resultat der relativen wirtschaftlichen und geopolitischen Erfolge, die die Sowjetunion in den 1970er Jahren vorweisen konnte. Heute kämpfen Moskau und Peking gegen die Ansprüche der Troika aus USA, NATO und IWF – mit der EU als möglicherweise strauchelndem Juniorpartner – um eine multipolare Welt.

Annäherung ist dennoch nötig, aber die politischen Möglichkeiten sind – im Angesicht der schieren Kapitalmacht – meiner Meinung nach geringer als vor 35 Jahren.

Noch ein letztes Wort?

Worüber wir gar nicht gesprochen haben, ist, dass ein Wirtschaftskrieg bereits im vollen Gange ist. Das möchte ich noch erwähnen.

Seit im April 2014 die USA, gefolgt von der EU, ein Embargo gegen gewisse russische Importe und Exporte nach Russland verhängt haben, ist die Weltlage eine andere. Denn solche Sanktionen kann man zwar, was bisher nicht geschah, von einem Tag auf den anderen wieder aufheben – aber das Misstrauen bleibt. Russland hat ja Gegenmaßnahmen im Lebensmittelbereich verhängt. Und darunter leiden vor allem traditionelle Exporteure gerade aus peripheren EU-Ländern wie Polen und Griechenland. Die USA mit ihrem äußerst geringen Warenaustausch mit Russland sieht sich das Ganze hingegen aus der ersten Reihe weitgehend schadensfrei an. Insofern sollte auch erwähnt werden, dass die anti-russische Politik des Westens vor allem Ländern in der EU schadet.

Ich bedanke mich für das Gespräch.

Hannes Hofbauer, Jahrgang 1955, studierte Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Universität Wien. Er arbeitet als Publizist und Verleger. Im Promedia-Verlag sind von ihm unter anderem erschienen: „EU-Osterweiterung. Historische Basis – ökonomische Triebkräfte – soziale Folgen“ (2007), „Diktatur des Kapitals. Souveränitätsverlust im postdemokratischen Zeitalter“ (2014) und „Feindbild Russland. Geschichte einer Dämonisierung“ (2016



Donnerstag, 10. März 2016

Hoffnung Russland



Bücher von Wolfgang Bittner und Brigitte Queck zum Kampf um Russland

Wir weigern uns, aus Opfern Täter zu machen


Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann

Opfer sollen als Täter erscheinen. Und dann sollen wir zu den Opfern auf Distanz gehen, als wären sie die Täter. Dem Objekt der Begierde, das geraubt bzw. ausgeraubt werden soll – dem sich emanzipierenden Russland – wird von den Aggressoren der Mantel des Aggressors umgehängt. Das im Fokus des Aggressors – des US-Imperiums – stehende Russland wird als Aggressor hingestellt, damit es – als unabhängige Kraft – zerstört werden kann. Gegen dieses perfide Spiel mit der Opfer-Täter-Verkehrung richten sich zwei Bücher – das 2015 in erweiterter Neuauflage erschienene von Wolfgang Bittner mit dem Titel "Die Eroberung Europas durch die USA – Zur Krise in der Ukraine" und das 2015 in vierter, erweiterter Auflage erschienene von Brigitte Queck mit dem Titel "Die Ukraine im Fokus der NATO – Russland: das eigentliche Ziel".


Verrückte führen Blinde – in den Abgrund

Am Ende seines neu aufgelegten, erweiterten Buches zitiert Wolfgang Bittner Shakespeare, der Graf Gloucester in seinem Drama "König Lear" sagen lässt: „Das ist die Seuche dieser Zeit: Verrückte führen Blinde.“ Verrückte führen Blinde – auf einen Abgrund zu. Wo die Verrückten sind, macht Wolfgang Bittner unumwunden deutlich. Sie befinden sich in den Führungsetagen des US-Imperiums. Sie steuern in Richtung Krieg und drohen Europa zu vernichten. Die Grenze zum Wahnsinn ist längst überschritten, wenn erklärt wird, begrenzte taktische Atomschläge seien möglich, ohne "die amerikanische Heimat" zu gefährden. Die Frage bleibt: haben sich die führenden Kräfte westeuropäischer und insbesondere deutscher Politik bewusst auf die Seite der führenden Verrückten geschlagen, oder sind sie blinde Vasallen, die sich wie Lemminge in den Abgrund führen lassen?

Das um 40 Seiten erweiterte Buch "Die Eroberung Europas durch die USA" stellt die wesentlichen Zusammenhänge in wohltuender Deutlichkeit dar. Für Wolfgang Bittner ist klar: Der Regimewechsel in der Ukraine wurde jahrelang durch US-Regierung und ihre Geheimdienste subversiv vorbereitet. Es ging von vornherein darum, die Ukraine als ein Brückenland von großer geostrategischer Bedeutung und auch als Wirtschaftsraum und Tor zu den Ressourcen Russlands einzuverleiben. Russland soll in den Ruin getrieben und den westlichen Kapitalinteressen geöffnet werden. Letztlich geht es um die globale Vorherrschaft der USA. TTIP soll dazu dienen, den Einfluss der USA auf Westeuropa noch weiter zu verabsolutieren – den Vasallenstatus der westeuropäischen Staaten zu zementieren.

Wolfgang Bittner zitiert US-Präsident Obama: „Wir werden Russland die Kosten für sein aggressives Vorgehen aufbürden und Lügen die Wahrheit entgegensetzen... Wir sind die Erben eines stolzen Vermächtnisses der Freiheit, und wir sind bereit zu tun, was nötig ist, um dieses Vermächtnis für kommende Generationen zu sichern.“ Und charakterisiert diese Aussagen des US-Präsidenten als scheinheiligen Pathos, als ein Gebäude aus Worthülsen, Verschleierungen und Lügen. Leserinnen und Leser des Buches haben auf diese Weise keinerlei Schwierigkeiten zu erkennen, wer hier die Verrückten sind.

Es fällt der Begriff der Seuche, wenn Gorbatschow zu Wort kommt, der dem US-Präsidenten, der Russland in einem Atemzug mit der Ebola-Epidemie als Gefahr bezeichnet hatte, entgegnet: „Es gibt heute eine große Seuche – und das sind die USA und ihr Führungsanspruch.“ Putin formuliert es zurückhaltender: „Unter den Bedingungen der Dominanz einer Seite und ihrer Alliierten, oder anders gesagt, ihrer Satelliten, geriet die Suche nach globalen Lösungen oftmals zu einem Streben, die eigenen Lösungen als universell auszugeben.“

Für die einzige Supermacht USA sei – so US-Stratege Brzezinski – Eurasien „das Schachbrett, auf dem sich... der Kampf um die globale Vorherrschaft abspielen wird“. In diesem Kontext sei auch die Äußerung Henry Kissingers vom 2.2.2014 zu sehen, wonach der Regime-Change in Kiew sozusagen die Generalprobe für das sei, „was wir in Moskau tun möchten“. Wesentliches Ziel der USA sei es, einen Keil zwischen Westeuropa und Russland zu treiben, wie Stratfor-Chef George Friedman es in aller Offenheit zum Ausdruck bringt. Das sei schon während des „letzten Jahrhunderts, im Ersten und Zweiten Weltkrieg und im Kalten Krieg“ die Strategie der USA gewesen.

Wolfgang Bittner macht deutlich, mit welch dreisten Äußerungen am Entstehen eines Feindbildes gearbeitet wird. Er zitiert US-General Joseph Dunford, der im Juli 2015 von sich gibt: „Putin ist gefährlicher als der Islamische Staat ... die größte Bedrohung für die USA.“ Der weit überwiegende Teil der Medien trägt das verrückte Spiel mit und verhält sich als verlängerter Arm des US-Imperiums. Wolfgang Bittner hat keine Schwierigkeiten, dies zu erkennen. Er sieht, wie Politiker in Talkshows – zumeist widerspruchslos – ihre diffamatorischen Ansichten über den russischen Präsidenten verbreiten dürfen. Als Beispiel führt er den ehemaligen "grünen" Parlamentarier Werner Schulz an, der geäußert hat: „Putin ist skrupellos. Putin ist eiskalt. Er ist ein Verbrecher ... Er ist ein Kriegstreiber und scheut vor nichts zurück ... Man muss darauf eingestellt sein, dass er bis zum Äußersten geht.“

Zur Sprache kommt eine Serie mysteriöser Todesfälle ukrainischer Oppositioneller. Mindestens sieben der Opfer – ehemalige hohe Amtsträger, Funktionäre und Politiker – waren Mitglieder der "Partei der Regionen", der auch der gestürzte Ministerpräsident Janukowitsch angehörte. Mehrere von ihnen haben angeblich Selbstmord begangen.

Das von Janukowitsch, dem aus dem Weg geputschten Präsidenten der Ukraine, abgelehnte und seinem Nachfolger Poroschenko unterzeichnete EU-Assoziierungsabkommen – so macht Wolfgang Bittner deutlich – ist an Bedingungen geknüpft. Vorbedingung für die Gewährung von IWF-Krediten ist die Auslieferung wesentlicher Teile der Wirtschaft an die Profitinteressen ausländischer Konzerne. Die öffentliche Wasser- und Stromversorgung zählt dazu. Beseitigt werden soll, was die Weltbank als "strukturelle Ursachen" der ukrainischen Wirtschaftskrise bezeichnet hat: die hohen Kosten für Unternehmen, die in dem Land Geschäfte machen. Und obwohl die Ukraine die Herstellung von genetisch verändertem Saatgut nicht erlaubt, enthält das Assoziierungsabkommen zwischen der Ukraine und der EU in Artikel 404 eine Klausel, in der sich beide Vertragspartner verpflichten, „die Anwendung der Biotechnologie innerhalb des Landes auszuweiten“ – eine Klausel nach dem gierigen Geschmack von Agro- und Saatgutkonzernen wie Monsanto.

Verrückte treiben ihr perverses Spiel. Sie treiben in Richtung Krieg. Am 20. Mai 2015 ließ der ukrainische Staatspräsident Poroschenko die Weltöffentlichkeit wissen: „Wir sind in einem echten Krieg mit Russland.“ Und der polnische Verteidigungsminister Tomasz Siemoniak erklärte wenig später: „Die Periode des Friedens in Europa ist Vergangenheit.“ Und die Bild-Zeitung lässt Nato-General Breedlove zu Wort kommen: „Wir sind bereit.“ Dagegen steht die Besonnenheit des russischen Präsidenten, der diese Kriegserklärungen ignoriert.

Wolfgang Bittner sieht mit bestechender Klarheit die Verkehrung der Fakten und die ständige Wiederholung verlogener Propaganda. "Antiamerikanismus" ist für ihn ein vom CIA geprägter Kampfbegriff, ebenso wie es die Begriffe "Verschwörungstheoretiker", "Putinversteher", "Querfrontler" und "moskauhörig" sind. Man könne gar nicht so viel Verschwörungsphantasie haben, wie die kriminellen Verschwörer der Geheimdienste und deren Agenturen an Verschwörungen realisieren.


Russland ist unsere Hoffnung

Brigitte Queck mahnt im Vorwort ihres Buches "Die Ukraine im Fokus der NATO": „Wir müssen endlich begreifen, dass die heutige russische Regierung einen schwierigen Kampf gegen die Aggression des Westens führt.“ Und ergänzt: „eine Aggression, die bereits unter ihren russischen Vasallen Gorbatschow und Jelzin begonnen hatte“. Was meint sie damit? Keine Frage: Gorbatschow und Jelzin haben als Vasallen des US-Imperiums den Ausverkauf der Sowjetunion bzw. Russlands betrieben. Und das heutige Russland unter der Führung Putins ist dabei, diese Entwicklung rückgängig zu machen. Das macht Putin zum Top-Feind und verführt das Imperium zu einer Art Amoklauf. Es glaubte, mit Hilfe von Gorbatschow und Jelzin seinen Hauptgegner niedergerungen zu haben. Und nun erdreistet sich ein Putin, dem Imperium einen Strich durch die Rechnung zu machen. Dagegen scheinen alle Mittel recht. Brigitte Queck sieht die große Gefahr, die damit verbunden ist: „ein heißer Krieg, der – wie schon einmal – ganz Europa zu umfassen droht“.

Und sie erkennt, welche Rolle die Ukraine für die US-Weltherrschaftspolitik spielt. Sie braucht nur den früheren US-Sicherheitsberater Brzezinski zu zitieren, der in seinem Buch "Die einzige Weltmacht" schreibt: „Die Ukraine ist ein neuer wichtiger Raum auf dem eurasischen Schachbrett, ist ein geopolitischer Dreh- und Angelpunkt, weil ihre bloße Existenz als unabhängiger Staat zur Umwandlung Russlands beiträgt. Ohne die Ukraine ist Russland kein eurasischer Staat mehr".

Brigitte Queck gibt die Hoffnung nicht auf, dass es möglich ist, den Herrschaftsplänen des US-Imperiums mit spürbarem Widerstand zu begegnen. Sie schreibt: „Zum Glück gibt es viele, vor allem junge Leute, die sich gegen die wachsenden faschistischen Tendenzen in Deutschland zur Wehr setzen.“ Um dann zu fragen: „Aber ist ihnen auch bewusst, dass Aggressionskriege die schlimmste Form des Faschismus sind, wie der US-Hauptankläger Jackson zur Eröffnung der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse 1945 ausführte?!“ Wo denn die machtvollen Antikriegsproteste gegen die NATO-Kriege in Afghanistan, Libyen und Syrien bleiben würden. Und wo die machtvollen Proteste gegen den faschistischen Regimechange in der Ukraine. „Es genügt eben nicht, nur Front zu machen gegen die Naziaufmärsche auf der Straße, sondern wir müssen... das dahinter befindliche kapitalistische, imperialistische System erkennen...“ Sie erinnert an die Aussagen von Georgi Dimitroff zum Zusammenhang zwischen Kapitalismus, Faschismus und Krieg: „Als Erscheinungsform des besonders aggressiven staatsmonopolistischen Kapitalismus ist der Faschismus die offene terroristische Diktatur der reaktionärsten, am meisten chauvinistischen, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals.“

Und sie erinnert an den deutschen Außenminister Steinmeier der 2014 davon gesprochen habe, dass „der Wettbewerb der Systeme... in vollem Gange“ sei und es ihn durch eine „gemeinsame Haltung der EU gegenüber Russland“ zu gewinnen gelte. Um welche beiden Systeme es sich handelt, sei „glasklar: Entweder um das System einer multipolaren Welt, in der auch der kleinste Staat der Welt bestimmen kann, welchen Weg er einschlagen will, den Weg des Kapitalismus für die 0,1 Prozent der Reichen in seinem Lande, oder den Weg zu einer Volksregierung für die 99,9 Prozent der arbeitenden Bevölkerung. Und diese Systemauseinandersetzung zwischen Arm und Reich wird gegenwärtig in aller Welt geführt und spitzt sich immer mehr zu. Die Reichsten dieser Welt wehren sich gegen den Untergang ihrer so genannten liberalen Wirtschaftsordnung in Syrien, aber auch in der Ukraine und anderswo mit den unmenschlichsten Mitteln.“

Gegen Ende ihres Buches wagt Brigitte Queck einen "Blick in die Zukunft", und zwar mit einem "Aufruf zum nationalen Aktionstag am 23. Februar 2014 zum Schutze des Vaterlandes und für die Wiederherstellung der vollen staatlichen Souveränität Russlands". Und sie gibt damit zu bedenken: „Alle diejenigen, die in Russland nur einen x-beliebigen kapitalistischen Staat sehen, mögen mit Verstand den folgenden Aufruf lesen und selbst beurteilen, ob das wirklich so ist!“ Er ist hier in Auszügen wiedergegeben:

„Die Nationale Befreiungsbewegung Russlands (NOD), die im November 2011 durch W. W. Putin ins Leben gerufen wurde..., leitet mit diesem Aufruf eine neue Etappe des Kampfes zur Verteidigung Russlands sowie für die völlige Wiederherstellung der staatlichen Souveränität des Landes und damit gleichzeitig der Stärkung seiner Position im internationalen Kampf zur Befreiung der Völker ein...

Die aktuelle Lage: In der Regel sagen wir, dass unser Land nicht souverän ist und das ist so, vor allem in der Wirtschaft... Doch es gibt einen Bereich, wo wir souverän sind: Wladimir Wladimirowitsch Putin hat die nukleare Macht des Landes wiederhergestellt und erneuert jetzt aktiv die Armee und die Flotte. Und das ist der Hauptgrund, warum unser Land bis jetzt nicht unter den Schlägen der gierigen und unersättlichen westlichen Welt zusammengebrochen ist. Die ganze Welt versteht: Russland hat einen starken nationalen Führer. Bis jetzt bleibt Russland das einzige Land in der Welt, das im Falle der Notwendigkeit fähig ist, die USA zu zerstören! Die Appetitgelüste der herrschenden Oberschicht der USA erstrecken sich auf die ganze Welt. Daher wird der Westen nicht aufhören, neue Mittel und Methoden der Kriegsführung zu entwickeln: Das sind der Terrorismus, die Provokationen, das Aufziehen von extremistischen Organisationen. Sinnlose und unzählbare, grausame Umstürze, Bürgerkriege – das sind die Folgen der Doktrin des 'gesteuerten Chaos', die durch die USA der ganzen Welt aufgezwungen wird. Vor allem wird das durch den Informationskrieg erreicht und erst danach mit den Aktionen der Sonderdienste, der Banditen und Terroristen...

Im Wesentlichen hat Wladimir Wladimirowitsch Putin gegen den Besatzer, die Vereinigten Staaten Amerikas, rebelliert. Und er hat es eben wie ein echter russischer Offizier getan, indem er die eigenen Möglichkeiten bewusst machte und strategisch die Ressourcen vorbereitete... Aber es gibt auch einige ungelöste Probleme. Bis jetzt ist die Wirtschaft Russlands nicht souverän: die Besitzer einer Vielzahl russischer Unternehmen sind Offshore-Gesellschaften, unser Finanzsystem befindet sich in direkter Abhängigkeit von den USA. Das sind alles Folgen der 90er Jahre, als Russland die knechtenden Verträge abschloss und das genehme gesetzgebende und politische System der USA übernahm...

Es gibt nur einen Ausweg – entweder Opfer zu werden oder seine Nächsten, seine Heimat zu schützen, sich bewusst in die Reihen der Kämpfer mit der Okkupationsmaschine einzugliedern… oder Offizier des politischen Informationskrieges zu werden. Die Bewusstheit, die politische Aktivität und die Geschlossenheit der Bürger des Landes unter Leitung des nationalen Führers – ist unsere einzige Möglichkeit den friedlichen Sieg in diesem Krieg zu erlangen. Nicht wir haben ihn begonnen, aber wir können ihn mit unserem Sieg beenden.“

„Die Feinde von sozialistischen Staaten bzw. Volksregierungen“ – so Brigitte Queck – „verstehen diesen Aufruf der Nationalen Befreiungsbewegung Russlands (NOD)... sehr genau...“ Der ziehe den Hass auf das Russland Putins. „Es ist ein Aufruf für eine humane bessere Gesellschaft, die auch unser Anliegen ist!“


Schlussgekanken – Gegen Äquidistanz
und Täter-Opfer-Verkehrung

Aus Opfern sollen Täter gemacht werden. Diesem Spiel verweigern sich die Bücher von Wolfgang Bittner und Brigitte Queck. Aber auch gegen die Finte mit der Äquistanz verweigern sie sich. Während die Herrschenden zur Manipulation der Massen mit der Täter-Opfer-Verkehrung operieren, ist für die Linke und die Friedensbewegung die Finte mit der Äquidistanz geschaffen. Täter und Opfer werden gleichermaßen als Täter hingestellt, zu denen in gleicher Weise auf Distanz zu gehen sei. Das geht nicht, ohne auch in der Linken und in der Friedensbewegung ein Feindbild zu bedienen – das Feindbild Russland, das Feindbild Putin – und sich damit in eine Front mit den Herrschenden zu stellen – eine Art Querfront, die nicht offenbar werden darf. Kräfte – ob eingeschleust oder aus eigenem Antrieb sei dahingestellt – forcieren diese Form der Desorientierung. Auch dagegen wenden sich die Bücher der beiden AutorInnen.


Wolfgang Bittner
Die Eroberung Europas durch die USA - Zur Krise in der Ukraine
Überarbeitete und aktualisierte Neuausgabe, 192 Seiten
Westend-Verlag Frankfurt, 2015, 14,99 Euro

Brigitte Queck
Die Ukraine im Fokus der NATO - Russland: das eigentliche Ziel
4. erweiterte und aktualisierte Auflage, 346 Seiten mit zahlreichen Abbildungen
Zambon-Verlag Frankfurt, 2015, 15 Euro


Siehe auch:

Buchtipp von Harry Popow
„Die Ukraine im Fokus der NATO. Russland das eigentliche Ziel“ - von Brigitte Queck
Bekenntnis zu Russland – ohne Wenn und Aber
NRhZ 466 vom 09.07.2014
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=20536

Buchtipp von Harry Popow
„Die Eroberung Europas durch die USA“ - von Wolfgang Bittner
„Friedensengel“ bedrängen den Frieden
NRhZ 482 vom 29.10.2014
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=21117

Buchtipp von Harry Popow
„Die Tragödie der Ukraine. Ein geopolitisches Tagebuch“ - von Nikolai Starikow
Felsen in der Globalisierungs-Brandung
NRhZ 550 vom 24.02.2016
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=22563



Dienstag, 8. März 2016

Kabarettistenhaltung: Ich will mich nicht gewöhnen

Entnommen: http://www.nachdenkseiten.de/?p=31967#more-31967


8. März 2016 um 12:19 Uhr


Christoph Siebers Warnung vor dem Krieg. Das ist inzwischen sehr angebracht.

Verantwortlich: Albrecht Müller

Der Kabarettist Christoph Sieber hat uns den Text zur Verfügung gestellt, mit dem er seine Vorstellungen zur Zeit abschließt. Ein wichtiger Text. Denn die tägliche Kriegspropaganda treibt die Völker gegeneinander. Der unten angefügte Text „Ich will mich nicht gewöhnen … Dass Deutschland Teil einer Kriegsmaschinerie ist“ ist so eindrucksvoll wie sein gesamtes Programm. Hier seine Termine . – Christoph Sieber hat übrigens bei Facebook auf die NachDenkSeiten aufmerksam gemacht. Siehe hier. Das tut oder tat freundlicherweise auch Georg Schramm, Urban Priol, Max Uthoff, Konstantin Wecker u.a.m.. Die NachDenkSeiten verdanken ihre große Resonanz auch der Sympathie unserer Kabarettisten und Liedermacher. Albrecht Müller.


Christoph Sieber: Ich will mich nicht gewöhnen….

Dass Deutschland Teil einer Kriegsmaschinerie ist.

Ich will mich nicht gewöhnen, wenn der Spiegel schreibt, dass Deutschland endlich in der Normalität angekommen ist, wenn es sich an internationalen Kriegseinsätzen beteiligt. Die Beteiligung an Kriegen darf nie Normalität werden.
Ich kann es nicht glauben, dass Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen auf die Frage eines Journalisten, ob denn eine Fußball-WM 2018 in Russland überhaupt denkbar ist, mit dem Satz antwortet:
„Wo auch immer gespielt wird: Deutschland schickt schießendes Personal“.
Das ist nichts anderes als die Verharmlosung des Krieges, indem man ihn einem Spiel gleichsetzt.
Krieg ist kein Spiel, Krieg ist eine Katastrophe. Krieg ist die Kapitulation des Menschen vor sich selber.

Ich will mich nicht gewöhnen, dass in diesem Europa das Recht des Stärkeren gilt.
Wenn Hunderttausenden der Zugang zu Gesundheit, Bildung und einem würdevollen Leben verwehrt werden.

Ich will mich nicht daran gewöhnen, dass die Würde des Menschen antastbar ist.
Denn die Würde des Menschen steht tagtäglich zu Zehntausenden bei der Tafel an, um unsere Reste zu essen. Die Würde des Menschen krepiert vor Lampedusa und die Würde des Menschen stirbt im Krieg. Und zwar in jedem Krieg.

Ich will mich nicht an die Barbareien der globalisierten Welt gewöhnen.
Ich will mich nicht flüchten in den Zynismus derer die rufen: Da kannste nix machen. Das war schon immer so.
Ich möchte mich nicht abfinden, dass es so etwas wie Alternativlosigkeit gibt, weil es nicht stimmt, weil es immer Alternativen gibt. Weil es das Wesen der Demokratie ist, dass es Alternativen gibt.

Ich möchte nicht in einer Welt leben, in der man tatsächlich glaubt, wenn jeder an sich denkt, dann ist an alle gedacht.
Und ich möchte nicht in einer Welt leben, in der Menschen, die solche Gedanken haben, als Gutmenschen verspottet werden und verächtlich gemacht werden von denen, denen der Zynismus jegliche Empathie so zerfressen hat, dass sie ihre eigene Herzlosigkeit nur ertragen können, indem sie andere verächtlich machen. Ich möchte nicht, dass die die Deutungshoheit über die Moral bekommen, die keine haben.

Es gibt die Unschuld des Nicht-Wissens nicht mehr. Wir wissen, dass unser Wohlstand auf Unrecht aufgebaut ist. Wir wissen, dass wir die Erde zerstören und wir können auch längst nicht mehr ignorieren, dass andere arm sind, weil wir reich sind.
Wir werden uns nicht rausreden können mit dem immer gleichen „Davon haben wir nichts gewusst!“.
Nein, wir werden es gewusst haben!

Und ich frage mich am Ende: Was wird man über uns sagen in 20, 30 Jahren?
Wer werden wir gewesen sein? Die, die zugeschaut haben wie schon so oft? Werden wir die gewesen sein, die einfach weitergemacht haben, weil es so bequem war?
Oder werden wir die gewesen sein, die gerade noch mal rechtzeitig die Kurve bekommen haben?

Ich bin mir nicht sicher, aber eines weiß ich gewiss: Siri hat darauf keine Antwort.
Eines aber sollte uns bewusst werden: Auf all die großen Fragen unserer Zeit gibt es am Ende eine kleine, aber wahrhaftige Antwort.
Und die sind wir.


Samstag, 5. März 2016

RotFuchs: Herz darf nicht fehlen


Das Herz darf nicht fehlen

Klaus Steiniger

Heute wollen wir an dieser Stelle auf theoretische Abstraktionen und „große Politik“ weitgehend verzichten, um uns einem Thema zuzuwenden, das keineswegs unterschätzt werden sollte, wenn es um die Zusammenführung oftmals mit dem Rücken zur Wand stehender Gleichgesinnter geht: die menschliche Dimension der Beziehungen untereinander. In der Kälte der auch uns im Osten nun schon seit mehr als einem Vierteljahrhundert umgebenden menschenfeindlichen Eiszeit des Kapitalismus ist die warmherzige Verbundenheit aller auf unserer Seite der Barrikade Kämpfenden geradezu ein Lebens- und Überlebenselixier.

Mujeres – Frauen, so nannte die kubanische Künstlerin Zaida del Rio ihr Werk. Mit ihm grüßen wir all unsere Gefährtinnen in nah und fern zum Internationalen Frauentag, dessen Forderungen, Ziele und Anliegen heute aktueller denn je sind.

Als in der DDR scharfe und meist auch pointierte politische Witze zu Unzulänglichkeiten der verschiedensten Art oder in bezug auf unterstellte wie tatsächliche Schwächen bekannter Persönlichkeiten gang und gäbe waren, nahm man auch die „Kaderarbeit“ gerne aufs Korn. So karikierte man einen Funktionär, der nach einem Einstellungsgespräch mit einem in Erwägung gezogenen Kandidaten zu folgender Charakterisierung gelangte: „Als Genosse ist er ja gar nicht so übel, doch als Mensch taugt er wenig.“ Womit wir beim Kern der hier zur Debatte stehenden Frage angelangt sind.

Den meisten Älteren unter uns begegneten im Laufe des Lebens auch in den eigenen Reihen sehr unterschiedliche Charaktere. Sie haben neben einer Vielzahl großartiger Menschen auch ganz andere Typen kennengelernt: Aufsteiger um jeden Preis, Wichtigtuer, Brunnenvergifter und Selbstdarsteller, die sich unablässig durch das Vergrößerungsglas betrachteten, ohne dadurch ihr eigenes Wachstum fördern zu können. Bei den geringsten Anlässen waren sie dazu imstande, wahre Stürme im Wasserglas zu entfesseln. Doch Blasen besitzen bekanntlich zwei Eigenschaften: zu schillern und zu platzen.

Weitaus wichtiger ist, daß jeder von uns charakterliche Vorbilder, menschliche Stützpfeiler und zuverlässige Markierer des zu beschreitenden Weges kennengelernt hat.

Einen von ihnen stellen wir in den Mittelpunkt dieser RF-Ausgabe: unseren inzwischen 96jährigen Genossen Heinz Keßler. Seine Rede vor dem Moabiter Gericht der Sieger auf Zeit ist eine Dokumentation menschlicher und politischer Größe. Die darin zum Ausdruck kommende Treue zur Sache und ein hohes Maß an Fachwissen imponierten nicht nur Freunden. Das Verhalten dieses standhaften deutschen Kommunisten ruft Erinnerungen an das in die Geschichte eingegangene Auftreten Georgi Dimitroffs vor dem Leipziger Tribunal der Hitlerfaschisten wach.

Als Vorsitzender der Berliner FDJ seit den späten 40er Jahren zeichnete sich Heinz durch Kontaktfähigkeit, Schlichtheit und Wärme sowie den Verzicht auf die Suche nach Abstand zu seinen Mitstreitern aus. Das verschaffte dem Mitbegründer und Frontbeauftragten des Nationalkomitees Freies Deutschland, den die faschistische Justiz in Abwesenheit zum Tode verurteilt hatte, schon in jungen Jahren ein außerordentlich hohes Ansehen.

Ab 1991 saß ich Heinz – dem in die Hände des Feindes gefallenen Armeegeneral und Verteidigungsminister der DDR – zuerst in der Besucherzelle des Moabiter Gefängnisses und später in zwei weiteren Haftanstalten, in denen er mehrere Jahre verbringen mußte, wiederholt gegenüber. Er war sich auch in dieser mißlichen Situation treu geblieben.

Zu Menschen aus solchem Holz gehört auch Oberst a. D. Günter Strobel, der nun schon seit etlichen Jahren unsere Dresdner Regionalgruppe leitet. Reichtum an Erfahrungen und ein daraus resultierendes sicheres Urteilsvermögen sowie eine starke menschliche Ausstrahlung zeichnen den einstigen Kaderchef der DDR-Grenztruppen aus, der den „RotFuchs“ schon in der Gefängniszelle erhielt, in die ihn Richter aus dem Westen geworfen hatten.

In Eberswalde haben die Mitglieder der dortigen Regionalgruppe vor kurzem Eckhard Laurich, einem Arbeiter mittleren Alters, die Leitung übertragen. „Schrammel-Ecke“, wie unser auch künstlerisch engagierter Mitstreiter genannt wird, ließ wissen, daß er sich funktionierende Beziehungen unter Gleichgesinnten nicht ohne eine enge menschliche Verbundenheit vorstellen könne.

Unlängst rief mich ein emeritierter Pastor aus dem Brandenburgischen an, der dort am „Uhu“ – einer geistreichen und thematisch weit gefächerten linksliberalen Zeitschrift – mitwirkt. In einem „Bündnis gegen rechts“ aktiv, habe ihm ein daran ebenfalls Beteiligter in der Vergangenheit gelegentlich einige Ausgaben des RF zukommen lassen, erfuhr ich. Sohn eines auf dem Marsch vom KZ Bergen-Belsen ums Leben gekommenen antifaschistischen Geistlichen, erinnerte er mich daran, daß wir vor mehr als 65 Jahren gemeinsam die Schulbank im Berlinischen Gymnasium zum Grauen Kloster gedrückt hatten. Ab 1949 sei ich FDJ-Sekretär an dieser noch recht konservativ geprägten Schule gewesen – wohl keine leichte Aufgabe. Am Schluß eines etwa einstündigen weiteren Telefongesprächs bat mich Pastor Dietrich Wegmann darum, ihm jeden Monat einen „Umschlag mit 100 Gramm“ – er meinte die unseren Lesern nicht unbekannte Publikation – zukommen zu lassen. Auch wenn er nicht mit allem darin Geschriebenen übereinstimme, betrachte er die Lektüre als Gewinn.

Festigkeit in der Verteidigung eigener Positionen und maximale Öffnungsbereitschaft gegenüber allen, die den Menschen wirklich Gutes tun wollen – wobei die gemeinsame Verteidigung des Friedens das Beste ist –, darauf kommt es jetzt mehr denn je an.