Mittwoch, 30. Juni 2021

Lügen und Doppelmoral - Oskar Lafontaine

 

Entnommen: https://linkezeitung.de/2021/06/30/luegen-und-doppelmoral/


Lügen und Doppelmoral


VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 30. JUNI 2021

von Oskar Lafontaine – http://www.facebook.com/oskarlafontaine

Da hatten Merkel und Macron mal eine vernünftige Idee: Sie wollten sich, zusammen mit den anderen europäischen Regierungschefs, mit Putin treffen. Aber die Mehrheit der europäischen Staatenlenker lehnte ab. Stattdessen beschlossen sie: Es gäbe „die Notwendigkeit einer entschlossenen und koordinierten Reaktion der EU und ihrer Mitgliedstaaten auf jede weitere böswillige, rechtswidrige und disruptive Aktivität Russlands“.

Welch eine Heuchelei. Gilt das auch für böswillige, rechtswidrige und disruptive Aktivitäten der USA? Wie wäre es denn mit entschlossenen und koordinierten Reaktionen auf die rechtswidrigen Drohnenmorde der USA von deutschem Boden aus? Wo bleiben die entschlossenen und koordinierten Reaktionen der EU auf die von den USA „vom Zaun gebrochenen“ völkerrechtswidrigen Kriege? Und ist es nicht böswillig, wenn Washington Deutschland wie bei Nordstream 2 vorschreiben will, von wem es Gas oder Öl beziehen darf? Von „Hütern der Menschenrechte“ wie den USA und Saudi-Arabien können wir Gas und Öl beziehen, vom bösen Putin nicht?

Wie lange glauben die EU-Regierungschefs eigentlich noch, zusammen mit den USA gegenüber Russland eine Politik der doppelten Moral machen zu können? Trotz all ihrer Lügen, wahr bleibt: Die Nato gibt mehr als 17mal so viel für Krieg aus wie Russland (Rüstungsausgaben 2020: Nato: 1,103 Milliarden Dollar, Russland: 61,7 Milliarden Dollar, Quelle: Friedensforschungsinstitut Sipri).

Entgegen den Zusagen, die man Gorbatschow gegeben hatte, rückte die Nato an die russische Grenze vor, und als Dank für die Auflösung des Warschauer Paktes und der Wiedervereinigung Deutschlands wird Russland weiter eingekreist und mit Manövern (Defender 21) vor seiner Grenze provoziert.

Was hat ein britisches Kriegsschiff im schwarzen Meer verloren (siehe dazu auch den Beitrag von Craig Murray auf den NachDenkSeiten. https://www.nachdenkseiten.de/?p=73679#h10 ).

Und ob es der Lügenbande passt oder nicht: Die Krim wäre nicht annektiert worden, wenn die USA nicht mit fünf Milliarden den Putsch in der Ukraine finanziert hätten (Die ehemalige US-Staatssekretärin Victoria Nuland: „Wir haben über fünf Milliarden Dollar aufgewandt, um die Ukraine zu destabilisieren.“). Genauso haben sie die Staaten im Vorderen Orient oder Libyen zerstört.

Die Folgen dieser Regime-Change-Politik müssen die unterwürfigen europäischen Vasallen ausbaden. Sie glauben immer noch Joe Bidens Erzählung: Das Eintreten für die Menschenrechte gehöre zur DNA der USA. Wahr ist eher: Lügen und Doppelmoral gehören zur DNA der „westlichen Wertegemeinschaft“.

https://www.facebook.com/oskarlafontaine


Dienstag, 29. Juni 2021

Flottille gegen Moskau - jW-Jörg Kronauer

 

Entnommen: https://www.jungewelt.de/artikel/405256.schwarzmeer-man%C3%B6ver-flottille-gegen-moskau.html


SCHWARZMEER-MANÖVER


Flottille gegen Moskau


Großmanöver »Sea Breeze 2021« im Schwarzen Meer gestartet: Breites prowestliches Bündnis macht gegen Russische Föderation mobil


Von Jörg Kronauer

Unter Führung der USA und der Ukraine hat am Montag im Schwarzen Meer ein Großmanöver zur Optimierung gemeinsamer Militäroperationen der prowestlichen Anrainer mit der NATO begonnen. An der Kriegsübung »Sea Breeze 2021«, der bislang größten der seit 1997 abgehaltenen Manöverserie, nehmen 5.000 Soldaten aus 32 Ländern mit 32 Schiffen, 40 Flugzeugen sowie 18 Spezialeinheiten und Tauchteams teil. Geprobt werden verschiedene Operationsarten, darunter amphibische Manöver und Einsätze an Land, der Luft- und U-Boot-Abwehr sowie maritime Abriegelungsoperationen. Besondere Bedeutung besitzt die militärische Kooperation mit der Ukraine und Georgien, den beiden einzigen Anrainerstaaten außer Russland, die nicht der NATO angehören. Die Übung sei zudem »eine greifbare Demonstration der US-Unterstützung für die Ukraine«, wird die Geschäftsträgerin der US-Botschaft in Kiew, Kristina Kvien, zitiert.

Mit »Sea Breeze 2021« setzen die westlichen Mächte die Verstärkung ihrer Truppenpräsenz im und am Schwarzen Meer fort. Im März teilte die NATO in ihrem Jahresbericht mit, sie habe ihre Manöver in der Region intensiviert. Bereits zuvor hatte es geheißen, Kriegsschiffe der USA und weiterer Mitgliedstaaten abgesehen von den Anrainern operierten inzwischen während rund zwei Dritteln des Jahres im Schwarzen Meer. Vergangene Woche hat ein britischer Zerstörer mit einer gezielten Provokation, dem Eindringen in die Hoheitsgewässer vor der Krim, russische Reaktionen auf etwaige NATO-Vorstöße ausgetestet. Das soeben beendete Großmanöver »Defender Europe 21« hat die Verlegung von US-Großverbänden nach Südosteuropa und in die Schwarzmeerregion geübt, während die Bundeswehr sich am Aufbau eines neuen regionalen NATO-Hauptquartiers in Rumänien (Multinational Corps South-East) beteiligt und seit vergangener Woche Eurofighter für die rumänische Luftraumüberwachung in Constanta an der Schwarzmeerküste stellt.

Parallel nutzen die Vereinigten Staaten »Sea Breeze 2021«, um ihr globales Bündnissystem zu konsolidieren und auszudehnen. So nehmen an der Kriegsübung nicht nur Australien, Japan und Südkorea teil, deren Streitkräfte im Kern zum militärischen Dispositiv des Westens gegen China zählen. Auch Militärs aus Brasilien, Israel, Pakistan und den Vereinigten Arabischen Emiraten sind involviert, darüber hinaus zum ersten Mal vier Staaten Nord- und Westafrikas (Ägypten, Tunesien, Marokko, Senegal). Die deutsche Marine hingegen ist seit 2016 nicht mehr bei »Sea Breeze« präsent. Sie konzentriert sich neben ihren Einsätzen – vor allem im Mittelmeer – stark auf die Ostsee und bereitet sich aktuell auf ihre erste Übungsfahrt ins Südchinesische Meer vor.

Russland, gegen das sich »Sea ­Breeze 2021« richtet, fordert die Absage des Großmanövers: »Das Ausmaß und die offensichtlich aggressive Art der militärischen Übungen entsprechen in keiner Weise den tatsächlichen Sicherheitsbedürfnissen in der Schwarzmeerregion«, twitterte die russische Botschaft in Washington bereits vergangene Woche. Das beeindruckt im Westen freilich niemanden. Denn neben der Unterstützung der Ukraine geht es darum, Russland zu schwächen. Dessen Marinepräsenz in dem Gewässer sei nicht nur für die »Verteidigung der russischen Südflanke« existenziell, hielt vor geraumer Zeit das Fachblatt Marineforum fest; sie sei außerdem »das strategische Rückgrat« der russischen »Machtprojektion über den Bosporus hinaus ins östliche Mittelmeer und den Nahen Osten«.


Sonntag, 27. Juni 2021

Zitat des Tages - LZ

 Linke Zeitung vom 27.06.2021:


ZITAT DES TAGES:

Nach dem längsten Tag wirft die längste Nacht des Grauens immer noch Schatten auf Europa
….

„Es ist in der Tat beunruhigend, dass selbst dann, wenn führende Politiker wie der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier feierlich und weise über die Schrecken des Krieges zu sprechen scheinen, immer noch ein erstaunlicher Mangel an Bewusstsein für die Gefahr eines Krieges besteht, wie er sich in der Politik Washingtons und seiner NATO-Verbündeten zeigt. Ist es wirklich mangelndes Bewusstsein oder etwas Zynischeres?
Der faschistische Schatten aus der längsten Nacht der Operation Barbarossa spukt noch immer in Europa. Das ist unglaublich irritierend."


https://linkezeitung.de/2021/06/27/nach-dem-laengsten-tag-wirft-die-laengste-nacht-des-grauens-immer-noch-schatten-auf-europa / 

Samstag, 26. Juni 2021

FRIEDEN MIT RUSSLAND - Wolfgang Bittner

 

Frieden und vernünftige Beziehungen mit Russland!


Von Wolfgang Bittner

80 Jahre nach dem Überfall Hitler-Deutschlands auf die Sowjetunion steht die nach dem Zweiten Weltkrieg neu gegründete, 1990 mit der DDR vereinigte Bundesrepublik Deutschland an der Seite der USA gegen Russland. Als hätten Russland und Deutschland nicht schon bis zur völligen Erschöpfung unter den Menschheitskatastrophen des Ersten und Zweiten Weltkriegs gelitten.

Die USA verfolgen – nicht erst seit 1945 – eine Langzeitstrategie, die allein ihren imperialen Interessen dient. Der ehemalige Direktor des einflussreichen Thinktanks Stratfor, George Friedman, hat das 2015 in einer Rede in Chicago plastisch erläutert. Er sagte, das Hauptinteresse der US-Außenpolitik während des letzten Jahrhunderts, im Ersten und Zweiten Weltkrieg und im Kalten Krieg, seien die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland gewesen. Und das Hauptziel sei gewesen, eine Kooperation, die die Vormachtstellung der USA infrage stellen könnte, zu verhindern. Denn wenn sich deutsches Kapital und deutsche Technologie mit russischen Rohstoff-Ressourcen und russischer Arbeitskraft verbänden, hätten die USA ein großes Problem, wirtschaftlich wie militärisch. Deswegen legten sie um Russland herum einen Sicherheitsgürtel, einen „Cordon Sanitaire“, wie Friedman das nannte.

Damit haben wir es zu tun, das ist die Strategie: Keine Kooperation zwischen Deutschland und Russland, die USA sichern ihre Stellung als Weltmacht Nr. 1. Der russische Präsident Putin hat in den vergangenen Jahren versucht, dieser durch nichts gerechtfertigten, die globale Situation vergiftenden Hybris friedenspolitisch entgegenzuwirken. Bereits 2001 hat er in seiner beeindruckenden Rede vor dem Deutschen Bundestag und danach immer wieder Kooperation angeboten. Dem setzten die USA ihren unipolaren Anspruch mit einer Aggressionspolitik und militärischen Einkreisung Russlands entgegen.

Daran hat sich bis heute nichts geändert, im Gegenteil, die Konfrontation ist noch bis an die Grenze zum Krieg forciert worden. Es ging und geht darum, Russland als Machtfaktor und Regulativ in der internationalen Politik auszuschalten und das Land den westlichen Kapitalinteressen zu unterwerfen, was allerdings nicht gelungen ist. Die westliche Propaganda ignorierend, tritt Wladimir Putin weiterhin für eine Verständigung zwischen Ost und West ein, für Abrüstung sowie einen gemeinsamen Wirtschafts- und Kulturraum von Wladiwostok bis Lissabon, zuletzt in einem Gastbeitrag in der Zeit vom 22. Juni 2021.(1) Er betonte mehrmals, dass er sich ein besseres Verhältnis zu den USA wünsche und dass es in Russland nicht die Obsession gebe, eine weltbeherrschende Supermacht zu sein.

Auch in Deutschland wünscht eine große Mehrheit der Bevölkerung Frieden und normale Beziehungen mit Russland.(2) Immer mehr Menschen wird allmählich klar, dass die Konfrontationspolitik nicht von Russland ausgeht, wie ständig unterstellt wird, sondern vom Westen, insbesondere von den USA und der von ihr dominierten NATO. Diese Einsicht, die trotz der permanenten Hetze und Indoktrination durchdringt, könnte einen Politikwechsel bewirken, wann auch immer. Jedenfalls werden wir die Hoffnung auf bessere, friedlichere Zeiten niemals aufgeben.

In jüngster Zeit gab es zwei Lichtblicke: Dass die Zeit sich nicht scheute, den Gastbeitrag des russischen Präsidenten Wladimir Putin zu veröffentlichen, und die erstaunlich versöhnliche Rede des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier am 18. Juni zum 80. Jahrestag des Angriffs Hitler-Deutschlands auf die Sowjetunion.(3)

Der Schriftsteller und Publizist Dr. jur. Wolfgang Bittner lebt in Göttingen. Kürzlich erschien im Verlag zeitgeist sein Buch „Deutschland – verraten und verkauft. Hintergründe und Analysen“.

Quellen
(1) Wladimir Putin: Offen sein, trotz der Vergangenheit | ZEIT ONLINE
(2) Umfrage_Russland-in-Europa.pdf (koerber-stiftung.de)
(3) www.bundespraesident.de: Der Bundespräsident / Reden / 80 Jahre Überfall auf die Sowjetunion
Erstveröffentlichung: https://www.nachdenkseiten.de/?p=73691


EU auf Konfrontationskurs - LZ

 

Entnommen: https://linkezeitung.de/2021/06/26/eu-gipfeltreffen-die-eu-geht-noch-staerker-auf-konfrontationskurs-gegen-russland/


EU-Gipfeltreffen: Die EU geht noch stärker auf Konfrontationskurs gegen Russland


VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 26. JUNI 2021


von Thomas Röper – http://www.anti-spiegel.ru

Wer nach dem Gipfeltreffen zwischen Putin und Biden Hoffnung auf Entspannung im Verhältnis zu Russland hatte, der wurde enttäuscht. Die EU geht auf ihrem aktuellen Gipfeltreffen noch stärker auf Konfrontationskurs.

Vor dem Gipfeltreffen der EU haben Bundeskanzlerin Merkel und der französische Präsident Macron eine Initiative gestartet, um zumindest irgendetwas für eine – wenn schon nicht – Verbesserung der Beziehungen zu Russland, so doch zumindest für eine Stabilisierung der Beziehungen zu tun. Sie haben vorgeschlagen, wieder gemeinsame Treffen der Staats- und Regierungschefs der EU mit dem russischen Präsidenten durchzuführen. Aber die Initiative ist gescheitert, bevor sie auch nur ernsthaft besprochen werden konnte. Regierungschefs vor allem der baltischen Staaten sprachen sich gegen einen Dialog mit Russland aus und der niederländische Ministerpräsident sagte, er habe nichts dagegen, werde aber selbst nicht an Treffen mit Putin teilnehmen.

Nur welchen Sinn hätten Treffen von Staats- und Regierungschefs, wenn keine Staats- und Regierungschefs daran teilnehmen? Damit war die deutsch-französische Initiative tot.

EU kündigt neue Russland-Sanktionen an


Schon in der Nacht von Donnerstag auf Freitag kündigte die EU an, neue Sanktionen gegen Russland auszuarbeiten. Das ist deshalb bemerkenswert, weil der Westen für seine Sanktionen bisher noch irgendwelche Gründe und „bösartige Handlungen“ als Vorwand vorgeschoben hat. Die braucht es nun anscheinend nicht mehr.

Die russische Regierung sagt schon lange, dass es bei den Sanktionen überhaupt nicht um das geht, was Russland tut oder nicht tut, sondern nur darum, Russland „einzudämmen“. Der Westen sieht Russland als Gegner oder gar Feind an, egal, was Russland tut. Das hat übrigens auch der US-Think Tank RAND-Corperation schon lange offen gesagt. In einer Studie kam man da zu dem Ergebnis, dass Russland keinerlei feindseligen Absichten hat. Aber anstatt sich darüber zu freuen und eine Zusammenarbeit zum Wohle der Menschen in Ost und West zu empfehlen, hat der Think Tank eine lange Liste an Maßnahmen vorgeschlagen, um Russland endlich so sehr zu provozieren, dass es aggressiv reagiert. Darüber habe ich ausführlich berichtet, die Informationen über der RAND-Corperation darüber, dass Russland keine aggressiven Absichten hat, finden Sie hier, während die Liste der von der RAND-Corperation empfohlenen Maßnahmen gegen Russland so umfangreich war, dass ich darüber eine 20-teilige Sonderreihe geschrieben habe, den ersten Teil finden Sie hier.

Diese Scham, für Sanktionen vorgeschobene Vorwände zu suchen, hat die EU nun aufgegeben. In ihrer Erklärung nach dem EU-Gipfel heißt es unter Punkt 29:

„Im Hinblick auf die Stärkung unserer Widerstandsfähigkeit betont der Europäische Rat, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten entschlossen und koordiniert auf jede weitere bösartige, rechtswidrige und störende Aktivität Russlands reagieren müssen, wobei alle der EU zur Verfügung stehenden Instrumente in vollem Umfang genutzt und die Koordinierung mit den Partnern sichergestellt werden müssen. Zu diesem Zweck ersucht der Europäische Rat auch die Kommission und den Hohen Vertreter, Optionen für zusätzliche restriktive Maßnahmen, einschließlich Wirtschaftssanktionen, vorzulegen.“

Das bedeutet im Klartext, dass neue Sanktionen bereits ausgearbeitet werden und man sich später einen Vorwand für ihre Einführung ausdenkt.

„Berechenbarere Beziehungen“


Der EU-Außenbeauftragte Borrell hat danach sofort eilfertig auf Twitter verkündet:

„Ich werde das Thema gemeinsam mit @EU_Kommission verfolgen und an Aufgaben arbeiten, um unsere Aktionen zu operationalisieren und zu einer berechenbareren Beziehung zu Russland beizutragen, um unsere Interessen zu verteidigen.“

Das Wording des Westens wird immer abstruser. Den Menschen wird vorgegaukelt, man stehe im Westen für Frieden und Verständigung und spricht von „berechenbareren Beziehungen.“ Das einzige, was nach dem EU-Gipfel berechenbarer geworden ist, ist die Tatsache, dass die EU die Beziehungen zu Russland weiter verschlechtern will (falls das überhaupt noch möglich ist). Das zeigt sich schon daran, dass die EU-Staatschefs in ihrer Erklärung zu Russland mit folgendem Punkt beginnen:

„Im Einklang mit seinen Schlussfolgerungen vom 24./25. Mai 2021 hat der Europäische Rat die Beziehungen zu Russland unter Berücksichtigung des Berichts des Hohen Vertreters und der Kommission erörtert.“

Über diesen Bericht habe ich bereits berichtet. Seine Kernaussage zu den Beziehungen zu Russland war:

„In die Schranken weisen, Grenzen setzen und Zusammenarbeiten“

Mittelalterliche Methoden


Genau das wurde nun beschlossen, wobei es an Dreistigkeit kaum zu überbieten ist, dass die EU dabei in Punkt 31 ihrer Erklärung sagt, sie sei offen für eine „selektives Engagement mit Russland in Bereichen, die für die EU von Interesse sind.“

Das zeigt die ganze Arroganz der EU, denn bei einer Zusammenarbeit ist es doch normalerweise üblich, dass man sich gemeinsam einigt, wobei man zusammenarbeiten will. Die EU will Russland jedoch diktieren, auf welchen Feldern man zusammenarbeitet. Man muss sich immer wieder fragen, woher diese Überheblichkeit kommt.

Dass das Überheblichkeit ist, wird schnell klar, wenn man sich das umgekehrt vorstellt: Irgendein Land der Erde würde versuchen, der EU vorzuschreiben, wo man zusammenarbeiten kann und wo nicht und im übrigen davon sprechen, man wolle die EU in die Schranken weisen und ihr Grenzen setzen. Eine solche Erklärung würde Brüssel empört als Ungeheuerlichkeit zurückweisen (es sei denn, so etwas kommt aus Washington, dann findet man das in Brüssel in Ordnung).

Es ist übrigens keineswegs meine „pro-russische“ Interpretation, dass die EU mit aller Gewalt eine weitere Verschlechterung der Beziehungen zu Russland anstrebt. Ursula von der Leyen hat das nach dem Treffen selbst gesagt:

„Die Beziehungen zwischen der EU und Russland befinden sich in einer Negativspirale. Wir müssen uns auf eine weitere Verschlechterung vorbereiten (…) Wir sind in einer Position der Stärke, denn wenn wir uns die wirtschaftlichen Beziehungen ansehen, sehen wir, dass die russischen Importe in die EU weniger als 5 Prozent betragen, während die EU-Importe nach Russland mehr als 37 Prozent betragen“

Daran sieht man, dass es dem Westen nicht um Partnerschaft oder Zusammenarbeit auf Augenhöhe geht, sondern darum, andere zu dominieren und ihnen den Willen des Westens aufzuzwingen. Es geht um Macht und der Westen steht dabei nicht für Partnerschaft oder gar das Völkerrecht, sondern – ganz in der Tradition des Mittelalters – für das Recht des Stärkeren, also das Faustrecht: Weil die EU sich stark fühlt, stellt sie Bedingungen und Ultimaten, das sagt von der Leyen ganz offen.

So haben die Raubritter des Mittelalters Politik gemacht und Brüssel scheint dieser Tradition treu bleiben zu wollen.

Die EU-Erklärung und das Völkerrecht


Punkt 32 der EU-Erklärung lautet:

„Der Europäische Rat verurteilt die Einschränkungen der Grundfreiheiten in Russland und den schrumpfenden Raum für die Zivilgesellschaft. Er unterstreicht die Notwendigkeit von Kontakten zwischen den Menschen und der weiteren Unterstützung der russischen Zivilgesellschaft, Menschenrechtsorganisationen und der unabhängigen Medien durch die EU. Er ersucht die Kommission und den Hohen Vertreter, diesbezügliche Vorschläge zu unterbreiten.“

Das verstößt gegen das Völkerrecht, denn dabei handelt es sich um eine Einmischung in die Inneren Angelegenheiten Russlands, was laut UN-Charta verboten ist. Man stelle sich auch das einmal umgekehrt vor: Russland würde offen zum Beispiel „eine weitere Unterstützung“ von Bewegungen wie Pegida oder den Gelbwesten ankündigen. Die Entrüstung in Berlin und Paris wäre grenzenlos!

Aber genau das meint die EU, denn wenn sie von der Zivilgesellschaft in Russland spricht, dann meint sie die pro-westlichen Organisationen, die sie selbst bezahlt. Es geht um nichts weniger als den Versuch, in Russland einen Regimechange zu veranstalten. Vor allem über die „weitere Unterstützung der unabhängigen Medien“ würde ich mich wahnsinnig freuen, denn ich bin tatsächlich unabhängig und lebe ausschließlich von Spenden und Buchverkäufen. Aber die EU meint mit „unabhängigen Medien“ wieder nur die Medien, die sie selbst finanziert. Und dazu gehöre ich nicht, denn ich bin zu unabhängig und habe eine eigene Meinung. Das ist Meinungsfreiheit nach dem Verständnis der EU.

Die EU nimmt hunderttausende Hungertote in Kauf


Außerdem hat die EU in ihrer Erklärung auch die Einführung neuer Wirtschaftssanktionen gegen Weißrussland begrüßt, die Sanktionen wurden also abgesegnet und treten in Kraft. Die Wirtschaftssanktionen der EU gegen Weißrussland umfassen Sanktionen gegen den Handel mit Ölprodukten, Düngemitteln, Technologie und Computerprogrammen. Diese Sanktionen haben das Potenzial, Weißrussland empfindlich zu treffen, denn sie umfassen die wichtigsten Exportgüter des Landes.

Aber damit nicht genug: Weißrussland ist einer der größten Produzenten und Exporteure von Düngemitteln. Wenn die EU-Sanktionen dazu führen, dass Weißrussland diese nicht mehr exportieren kann, wird das zu verminderten Ernten und damit zu hunderttausenden Hungertoten zum Beispiel in Afrika führen. Und selbst wenn Weißrusslands Export durch die Sanktionen nicht gestoppt wird, wird er zumindest verteuert, was ebenfalls zu Hungertoten in den ärmsten Ländern der Welt führen wird, wo die Menschen sich Lebensmittel schon jetzt kaum leisten können. Die EU-Sanktionen werden aber in jedem Fall dazu führen, dass die Lebensmittelpreise weltweit steigen werden. Darüber habe ich bereits berichtet, die Details finden Sie hier.

Um ihre geopolitischen Machtinteressen durchzusetzen, ist die EU bereit hunderttausende Hungertote in Kauf zu nehmen.

Und diese Menschen, die derartige Beschlüsse gefasst haben, stellen sich anschließend vor die Kameras und verkünden, sie würden Armut und Hunger auf der Welt bekämpfen und wollten Wohlstand für alle. In Wirklichkeit lauten die wahren „westlichen Werte“: Für Macht gehen wir über Leichen.


Mittwoch, 23. Juni 2021

AUFRUF ZUR VERNUNFT - freidenker

 

Entnommen: https://www.freidenker.org/?p=10588


Gemeinsam für den Frieden – Ein Aufruf zur Vernunft


Zur Erinnerung und Mahnung an den 22.06.1941, dem Tag des Überfalls der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion, fand am 16.06.2021 eine Pressekonferenz des Verbandes zur Pflege der Traditionen der NVA und GT der DDR und von ISOR e.V. statt. Dort wurde der Aufruf „Gemeinsam für den Frieden“ von Militärs aus Ost und West vorgestellt.

Wir dokumentieren den Aufruf sowie die Rede von Generalleutnant a.D. Manfred Grätz


Gemeinsam für den Frieden – Ein Aufruf zur Vernunft


Angesichts der militärischen und politischen Situation der Welt von heute wird der Kampf um den Frieden immer mehr zum zentralen Anliegen aller vernünftigen Menschen.

Ehemalige oder heute noch aktive Militärs in Ost und West haben diesbezüglich eine besondere Verantwortung, weil sie die Folgen von Kriegen kennen.

Frieden ist heute nur erreichbar, wenn wir zurückkehren zu den Prinzipien, auf denen 1945 nach zwei Weltkriegen auf der Basis der Charta der Vereinten Nationen die Nachkriegsordnung aufgebaut wurde:

Achtung der souveränen Gleichheit aller Staaten, gleich ob groß oder klein
Verzicht auf die Androhung und Anwendung von Gewalt
Zu diesen Prinzipien müssen wir zurückkehren, vor allem angesichts des Vernichtungspotentials von Atomwaffen und Massenvernichtungsmitteln sowie der Ausdehnung des militärischen und wissenschaftlichen Wettrüstens auf immer neue Gebiete, bis hin zum Kosmos.

Deshalb rufen wir auf zur Besinnung auf eine Politik des gegenseitigen Respekts und der Zusammenarbeit, vor allem der ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates der UNO, denen als Atommächte eine besondere Rolle zukommt.

Unser Land, eine der stärksten Wirtschaftsmächte der Welt, trägt wegen seiner Geschichte dabei eine besondere Verantwortung.

Soldaten der höheren Führungsebene erkennen auch bei uns ihre Verantwortung, die Politiker zu einer Politik der Friedenserhaltung und Zusammenarbeit aufzurufen.

Wer heute über Mittel verfügt, die über Leben oder Tod entscheiden, kann sich nicht mehr als bloßer Befehlsempfänger der Politik sehen. Wer diese Verantwortung auf seinen Schultern trägt, hat nicht nur die Pflicht, sondern auch das Recht, eine Politik einzufordern, die das gemeinsame Überleben aller sichert.

Die Sorge um die Erhaltung des Friedens und die Wahrnehmung unserer Verantwortung für die Zukunft sollte uns über alle sonstigen Unterschiede hinweg einen. Diese Erde gehört nicht nur uns, sie gehört auch den Generationen, die noch ins Leben treten werden.

Alle, die die Sorge um die Erhaltung des Friedens und des Überlebens mit uns teilen, sind willkommen, unabhängig von ihrer Nationalität, Profession, ihrem Alter, Geschlecht und Glaubensbekenntnis.

Wir fordern von unseren Regierungen, Konflikte mit friedlichen Mitteln unter Beachtung der Interessen der Mehrheit der Menschen zu lösen.

Unsere Regierungen sollen eine Politik der Zusammenarbeit führen und gegen andere Länder keine Politik betreiben, die sie zwingen könnte, ihre Interessen mit militärischen Mitteln zu schützen.

Als Militärs fordern wir, den über Jahrzehnte erfolgreichen Prozess der Rüstungskontrolle auf allen Ebenen fortzusetzen. Er ist seit über einem halben Jahrhundert Beweis dafür, dass bei entsprechendem politischem Willen und gegenseitiger Achtung auch komplizierte Probleme unter strikter Kontrolle einvernehmlich lösbar sind.

Allen ist klar, dieser Prozess bedarf seiner Anpassung an die Veränderungen in der Welt.

Gemeinsam mit vielen gleichgesinnten Verantwortungsträgern rufen wir deshalb dazu auf, innezuhalten mit der Zerstörung des Völkerrechts und der elementaren Lebensgrundlagen der Völker.

Es geht um unser Aller Überleben!

Heute werden dafür die Weichen gestellt!

Generaloberst a.D. Fritz Streletz
Generalleutnant a.D. Manfred Grätz
Generalleutnant a.D. Wolfgang Neidhardt
Generalmajor a.D. Manfred Jonischkies
Konteradmiral a.D. Gerhard Müller
Oberst a.D. Frithjof Banisch
Oberst a.D. Herbert Prauß
Oberstarzt Dr. Georg Ludvik (Österreich)
Kapitän zur See a.D. Gerhard Matthes
Oberstleutnant a.D. Siegfried Eichner
Major a.D. (Bw) Florian Pfaff    Generaloberst Vitali Asarew (RF)
Generalleutnant a.D. Horst Sylla
Generalmajor a.D. Sebald Daum
Generalmajor a. D. Dr. Günter Voigt
Oberst a. D. Friedemann Munkelt
Oberst a.D. Bernd Biedermann
Oberst a.D. Nikolai W. Tschuikow (RF)
Kapitän z. See a.D. Werner Murzynowski
Kapitan 1. Ranges a.D. Mikhail Pyresin (RF)
Major a.D. Rainer Paskowsky
Berlin, 16. Juni 2021

Einen nochmaligen 22. Juni 1941 darf es nicht geben


Rede von Generalleutnant a.D. Manfred Grätz auf der Pressekonferenz am 16.06.2021

Schon einmal, vor nunmehr sechs Jahren, wandten wir uns mit einem Aufruf „Soldaten für den Frieden“ an die Öffentlichkeit.

Anlässlich des 70. Jahrestages der Befreiung vom Hitlerfaschismus durch die einstige Antihitlerkoalition brachten wir damals unsere Sorge um die Erhaltung des Friedens und den Fortbestand der Zivilisation in Europa zum Ausdruck.

Wir konstatierten, dass der Krieg wieder zum ständigen Begleiter der Menschheit geworden ist, dass die von den USA und ihren Verbündeten betriebenen Bemühungen um die Neuordnung der Welt immer deutlicher und aggressiver spürbar wurden und dass vor allem die NATO-Osterweiterung in Richtung Russland unaufhaltsam vorangetrieben wurde.

Eben weil wir als ehemalige Militärs sehr gut wissen, was Krieg bedeutet, erhoben wir bereits damals unsere Stimme gegen den Krieg, für den Frieden.

Heute nun, am Vorabend des 80. Jahrestages des Überfalls Hitlerdeutschlands auf die Sowjetunion, jenes 22. Juni 1941, der sich mit blutigen Lettern für immer in den Geschichtsbüchern der Menschheit verewigt hat, melden wir uns erneut zu Wort.

Unser Gewissen treibt uns voran.

Unsere moralische Verantwortung als ehemalige Militärs, die wissen was Krieg bedeutet und die Jahrzehnte für die Erhaltung des Friedens ihren Dienst verrichtet haben, lässt uns nicht ruhen, lässt uns mahnen, auch warnen.

Das sind wir uns selbst, mehr noch den jüngeren Generationen, die ihr Leben noch vor sich haben, schuldig.

Schweigen ist nicht unsere Art. Und deshalb erheben wir erneut unsere Stimme.

Dabei gedenken wir der unzähligen Opfer des 2. Weltkrieges, unter ihnen der mehr als 27 Millionen Toten, die allein die Sowjetunion zu beklagen hatte.

Gleichzeitig bringen wir unsere Sorge zum Ausdruck, die Sorge darum, dass die sich mehr und mehr zuspitzenden Widersprüche in unserer unruhigen Welt ausufern könnten in einen neuerlichen Weltenbrand.

Einen nochmaligen 22. Juni 1941 darf es nicht geben.

Die Widersprüche zwischen den führenden Mächten sind so groß wie nie. USA, NATO, EU und Verbündete in Asien auf der einen Seite, Russland und China auf der anderen. Der Kampf um monopolaren Führungsanspruch der USA stößt auf den Widerstand von Russland und China, die um eine multipolare Welt bemüht sind. Dieser Widerspruch vertieft die Gräben für Gesprächs- und Verständigungsbereitschaft zunehmend, was wiederum die latent existierende Kriegsgefahr nicht geringer werden lässt.

Die NATO ist dabei, sich neu aufzustellen, nachzulesen im jüngsten Dokument „NATO 2030“.

Die Marschrichtung ist klar und eindeutig definiert. Sie weist – wieder einmal – gen Osten.

Russland wird zum „Feind“ erklärt. Russland ist die „Hauptbedrohung“, der sich die NATO gegenüber sieht. Russland ist an allem schuld! So die Hauptargumentationslinie des Westens in Kurzfassung. Wie heuchlerisch, wie lügenhaft, welche Verdrehung der Tatsachen!

Lassen wir doch einfach ein paar wenige Fakten sprechen, um zu verdeutlichen, wer wen bedroht und wer wen zu fürchten hat.

Nehmen wir militärische Konfrontationen in Grenznähe zu Russland durch NATO – Präsenz, kleinere und größere Übungen und Manöver.

Das jüngste NATO-Großmanöver “Defender 2021“ möge als Beispiel stehen.

ca. 31.000 Mann aus 28 Staaten, US-geführt, in Ost- und Südosteuropa
darunter auch Nicht-NATO-Staaten wie Ukraine und  Georgien
Übungen in Albanien, Kroatien, Bulgarien, Bosnien-Herzegowina, also an der Südflanke, sowie  in den Baltischen Staaten im Norden.
All das in Grenznähe und in Richtung Russland.

Und dazu natürlich die Beschuldigungen gegen Russland wegen Aggressivität und Bedrohung der östlichen NATO-Bündnispartner.

Welch´ schizophrene Argumentation:

Manöver vor den Grenzen Russlands dienen der Sicherheit der osteuropäischen NATO-Verbündeten.
Manöver Russlands auf dessen eigenem Territorium werden zu Aggressivität und Kriegsgefahr hochstilisiert.
Oder nehmen wir die seit dem NATO-Gipfel in Warschau im Juli 2016 anhaltende Stationierung von NATO-Kontingenten im Baltikum, an der Südflanke und in Polen.

Schon ein flüchtiger Blick auf die Landkarte genügt. Man muss kein Militär sein, um die eindeutige Umklammerung Russlands zu erkennen.

Und wieder die Frage: Wer bedroht wen?

Schließlich noch ein Wort zum Anheizen der Rüstung.

Sipri, das Stockholm International Peace Research Institute, schreibt von einem globalen Rüstungsboom auch unter Corona-Bedingungen, und davon, dass so viel Geld letztmalig 1988 ausgegeben wurde, und damals herrschte noch der Kalte Krieg (der ohnehin nie beendet wurde und gegenwärtig wieder deutlicher angeheizt wird). Lassen wir nur einige wenige Zahlen sprechen:

Unvorstellbare 1.981 Mrd. US-Dollar wurden 2020 ausgegeben. Das sind weltweit 2,4 % des Bruttosozialproduktes und noch einmal 2,6 % mehr als im vorangegangenen Jahr.

An diesen Ausgaben sind beteiligt:

USA mit  39 %
China – 13 %
Indien – 3,7 %
Russland – 3,1 %
Deutschland – 2,7 %
Frankreich – 2,7 %
Auch wenn diese Zahlen für sich sprechen, vielleicht nur so viel:

Die unangefochtene Führung der USA in diesem Ranking verdeutlicht einmal mehr ihren alleinigen Führungsanspruch. Selbst der immer noch deutliche zweite Platz dahinter von China, lediglich ein Drittel der Größenordnung der USA, nimmt sich da schon relativ bescheiden aus.

Und Russland, der von der westlichen Welt so gefürchtete gefährliche Aggressor, mit 3,1 % weit abgeschlagen?

Auch in diesem Vergleich zeigen sich Heuchelei und Demagogie des westlichen Mainstreams.

Aber, und das sollten sich unsere Regierenden zu Gemüte führen, wenn Deutschland und Frankreich, beide für sich schon nahe bei Russland, beide zusammen aber deutlich mehr ausgeben als Russland, dann spricht auch das wiederum eine sehr deutliche Sprache! Vielleicht ergeben sich daraus auch Folgerungen für unseren Rüstungsetat und nicht zuletzt auch Überlegungen für das Verhalten zu Russland.

Lassen wir es dabei bewenden.

Das sog. Raketenabwehrsystem auf dem Territorium von Polen und Rumänien mit Großradar in der Türkei, die einseitige Aufkündigung internationaler Verträge, die hybride Kriegsführung in all ihren Facetten wären weitere Beispiele dafür, Licht in die heuchlerische Argumentation der westlichen Welt zu bringen.

Weiterführende Gedanken dazu würde allerdings das Anliegen dieses Beitrages sprengen.

Unsere Haltung zu Krieg und Frieden ist eindeutig.

Dafür, für die Erhaltung des Friedens in der Welt, haben wir Jahrzehnte mit Überzeugung alles gegeben.

Daran hat sich nichts geändert, auch wenn die Geschichte anders verlaufen ist, als wir es wollten.

Deshalb verfolgen wir aufmerksam, wie sich die Sehnsucht der Menschen nach Frieden, ihre Abscheu vor Krieg und Vernichtung, mehr und mehr, wenn auch zaghaft und noch viel zu wenig, in Aktionen und Erklärungen widerspiegelt.

Wir unterstützen alle Bemühungen, alle Aktivitäten, die geeignet sind, den Regierenden in der Welt, wo auch immer, zu zeigen, dass Krieg und Gewalt kein Mittel zur Lösung von Problemen sind.

So haben wir mit großer Aufmerksamkeit den offenen Brief von ehemaligen französischen Generälen und hohen Offizieren zur Kenntnis genommen, den sie als Reaktion auf den Plan „NATO 2030“ an den Generalsekretär der NATO, Jens Stoltenberg, richteten. Die Übereinstimmung unserer Auffassungen zur NATO, insbesondere zum aggressiven Kurs gegenüber Russland, zur NATO-Osterweiterung und einer Reihe weiterer Probleme hat uns veranlasst, dem Unterzeichner des offenen Briefes unseren Aufruf „Gemeinsam für den Frieden“ zur Kenntnis zu geben.

Die Antwort darauf war sehr wohlwollend und ermutigend.

Auch aus Österreich gibt es von einem Oberstarzt (Dr. Georg Ludvik) eine sehr persönliche Zuschrift über die Sehnsucht der Menschen nach Frieden, verbunden mit Respekt und Anerkennung für die NVA im Nachhinein.

Er schließt mit den zustimmenden Worten:

„Möge der Aufruf zu Frieden und Vernunft ein entsprechendes Echo erfahren, nie verhallen und fruchtbaren Boden finden.“

In vielen Verbänden, Vereinigungen und Zivilgesellschaften wird des 22. Juni 1941, jenes geschichtsträchtigen Datums, in vielfältiger Form gedacht werden. All diese Aktivitäten finden unsere Anerkennung und Würdigung, unseren Appell haben wir nicht umsonst überschrieben mit „Gemeinsam für den Frieden“.

Ein gemeinsamer Appell mehrerer Ost-West-Gesellschaften soll hier für viele stehen, der unter dem Titel „Kein Kalter Krieg gegen Russland – Hört auf damit“ bereits viel Aufmerksamkeit und bis heute nahezu Tausend Unterstützer gefunden hat.

Ich zähle mich zu ihnen.

All diese Appelle, Willensbekundungen und ehrenden Gedenken anlässlich dieses denkwürdigen Tages 22.06.1941 sind Mahnung und Verpflichtung gleichermaßen.

Zu allererst richten sie sich an die Regierenden in aller Welt, innezuhalten mit kriegerischen Auseinandersetzungen und für ein friedliches Miteinander zu sorgen.

Deutschland, dem Verursacher des Vernichtungskrieges gegen die SU, kommt hierbei eine besondere Verantwortung zu. Wer, wenn nicht die BRD, noch dazu stärkste und einflussreichste Kraft in der EU, sollte eine eigenständige, von den USA unabhängige  Politik durchsetzen, die auf eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Russland gerichtet ist, die dem Frieden und der Verständigung dient.

Gemeinsam mit Russland für den Frieden. Ohne Russland wird es in der Welt keinen Frieden geben.

Generalleutnant a.D. Manfred Grätz war letzter Chef des Hauptstabes der Nationalen Volksarmee der DDR

Wir danken Joachim Bonatz für die Unterstützung bei der Bereitstellung der Texte.

Joachim Bonatz ist Stellv. Vorsitzender des ISOR e.V.,
der Initiativgemeinschaft zum Schutz der sozialen Rechte ehemaliger Angehöriger bewaffneter Organe und der Zollverwaltung der DDR.


Montag, 21. Juni 2021

MUTTER IN DER KRYPTA - Harry Popow

 

NACH DEM DEUTSCHEN VERBRECHEN


UNSERE MUTTER IN DER KRYPTA

Vor Jahren: Langsam gehe ich auf das große Denkmal zu. Treptow. Der Park. Sonne und Maienduft. Jahrzehnte war ich nicht mehr hier. Eingesteckt habe ich ein Foto. Unsere russische Mutter Tamara (1915-1984, sie kam 1935 aus Liebe nach Deutschland, unser deutscher Vater lernte sie in der Sowjetunion kennen) mit sowjetischen Gästen. Im Hintergrund das Ehrenmal. Wann? Irgendwie in den 70er Jahren? Dort in der Krypta wurde sie verewigt – in einem Mosaik-Fries mit anderen sowjetischen Männern und Frauen. Ich bin gespannt. 1949 war ich mit unserer Mama als dreizehnjähriger in der Krypta, kurz nach der offiziellen Eröffnung des Ehrenmals. In Erinnerung ist mir, dass sie ihre rechte Hand auf die Schultern einer vor ihr stehenden Frau legt. Zum Trost. dass der Krieg beendet ist, dass das Leben weitergeht, dass sie endlich da ist – die Befreiung von der furchtbaren Last dieses größten verbrecherischen Krieges in der Geschichte der Menschheit.

Meine Schritte verlangsame ich. Ich denke, grübele. An meiner Seite ein guter Bekannter. Hans heißt er. Hat ebenso einen Lebensweg hinter sich wie ich. Der Befreiung haben wir Nachdruck verliehen, damit es nie wieder soweit kommt. Mit der Waffe in der Hand. Wir hatten unseren Sinn des Lebens gefunden: Humanität muss mitunter hart verteidigt werden.

Die Stufen nach oben. Die Krypta, das Eisengitter geschlossen. So ein Pech. Was nun? Stille. Leute, die Blumen ablegen. Auch wir. Ich trete dicht ans Tor. Die Figuren geradeaus sind gut zu erkennen. Meine Mutter aber soll im Rondell ganz links abgebildet sein. So weiß ich das noch von 1949. Aber den Kopf kann ich nicht durchs Gitter stecken, dafür aber meinen Fotoapparat. Ich richte ihn wohl zu weit nach links, es wurde nichts. Schade. Aber Hans versucht sich ebenfalls. Vielleicht schafft er es?

Plötzlich träume ich: „Na, wie geht’s, mein guter Junge?“ Mir stockt das Herz. Was soll ich sagen in der Kürze? Sie, die stets sich zu befreien wusste von Kleinmut, Egoismus, Herzlosigkeit. Aber Härte konnte sie ebenfalls zeigen: Bei Dummheit, bei kleingeistigem Denken und Verhalten, bei blödem Geschwätz, sie war selbst immer politisch hellwach. Dazu schön, klug und begabt. Und tapfer, als russische Mutter von vier Kindern im faschistischen Deutschland zu überleben. In der DDR war sie Dolmetscherin für ihre Landsleute – vorwiegend sowjetische Wissenschaftler, die Gäste der DDR waren. Die umsorgte sie warmherzig und mit fachlichem Können.

Verträgt sie die Wahrheit über unsere jetzigen Zustände in Deutschland? Durch vorwiegend auch eigene Schuld, füge ich hinzu. Ist sie erschüttert? Ich beruhige sie. Brot ist da, Kleidung, Sachwerte - alles in Überfülle. Ich glaube, sie müde lächeln zu sehen, so von der Seite. Nein, nur Materielles war nie der jungen Russin alleiniges Ding. Sie liebte Musik, Literatur, Gemälde vor allem, Geistiges. Und wollte auch reisen. Das war begrenzt, sehr sogar. Und nun, höre ich sie im Geiste fragen? Sie verlangte stets ein klares Wort, keine Heuchelei, keine Unehrlichkeit. Und so rede ich Klartext: das ALTE hat uns wieder in seinem Schoß. Hart erkämpftes Soziales gibt es zwar – allerdings mit sehr vielen Abstrichen, mit zunehmend größeren Widersprüchen. Und das Schlimme – auch Kriege und Gewalt gibt es wieder. Weltweit. Die Gelddiktatur schüttelt die Menschen und Verhältnisse durcheinander.

Mein Blick fällt erst Tage später auf ihre damals sehr schlanke Frauenfigur. Abgebildet auf einem Foto von Hans, der sie mit seiner Kamera doch noch erwischt hat. Danke, lieber Hans. Nun kann ich es ihr nicht mehr tröstend zurufen: Wir sind wieder auf dem Weg, auf einem zunehmend harten Weg. Und wissen nicht, wie das und wo das alles enden wird. „Tschüß, liebste Mama!“ Dein Optimismus – er wirkt nach, er steht fürs ewige gute Hoffen. Und fürs Tun…

Dein Sohn H.

Nachtrag vom 14. Mai 2012: Vor der Krypta fragten Hans und mich zwei Damen an dem besagten 08. Mai, ob die Denkmal-Figur und das Kind authentisch seien. Hans bejahte und ich ergänzte, der sowjetische Militärjournalist Boris Polewoi habe dazu als Augenzeuge den Tatsachenbericht geliefert.

Zu Hause habe ich mich – nach zig Jahren - bei Boris Polewoi noch einmal schlau gemacht. Ja, er hat die Rettung des kleinen blonden Mädchens durch den Obersergeanten Trifon Lukjanowitsch, ein Belorusse, in seinen Büchern "Berlin 896 km" und "Die Reportagen meines Lebens" geschildert, also selbst miterlebt. Interessant: Er schrieb von einer "Eisenstraße" in Berlin, wo der Obersergeant über das unter feindlichem Beschuss liegende Straßenpflaster kroch und das Kind aus den Trümmern rettete, als es um die tote Mutter wimmerte und schluchzte. Später fand er diese Straße nicht. Es stellte sich aber heraus, dass es die "Elsenstraße" in Trepow war. Das war 1945 offensichtlich von einem Geschoss getroffen worden, und so irrte er mit dem angeblichen Namen Eisenstraße.


Übrigens hatte er auch erfahren, dass es noch eine weitere Rettung eines Kindes in Berlin gab, wie General W.I. Tschuikow einem Bildhauer erzählt habe. Nun denn, jetzt ist mir wohler, da ich´s nochmals gelesen hatte. Polewoi wurde später durch den Bildhauer, der das Ehrenmal schuf, über das Aussehen des Helden tüchtig ausgefragt. Dieser Held starb allerdings Tage später an seiner Verletzung, die ihm ein Faschist durch einen einzigen Schuss - unmittelbar, nachdem er das Kind in die eigene Stellung zurückgebracht hatte - zufügte.

Wen interessiert es heute noch???? Frage per E-Mail an meinen Bekannten Hans. Seine Antwort: Bei alten Höhlenmalereien wusste auch niemand, wer das mal sehen und bewundern wird…

Ach so: Vor uns auf den Stufen eine Schulklasse zum Ehrenmal. Sie lässt sich fotografieren!! Und nach uns kamen noch viele – vereinzelt und in Gruppen…

Autor, Blogger, Rezensent, Hobbymaler
http://cleo-schreiber.blogspot.com




AUSBRUCH AUS DER STILLE. Persönliche Lebensbilder in Umbruchzeiten. Taschenbuch: 500 Seiten, Verlag: epubli; Auflage 1 (18. Februar 2019), Sprache: Deutsch, ISBN-10: 3748512988, ISBN-13: ISBN: 9783748512981, Preis: 26,99 Euro


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DER ÜBERFALL - sascha313

 

Entnommen: https://sascha313.wordpress.com/2021/06/20/der-faschistisch-deutsche-uberfall-auf-die-sowjetunion/#more-103134


Der faschistisch-deutsche Überfall auf die Sowjetunion


Erstellt am 20. Juni 2021 von sascha313

1941Am 22. Juni 1941 überfielen deutsche Truppen heimtückisch und wortbrüchig die Sowjetunion. Mit bestialischer Grausamkeit metzelten die Faschisten alles nieder, was lebendig war – Kinder, Frauen, alte Menschen. Sie zerstörten Schulen, Museen und Bibliotheken, brannten ganze Dörfer nieder, zertrümmerten Städte, Fabriken und landwirtschaftliche Genossenschaften. Rücksichtslos wurden die reifen Felder mit Hunderten von Panzern niedergewalzt. Das Vieh wurde gestohlen und massenhaft nach Deutschland transportiert. Die Faschisten raubten, plünderten und mordeten ohne Gnade. Noch niemals zuvor hatte es in einem Land ein solches Blutbad gegeben. Das geschah vor 80 Jahren. Heute leben wir erneut im Kapitalismus und fast die ganze Welt hat nach einem Jahr einer angeblichen Corona-„Pandemie“ die faschistische Herrschaft des Imperialismus in aller ihrer Grausamkeit und Verlogenheit erneut kennengelernt. Einer der Nachkommen dieser Faschisten ist der deutsche Führer des Weltwirtschaftsforums, Klaus Schwab. – Der 80. Jahrestag des Überfalls auf die Sowjetunion sei uns Erinnerung und Mahnung!


Die Vorgeschichte
Der Überfall auf die UdSSR war ursprünglich für das Frühjahr 1941 vorgesehen, verzögerte sich jedoch wegen der Ereignisse auf dem Balkan. Das kleine Griechenland brachte den italienischen Fa­schisten bei ihrem Annexionsversuch eine empfind­liche Niederlage bei. Die Deutschen entschlossen sich daher, Griechenland und Jugoslawien zu besetzen, um im bevorstehenden Kampf gegen die UdSSR ein gesichertes Hinterland zu haben. Die deut­schen Truppen besetzten im Einvernehmen mit der faschistischen bulgarischen Regierung Bulgarien und machten das Land zum Aufmarschgebiet für den Überfall auf Griechenland und für den Kampf gegen die Sowjetunion. Zur gleichen Zeit drangen die deutschen Truppen auch in Jugoslawien ein. Das grie­chische und das jugoslawische Volk leisteten zwar heldenhaften Widerstand, wurden aber von den eigenen faschistischen und halbfaschistischen Re­gierungen verraten. Die Bevölkerung zog sich in die Berge zurück, von wo aus ein erbitterter Kampf gegen die deutsch-faschistischen Bedrücker und die von ihnen aus Landesverrätern gebildeten Ma­rionettenregierungen begann. Im Sommer 1941 standen folgende Staaten unter dem J ach der deut­schen Faschisten: Österreich, die Tschechoslowakei, Polen, Dänemark, Norwegen, Belgien, Holland, Luxemburg, Frankreich, Griechenland und Jugo­slawien.

Der Überfall auf die Sowjetunion
Am 22. Juni 1941 fielen deutsche Truppen, wort­brüchig und ohne Kriegserklärung, auf der Front vom Nördlichen Eismeer bis zum Schwatzen Meer, plötzlich in sowjetisches Gebiet ein. Dutzende fried­licher Städte wurden von Fliegern bombardiert. Neben den deutschen Faschisten traten auch Italien, Finnland, Rumänien und Ungarn in den Krieg gegen die Sowjetunion ein. Im Verlauf der ersten 10 Tage gelang es den Hitlertruppen, Litauen, einen beträcht­lichen Teil Lettlands, den Westen Belorußlands und einen Teil der West-Ukraine zu besetzen. Das Sowjetland befand sich in tödlicher Gefahr.

Rundfunkansprache des Genossen Stalin
Stalin-1941Am 3. Juli 1941 hielt der Führer der Völker der Sowjetunion, J.W. Stalin, eine Rundfunkansprache an das Sowjetvolk und erklärte: „Es geht also um Leben oder Tod des Sowjetstaates, um Leben oder Tod der Völker der Sowjetunion; es geht darum, ob die Völker der Sowjetunion frei sein oder in Ver­sklavung geraten sollen“ (Stalin, Über den Großen Vaterländischen Krieg der Sowjetunion, 5. Aufl., 1946, S. 13; deutsch: ebenda, Berlin 1951, S. 10). Stalin rief damit das gesamte Sowjetvolk zum Be­freiungskampf für die sozialistische Heimat und zur Verteidigung der Errungenschaften der Großen So­zialistischen Oktoberrevolution auf.

Ein übermächtiger Feind
Das faschistische Deutschland besaß zur Zeit des Überfalles auf die UdSSR eine Reihe wesentlicher Vorteile: es hatte seit langem zum Kriege gerüstet und seine ganze Industrie auf die Rüstung um­gestellt. Die gesamte europäische Industrie – mit Ausnahme der englischen – arbeitete für die deutsch-faschistische Wehrmacht. Die deutschen Faschisten verfügten über mehr Panzer, Flugzeuge und Geschütze als die Rote Armee. Dies war kein Zufall. In seinem Bericht anläßlich des 27. Jahres­tages der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution führte J.W. Stalin folgendes aus:

„Diese Frage ist um so mehr am Platze, als die aggressiven Nationen, wie die Geschichte zeigt, gewöhnlich besser auf einen neuen Krieg vorbereitet sind als die friedliebenden Nationen, die, uninteressiert an einem neuen Krieg, gewöhnlich mit der Vorbereitung zum Kriege zu spät kommen“

(Stalin, Über den Großen Vater­ländischen Krieg der Sowjetunion, 5. Aufl., 1946, S. 167; deutsch: ebenda, Berlin 1951, S. 191).


Eine Riesenarmee überfällt das friedliche Land
Hitler hatte eine mit allem ausgerüstete Riesenarmee mobilisiert, sie an den Grenzen der Sowjetunion konzentriert und gewaltige Waffen- und Munitionsreserven angelegt. Die deutsche Armee bestand aus Elitetruppen, die über eine zweijährige Kriegserfahrung verfügten und die Armeen großer europäischer Staaten besiegt hatten. Außer Italien, Finnland, Rumänien und Ungarn, die ihre Truppen in den Kampf gegen die UdSSR warfen. standen faktisch auf Seiten Deutschlands auch noch Bulgarien und Spanien. Letzteres stellte den deutschen Faschisten nicht nur seine gesamten Hilfsquellen zur Verfügung, sondern entsandte auch noch die einige zehntausend Mann starke sogenannte „Blaue Division“ gegen die UdSSR. Das mit Deutschland verbündete Japan befand sich zwar nicht im Kriegszustand mit der Sowjetunion, zwang sie aber, erhebliche Truppenkontingente im Osten in Bereitschaft zu halten.

(Anm.: In 2. Weltkrieg war Spanien formell neutral, nahm aber mit der „Blauen Division“ am Kampf gegen die UdSSR teil. Diese faschistische Einheit zeichnete sich durch besondere Grausamkeit aus. Die BRD hat bis heute jährlich über 100.000 Euro an die Nachkommen dieser Nazi-Kollaborateure bezahlt.)


Der Plan „Barbarossa“ – ein „Blitzkrieg“?
BarbarossaplanDie Sowjetunion mußte also den gleichen Stoß des deutschen Blocks auffangen, dessen Gewalt sich im ersten Weltkrieg auf die gesamte Entente ver­teilt hatte, d.h. auf immerhin so bedeutende Mächte wie England, Frankreich und Rußland einschließlich ihrer Verbündeten wie Japan, Italien, USA und eini­ger Dutzend anderer Staaten, die sich damals der Entente zum vereinten Kampf gegen den deutschen Block angeschlossen hatten. All das ermöglichte es den deutsch-faschistischen Eindringlingen, durch einen überraschenden Überfall tief in das Innere der Sowjetunion vorzudringen und in der ersten Etappe des Krieges beträchtliche Erfolge zu erzielen.

Der heldenhafte Kampf der Völker der UdSSR
Der Widerstandswille des Sowjetvolkes blieb je­doch ungebrochen. Durch einen Aufruf J.W. Stalins wurden alle Reserven des Landes für die Verteidigung mobilisiert. Das Land verwandelte sich in ein einziges gewaltiges Heerlager. Aus den bedrohten Bezirken wurden Hunderte von Werken und Fabriken nach dem Osten verlagert, das gesamte rollende Material der Eisenbahn weggeschafft, das Vieh zurückgetrieben, alles Wertvolle vernichtet und Millionen Menschen evakuiert. Tausende von Betrieben wurden mitsamt ihrer Belegschaft in die östlichen Bezirke – in den Ural, nach Sibirien oder Mittelasien – verlagert, wo sie ihre Arbeit wieder aufnahmen. Im Osten des Landes wurden neue Rüstungswerke aufgebaut, neue Städte und Ortschaften wuchsen aus dem Erdboden.

Voraussetzungen für den Sieg
Die in den Jahren der Stalinschen Fünfjahrpläne hier entstandene zweite Kohlen- und Erzbasis erlangte eine ungeahnte Bedeutung. Innerhalb kürzester Frist stellte sich die gesamte Industrie des Landes völlig auf die Rüstungsproduktion um. Die Werke begannen in Massen Panzer, Flugzeuge, Geschütze aller Art, Granatwerfer, Panzerbüchsen usw., herzustellen. Das war eine gewaltige, noch nicht dagewesene Leistung für den Sieg über den Feind. Alles das erforderte ungeheure organisatorische Anstrengungen der Bolschewistischen Partei, des Sowjetapparates und der gesellschaftlichen Organisationen des Sowjetlandes.

Quelle: Große Sowjet-Enzyklopädie (2 Bde.); Verlag Kultur und Fortschritt, Berlin, 1952, S.739-741. (Zwischenüberschriften eingefügt. N.G.)
J.W. Stalin


WAS SIND DIE „NATIONALSOZIALISTEN“?
Die deutschen Eindringlinge, d.h. die Hitlerleute, werden bei uns gewöhnlich Faschisten genannt. Die Hitlerleute aber halten das, wie sich herausstellt, für unrichtig und fahren hartnäckig fort, sich „Nationalsozialisten“ zu nennen. Die Deutschen wollen uns also einreden, daß die Partei der Hitlerleute, die Partei der deutschen Landräuber, die Europa ausplündert und einen frevelhaften Überfall auf unseren sozialistischen Staat ins Werk gesetzt hat, eine sozialistische Partei wäre. Ist das möglich? Was kann es Gemeinsames geben zwischen dem Sozialismus und den vertierten Hitlerschen Landräubern, die die Völker Europas ausplündern und unterdrücken?

Sind die Nazis „Nationalisten“?
Kann man die Hitlerleute für Nationalisten halten? Nein, das kann man nicht. In Wirklichkeit sind die Hitlerleute jetzt keine Nationalisten, sondern Imperialisten. Solange sich die Hitlerleute damit befassten, die deutschen Länder zusammenzufassen und ihnen das Rheingebiet, Österreich usw. wieder anzuschließen, konnte man sie mit einer gewissen Berechtigung für Nationalisten halten. Nachdem, sie jedoch fremde Gebiete geraubt und europäische Nationen – die Tschechen, Slowaken, Polen, Norweger, Dänen, Holländer, Belgier, Franzosen, Serben, Griechen, Ukrainer, Bjelorussen, Balten usw. – unterjocht haben und dazu übergegangen sind, die Weltherrschaft anzustreben, hat die Hitlerpartei aufgehört, eine nationalistische Partei zu sein, denn seit diesem Augenblick ist sie zu einer imperialistischen, annexionistischen Unterdrückerpartei geworden.

Im Auftrag des deutschen Imperialismus
Die Partei der Hitlerleute ist eine Partei von Imperialisten, und zwar der gierigsten und räuberischsten Imperialisten unter allen Imperialisten der Welt. Kann man die Hitlerleute für Sozialisten halten? Nein, das kann man nicht. In Wirklichkeit sind die Hitlerleute geschworene Feinde des Sozialismus, die schlimmsten Reaktionäre und Pogromhelden, die die Arbeiterklasse und die Völker Europas der elementarsten demokratischen Freiheiten beraubt haben. Um ihr reaktionäres Pogromwesen zu bemänteln, beschimpfen die Hitlerleute das innere Regime Englands und Amerikas als ein plutokratisches Regime. Aber in England und in den Vereinigten Staaten von Amerika gibt es elementare demokratische Freiheiten, dort bestehen Gewerkschaften der Arbeiter und Angestellten, es bestehen Arbeiterparteien, es gibt ein Parlament, während alle diese Einrichtungen in Deutschland unter dem Hitlerregime vernichtet worden sind.

Betrug, Lügen und volksverführerische Manipulierung
Man braucht nur diese beiden Tatsachenreihen gegeneinander zu halten, um das reaktionäre Wesen des Hitlerregimes und die ganze Verlogenheit des Geschwätzes der deutschen Faschisten über das plutokratische Regime Englands und Amerikas zu begreifen. Dem Wesen der Sache nach ist das Hitlerregime eine Kopie jenes reaktionären Regimes, das in Rußland unter dem Zarismus bestanden hat. Man weiß, daß die Hitlerleute die Rechte der Arbeiter, die Rechte der Intelligenz sowie die Rechte der Völker ebenso gern mit Füßen treten, wie das zaristische Regime sie mit Füßen getreten hat, daß sie ebenso gern mittelalterliche Judenpogrome veranstalten, wie solche das zaristische Regime veranstaltet hat.

Die Hitlerpartei ist eine Partei der Feinde der demokratischen Freiheiten, eine Partei mittelalterlicher Reaktion und finsterster Pogrome.


Die Methoden der Hitlerdiktatur
Und wenn diese abgefeimten Imperialisten und schlimmsten Reaktionäre immer noch fortfahren, sich In die Toga von „Nationalisten“ und „Sozialisten“ zu hüllen, so tun sie das zu dem Zweck, das Volk zu betrügen, einfältige Leute zum Narren zu halten und mit der Flagge des „Nationalismus“ und des „Sozialismus“ ihr imperialistisches Räuberwesen zu tarnen. Krähen, die sich mit Pfauenfedern schmücken… Aber wie sehr sich Krähen auch mit Pfauenfedern schmücken mögen, sie hören deshalb nicht auf, Krähen zu sein.

„Man muß mit allen Mitteln danach streben“, erklärt Hitler, „daß die Welt von den Deutschen erobert wird. Wenn wir unser großdeutsches Reich schaffen wollen, so müssen wir vor allem die slawischen Völker – die Russen, Polen, Tschechen, Slowaken, Bulgaren, Ukrainer, Bjelorussen – verdrängen und ausrotten. Es gibt keinen Grund, das nicht zu tun.“

„Der Mensch“, erklärt Hitler, „ist von Geburt an sündhaft, man kann ihn nur mit Hilfe von Gewalt lenken. Im Umgang mit ihm sind alle Methoden erlaubt. Wenn die Politik es erfordert, muß man lügen, Verrät üben und sogar morden.“

„Tötet jeden“, erklärt Göring, „der gegen uns ist, tötet, tötet, nicht ihr werdet dafür die Verantwortung tragen, sondern ich, also tötet!“

„Ich werde die Menschen“, erklärt Hitler, „vor dem Wahn bewahren, der Gewissen heißt. Gewissen und Bildung machen den Menschen zum Krüppel. Ich genieße den Vorzug, daß ich durch keine Erwägungen theoretischer oder moralischer Art gehemmt bin.“

Aufrufe zum Massenmord
In einem der Befehle eines deutschen Armeekommandos vom 25. September, der an das Infanterieregiment 489 gerichtet ist und bei einem gefallenen deutschen Unteroffizier gefunden wurde, heißt es:

„Ich befehle, auf jeden Russen zu feuern, sobald er sich in einer Entfernung von 600 Metern zeigt. Der Russe muß wissen, daß er einen entschlossenen Feind vor sich hat, von dem er keine Nachsicht zu erwarten hat.“

In einem der Appelle des deutschen Oberkommandos an die Soldaten, der bei dem gefallenen Leutnant Gustav Ziegel aus Frankfurt am Main gefunden wurde, heißt es:

„Habe kein Herz und keine Nerven, man braucht sie im Kriege nicht. Vernichte in dir Erbarmen und Mitleid – töte jeden Sowjetrussen, mach nicht halt, auch wenn du einen Greis oder eine Frau, ein kleines Mädchen oder einen Jungen vor dir hast – töte, denn dadurch rettest du dich vorm Untergang, sicherst die Zukunft deiner Familie und erwirbst dir ewigen Ruhm.“

Bestialische Grausamkeit
Hier haben wir das Programm und die Befehle der Führer der Hitlerpartei und des Hitlerschen Oberkommandos, das Programm und die Befehle von Menschen, die jedes Menschenantlitz verloren haben und auf das Niveau wilder Tiere herabgesunken sind. Und diese Leute, die weder Gewissen noch Ehre besitzen, Leute mit einer Moral von Bestien, haben die Stirn, zur Vernichtung der großen russischen Nation aufzurufen, der Nation Plechanows und Lenins, Bjelinskis und Tschernyschewskis, Puschkins und Tolstois, Glinkas und Tschaikowskis, Gorkis und Tchechows, Setschenows und Pawlows, Repins und Surikows, Suworows und Kutusows!…

Was wollen die faschistischen Eroberer?
Die deutschen Landräuber wollen den Vernichtungskrieg gegen die Völker der Sowjetunion. Nun wohl, wenn die Deutschen einen Vernichtungskrieg wollen, so werden sie ihn bekommen. (Stürmischer, lang anhaltender Beifall.)

Von nun an wird es unsere Aufgabe, die Aufgabe der Völker der Sowjetunion, die Aufgabe der Kämpfer, der Kommandeure und der politischen Funktionäre unserer Armee und unserer Flotte sein, alle Deutschen, die in das Gebiet unserer Heimat als Okkupanten eingedrungen sind, bis auf den letzten Mann zu vernichten.

(Stürmischer Beifall. Rufe: „Sehr richtig!“ Hurrarufe.)
Keine Gnade den deutschen Okkupanten!
Tod den deutschen Okkupanten! (Stürmischer Beifall.)

Quelle: J. Stalin „Über den Großen Vaterländischen Krieg der Sowjetunion“, Dietz Verlag Berlin, 1952, S.27-31. (Zwischenüberschriften eingefügt. N.G.)
https://www.linksfraktion.de/nc/termine/detail/80-jahre-ueberfall-auf-die-sowjetunion/


Freitag, 18. Juni 2021

GESCHICHTSFÄLSCHER AM WERK - Lutz Hausstein, nachdenkseiten

 

Entnommen: https://www.nachdenkseiten.de/?p=73471


Aus Sicht der „Sieger der Geschichte“


Lutz Hausstein

Dass die Geschichte (samt ihren dazugehörigen Geschichten) von den Siegern geschrieben wird, ist nicht nur ein geflügeltes Wort, sondern schon lange eine Binsenweisheit. Dabei denken die meisten Menschen jedoch eher an längst vergangene Zeiten vor hunderten oder tausenden Jahren, als mangels alternativer Aufzeichnungen der Hergang der Geschichte ausschließlich von den Siegern festgehalten wurde. Und dieser Hergang wurde durch einseitige, beschönigende oder gar vollständig falsche Darstellungen mehr oder minder stark verzerrt oder gar komplett entstellt. Dass Geschichte jedoch auch heute, unter unser aller Augen, falsch geschrieben wird, vermag sich kaum jemand vorzustellen. Von Lutz Hausstein.

Wir hören und sehen die Geschichtsschreibung unserer jüngsten Vergangenheit und dennoch hören und sehen wir nicht, wie die Geschichte verfälscht wird. Gerade den Deutschen begegnet dies Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat. Seit mehr als 30 Jahren. In Reden von Politikern, in politischen Kommentaren in Tageszeitungen und im Fernsehen, ja, inzwischen sogar in unserer eigenen privaten Kommunikation abseits der Medien, denn diese verzerrte Sicht auf die Geschichte ist längst in unser eigenes Geschichtsbild übergegangen. Und dennoch sehen wir es nicht, hören es nicht, begreifen es nicht. Denn die Geschichte Ostdeutschlands wurde und wird bis heute in Teilen massiv umgeschrieben.

Schon einmal hatte ich auf dieses Phänomen hingewiesen, im Zusammenhang der Betrachtung des außenpolitischen Verhältnisses „der“ Deutschen zu den USA auf der einen Seite und zu Russland andererseits. Die Tatsache, dass die beiden Teile Deutschlands zwischen dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der Wiedervereinigung vollständig getrennte Länder mit jeweils eigenen außen-, aber auch innenpolitischen Gegebenheiten waren, wird nur selten auch genau so zur Kenntnis genommen und medial wiedergegeben. Stattdessen existiert Geschichte in der Zeit der Parallelstaatlichkeit von DDR und BRD in der Regel nur als Geschichte aus dem Blickwinkel der alten Bundesrepublik. Lassen wir einmal ein paar Beispiele in Ruhe auf uns wirken.

Wenn heute in der Öffentlichkeit über die Fußball-Weltmeisterschaft 1974 gesprochen wird, verklärt sich der allgemeine Blick und mit einem seligen Lächeln fällt der Satz: „Wir sind Weltmeister geworden. Mit der Achse Maier, Beckenbauer, Overath und Gerd Müller.“ Alternativ vielleicht auch: „Deutschland wurde Fußball-Weltmeister 1974.“ Kaum jemand würde dies heute in Abrede stellen. Doch war dies wirklich so? Sind wir Weltmeister geworden? Oder sind wir nicht in der Zwischenrunde gegen Brasilien, die Niederlande und Argentinien ausgeschieden? Das vereinnahmende „Wir“ – und erst recht natürlich das völlig falsche und dennoch damals durchgängig und selbst heute noch häufig gebrauchte „Deutschland“ – negiert die Existenz des anderen Teils des damals zweigeteilten Deutschlands. Diese Ignoranz ist umso bemerkenswerter, da die DDR-Mannschaft ja sogar unmittelbarer Teilnehmer dieser WM-Endrunde war – und hier sogar gegen das auch so benannte „Deutschland“ in der Vorrunde spielte – und somit jeder vor Augen haben müsste, dass weder „wir“ noch „Deutschland“ Weltmeister geworden sein konnten.

Doch nicht nur in diesem Punkt wird den Menschen im Land vermittelt, dass es nur eine einzige Vergangenheit – nämlich die Westdeutschlands, sprich der BRD – gibt. Der deutsche Raumfahrer Ulrich Walter wies bei Markus Lanz einmal darauf hin, dass er auf die Frage, wer der erste Deutsche im Weltraum war, entweder betretenes Schweigen ernte oder ein eher fragendes „Ulf Merbold“ als Antwort erhält. Dass jedoch der DDR-Bürger Sigmund Jähn der erste Deutsche war, der 1978 ins All geflogen ist, ist im westdeutschen Geschichtsbewusstsein bei nur Wenigen verankert. Dazu trug auch der unwürdige Umgang der Bundesregierung mit der Persönlichkeit Sigmund Jähn zeitlebens wie auch ein weiteres Mal zu seinem Tod maßgeblich bei. Dem war schon eine gepflegte Ignoranz anlässlich des 80. Geburtstages von Jähn wie auch des 40. Jahrestages seines Weltraumfluges vorausgegangen. Sigmund Jähn als einer der DDR-Bürger mit den größten wissenschaftlichen Verdiensten fand nach der Wiedervereinigung in der Öffentlichkeit einfach nicht mehr statt.

Derlei Beispiele ließen sich noch viele finden. Den meisten, in West wie in Ost, ist der großartige Zoologe, Tierverhaltensforscher und Zoodirektor Bernhard Grzimek wenigstens dem Namen nach ein Begriff. Für viele ist Grzimek auch heute noch, über 30 Jahre nach seinem Tod, ein Idol. Doch wer kennt im Westen schon den Namen Heinrich Dathe, der sich als Zoologe und Direktor des Tierparks Berlin ein weltweites Renommee erwarb? Während Dathe nach dem Ende der DDR schlagartig dem Vergessen anheimfiel und an ihn nur noch äußerst sporadisch und mit ausschließlich regionaler Beschränkung erinnert wird, wird die Erinnerung an Bernhard Grzimek auch heute noch aktiv wachgehalten. So steht für die Zeit der getrennten Staatlichkeit einer größtenteils funktionierenden westdeutschen Erinnerungskultur ein großes ostdeutsches Nichts gegenüber. Die DDR hat – außerhalb des 17. Juni 1953, des 13. August 1961, der Staatssicherheit, der Existenz der Mauer und der friedlichen Revolution – einfach nicht stattgefunden.

Es ist genau dieses Kontinuum, dass die Geschichtszeichnung für Deutschland zu Zeiten der getrennten Staatlichkeit so einseitig verzerrt. Während man von ostdeutsch Sozialisierten wie selbstverständlich erwartet, Kenntnisse über die bundesrepublikanische Vergangenheit auch der Zeit von 1945-1990 zu haben, da dies zum Allgemeinwissen gehöre, gilt das umgekehrt nicht. DDR-Geschichte, egal ob sie geschichtliche Vorgänge oder verschiedenste Personen der Öffentlichkeit betrifft, ist vernachlässigbar, während die Historie der alten BRD die einzig wahre Geschichte ist. Denn der Sieger (der Wiedervereinigung) schreibt die Geschichte. Das ist jedoch nicht nur eine völlig unzulässige Verzerrung der Geschichtsschreibung, sondern es ist auch genau der Aspekt, den Ostdeutsche in diesem Zusammenhang als die mangelnde Anerkennung ihrer eigenen Lebensleistungen und die anderer DDR-Sozialisierter beklagen.

Dieser Tatsachen bin ich mir schon seit Längerem bewusst. Ein neues, tieferes Verständnis für die Gründe dieser einseitigen Darstellung und der Verzerrung der Geschichte erhielt ich jedoch, als ich den Artikel von Stefan Sasse, der u.a. Geschichte studiert und mehrere Bücher zu historischen Themen veröffentlicht hat, auf seinem Blog „Deliberation Daily“ gelesen hatte, der sich mit der „Bilderstürmerei“ in Zuge der Black-Lives-Matter-Bewegung im vergangenen Jahr auseinandergesetzt hat. Seinen Ausführungen zu diesen Vorgängen verdanke ich einen neuartigen Zugang zum Umgang mit der DDR-Geschichte.

In seinem Artikel hinterfragt Stefan Sasse die rituelle Bedeutung von Denkmälern oder der Benennung von Straßen, Schulen oder Kasernen nach bestimmten Personen. Darin beschreibt er, dass Statuen – sowie alle weiteren vorgenannten Gedenkrituale – weniger der Huldigung dieser Personen an sich dienen, sondern vielmehr die dahinterstehende Idee repräsentieren. Werden durch eine Gesellschaft Statuen aufgestellt, symbolisiert dies die Macht der dahinterstehenden Idee. Werden die Statuen durch eine darauffolgende, gegnerische Macht gestürzt, vernichtet oder anderweitig beseitigt, ist in diesem Verständnis der Sturz der damit verbundenen Idee zu verstehen. Nicht die Huldigung der jeweiligen Person soll mit dem Sturz oder der Ausradierung seines Namens beendet werden, sondern der Sieg der neuen Idee, der neuen Macht über die alte.

Wer erinnert sich nicht an die Umbenennung von x-tausenden Straßen in Ostdeutschland zu Beginn bis Mitte der 90er Jahre. Die wenigsten davon waren sachlich gerechtfertigt. Den überschaubar wenigen Menschen, die sich echter Verbrechen während der sozialistischen Herrschaftszeit schuldig gemacht hatten und denen dennoch mit der Benennung von Straßen, aber auch Gebäuden gehuldigt wurde, stehen Abertausende gegenüber, denen kein einziges Verbrechen, außer einer mehr oder minder starken Verbundenheit zum vergangenen System, zur Last gelegt werden konnte. Mehr noch. Selbst historische Persönlichkeiten, die schon seit Jahrhunderten tot sind und die schon allein aus diesem Grund keine diesbezügliche Schuld auf sich geladen haben konnten, fielen der modernen „Namensstürmerei“ anheim. Selbst der Name eines Thomas Müntzer, des legendären Revolutionärs der Bauernkriege, der aktiv Maßnahmen zu mehr sozialer Gerechtigkeit im 16. Jahrhundert vorantrieb, wurde mancherorts durch Umbenennungen aus der Erinnerung getilgt. Und das einzig und allein deswegen, weil der Name Thomas Müntzer symbolhaft für das Streben nach mehr sozialer Gerechtigkeit und Gleichheit und für den Kampf gegen die „gottgegebene“ Herrschaftskaste stand und die DDR ihm aus ebendiesem Grund gehuldigt hatte. Stattdessen erhielten diese Straßen und Gebäude teils zweifelhafte „Ehrennamen“ diverser Militaristen oder Industrieller des 19. und 20. Jahrhunderts. Dies ist wohl eines der deutlichsten Beispiele, anhand dessen sich zeigen lässt, wie der Kapitalismus mit der Namensstreichung vor allem die Idee, für die der Namensgeber symbolisch steht, als besiegt darstellen und delegitimieren wollte und stattdessen mit seinen eigenen Symbolen als siegreiche Idee füllte.

Wenn viele Ostdeutsche seit Längerem beklagen, dass sie ihre Lebensleistungen zu wenig oder gar nicht geachtet fühlen, hat es vor allem seine Ursache darin, dass nach der „feindlichen Übernahme der DDR auf Wunsch der Übernommenen“ (Daniela Dahn) der Kapitalismus alles daran setzte, die Idee des Sozialismus zu delegitimieren, indem er seine Symbole diskreditierte oder verschwinden ließ. Wenn Thomas-Müntzer-Straßen und Rosa-Luxemburg-Plätze umbenannt wurden, wenn Heinrich Dathe fast vollständig dem Vergessen anheimfiel (bzw. anheimgefallen lassen wurde) und Sigmund Jähn ebenfalls mit allen Mitteln aus dem kollektiven Gedächtnis gelöscht werden soll, indem die Stadt Halle im Februar dieses Jahres beschloss, das seit 1978 mit dem Namen Sigmund Jähns versehene Raumflugplanetarium, das aufgrund von Hochwasserschäden an einem neuen Standort errichtet werden musste, nun ohne seinen Namen neu zu eröffnen, fühlen sich viele Ostdeutsche ihrer eigenen Vergangenheit beraubt. Sämtliche klingelnden Beteuerungen von Politikern, dies nun aber ändern zu wollen, klingen nach über 30 Jahren in den Ohren der Ostdeutschen nur noch wie Hohn.

So stellt sich den Menschen im gemeinsamen Deutschland vor allem eine Aufgabe: Wir können zwar die medialen und politisch vorangetriebenen Falschdarstellungen der getrennt erlebten deutschen Geschichte an diesen exponierten Stellen nicht beeinflussen. Umso mehr ist es aber unsere gemeinsame Aufgabe, uns im gegenseitigen Austausch diese unsere Geschichte wechselseitig zu vermitteln. Auch hier gilt wie in allen anderen Bereichen des Lebens: Um den Anderen zu verstehen, müssen wir ihn seine Geschichte erzählen lassen, ihm zuhören und seine Beweggründe begreifen lernen. Das ist der beste Weg, um Ressentiments abzubauen und sich selbst einen objektiveren Blick auf die Geschichte zu verschaffen. Verspielen wir diese Chance, wird dieser Teil der Geschichte dauerhaft von den Siegern umgeschrieben worden sein. Etwas anderes können wir von den Geschichte(n)erzählern leider nicht erwarten.

SSSSSSSSSSSSSSSS

Sehr geehrter Herr Lutz Hausstein, als einstiger  DDR-Bürger bedanke ich mich sehr für Ihre eindringliche Mahnung, die Vergangenheit und ihre Lehren nicht unter den Teppich zu kehren. In meinen Augen vollzieht die Kapitalmacht der BRD nicht nur einen Trennstrich, ja, sogar eine Mauer, zwischen ihrem machterhaltenden Streben und der DDR, sondern auch zur deutschen Geschichte, ja, sogar zu den deutschen Dichtern und Denkern, z.B. auch zur Goethezeit. Alles was in Richtung Humanismus weist zur Überwindung des global agierenden Imperialismus wird negiert und totgeschwiegen. Ich bin davon überzeugt, dass sich der Pack der Teufel sein eigenes Grab schaufelt. Früher oder später. Alles Gute für Sie, Herr Hausstein. Ihr Harry Popow 




Mittwoch, 16. Juni 2021

Deutschland und der gute Onkel aus Amerika - Wolfgang Bittner

 

Entnommen: https://www.nachdenkseiten.de/?p=73355


Deutschland und der gute Onkel aus Amerika


Wolfgang Bittner


Zum Gipfeltreffens zwischen Joe Biden und Wladimir Putin muss festgestellt werden: Dass Russland sich Gesprächen „verweigert“, ist eine Falschbehauptung. Und: Die USA sind kein Vorbild für Frieden und Freiheit, einerlei wer dort an der Regierung ist. Seit mehr als einem halben Jahrhundert gehen von dort zerstörerische Ideologien und grauenhafte Kriege aus. Europa hat sich einem durch nichts gerechtfertigten US-Machtanspruch einhellig ergeben. Von Wolfgang Bittner.

Am 22. Juni 1941 begann das nationalsozialistische Regime den Krieg gegen die Sowjetunion. Etwa vier Millionen Soldaten waren von deutscher Seite im Einsatz gegen den „jüdischen Bolschewismus“, wie es im Hitler-Jargon hieß, und viele sahen Deutschland nicht wieder. Auf sowjetischer Seite verloren in diesem furchtbaren Krieg etwa 27 Millionen Menschen ihr Leben.

Heute leben wir wieder in kriegerischen Zeiten. Nachdem Anfang der 1990er-Jahre ein friedliches Europa in Sicht war, wird nun schon seit Jahren gegen Russland gehetzt, intrigiert und aufgerüstet. Die Situation spitzt sich gerade in den letzten Monaten gefährlich zu. Soll der Frieden in Europa erhalten bleiben, muss die Aggressions- und Sanktionspolitik gegen Russland unverzüglich beendet werden, und auch das permanente Hetzen und Lügen.

Einer der Protagonisten dieser unsere Existenz gefährdenden heimtückischen Politik ist der NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Kürzlich behauptete er in einem Interview mit der „Welt“, Russland verweigere sich Gesprächsangeboten der NATO.[1] Im Spiegel hieß es: „Stoltenberg drängt Russland erneut zu Gesprächen.“ Doch eine positive Antwort aus Moskau sei ausgeblieben.[2] Das ist eine der üblichen böswilligen Lügen, die von den Vasallen und Einflussagenten der USA und ihrer NATO ständig verbreitet und von den Medien beflissen übernommen werden. Tatsache ist, dass bereits 2014 die Gespräche im NATO-Russland-Rat abgebrochen wurden, die USA fast alle friedenserhaltenden Verträge wie zum Beispiel den INF-Vertrag gekündigt und Gesprächsangebote Russlands ignoriert haben.

Die USA sind kein Vorbild für Frieden und Freiheit, einerlei wer dort an der Regierung ist. Seit mehr als einem halben Jahrhundert gehen von dort zerstörerische Ideologien und grauenhafte Kriege aus, die ihrem Gründungsanspruch, wie in der Unabhängigkeitserklärung von 1776 und in der Verfassung von 1787 niedergelegt, Hohn sprechen. Europa hat sich diesem durch nichts gerechtfertigten Machtanspruch einhellig ergeben. Die USA können überall in der Welt in kürzester Zeit Krisen inszenieren, wie es gerade passt. Ob hier langfristige Pläne umgesetzt werden oder kurzfristiges Chaos den Interessengruppen dient – nach jedem dieser Schachzüge steht die Welt näher am Abgrund.

Tragisch ist, dass Deutschland, trotz der traurigen Erfahrungen im Ersten und im Zweiten Weltkrieg, jetzt wieder gegen Russland in Stellung gebracht wird, militärisch wie propagandistisch. Wie aktiv die deutsche Bundesregierung unter Führung von Angela Merkel gegen Russland agiert, wurde kürzlich wieder schlagartig deutlich im Fall Nawalny. Alles über dessen angebliche Vergiftung mit Nowitschok blieb bisher unaufgeklärt, und das liegt hauptsächlich daran, dass Deutschland nicht mit den russischen Behörden zusammenarbeitet. Warum nicht, ist die Frage.

Dass Frau Merkel Nawalny im Krankenhaus besucht hat, war eine diplomatische Fehlleistung sondergleichen und ein ungeheuerlicher Affront gegenüber Russland. Dieser Einflussagent, der in den USA einen Lehrgang als Regime Changer absolviert hat, war bereits wenige Tage nach seinem Klinikaufenthalt in der Berliner Charité schon wieder auf den Beinen. Er reiste während seiner „Rekonvaleszenz“, die ja offensichtlich keine war, mit deutschen Bodygards durchs Land. Und er produzierte mit Unterstützung aus den USA einen Propagandafilm über einen angeblichen Palast Putins am Schwarzen Meer. Inzwischen stellte sich heraus, dass es sich um einen im Rohbau befindlichen Hotelkomplex handelt.

Dass Nawalny wegen Verstoßes gegen Bewährungsauflagen in Haft genommen wurde, ist aus juristischer Sicht nicht zu beanstanden. Jetzt lamentiert er – ebenso wie seinerzeit die Ukrainerin Julia Timoschenko – über die Zustände im Gefängnis und will eine Sonderbehandlung. In anderen Ländern wäre er schon lange wegen Hochverrats angeklagt worden und hätte wahrscheinlich eine langjährige Freiheitsstrafe zu erwarten.

Die Hinterhältigkeit und Dreistigkeit der europäischen, insbesondere der deutschen US-Lakaien ist bodenlos. Kurz vor dem 80. Jahrestag des Überfalls Deutschlands auf die Sowjetunion sagte der US-Einflussagent und Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Deutschen Bundestag, Norbert Röttgen, im Deutschlandfunk: „Wenn wir dem Kremlchef die Aggression und die Unterdrückung und die Ausweitung der Gewalt durchgehen ließen, dann würde das Schule machen. … dass Wladimir Putin Krieg führt innerhalb und außerhalb Europas… Es werden Menschenrechtsverletzungen begangen, Herr Nawalny ist auf politische Verantwortung des Kreml vergiftet worden, er wird jetzt gefoltert in einem russischen Straflager. Es sitzen ungezählte Menschen in Gefängnissen, weil sie ihre Meinung sagen. Es ist verboten, die Meinung zu sagen. Es gibt militärische Interventionen in der Ukraine, in Moldau, in Georgien, in Syrien, auch in Libyen mit Hilfstruppen, alles das findet ja statt.“[3]

Eine dringend erforderliche Antwort auf solche ständig wiederholten Unterstellungen und Lügen wäre rückhaltlose Aufklärung und Wiederaufnahme friedlicher, gutnachbarlicher Beziehungen zu Russland.

Grundlegend festzustellen ist Folgendes:

1.Die USA beanspruchen Westeuropa als ihr Einflussgebiet, das sich ihren Interessen wirtschaftlich wie militärisch unterzuordnen hat.


2.Der Regimewechsel in der Ukraine wurde jahrelang subversiv vorbereitet. Die USA investierten unter anderem durch die CIA über fünf Milliarden Dollar dafür.


3.Die Strategie der „westlichen Allianz“ war von vornherein darauf angelegt, sich die Ukraine als ein Brückenland von großer geostrategischer Bedeutung und auch als Wirtschaftsraum und Tor zu den Ressourcen Russlands einzuverleiben.


4.Das Ziel ist, Russland durch Wirtschaftssanktionen, Beeinflussung der Kapital- und Energiemärkte und durch die aufgezwungenen Aufwendungen für Nachrüstung in den Ruin zu treiben. Putin wird niedergemacht, Russland soll ebenfalls destabilisiert und als machtpolitischer Faktor in der internationalen Politik ausgeschaltet werden. Europa würde dann zum absoluten Einflussgebiet der USA.


5.Der US-General Wesley Clark, zeitweise Oberbefehlshaber der NATO, hat 2007 in einem Interview rückblickend gesagt, dass nach 9/11 schon die Bush-Administration den Krieg gegen sieben Länder geplant habe. Das waren außer Afghanistan der Irak, Syrien, Libanon, Libyen, Somalia, Sudan und letztlich noch der Iran.


6.Die westlichen Medien betreiben in ihrer Mehrzahl in schamloser Weise Regierungspropaganda, ein Teil sogar Kriegshetze. Einer immer skeptischer werdenden Öffentlichkeit wird diese Propaganda als objektiv und die Aggressionspolitik des Westens als notwendig angeblich zum Schutz der „westlichen Wertegemeinschaft“ verkauft, die Fakten werden umgelogen. Kritiker dieser unverantwortlichen Berichterstattung verfallen einer dreisten Gegenpropaganda; sie werden diffamiert und sind von Existenzentziehung bedroht, wie sich nicht nur in dem beispiellosen Vorgehen gegen Befürworter des Nord-Stream-2-Projekts gezeigt hat.


7.Durch den Regierungswechsel in den USA von Trump zu Biden hat sich die Gefahr für den Weltfrieden nicht verringert, im Gegenteil. Joe Biden, der alle US-Präsidenten der vergangenen Jahre beraten hat, Vizepräsident und Außenminister war, ist wesentlich mitverantwortlich für die Interventionskriege der USA in aller Welt sowie in Europa für den Angriffskrieg gegen Jugoslawien und die Destabilisierung der Ukraine. Und er betreibt die Kriegsvorbereitungen gegen Russland konsequent weiter.


Zu fordern ist erstens der Austritt Deutschlands aus der NATO, die seit Langem ihre eigenen Statuten nicht mehr einhält und sich zu einem Aggressionsbündnis entwickelt hat. Zweitens müssten die Truppenstationierungsverträge gekündigt und ein Abzug sämtlicher fremder Truppen aus Deutschland gefordert werden. Denn solange sich immer noch fremdes Militär auf deutschem Territorium aufhält, steht die Berliner Regierung unter Kuratel der Siegermächte des Zweiten Weltkriegs, insbesondere der USA. Drittens ist eine Normalisierung der Beziehungen zu anderen Staaten insbesondere zu Russland anzustreben.

Auf diese Forderungen werden die USA niemals eingehen, vielmehr werden sie alles zu verhindern suchen, was Deutschland unabhängiger macht und was das Verhältnis zu Russland normalisieren würde. Zurzeit ist Biden auf dem Weg, eine Allianz westlicher Staaten gegen das Jahrhundertprojekt One-Belt-One-Road zu schmieden, und er beabsichtigt offensichtlich, den Krieg in der Ukraine erneut anzuheizen. Darauf deuten Äußerungen seines Außenministers Antony Blinken und von US-Einflussagenten wie Cem Özdemir, Norbert Röttgen, Robert Habeck und anderen russlandfeindlichen Parlamentariern hin.

Der russische Präsident Putin hat bereits 2001in seiner friedenspolitischen Rede vor dem Deutschen Bundestag von einem gemeinsamen europäischen Wirtschaftsraum von Wladiwostok bis Lissabon gesprochen und immer wieder Kooperation angeboten. Dem setzen die USA ihren unipolaren Anspruch mit einer Aggressionspolitik und militärischen Einkreisung Russlands entgegen. Was ist also unter diesen Bedingungen von dem Gipfeltreffen zwischen Joe Biden und Wladimir Putin am 16. Juni in Genf zu erwarten? Joe Biden ist der dienstälteste russophobe US-Politiker, ein hochgefährlicher Kriegstreiber, der es schließlich bis ins Präsidentenamt geschafft hat und nun den guten Onkel aus Amerika spielt. Die Menschheit darf gespannt sein.

Der Schriftsteller und Publizist Dr. jur. Wolfgang Bittner lebt in Göttingen. Kürzlich erschien im Verlag zeitgeist sein Buch „Deutschland – verraten und verkauft. Hintergründe und Analysen“


Montag, 14. Juni 2021

PUTIN IM INTERVIEW - LZ

 

Entnommen: https://linkezeitung.de/2021/06/15/die-komplette-uebersetzung-des-interviews-das-putin-der-nbc-vor-dem-gipfeltreffen-mit-biden-gegeben-hat/



Die komplette Übersetzung des Interviews, das Putin der NBC vor dem Gipfeltreffen mit Biden gegeben hat


VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 15. JUNI 2021 ⋅ HINTERLASSE EINEN KOMMENTAR


von Thomas Röper
http://www.anti-spiegel.ru

Der russische Präsident Wladimir Putin hat der NBC ein fast anderthalb-stündiges Interview gegeben, das ich komplett übersetzt habe. Dabei wurde Putin mit allen Vorwürfen des Westens gegen Russland aus den letzten Jahren konfrontiert.

Da im Westen stets der Eindruck erweckt wird, Putin sei ein böser Diktator, der keine Kritik oder kritischen Fragen zulasse, habe ich das Interview, das Keir Simmons von NBC mit Putin geführt hat, übersetzt. Simmons und die NBC sind sicher keine russischen Propagandisten, sondern Transatlantiker, Trump-Gegner und Unterstützer von Joe Biden. Entsprechend kritisch waren seine Fragen an Putin und er ist die ganze Palette der internationalen Politik und vor allem der Vorwürfe des Westens gegen Russland durchgegangen.

Beginn der Übersetzung:

Simmons: Herr Präsident, es ist lange her, dass Sie amerikanischen Journalisten ein Interview gegeben haben. Ich glaube, es ist drei Jahre her. Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben. Es gibt eine Menge Themen zu besprechen. Ich bin sicher, wir werden viel zu besprechen haben.

Ich fange mit dem hier an. Heute kamen Nachrichten aus den USA, die sagen, dass Russland in den nächsten Monaten neue Hacks in militärische Einrichtungen für das iranische Atomprogramm vorbereitet. Stimmt das?

Putin: Könnten Sie die Frage noch einmal wiederholen, bitte? Welche Hacks, welche Einrichtungen?

Simmons: Es gab heute einen Bericht, der besagt, dass Russland sich darauf vorbereitet, Satellitentechnologie an den Iran zu transferieren, die es dem Iran erlauben würde, militärische Ziele zu verfolgen und zu treffen.

Putin: Nein, wir haben keine solchen Programme mit dem Iran, das ist nur neuer Blödsinn. Wir haben Pläne für die Zusammenarbeit mit dem Iran, auch im Bereich der militärisch-technischen Zusammenarbeit, alles im Rahmen der Beschlüsse des iranischen Atomprogramms als Teil der UN-Beschlüsse, die zusammen mit unseren Partnern im Atomabkommen mit dem Iran vereinbart wurden, nach dem die Sanktionen gegen den Iran irgendwann aufgehoben werden sollen, auch bei der militärisch-technischen Zusammenarbeit. Wir haben bestimmte Programme, aber es geht nur um konventionelle Waffen, wenn es dazu kommt, aber bis jetzt ist es noch nicht einmal dazu gekommen. Wir haben keine wirkliche Zusammenarbeit bei konventionellen Waffen, also ist das, was sich jemand über moderne Weltraumtechnologien ausdenkt, nur Science Fiction, nur ein weiterer Fake. Davon weiß ich jedenfalls nichts. Die, die darüber sprechen, wissen darüber wahrscheinlich mehr als ich. Es ist Quatsch.

Simmons: Sie stimmen also zu, dass die Weitergabe solcher Satellitentechnologie an den Iran das US-Militär gefährden würde, wenn der Iran diese Technologie von Russland bekäme, denn er könnte Informationen an die Huthis im Jemen weitergeben, sie könnten solche Informationen an die Hisbollah weitergeben. Und die Weitergabe dieser Technologie an den Iran wäre eine gefährliche Entwicklung.

Putin: Hören Sie, warum reden wir über Probleme, die es nicht gibt? Das ist kein Thema für eine Diskussion. Da hat sich jemand etwas ausgedacht, ich weiß es nicht, vielleicht ist es ein Versuch, jede militärische und technische Zusammenarbeit mit dem Iran einzuschränken. Ich wiederhole noch einmal: Das ist nur eine Falschmeldung, ich weiß davon überhaupt nichts, ich höre das von Ihnen zum ersten Mal. Wir haben keine solchen Absichten. Ich weiß nicht mal, ob der Iran technologisch überhaupt bereit ist für eine solche Kooperation. Das ist eine eigene Angelegenheit, eine sehr hochtechnologische Angelegenheit.

Ja, wir schließen eine Zusammenarbeit mit vielen Ländern im Weltraum nicht aus. Aber unsere Position, dass wir kategorisch gegen die Militarisierung des Weltraums insgesamt sind, ist wohl jedem bekannt. Wir sind der Meinung, dass der Weltraum frei von Waffen jeglicher Art sein sollte, die im erdnahen Raum eingesetzt werden, und so weiter. Daher haben wir keine derartigen Pläne, insbesondere nicht für einen Technologietransfer auf dem von Ihnen genannten Niveau.

Simmons: Okay. Die nächste Frage betrifft den Gipfel mit Präsident Biden. Davor trifft er sich mit den Staats- und Regierungschefs der G7, mit den NATO-Partnern, mit den europäischen Staats- und Regierungschefs. Es ist seine erste Reise, sein erster Besuch in Europa. Dies wird als ein Versuch dargestellt, die Reihen der Demokratien der Welt zu vereinen. Und nun wird er sich mit dem Präsidenten treffen, der als Diktator, als Autokrat dargestellt wird.

Putin: Ich weiß nicht, irgendwer drückt es so aus, und irgendwer sieht die Situation und Ihre bescheidenen Diener auf eine andere Weise. All dies wird der Öffentlichkeit so präsentiert, wie es die herrschenden Klassen in diesem oder jenen Land für richtig halten.

Dass sich Präsident Biden mit seinen Verbündeten trifft, ist nichts ungewöhnliches. Was ist ungewöhnlich an einem G7-Treffen? Wir wissen, was die G7 ist, ich war schon oft dort, ich kenne die Werte dieser Plattform. Aber wenn Menschen zusammenkommen und etwas besprechen, ist das immer gut, besser als nicht zusammenzukommen und nicht zu sprechen. Weil es auch innerhalb der G7 Themen gibt, die ständiger Aufmerksamkeit und Überlegungen bedürfen, weil es Widersprüche gibt, so seltsam es auch erscheinen mag, und weil es unterschiedliche Bewertungen verschiedener Ereignisse auf der internationalen Bühne und zwischen ihnen gibt. Sollen sie sich doch treffen und reden.

Was die NATO betrifft, so habe ich schon oft gesagt: Sie ist ein Überbleibsel des Kalten Krieges. Die NATO wurde während des Kalten Krieges geboren, aber warum sie heute existiert, ist nicht ganz klar. Es war einmal die Rede von einer Transformation dieser Organisation, aber jetzt ist das irgendwie in Vergessenheit geraten. Wir sehen sie als eine militärische Organisation an, aber das sind Verbündete der Vereinigten Staaten, und ich denke, die müssen sich von Zeit zu Zeit miteinander treffen. Obwohl ich mir vorstellen kann, wie die Gespräche laufen. Natürlich wird alles im Konsens entschieden, aber es gibt sozusagen eine richtige Meinung und die anderen – drücken wir es vorsichtig aus – nicht so richtigen Meinungen. Ja und? Verbündete treffen sich, was ist daran ungewöhnlich? Ich sehe hier nichts Ungewöhnliches.

Umso mehr als es ein Zeichen des Respekts an ihre Verbündeten vor dem Treffen der Präsidenten der Vereinigten Staaten und Russlands ist. Vermutlich wird das als Wunsch dargestellt, ihre Ansichten zu den wichtigsten Themen der aktuellen Agenda zu erfahren, einschließlich der Themen, die wir mit Präsident Biden besprechen werden. Dennoch bin ich geneigt zu glauben, dass die USA trotz all der Politisierung mit Russland das vorantreiben werden, was sie für sich selbst und vor allem für ihre wirtschaftlichen, politischen und militärischen Interessen als notwendig und wichtig erachten.

Es schadet wahrscheinlich nie, sich anzuhören, was die Verbündeten darüber denken, also ist das okay, es ist ein Routineprozess.

Simmons: Dann noch ein paar Fragen zum Gipfel. Wie Sie wissen, hat Präsident Biden um dieses Treffen gebeten, er hat keine Vorbedingungen gestellt. War das keine Überraschung für Sie?

Putin: Nein. Unsere bilateralen Beziehungen haben sich in den letzten Jahren auf das niedrigste Niveau verschlechtert, aber es gibt trotzdem Themen, bei denen wir einen Uhrenvergleich machen müssen, und es müssen gemeinsame Positionen definiert werden, damit Fragen von gemeinsamem Interesse, im Interesse sowohl der Vereinigten Staaten als auch Russlands, effektiver angegangen werden können. Darum ist daran nichts Ungewöhnliches. Eigentlich hatten wir trotz der scheinbar harten Rhetorik mit solchen Vorschlägen gerechnet, denn die innenpolitische Agenda in den USA erlaubte es nicht, die Beziehungen auf einem akzeptablen Niveau wiederherzustellen. Das musste früher oder später passieren.

Jetzt hat Präsident Biden diese Initiative gezeigt. Vorher hat er sich, wie Sie wissen, für die Verlängerung des NEW-START-Vertrags ausgesprochen, was wir nur unterstützen konnten, weil wir der Meinung sind, dass dieser Vertrag gut ausgearbeitet ist und auf dem Gebiet der strategischen offensiven Rüstungskontrolle sowohl unseren als auch Amerikas Interessen entspricht. Aus diesem Grund war das ein durchaus erwarteter Vorschlag.

Simmons: Sie fahren zu dem Gipfel. Planen Sie gleich danach weitere Gesprächsrunden zur Rüstungskontrolle, denn Biden hat START um fünf Jahre verlängert, und es wird angenommen, dass dies der Anfang und nicht das Ende dieses Dialogs ist?

Putin: Wir wissen, welche Themen und Probleme die Amerikaner mit uns besprechen wollen. Wir verstehen diese Fragen und Probleme, und wir sind bereit, gemeinsam daran zu arbeiten. Wir haben einige Meinungsverschiedenheiten, wenn nicht Meinungsverschiedenheiten, dann ein unterschiedliches Verständnis des Tempos und der Richtungen, in die wir uns bewegen sollten. Wir wissen, welche Prioritäten die amerikanische Seite setzt. Generell ist dies ein Prozess, der auf professioneller Ebene durch das Außenministerium, das State Department, das Pentagon und das russische Verteidigungsministerium vorangetrieben werden muss. Wir sind bereit für diese Arbeit.

Wir haben einige Signale gehört, dass die amerikanische Seite die Gespräche auf der Ebene der professionellen und fachlichen Experten wieder aufnehmen möchte. Wir werden sehen. Wenn nach dem Gipfel die Voraussetzungen dafür geschaffen sind – bitte, wir sagen nicht nein, wir sind bereit zu dieser Arbeit.

Simmons: Präsident Biden ist an Stabilität und Berechenbarkeit interessiert. Und Sie?

Putin: Das ist in internationalen Angelegenheiten, könnte man sagen, der wichtigste Wert. Wenn wir das schaffen könnten…

Simmons: Entschuldigen Sie die Unterbrechung, aber er sagte, dass Sie derjenige sind, der Instabilität erzeugt und dass gerade Sie die Quelle der Unberechenbarkeit sind.

Putin: Er sagt das eine, ich sage das andere. Vielleicht ist unsere Rhetorik manchmal auseinander gegangen, aber wenn Sie jetzt nach meinem Standpunkt fragen, werde ich Ihnen sagen, was er ist: Der wichtigste Wert in den internationalen Beziehungen ist Stabilität und Berechenbarkeit. Ich denke, dass unsere amerikanischen Partner das in den vergangenen Jahren nicht erkannt haben. Wie können wir von Stabilität und Berechenbarkeit sprechen, wenn wir uns an die Ereignisse in Libyen im Jahr 2011 erinnern, als das Land zerstört wurde? Nun, welche Art von Stabilität und Berechenbarkeit war das?

Die ganze Zeit haben sie gesagt, dass die Truppen in Afghanistan bleiben werden. Dann plötzlich, bumms, werden die Truppen aus Afghanistan abgezogen. Ist das Stabilität und Berechenbarkeit?

Die Entwicklungen im Nahen Osten, ist das Stabilität und Berechenbarkeit? Wo führt das alles hin? Oder Syrien? Was ist hier stabil und berechenbar?

Ich habe meine amerikanischen Kollegen gefragt: Ihr wollt, dass Assad geht, aber wer kommt an seiner Stelle und wie geht es dann weiter? Die Antwort war seltsam: Ich weiß es nicht. Wenn Du nicht weißt, was als Nächstes passiert, warum willst Du ändern, was ist? Schließlich könnte es ein zweites Libyen oder ein zweites Afghanistan werden. Wollen wir das? Nein. Lasst uns zusammensetzen, reden, nach Lösungen, nach Kompromissen suchen, die für alle Seiten akzeptabel sind – so erreicht man Stabilität. Sie kann nicht dadurch erreicht werden, dass eine Sichtweise, die „richtige“, durchgesetzt wird, und alle anderen „falsch“ sind. So wird auch keine Stabilität erreicht.

Simmons: Lassen Sie uns zu einem anderen Thema übergehen. Ich wollte über Ihre Beziehung zu Präsident Biden sprechen. Dies ist nicht mehr der Helsinki-Gipfel, Biden ist nicht Trump. Sie haben einmal gesagt, dass Trump ein sehr talentierter Mensch ist. Wie würden Sie Präsident Biden beschreiben?

Putin: Ich denke immer noch, dass Herr Trump, der ehemalige US-Präsident, eine einzigartige und talentierte Person ist, sonst wäre er nicht Präsident der USA geworden. Er ist ein kluger Mann, man kann ihn mögen oder auch nicht. Er ist sicherlich kein Produkt des amerikanischen Establishments, er war vorher nie in der großen Politik. Natürlich mag ihn der eine, und der andere mag ihn nicht, aber so ist es nun mal.

Präsident Biden unterscheidet sich natürlich radikal von Trump, weil er ein Profi ist, er ist fast sein ganzes bewusstes Leben lang in der Politik gewesen. Er macht das seit vielen, vielen Jahren, ich habe das schon einmal gesagt, und es ist eine offensichtliche Tatsache: wie viele Jahre er Senator war, wie viele Jahre er sich mit, sagen wir, Abrüstung, internationaler Politik wirklich auf Expertenebene beschäftigt hat. Das ist ein anderer Mensch. Ich rechne bei diesem Präsident nicht mit so impulsiven Schritten – das hat Vor- und Nachteile – und ich rechne damit, dass wir bestimmte Regeln der Kommunikation einhalten, dass wir uns auf etwas einigen können und eine gemeinsame Basis finden. Das ist glaube ich alles. Aber was in Wirklichkeit passieren wird, das wird von der realen, praktischen Politik und ihren Ergebnissen abhängen.

Simmons: Präsident Biden sagte, dass Sie sich mal von Angesicht zu Angesicht getroffen haben und er sagte, so betont er, er sagte Ihnen dies: Ich sehe in Ihre Augen und ich sehe keine Seele. Und Sie sagten: Wir verstehen uns. Erinnern Sie sich an dieses Gespräch?

Putin: Wegen der Seele, weiß ich nicht, da muss ich nochmal nachdenken. Aber um ehrlich zu sein, kann ich mich an diesen Teil unseres Gesprächs nicht erinnern. Aber wenn wir uns treffen, reden, arbeiten, Entscheidungen treffen, handeln wir alle im Interesse unserer Staaten, unserer Nationen. Und das ist die Grundlage all unseres Handelns und Denkens und das ist das Motiv für Treffen dieser Art.

Was die Seele angeht, gehen Sie bitte in die Kirche.

Simmons: Ja, Sie werden oft als religiöser Mensch beschrieben und er sagt, er habe Ihnen das direkt ins Gesicht gesagt: Sie sind ein seelenloser Mensch.

Putin: Daran kann ich mich nicht erinnern. Da ist irgendwas mit meinem Gedächtnis nicht in Ordnung.

Simmons: Er sagt, das war vor 10 Jahren, als er Vizepräsident war.

Putin: Er hat ein gutes Gedächtnis, wahrscheinlich. Ich schließe es nicht aus, aber ich kann mich nicht daran erinnern. Im Allgemeinen versuchen Menschen, sich bei persönlichen Treffen korrekt zu verhalten. Ich kann mich an kein unangemessenes Verhalten meiner Kollegen erinnern, es ist bisher nichts dergleichen passiert. Vielleicht hat er irgendwas gesagt, aber ich erinnere mich nicht mehr.

Simmons: Halten Sie es für unangebracht, solche Dinge zu sagen?

Putin: Es kommt auf den Kontext an, auf die Form der Aussage. Verstehen Sie, man kann all das auf verschiedene Arten sagen und auf verschiedene Arten präsentieren. Aber eigentlich treffen sich Menschen, um Beziehungen aufzubauen und die Voraussetzungen für eine Zusammenarbeit zu schaffen, um irgendwelche positive Ergebnisse zu erzielen. Und wenn wir miteinander streiten müssen, einander anbellen, wie wir in Russland sagen, warum sollen wir uns dann treffen und Zeit verschwenden? Dann kann man sich besser um fiskale und sozialpolitische Fragen im eigenen Land kümmern. Wir haben eine Menge Probleme, die wir lösen müssen. Was macht das für einen Sinn? Es ist sinnlose Zeitverschwendung, das ist alles.

Man kann diese Themen natürlich für den innenpolitischen Konsumenten präsentieren und ich denke, das ist es, was in den letzten Jahren in den Vereinigten Staaten getan wurde, als die Beziehungen zwischen den USA und Russland für den erbitterten innenpolitischen Kampf in den Vereinigten Staaten selbst geopfert wurden.

Wir wissen das nur zu gut, was hat man uns nicht alles vorgeworfen: Einmischung in Wahlen, Cyber-Angriffe und so weiter. Und nicht ein einziges Mal haben sie sich die Mühe gemacht, irgendwelche Beweise zu zeigen, nur unbelegte Anschuldigungen. Ich frage mich, warum wir noch nicht beschuldigt worden sind, die Black-Lives-Matter-Bewegung angestiftet zu haben, das wäre auch eine gute Angriffslinie. Aber wir machen so was nicht.

Simmons: Was halten Sie von der Black-Lives-Matter-Bewegung?

Putin: Ich denke, dass das natürlich innenpolitisch von einer der politischen Kräfte während des Wahlkampfes benutzt wurde, aber es gibt auch bestimmte Gründe für die Bewegung. Erinnern wir uns an Colin Powell, der sowohl Außenminister als auch Chef des Pentagons war, und er schrieb in seinem Buch, dass selbst er, ein hochrangiger Beamter, sein ganzes Leben lang eine Art Ungerechtigkeit gegenüber sich selbst als Person dunkler Hautfarbe empfunden hat.

Noch seit der Sowjetzeit haben wir in Russland immer mit dem Kampf der Afroamerikaner für ihre Rechte sympathisiert und das hat gewisse Wurzeln, eine Grundlage. Aber gleichzeitig, egal wie edel die Ziele von jemandem sein mögen, wenn sie ins Extreme gehen, wenn sie Elemente des Extremismus annehmen, können wir sie nicht gutheißen. Und hier haben wir eine sehr einfache Haltung dazu: Wir unterstützen den Kampf der Afroamerikaner für ihre Rechte, aber wir sind gegen jede Art von Extremismus, den wir manchmal leider auch jetzt sehen.

Simmons: Sie haben die Cyberangriffe erwähnt und bestreiten eine Beteiligung Russlands an diesen Angriffen. Aber Herr Präsident, es gibt jetzt eine riesige Menge an Beweisen, und es gibt bestimmte Cyber-Angriffe, die offenbar staatlich gesponsert wurden. Ich gebe fünf Beispiele.

Der US-Geheimdienste sagen, dass Russland im Jahr 2016 in die Wahl eingegriffen hat und die Verantwortlichen für die Wahl sagten, dass Russland im Jahr 2020 in die Wahl eingegriffen hat. Die Verantwortlichen für Cybersicherheit sagen, dass Hacker in die Verwendung und Entwicklung des Coronavirus-Impfstoffs eingegriffen haben.

SolarWinds war auch eine der schlimmsten Cyberattacken, die schwerste Cyberattacke, es waren neun US-Behörden betroffen. Und kurz vor dem Gipfel sagte Microsoft, dass es einen weiteren Angriff gab und die Ziele Organisationen waren, die Ihnen gegenüber kritisch eingestellt waren, Herr Präsident.

Herr Präsident, führen Sie einen Cyberkrieg gegen Amerika? Stimmt das?

Putin: Verehrter Keir, Sie haben gesagt, dass es eine ganze Reihe von Beweisen für Cyberangriffe durch Russland gibt, und dann haben Sie die offiziellen US-Behörden aufgelistet, die das gesagt haben, richtig?

Simmons: Ich gebe Ihnen nur die Information, wer es gesagt hat, damit Sie antworten können.

Putin: Ja, Sie geben die Information an mich weiter, wer das gesagt hat. Aber wo ist der Beweis, dass dies tatsächlich geschehen ist? Ich sage Ihnen was: dies und das und jenes wurde gesagt, aber wo ist der Beweis? Ich kann auf solche haltlosen Anschuldigungen antworten: Sie können sich bei der Internationalen Liga für Sexualreform beschweren. Stellt Sie das zufrieden?

Das ist doch alles nur Gerede über nichts. Legen Sie wenigstens irgendetwas auf den Tisch, das wir uns ansehen und auf das wir reagieren können. Aber es gibt nichts.

Soweit ich weiß, war einer der letzten Angriffe der auf das US-Pipelinesystem.

Simmons: Ja.

Putin: Soweit ich weiß, haben die Aktionäre dieser Firma sogar beschlossen, ein Lösegeld zu zahlen. Sie haben die Cyber-Banditen ausgezahlt. Aber wenn Sie die ganze Reihe der angesehenen US-Geheimdienste aufzählen, sie sind mächtig und global, können sie diejenigen finden, die am Ende das Lösegeld bekommen haben oder nicht? Ich hoffe, sie überzeugen sich davon, dass Russland nichts damit zu tun hat.

Jetzt ein Cyberangriff auf irgendeine Fleischverpackungsanlage. Und dann steht auf gefärbten Eiern, dass der Angriff abgeschlossen ist, verstehen Sie? Es wird einfach zu einer Art Farce, einer endlosen Farce. Sie sagten: viele, viele Beweise, aber Sie haben keine genannt. Es ist nur leeres Gerede. Wovon reden wir hier?

Simmons: Sie sind zum Thema dieses Lösegelds und der Kriminellen übergegangen. Es heißt immer, russischsprachige Kriminelle bedrohen den American Way of Life, Krankenhäuser, Wassersysteme, Lebensmittelversorgung. Was glauben Sie, warum diese Kriminellen die russische Diplomatie zerstören? Wollen Sie verstehen, wer generell dahinter steckt, damit die das Image Russlands nicht ruinieren?

Putin: Wissen Sie, am einfachsten wäre es, wenn wir uns in Ruhe hinsetzen und uns darauf einigen würden, im Cyberspace zusammenzuarbeiten. Wir haben es der Obama-Regierung vorgeschlagen…

Simmons: Im September.

Putin: …irgendwann im Oktober. Wir haben im September begonnen und es im letzten Jahr seiner Präsidentschaft angeboten. Zuerst waren sie still, aber im November sagten sie, ja, das ist interessant. Dann haben sie die Wahlen verloren. Wir haben den Vorschlag an die Regierung von Herrn Trump wiederholt. Uns wurde gesagt, dass es interessant sei, aber es kam nicht zu wirklichen Verhandlungen.

Es gibt Grund zu der Annahme, dass wir mit der neuen Administration in dieser Sache zusammenarbeiten können. Ich hoffe, dass die innenpolitische Situation in den Vereinigten Staaten uns nicht daran hindern wird, dies zu tun.

Aber wir haben diese Arbeit vorgeschlagen: Lasst uns gemeinsam sehen, was wir tun können, lasst uns die Prinzipien der gemeinsamen Arbeit vereinbaren und lasst uns vereinbaren, wie wir den Widerstand gegen diesen Prozess, der an Fahrt gewinnt, aufbauen können. In der Russischen Föderation selbst ist die Zahl der Cyberkriminalität in letzter Zeit um ein Vielfaches gestiegen, und zwar innerhalb des Landes. Wir versuchen, entsprechend zu reagieren, wir suchen nach diesen Cyberkriminellen, und wenn wir sie finden, bestrafen wir sie. Wir sind auch bereit, mit internationalen Akteuren zusammenzuarbeiten, auch mit den USA, aber sie weigern sich. Sie weigern sich, zusammenzuarbeiten. Was können wir tun? Wir können diese Arbeit nicht im Alleingang machen.

Simmons: Ich bin nicht die Regierung, Herr Präsident, ich bin nur ein Journalist und ich stelle ein paar Fragen. Aber wenn Sie verhandeln wollen, sollten Sie vielleicht um einen Waffenstillstand bitten, denn es herrscht gerade Krieg. Was für Verhandlungen kann es geben, wenn ein Krieg herrscht?

Putin: Wissen Sie, was den Krieg betrifft, hat die NATO offiziell – ich möchte Ihre Aufmerksamkeit darauf lenken – offiziell erklärt, dass sie den Cyberspace als ein Gebiet für Kampfhandlungen betrachtet und militärische Übungen im Cyberspace durchführt. Wir reden nie darüber.

Simmons: Und Sie sind ein Teilnehmer an diesen militärischen Aktionen.

Putin: Nein.

Simmons: Russland befindet sich auf diesem Gebiet im Krieg. Ist das nicht so?

Putin: Nein, das ist es nicht. Das ist nichts so.

Simmons: Wirklich?

Putin: Wenn wir das tun wollten… Die NATO hat gesagt, dass sie den Cyberspace als eine Sphäre von Kampfhandlungen betrachtet und sie bereitet sich darauf vor und führt sogar Übungen durch. Was hält uns zurück, wir könnten auch sagen, wenn Ihr es tut, werden wir es auch tun. Aber das wollen wir nicht. So wie wir den Weltraum nicht militarisieren wollen, wollen wir auch den Cyberspace nicht militarisieren. Und wir haben viele Male angeboten, bei der Sicherheit in diesem Bereich zusammenzuarbeiten, aber Ihre Regierung weigert sich.

Simmons: Ich habe Ihre Vorschläge vom September gesehen, sie wurden im September gemacht. Sie schlagen also vor, dass, wenn Sie zu einer Vereinbarung kommen können, eine Vereinbarung über Hackerangriffe und Wahleinmischung, dann werden Sie alle diese Aktionen zurückziehen, wenn Amerika Ihre politischen Aktionen nicht kommentiert und sich nicht in Ihre politischen Handlungen und politischen Gegner einmischt?

Putin: Wir setzen darauf, dass sich niemand in die innenpolitischen Prozesse eines anderen Landes einmischen sollte: nicht Amerika in unsere, nicht wir in die Amerikas und in kein anderes Land. Es ist notwendig, den Menschen aller Länder die Chance zu geben, sich friedlich zu entwickeln. Auch wenn es eine Krisensituation gibt, sollte sie von den Menschen im Lande selbst gelöst werden, ohne Einmischung von außen.

Aber es scheint mir, dass dieser Appell an die amerikanischen Regierungen, einschließlich der aktuellen, wenig wert ist. Denn es scheint mir, dass sich die US-Regierung weiterhin in die innenpolitischen Prozesse in anderen Ländern einmischen wird und es ist sehr unwahrscheinlich, dass dieser Prozess gestoppt werden kann, weil er so viel Fahrt aufgenommen hat. Aber es ist durchaus möglich, sich auf eine gemeinsame Arbeit im Cyberspace und die Verhinderung einiger inakzeptabler Aktionen von Cyberkriminellen zu einigen. Wir rechnen fest damit, dass wir diesen Prozess mit unseren amerikanischen Partnern etablieren können.

Simmons: Wenn Sie in Amerika wären, wovor hätten Sie als nächstes Angst – davor, dass die Lichter ausgehen? Sind das zum Beispiel einige der Aktionen, die 2015 in der Ukraine stattgefunden haben?

Putin: Ich verstehe nicht: Wenn ich in Amerika wäre, wovor sollte ich Angst haben? Wenn ich ein Amerikaner wäre oder was?

Simmons: Wovor sollten sich die Amerikaner fürchten und Angst haben? Was kann passieren, wenn es keine Einigung über die Bekämpfung von Cyber-Kriminalität gibt?

Putin: Genau wie die Militarisierung des Weltraums ist das ein sehr gefährlicher Bereich. Es war ja einmal so, dass die Sowjetunion und die Vereinigten Staaten, um im nuklearen Bereich, im Bereich der Konfrontation auf dem Gebiet der Atomwaffen, etwas zu erreichen, vereinbart haben, dieses Wettrüsten einzudämmen. Aber der Cyberspace ist ein sehr sensibler Bereich. Heute sind viele menschliche Aktivitäten und die Ausübung staatlicher Funktionen mit digitaler Technologie verbunden. Natürlich können Eingriffe in diese Prozesse ernsthafte Schäden verursachen, das ist jedem klar. Ich wiederhole zum dritten Mal: Lassen Sie uns zusammensetzen und uns darauf einigen, gemeinsam für die Sicherheit auf diesem Gebiet zu sorgen, das ist alles. Was ist daran schlecht?

Ich bitte nicht Sie darum, ich will Sie nicht in eine schwierige Lage bringen, aber für mich als normalen Bürger wäre es unverständlich, warum Ihre Regierung sich weigert, das zu tun. Die Anschuldigungen häufen sich, bis hin zur Einmischung in Cyberattacken auf irgendeine Fleischfabrik, während unsere Vorschläge, Verhandlungen zu diesem Thema aufzunehmen, abgelehnt werden. Das ist doch Unsinn! Aber genau das passiert doch gerade.

Ich wiederhole nochmals: Ich hoffe, dass wir auch in diesem Bereich positiv arbeiten können.

Wovor sollte man sich fürchten? Warum schlagen wir eine Vereinbarung vor? Weil das, was in Amerika gefürchtet wird, auch bei uns gefürchtet werden könnte. Die Vereinigten Staaten sind ein High-Tech-Land. Wenn die NATO angekündigt hat, dass der Cyberspace ein Kampfgebiet ist, bedeutet das, dass sie etwas plant und vorbereitet. Natürlich sind wir darüber besorgt.

Simmons: Haben Sie Angst, dass der US-Geheimdienst tief in das russische System eingedrungen ist und Ihnen im Cyber-Bereich schaden kann?

Putin: Ich habe keine Angst, aber ich meine, es ist möglich.

Simmons: Lassen Sie mich eine Frage zu den Menschenrechten stellen. Das ist eine Frage, die Präsident Biden aufwerfen wird. Er wird über Alexej Navalny sprechen, verschiedene Morde, darüber, wer jetzt im Gefängnis ist. Warum haben Sie so viel Angst vor der Opposition, Herr Präsident?

Putin: Wer hat Ihnen gesagt, dass die Opposition uns oder mir Angst macht? Wer hat Ihnen das gesagt? Wissen Sie, das ist sogar lächerlich.

Simmons: Entschuldigen Sie, ein russisches Gericht hat jetzt eine Organisation verboten, die mit Herrn Navalny verbunden ist. Und die gesamte nicht-systemische Opposition sieht sich nun strafrechtlichen Anklagen ausgesetzt, auch Journalisten, viele haben den Status eines ausländischen Agenten erhalten, und das bedeutet in der Tat einen schweren Rückschlag für ihre Aktivitäten. Andersdenkende werden in Russland also nicht mehr geduldet.

Putin: Sie stellen dies als Andersdenkende und Intoleranz gegenüber Andersdenkenden in Russland dar. Wir sehen das ganz anders. Und Sie haben das Gesetz über ausländische Agenten erwähnt. Aber das war nicht unsere Erfindung, das war ein Gesetz über ausländische Agenten, das in den USA in den 1930er Jahren verabschiedet wurde, und es ist viel strenger als unseres, einschließlich des Ziels, Einmischung in das politische Leben der Vereinigten Staaten zu verhindern. Und alles in allem halte ich das für gerechtfertigt.

Simmons: Herr Präsident, wir nennen das, was Sie in Amerika tun, einfach „look at yourselves“, wie man in Amerika sagt. Ich werde eine direkte Frage stellen, eine offene Frage.

Putin: Lassen Sie mich antworten, Sie haben mir eine Frage gestellt. Meine Antwort gefällt Ihnen nicht und Sie unterbrechen mich sofort. Das ist nicht der richtige Weg.

In Amerika wurde dieses Gesetz vor langer Zeit verabschiedet, es ist jetzt in Kraft, und die Strafen sind viel härter als bei uns, bis hin zu Haftstrafen und so weiter.

Simmons: Sie sprechen wieder von den Vereinigten Staaten.

Putin: Ja, ich werde auf uns zurückkommen, keine Sorge, ich werde nicht bei den US-Themen bleiben. Ich werde zurückkommen und kommentieren, was bei uns vorgeht.

Simmons: Ich dachte, Sie wären der Meinung, dass sich Länder nicht in die inneren Angelegenheiten anderer Länder einmischen und die Politik nicht kommentieren sollten, und jetzt tun Sie es wieder.

Putin: Nein. Wenn Sie einfach Geduld haben und mich ausreden lassen, wird Ihnen alles klar. Aber Sie mögen meine Antwort nicht, Sie wollen nicht, dass Ihre Zuschauer meine Antwort hören, das ist das Problem. Sie knebeln mich. Ist das Meinungsfreiheit? Oder ist das Meinungsfreiheit auf amerikanische Art?

Simmons: Antworten Sie bitte.

Putin: Nun, es gibt ein Gesetz, das in den USA verabschiedet worden ist. Wir haben es erst vor kurzem verabschiedet, um unsere Gesellschaft vor Einmischung von außen zu schützen. In einigen US-Bundesstaaten sagt der Staatsanwalt, wenn sich ausländische Beobachter einem Wahllokal nähern, dass sie sie ins Gefängnis stecken wird, wenn Sie sich dem Wahllokal noch einige Meter nähern. Ist das normal? Ist das Demokratie in der modernen Welt? Und in einigen Bundesstaaten ist das die Praxis. So etwas haben wir hier nicht.

Wenn ich über diese Gesetze spreche, über Nichteinmischung oder Einmischungsversuche, was meine ich dann in Bezug auf Russland? Viele sogenannte zivilgesellschaftliche Strukturen… Warum sage ich „sogenannte“? Sie werden aus dem Ausland finanziert, Aktionsprogramme werden vorbereitet, Aktivisten werden im Ausland ausgebildet, und wenn unsere staatlichen Strukturen das sehen, verabschieden wir die entsprechenden Beschlüsse und Gesetze, um eine solche Einmischung in unsere inneren Angelegenheiten zu verhindern und die sind milder als Ihre.

Wir haben ein Sprichwort: Gib nicht dem Spiegel die Schuld, wenn du ein schiefes Gesicht hast. Es hat nichts mit Ihnen persönlich zu tun, aber wenn jemand uns beschuldigt, schauen Sie sich selbst an, Sie werden sich selbst im Spiegel sehen und nicht uns. Daran ist nichts Ungewöhnliches.

Was die politische Aktivität und das politische System betrifft, so entwickelt es sich. Bei uns sind 34 Parteien registriert, ich glaube, im September nehmen 32 an verschiedenen Wahlen im ganzen Land teil.

Simmons: Aber das ist die registrierte Opposition.

Putin: Es gibt eine nicht-systemische Opposition. Sie sagten, dass jemand inhaftiert wurde, dass jemand im Gefängnis ist – ja, auch das kommt vor. Sie haben einige Namen genannt.

Simmons: Ja, die meinte ich.

Putin: Ja, ja, das sage ich gleich. Ich sage es Ihnen gleich, ich werde keine Ihrer Fragen auslassen, keine Sorge.

Simmons: Sein Name ist Aleksej Navalny.

Putin: Das ist unwichtig.

Simmons: Ich werde Ihnen eine direkte Frage stellen: Haben Sie seinen Mord angeordnet oder nicht?

Putin: Natürlich nicht. Wir haben nicht die Angewohnheit, jemanden zu töten, das ist das erste.

Zweitens möchte ich Ihnen eine Frage stellen: Haben Sie die Tötung der Frau angeordnet, die in den Kongress ging und von einem Polizeibeamten erschossen wurde? Und wissen Sie, dass bei Ihnen 450 Personen nach dem Betreten des Kongresses verhaftet wurden? Und sie kamen nicht, um dort einen Computer zu stehlen, sie kamen mit politischen Forderungen. 450 Menschen wurden verhaftet, ihnen drohen 15 bis 25 Jahre Gefängnis und sie kamen mit politischen Forderungen. Ist das nicht eine Verfolgung wegen politischer Ansichten? Einige werden der Verschwörung zur Machtergreifung beschuldigt. Einige werden sogar des Raubes beschuldigt. Sie sind nicht zum Plündern gekommen.

Die Leute, die Sie erwähnt haben – ja, sie wurden verurteilt, weil sie gegen ihre Bewährungsauflagen verstoßen haben. Zweimal wurde eine Person zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. De facto sind das nur Verwarnungen, nicht gegen die in Russland geltenden Gesetze zu verstoßen. Nein, sie haben die gesetzlichen Vorschriften vollkommen ignoriert. Schließlich erließ das Gericht ein entsprechendes Urteil und hob die Bewährung auf. Ich kann Ihnen sagen, dass es in Russland jedes Jahr Tausende solcher Menschen gibt, die die Bewährungsauflagen verletzen, die das Gesetz ignorieren. Es gibt Tausende von ihnen! Und sie haben nichts mit politischer Aktivität zu tun. Und wenn sich jemand hinter politischer Aktivität versteckt, um seine Angelegenheiten, auch kommerzielle, zu erledigen, dann muss er dafür zur Verantwortung gezogen werden.

Simmons: Sehen Sie, Sie sagen es schon wieder: Und wie ist das in Amerika? Ich werde Ihnen diese Frage stellen. Sie sprachen über den amerikanischen Kongress. Nochmals eine einfache Frage: Die Anschuldigungen werden gehört, sie werden in den USA immer wieder gehört, der verstorbene John McCain hat Sie im Kongress direkt einen Mörder genannt, und Biden hat das auch nicht bestritten, und selbst Trump hat das nicht bestritten. Und als Biden direkt gefragt wurde, antwortete er ebenfalls. Also, Herr Präsident, sind Sie ein Mörder?

Putin: Hören Sie, im Laufe meiner Arbeit habe ich mich daran gewöhnt, bei vielen Gelegenheiten angegriffen zu werden, bei vielen Gelegenheiten, in unterschiedlicher Qualität und Schärfe. Das überrascht mich nicht. Wir sind nicht Braut und Bräutigam, wir schwören uns mit diesen Menschen, mit denen wir auf dem internationalen Parkett arbeiten und streiten, nicht ewige Liebe und Freundschaft. Wir sind Partner und wir konkurrieren in mancher Hinsicht miteinander.

Was die harsche Rhetorik angeht, so scheint mir, dass das überhaupt eine Erscheinung der allgemeinen amerikanischen Kultur ist. Natürlich gibt es zum Beispiel in Hollywood – und wir haben am Anfang unseres Gesprächs über Hollywood gesprochen – einige tiefgründige Dinge, die man durchaus der Filmkunst zuordnen kann. Aber meistens ist es eine Art von Machogehabe. Das wird in der amerikanischen Kultur, auch in der politischen Kultur, irgendwie als normal angesehen. Bei uns übrigens nicht. Aber wenn auf diese Rhetorik ein Angebot folgt, sich zu treffen und bilaterale Fragen und internationale Politik zu besprechen, dann verstehe ich das als den Wunsch, zusammenzuarbeiten. Wenn dieser Wunsch ernst gemeint ist, sind wir bereit, ihn zu unterstützen.

Simmons: Aber ich glaube, Sie haben die Frage nicht direkt beantwortet.

Putin: Das habe ich. Ich werde jetzt mehr hinzufügen, wenn Sie erlauben.

Ich habe Dutzende solcher Anschuldigungen gehört, insbesondere während der schwierigen Ereignisse in unserem Kampf gegen den Terrorismus im Nordkaukasus. Ich habe immer die Interessen des russischen Staates und des russischen Volkes verfolgt und ich kümmere mich nicht um diese Maximen, wer wen und wie und was nennt.

Simmons: Bitte schön, hier ist eine Liste von Namen: Anna Politkowskaja wurde erschossen, Litwinenko wurde mit Polonium vergiftet, Sergej Magnitskij wurde angeblich zusammengeschlagen und starb im Gefängnis, Boris Nemzow wurde wenige Meter vom Kreml entfernt erschossen, Michail Lesin starb an seinen Verletzungen in Washington. Das sind alles Ihre Opfer.

Putin: Wissen Sie was, ich will nicht grob klingen, aber das sieht aus wie eine Art Verdauungsstörung, nur eine verbale.

Sie haben eine Menge Menschen aufgezählt, die wirklich gelitten haben und zu unterschiedlichen Zeiten aus unterschiedlichen Gründen durch die Hände verschiedener Menschen gestorben sind.

Lesin, den Sie erwähnt haben. Er hat früher für mich in der Verwaltung gearbeitet und ich hatte ein sehr gutes Verhältnis zu ihm. Ich weiß nicht, ob er in den USA gestorben ist oder nicht, aber wir müssen Sie fragen, wie er dort gestorben ist. Ich für meinen Teil bin immer noch traurig, dass er gestorben ist. Meiner Meinung war er nach ein sehr anständiger, ehrbarer Mann.

Was die anderen betrifft, so haben wir einige der Verbrecher gefunden, die diese oder jene Verbrechen begangen haben, einige sind im Gefängnis. Wir sind bereit, auf die gleiche Art und Weise weiterzuarbeiten und jeden zu identifizieren, der gegen das Gesetz verstößt und durch seine Handlungen Schaden verursacht, auch für das Image Russlands. Aber alles einfach so in einen Topf zu werfen, macht keinen Sinn, ist falsch und entbehrt jeglicher Grundlage. Wenn Sie das für eine Angriffslinie halten, lassen Sie es mich bitte noch einmal hören. Ich wiederhole, ich habe das ich schon oft gehört, aber es beirrt mich nicht im Geringsten. Ich weiß, welche Richtung wir einschlagen müssen, um die Interessen des russischen Staates zu sichern.

Simmons: OK, ich werde für Sie das Thema wechseln.

Ukraine und Weißrussland – diese beiden Länder werden natürlich bei dem Treffen mit Präsident Biden zur Sprache kommen. Wussten Sie im Voraus, dass es eine Notlandung eines Verkehrsflugzeugs geben würde, dass zwei Personen verhaftet werden würden, dass sie aus dem Flugzeug steigen und verhaftet werden würden?

Putin: Davon habe ich nichts gewusst. Ich wusste nichts über irgendein Verkehrsflugzeug und ich habe auch nichts über die Leute gehört, die verhaftet wurden. Ich habe es aus den Medien erfahren. Ich wusste nichts von irgendwelchen Verhaftungen, ich habe keine Ahnung. Das ist für uns nicht von Interesse.

Simmons: Sie scheinen zuzustimmen, als ob Sie diese Handlung gutheißen. Sie hatten sofort danach ein Treffen mit Lukaschenko.

Putin: Ich billige oder verurteile das nicht. Es ist so geschehen. In einem Gespräch, das ich kürzlich mit einem europäischen Kollegen führte, habe ich ihm die Version von Herrn Lukaschenko erzählt, dass sie dort Informationen erhalten hätten, dass sich ein Sprengsatz an Bord befinde. Sie informierten den Piloten, sie zwangen ihn nicht zu landen, und der Pilot entschied sich für eine Landung in Minsk. Das war alles.

Simmons: Und Sie glauben, dass das wahr ist?

Putin: Warum sollte ich ihm nicht glauben? Fragen Sie den Piloten. Am einfachsten ist es, den verantwortlichen Piloten zu fragen: Wurdest Du zur Landung gezwungen, oder nicht? Fragen Sie ihn. Haben Sie ihn gefragt? Ich habe nie ein Interview mit dem verantwortlichen Piloten gehört, der in Minsk gelandet ist. Warum fragen Sie ihn nicht: Wurden Sie zur Landung gezwungen? Das ist sogar seltsam. Alle beschuldigen Lukaschenko, aber sie fragen nicht den Piloten.

Wissen Sie, ich kann mich an einen anderen Fall dieser Art erinnern, nämlich an den, in dem das Flugzeug des bolivianischen Präsidenten auf Anordnung der US-Regierung in Wien zur Landung gezwungen wurde. Das Flugzeug eines Präsidenten wurde zur Landung aufgefordert, einfach so. Der Präsident wurde aus dem Flugzeug geholt, das Flugzeug wurde durchsucht, und Sie erwähnen das nicht einmal. Denken Sie, dass das normal ist? Das war gut, aber Lukaschenko hat etwas Schlechtes getan? Sehen Sie, lassen Sie uns irgendwie die gleiche Sprache sprechen und die gleichen Begriffe verwenden. Hier heißt es, „Lukaschenko ist ein Bandit“. Aber dort ist das gut? Das wurde damals in Bolivien als nationale Demütigung empfunden, aber alle haben dort geschwiegen, um die Beziehungen nicht zu verschlimmern. Niemand erinnert sich daran und das ist übrigens nicht der einzige Fall. Es ist nicht der einzige. Also, was ist mit Lukaschenko? Sie haben ihm ein Beispiel gegeben.

Simmons: Sie haben das angesprochen, aber das ist ein ganz anderes Beispiel. Herr Präsident, wir reden hier über einen kommerziellen Flug. Sehen Sie, die Menschen sollten das Recht haben, ein Flugticket zu kaufen und sicher zu fliegen, ohne Angst, von einem Kampfjet getroffen zu werden, ohne zur Landung gezwungen zu werden, ohne abgeschossen zu werden oder Journalisten verhaften zu lassen.

Putin: Hören Sie mir zu, ich sage Ihnen noch einmal, was mir Präsident Lukaschenko gesagt hat. Ich habe keinen Grund, ihm nicht zu glauben. Fragen Sie den Piloten, ich sage es Ihnen jetzt zum dritten Mal. Warum fragen Sie ihn nicht? Wurde er genötigt, wurde er eingeschüchtert? Die Tatsache, dass die Information im Umlauf war, dass sich ein Sprengsatz an Bord befand, dass Menschen, Passagiere, Bürger, die nichts mit Politik oder mit inneren Konflikten oder mit irgendetwas anderem zu tun haben, das vielleicht negativ wahrgenommen haben, vielleicht deshalb verängstigt waren – das ist natürlich schlecht. Was ist daran gut? Wir verurteilen natürlich alles an diesem Fall: den internationalen Terrorismus mit dem Einsatz von Flugzeugen und so weiter. Natürlich sind wir dagegen.

Sie haben mir gesagt, dass die Landung des Flugzeugs mit dem Präsidenten von Bolivien ein anderer Fall ist. Anders, ja, nur ist es eben zehnmal schlimmer als das, was in Weißrussland gemacht wurde, wenn überhaupt etwas gemacht wurde. Und Sie wollen es nicht einfach zur zugeben, es durchgehen lassen und wollen, dass Millionen von Menschen auf der ganzen Welt das nicht bemerken oder am nächsten Tag vergessen. Das wird nicht funktionieren.

Simmons: OK, die Ukraine ist Ihr Nachbar. Anfang dieses Jahres erklärte die EU, dass es eine große Aufstockung des russischen Militärs, Truppen an der Grenze zur Ukraine gab. Was war der Grund dafür? Wofür war das?

Putin: Sehen Sie, zunächst einmal hat die Ukraine selbst Truppen und militärische Ausrüstung in das Konfliktgebiet in der Südostukraine, in den Donbass, gebracht, und ich denke, sie tut das auch jetzt noch.

Zweitens haben wir planmäßige Manöver auf unserem Territorium durchgeführt, nicht nur im Süden der Russischen Föderation, sondern auch im Fernen Osten und im Norden, in der Arktis. Es fanden zeitgleiche Manöver in mehreren Regionen der Russischen Föderation statt. Zur gleichen Zeit führten die USA Manöver in Alaska durch, nur um das festzuhalten. Wissen Sie etwas darüber? Nein? Wahrscheinlich nicht. Ich sag’s Ihnen, ich weiß es. Das ist auch direkt an unserer Grenze, aber es ist auf Ihrem Gebiet. Wir haben das nicht einmal beachtet.

Und das ist es, was jetzt passiert: An unserer südlichen Grenze findet ein Manöver namens Defender Europe statt. 40.000 Soldaten, 15.000 Stück militärische Ausrüstung, einige von ihnen wurden vom amerikanischen Kontinent bis an unsere Grenzen verlegt. Haben wir unsere Ausrüstung an die amerikanische Grenze verlegt? Nein. Warum sind Sie besorgt?

Simmons: Sehr oft sind diese Manöver, die wir durchführen, eine Reaktion auf Ihre Aktionen und Ihre Manöver. Ihre Konfrontation mit der NATO hat diese Situation in vielerlei Hinsicht verschlimmert und die NATO spielt sozusagen die Verteidigung.

Putin: Na das ist doch mal eine Verteidigung! In der Zeit der Sowjetunion wurde Gorbatschow – Gott sei Dank ist er noch gesund und am Leben – versprochen, fragen Sie ihn danach, mündlich versprochen, aber trotzdem haben sie versprochen, dass sich die NATO nicht nach Osten ausweiten wird. Und was ist mit diesen Versprechen? Zwei Erweiterungswellen.

Simmons: Wo steht das geschrieben, wo wurde dieses Versprechen verankert?

Putin: Das haben Sie gut gemacht! Richtig, Sie haben den Dummkopf mit vier geballten Fäusten betrogen, wie man bei uns sagt. Man muss alles auf Papier festhalten. (Anm. d. Übers.: Das von Putin benutzte Sprichwort ist schwer zu übersetzen)

Aber wozu war es notwendig, die NATO nach Osten zu erweitern und die Infrastruktur näher an unsere Grenzen zu bringen? Und Sie sagen, dass wir uns aggressiv verhalten. Mit welcher Begründung? Stellte Russland auch nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion eine Bedrohung für die USA oder ein anderes europäisches Land dar? Wir haben freiwillig alle unsere Truppen aus Osteuropa abgezogen, direkt auf die grüne Wiese. Die Menschen in unserem Land litten, Militärfamilien lebten dort jahrzehntelang ohne normale Lebensbedingungen, auch für ihre Kinder. Uns sind enorme Kosten entstanden. Und was haben wir als Gegenleistung bekommen? Militärische Infrastruktur hier an unseren Grenzen. Und Sie sagen, dass wir jemanden bedrohen? Ja, wir führen regelmäßig Manöver durch, darunter auch Manöver, die für unsere Streitkräfte unerwartet sind. Warum sollte das unseren NATO-Partnern Anlass zur Sorge geben? Ich verstehe das einfach nicht.

Simmons: Aber jetzt würden Sie sich verpflichten, nicht mehr russische Truppen auf das souveräne Territorium der Ukraine zu schicken, ein separates Land?

Putin: Hören Sie mir zu, haben wir gesagt, dass wir unsere Truppen irgendwo hinschicken werden? Jetzt sagen Sie: Könnten Sie es jetzt machen? Wir halten Manöver auf unserem eigenen Territorium ab. Wieso ist das nicht verständlich? Ich sage es noch einmal und ich möchte, dass Ihre Zuschauer, Ihre Zuhörer an den Fernsehern und im Internet es hören: Wir haben auf unserem Territorium Manöver durchgeführt.

Stellen wir uns vor, wir würden unsere Truppen sehr nahe an Ihre Grenzen schicken, wie würden Sie reagieren? Das haben wir nicht getan, wir sind auf unserem eigenen Gebiet. Sie haben in Alaska Manöver abgehalten und Gott mit Ihnen! Aber Sie haben den Ozean in Richtung unserer Grenze überquert und Tausende von Soldaten und Tausende von Militärfahrzeugen mitgebracht. Und Sie meinen, dass wir uns aggressiv verhalten, aber Sie nicht. Hallo, geht´s noch?

Simmons: Okay. Nächstes Thema.

Beamte der Biden-Administration haben gesagt, dass Paul Whelan und Trevor Reed bei diesem Gipfel ausgetauscht werden. Das sind ehemalige US-Marines. Trevor Reid hat sich im Gefängnis mit dem Coronavirus infiziert. Wäre diese Geste des guten Willens Ihrer Meinung eine gute Geste?

Putin: Ich weiß, dass bei uns einige US-Bürger inhaftiert und verurteilt sind. Aber wenn Sie die Zahl der Bürger der Russischen Föderation nehmen, die in den Vereinigten Staaten im Gefängnis sitzen, ist das eine unvergleichbare Zahl. Die Vereinigten Staaten haben in den letzten Jahren die Praxis übernommen, russische Staatsbürger in Drittländern zu fangen, sie unter Verletzung allen internationalen Rechts in ihr Land zu verschleppen und zu inhaftieren.

Gleich, Sekunde.

Simmons: Wir haben einfach Zeitdruck. Aber wenn man uns mehr Zeit gibt, werden wir uns gerne unterhalten.

Putin: Okay. Hier bestimme über die Zeit, also keine Sorge.

Ihr Junge, der Marine, ist nur ein Säufer und ein Chaot. Er hat sich besoffen, wie wir sagen, er hat sich mit Wodka betrunken und hat eine Schlägerei begonnen, bei der er auch einen Polizisten geschlagen hat. Das ist nichts Besonderes, das ist alltäglich.

Was mögliche Verhandlungen über dieses Thema angeht, bitte, wir können darüber reden. Wir werden natürlich das Thema unserer Bürger ansprechen, die in den Vereinigten Staaten im Gefängnis sitzen. Das ist ein Gesprächsthema. Bitte sehr. Allerdings hat die US-Regierung das Thema nicht angesprochen, aber wir sind bereit, darüber zu sprechen.

Unser Pilot Yaroshenko sitzt bei Ihnen schon 15 oder fast 20 Jahre im Gefängnis. Auch dort scheint es sich um einen reinen Kriminalfall zu handeln. Müsste man drüber reden. Aber wir reden nicht darüber. Vielleicht ergibt sich ja eine Gelegenheit. Wenn die amerikanische Seite bereit ist, dieses Thema zu diskutieren, sind wir bereit, bitte.

Simmons: Wissen Sie, es schmerzt seine Familie, solche Worte zu hören, dass er ein Chaot ist. Ziehen Sie die Möglichkeit eines „Gefangenenaustausches“ in Betracht?

Putin: Was ist hier schmerzhaft? Er hat sich mit Wodka betrunken, eine Schlägerei angefangen und sich mit Polizeibeamten geprügelt. Was ist daran schmerzhaft? Das kommt vor im Leben, das ist nichts Schlimmes. Nun, das passiert auch unseren Männern: Sie trinken Wodka und geraten in eine Schlägerei. Na und? Er hat das Gesetz gebrochen und er wurde ins Gefängnis gesteckt. Aber in Ihrem Land würde er bei einer Schlägerei mit Polizeibeamten auf der Stelle erschossen werden und damit wäre die Sache erledigt, nicht wahr?

Simmons: Was den Gefangenenaustausch betrifft, könnten Sie erwägen, das während des Treffens mit Präsident Biden zu besprechen?

Putin: Natürlich. Noch besser wäre es, über die Möglichkeit des Abschlusses eines Abkommens über die Auslieferung von Personen zu sprechen, die sich im Gefängnis befinden. Das ist eine weltweit übliche Praxis, wir haben solche Vereinbarungen mit mehreren Ländern. Wir sind bereit, das auch mit den Vereinigten Staaten zu diskutieren.

Simmons: Ich möchte nur wissen, welche russischen Staatsangehörigen, die sich in den USA aufhalten, welche von ihnen wollen Sie nach Russland zurückholen? Namentlich.

Putin: Wir haben eine ganze Liste. Ich habe jetzt den Piloten Yaroshenko genannt, der aus einem Drittland in die USA gebracht wurde und dort eine ziemlich lange Strafe bekommen hat. Er hat große gesundheitliche Probleme, aber irgendwie schenkt die Gefängnisverwaltung dem keine Beachtung. Sie haben dem Coronavirus Ihrer bei Ihrem Bürger Aufmerksamkeit geschenkt, aber niemand erwähnt die Krankheiten unserer Bürger.

Wir sind bereit, diese Themen zu diskutieren. Mehr noch, ich denke, das wäre sinnvoll. Es gibt, wie Sie zu Recht sagten, und da stimme ich Ihnen völlig zu, Fragen humanitärer Natur. Warum nicht darüber reden? Es geht um die Gesundheit und das Leben von konkreten Menschen und deren Familien. Natürlich.

Simmons: Bevor ich zum nächsten Thema übergehe… Noch einmal zu Alexej Nawalny: Können Sie versprechen, dass er das Gefängnis lebend und gesund verlassen wird?

Putin: Hören Sie, das ist nicht die Entscheidung des Präsidenten, es ist eine Gerichtsentscheidung, jemanden freizulassen oder nicht freizulassen. Für die Gesundheit von Menschen, die sich in Haft befinden, ist die Verwaltung des Haftortes verantwortlich. Die medizinischen Einrichtungen in den Haftanstalten sind wahrscheinlich nicht im besten Zustand, in Einrichtungen dieser Art. Die Gefängnisbehörden sind diejenigen, die ein Auge darauf haben. Ich hoffe, sie tun das in angemessener Weise.

Um ehrlich zu sein, ist es schon lange her, dass ich an einem solchen Ort war, ich war einmal in St. Petersburg in so einem Ort und die medizinische Versorgung in Haftanstalten hat einen schlechten Eindruck auf mich gemacht. Aber ich hoffe, dass in der Zwischenzeit etwas getan wurde, um die Situation zu verbessern. Ich gehe davon aus, dass bei der von Ihnen genannten Person die gleichen Methoden angewandt werden, keine schlechteren, das kann man mit Sicherheit sagen, als bei allen anderen Personen in Haft.

Simmons: Sein Name ist Alexej Navalny. Sind Sie nicht bereit zu sagen, dass er aus dem Gefängnis entlassen werden wird?

Putin: Hören Sie mir gut zu. Er kann heißen, wie er will, er ist einer der Menschen im Gefängnis. Für mich ist er ein Bürger der Russischen Föderation, der von einem russischen Gericht verurteilt wurde und im Gefängnis sitzt, davon gibt es viele. Übrigens hat sich unsere so genannte Gefängnispopulation, also die Menschen, die im Gefängnis sind, in den letzten Jahren fast halbiert. Ich denke, das ist ein großer Sieg für uns und ein ernsthaftes Zeichen, dass unser Rechtssystem humaner wird. Es ist also nicht schlechter als bei anderen. Wir dürfen niemandem eine Ausnahmeregelung gewähren, das wäre falsch, alle sollten gleichgestellt sein, das nennt man „Meistbegünstigungsprinzip“, nicht schlechter als jeder andere. Und für die Person, die Sie erwähnt haben, gilt das auch.

Simmons: Danke für Ihre Zeit, Herr Präsident, wir waren zwei Wochen in Quarantäne, dies ist ein sehr wichtiges Interview für uns.

Ich möchte eine Frage zu China stellen. China arbeitet jetzt an seinem vierten Flugzeugträger, sie haben zwei, und Russland hat einen, und der ist im Moment nicht in Bereitschaft. China weigert sich, an Verhandlungen teilzunehmen, es hat sich letztes Jahr geweigert, über Rüstungskontrolle zu verhandeln. Sie beschweren sich über die NATO im Westen. Warum beschweren Sie sich nicht über Chinas Militarisierung im Osten?

Putin: Das erste, was ich sagen möchte, ist, dass wir in den letzten Jahren, in den letzten Jahrzehnten, eine strategische Partnerschaft mit China gebildet haben, wie wir sie in der Geschichte unserer Staaten noch nie erreicht haben. Ein großes Maß an Vertrauen und Zusammenarbeit, und zwar in allen Bereichen: in der Politik, in der Wirtschaft, in der Technologie und in der militärisch-technischen Zusammenarbeit. Wir meinen nicht, dass China eine Bedrohung für uns darstellt. Es ist ein freundliches Land. Es erklärt uns ja nicht zum Feind, wie es die Vereinigten Staaten getan haben. Wissen Sie davon denn gar nichts? Das ist das Erste.

Zweitens: China ist ein riesiges, mächtiges Land, eineinhalb Milliarden Menschen. Gemessen an der Kaufkraftparität hat Chinas Wirtschaft die der Vereinigten Staaten überholt. Beim Handelsumsatz mit Europa lag China im vergangenen Jahr auf Platz eins, die Vereinigten Staaten auf Platz zwei. Haben Sie das gewusst?

China entwickelt sich. Ich verstehe, dass sich eine Konfrontation mit China anbahnt. Wir sehen das alles. Jeder versteht das. Was gibt es hier zu verstecken und wovor sollte man Angst haben? Aber wir sind nicht ängstlich, weil wir denken, dass unsere Verteidigungsfähigkeit, wie wir sagen, auf einem sehr hohen Niveau ist, auch deshalb. Aber das Wichtigste sind der Charakter und das Niveau der Beziehung zu China.

Sie sagten, dass China vier Flugzeugträger haben wird. Wie viele Flugzeugträger haben die Vereinigten Staaten?

Simmons: Viel mehr.

Putin: Das ist es, wovon ich spreche. Warum sollten wir Angst vor China und seinen Flugzeugträgern haben? Zu allem Überfluss haben wir auch noch eine riesige Grenze zu China, aber es ist eine Landgrenze. Glauben Sie etwa, dass sie ihre Flugzeugträger durch unser Gebiet schicken werden? Und dass sie vier haben werden, das ist richtig.

Simmons: Sie haben dort auch eine Küste.

Putin: Was ist mit der Küste? Es mag zwar eine riesige Küstenlinie sein, aber die Hauptgrenze zu China verläuft im Landesinneren. Dass es vier Flugzeugträger gibt, ist eine gute Sache, denn einer wird gewartet, einer ist im Einsatz, einer soll repariert werden, und so weiter. Hier gibt es nichts überzähliges bei China.

Und was Sie sagten: China lehnt Gespräche ab – es lehnt Gespräche über die Reduzierung der Atomwaffen ab. Sie sollten die Chinesen fragen, ob das gut oder schlecht ist, das müssen sie selbst entscheiden. Ihre Argumente sind einfach und klar: Die USA und Russland sind China sowohl bei der Anzahl der Sprengköpfe als auch bei der Anzahl der Trägersysteme weit überlegen. Die Chinesen fragen zu Recht: „Warum sollten wir sie reduzieren, wenn wir sowieso kleiner sind als Ihr? Wir haben von allem weniger. Oder wollen Sie unsere nukleare Abschreckung einfrieren? Warum sollten wir sie einfrieren? Warum können wir, ein Land mit anderthalb Milliarden Einwohnern, nicht versuchen, zumindest Ihr Niveau zu erreichen?“ Dies sind kontroverse Fragen, die alle eine sorgfältige Abwägung erfordern. Aber die Verantwortung für Chinas Position auf uns abzuwälzen, ist lächerlich.

Simmons: Was denken Sie über die Art und Weise, wie China die nationalen Minderheiten in Xinjiang, die Uiguren, behandelt?

Putin: Wissen Sie, ich habe mich mit einigen Uiguren getroffen. Sie können immer Leute finden, die kritisch gegenüber der Zentralregierung sind. Aber ich habe mich bei meinen Besuchen in China mit Uiguren getroffen. Und ich versichere Ihnen, zumindest was ich mit meinen eigenen Ohren gehört habe, dass sie die Politik der chinesischen Regierung in dieser Hinsicht insgesamt begrüßen. Sie sind der Meinung, dass China viel für die Menschen in dieser Region getan hat, was die Wirtschaft, die Kultur und so weiter betrifft. Was kann ich also sagen, wenn ich die Situation von außen betrachte?

Simmons: Wirklich, Sie wissen, dass viele Uiguren das nicht sagen, dass Amerika China des Völkermordes beschuldigt hat und der Außenminister hat China des Völkermordes beschuldigt, eine Million Uiguren sind jetzt im Konzentrationslager. Und welche Botschaft möchten Sie in dieser Situation an die muslimische Gemeinschaft in der ehemaligen Sowjetunion senden?

Putin: Als Botschaft an die muslimische Gemeinschaft in Russland möchte ich die Politik der russischen Regierung schicken. Russland hat einen Beobachterstatus in der Organisation der Islamischen Konferenz. Wahrscheinlich haben wir 10 Prozent, oder sogar mehr, islamische Bevölkerung.

Das sind Bürger der Russischen Föderation, die kein anderes Vaterland haben. Sie leisten einen großen Beitrag zur Entwicklung unseres Landes. Das gilt für normale Bürger und das gilt für religiöse Autoritäten. Warum sollte ich mit diesem Teil unserer Bevölkerung mit Verweis auf die Situation in China diskutieren und Beziehungen aufbauen, ohne im Detail zu verstehen, was dort vor sich geht?

Ich denke, Sie sind besser dran, wenn Sie sich mit all diesen Fragen im Außenministerium oder im Außenministerium der Volksrepublik China melden.

Simmons: Es ist nur die Frage, ob Sie bereit sind, China zu kritisieren. Zum Beispiel enthielt sich China im Sicherheitsrat in der Krim-Frage und Chinas größte Banken unterstützen die US-Sanktionen nicht. Sie haben also 100-prozentige Unterstützung aus China, meinen Sie das?

Putin: Wissen Sie, wir sind Nachbarn, man kann sich seine Nachbarn nicht aussuchen. Wir freuen uns über das beispiellos hohe Niveau unserer Beziehungen in den letzten Jahrzehnten, wie ich schon sagte, und es ist uns sehr wertvoll. Wir schätzen es genauso wie unsere chinesischen Freunde, und das sehen wir auch. Warum versuchen Sie also, uns in Themen hineinzuziehen, die Sie für den Aufbau Ihrer Beziehungen zu China so einschätzen, wie Sie es tun?

Ich werde es Ihnen ganz offen sagen – darf ich offen sein?

Simmons: Ja.

Putin: Wir sehen die Versuche, die Beziehungen zwischen Russland und China zu zerstören, wir sehen das in der praktischen Politik. Und damit hängen auch Ihre Fragen zusammen.

Ich habe Ihnen meine Position dargelegt. Ich denke, das ist genug und ich bin sicher, dass die chinesische Führung, die die Gesamtheit dieser Probleme, einschließlich des uigurischen Teils der Bevölkerung, versteht und die notwendigen Lösungen finden wird, um sicherzustellen, dass die Situation stabil und zum Nutzen des gesamten Multi-Millionen-Volkes Chinas, einschließlich des uigurischen Teils, bleibt.

Simmons: Sie verstehen natürlich, dass ich Ihnen nur eine Frage zu Russlands Position gegenüber China und den Vereinigten Staaten stellen möchte. Ich frage mal anders: Spalten Sie sich vom US-Raumfahrtprogramm ab und gehen in Richtung China?

Putin: Nein, warum? Wir sind bereit, mit den USA im Weltraum zusammenzuarbeiten und ich glaube, der Leiter der NASA sagte kürzlich, dass er sich die Entwicklung von Weltraumprogrammen ohne eine Partnerschaft mit Russland nicht vorstellen kann. Wir begrüßen diese Aussage und halten sie in Ehren.

Simmons: Lassen Sie es mich erklären. Der Chef der russischen Raumfahrtbehörde drohte, dass sich Russland im Jahr 2025 aus dem internationalen Raumfahrtprojekt zurückziehen werde. Er hat über Sanktionen gesprochen, als er über diese Drohung gesprochen hat.

Putin: Um ehrlich zu sein, glaube ich nicht, dass Herr Rogozin, das ist der Nachname des Chefs von Roskosmos, irgendjemandem in dieser Hinsicht gedroht hat. Ich kenne ihn seit vielen Jahren und weiß, dass er ein Befürworter der Entwicklung von Beziehungen mit den Vereinigten Staaten in diesem Bereich, im Weltraum, ist.

Der Leiter der NASA sagte kürzlich, ich wiederhole es, das Gleiche. Ich persönlich unterstütze das sehr und wir haben über die Jahre sehr gerne zusammengearbeitet und ich bin bereit, das fortzusetzen.

Die Internationale Raumstation nähert sich aus technischen Gründen allmählich dem Ende ihrer Lebensdauer, daher hat Roskosmos vielleicht keine Pläne, diese Arbeit fortzusetzen. Aber soweit ich von unseren amerikanischen Partnern gehört habe, haben sie auch ihre eigenen Ansichten über die zukünftige Zusammenarbeit in diesem Bereich, aber insgesamt ist die Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten im Weltraum, denke ich, ein gutes Beispiel dafür, wo wir es trotz aller Probleme in den politischen Beziehungen in den letzten Jahren geschafft haben, unsere Partnerschaft aufrechtzuerhalten, und wir schätzen sie auf beiden Seiten. Ich glaube, Sie haben den Leiter unserer Raumfahrtbehörde einfach falsch verstanden.

Ich möchte Ihnen versichern, dass wir daran interessiert sind, weiterhin mit den Vereinigten Staaten in diesem Bereich zusammenzuarbeiten und das auch tun werden, sofern unsere amerikanischen Partner sich nicht weigern, dies zu tun. Das heißt aber nicht, dass wir unsere Arbeit nur in den USA lokalisieren müssen. Wir arbeiten auch mit China zusammen und werden das auch weiterhin tun. Das gilt für alle Arten von Programmen, einschließlich der Erforschung des Weltraums. Ich denke, das ist nur positiv. Um ehrlich zu sein, sehe ich hier nicht einmal Widersprüche.

Simmons: Lassen Sie mich eine weitere Frage stellen. Ich möchte einfach die Beziehung zwischen China und Russland und Amerika verstehen. Wenn zum Beispiel die Chinesische Befreiungsarmee nach Taiwan einrückt, wie wird Russland darauf reagieren?

Putin: Wissen Sie etwa was von Chinas Plänen, das Taiwan-Problem militärisch zu lösen? Mir ist davon nichts bekannt.

Wie wir oft sagen, ist der Konjunktiv in der Politik irrelevant. Deshalb kann ich „was wäre wenn“ nicht kommentieren, wenn es nichts mit den Realitäten der heutigen Welt zu tun hat. Ich denke, das ist nur – seien Sie mir bitte nicht böse – eine Frage aus dem Nirgendwo. So etwas gibt es nicht. Hat China erklärt, dass es das Taiwan-Problem militärisch lösen wird? Bislang ist das nicht geschehen. Seit so vielen Jahren entwickelt China die Beziehungen zu Taiwan, es gibt unterschiedliche Einschätzungen: die USA haben ihre eigene, China hat seine eigene, Taiwan kann seine eigene haben. Aber Gott sei Dank ist es nicht zu einer heißen Phase gekommen.

Simmons: Mir wurde gesagt, dass es an der Zeit ist, zum Schluss zu kommen. Aber ich möchte Ihnen noch ein paar Fragen stellen.

Andrea Mitchell war diesen Monat in Syrien. Sie hat gesehen, wie Menschen leben… Sie sagen, dieser Grenzübergang wird im Juli geschlossen, der Sicherheitsrat hat darüber gesprochen. Warum tun Sie das, wo es doch zum Tod von Flüchtlingen führen wird?

Putin: Sehen Sie, leider gibt es dort schon viele Tragödien. Alle unsere Aktionen sollten darauf abzielen, die Situation zu stabilisieren, sie wieder auf Kurs zu bringen. Mit der Unterstützung Russlands hat die syrische Regierung die Kontrolle über mehr als 90 Prozent des syrischen Territoriums zurückgewonnen.

Und jetzt müssen wir einfach humanitäre Hilfe für die Menschen organisieren, unabhängig von jedem politischen Kontext. Aber unsere Partner im Westen, im vereinten Westen – sowohl die USA als auch die Europäer – sagen, dass sie Assad keine Hilfe leisten werden. Aber was hat das mit Assad zu tun? Helfen Sie Menschen, die diese Hilfe benötigen, geben Sie ihnen die grundlegendsten Dinge. Schließlich heben Sie nicht einmal wegen des Coronavirus die Sanktionen für medizinische Geräte und Medikamente auf. Das ist einfach unmenschlich. Nichts kann eine solch grausame Haltung gegenüber Menschen erklären.

Was diese Übergänge zur Lieferung von humanitärer Hilfe angeht: Es gibt das Gebiet Idlib, die Militanten plündern dort einfach alles, Menschen werden dort bis heute getötet und vergewaltigt und den Westen stört das nicht. Das Lager Al-Tanf, die Zone wird übrigens vom amerikanischen Militär kontrolliert. Kürzlich haben wir auch eine Gruppe von Banditen gefangen, sie kamen von dort und sagten direkt, dass sie eine bestimmte Aufgabe gegen russischer Militäreinrichtungen haben.

Was die Grenzübergänge betrifft, so ist unsere Position, dass wir die Hilfe, wie es überall auf der Welt der Fall sein sollte, wie es das humanitäre Völkerrecht vorschreibt, über die Zentralregierung leisten müssen und sie nicht diskriminieren dürfen. Wenn es Grund zu der Annahme gibt, dass die syrische Zentralregierung etwas stiehlt oder plündert, sollte das Internationale Rote Kreuz und der Rote Halbmond für die Überwachung zuständig sein. Aber ich glaube nicht, dass irgendjemand in der syrischen Regierung daran interessiert ist, irgendetwas von dieser humanitären Hilfe dort zu stehlen, man sollte das einfach durch die Zentralregierung machen lassen. Wir unterstützen Präsident Assad in diesem Sinne, denn die andere Art, sich zu verhalten, ist die Untergrabung der Souveränität der Arabischen Republik Syrien, das ist alles.

Was Idlib betrifft, so kontrollieren die türkischen Truppen dort de facto die Grenze zwischen Syrien und der Türkei und es gibt Konvois, die in unbegrenzter Zahl hin und her fahren.

Simmons: Ich weiß, dass es in Russland eine Verfassungsänderung gegeben hat: Sie können bis 2036 Präsident sein. Was denken Sie, je länger Sie an der Macht sind, desto länger es keinen Nachfolger gibt, kann es nicht passieren, dass ein Nachfolger gefunden wird, und dann bricht alles über Nacht zusammen?


Putin: Und was soll über Nacht passieren? Wenn man sich die Situation im Jahr 2000 ansieht, als Russland kurz davor stand, seine Souveränität und territoriale Integrität zu verlieren, war die Zahl der Menschen unterhalb der Armutsgrenze kolossal und katastrophal, das BIP stürzte ins Bodenlose, wir hatten 12 Milliarden an Devisenreserven und wir hatten Schulden in Höhe von 120 Milliarden Dollar.

Aber jetzt ist die Situation anders. Es gibt jetzt eine Menge Probleme, aber die Situation ist völlig anders. Eines Tages wird sicher eine andere Person meinen Platz einnehmen. Aber warum sollte alles zusammenbrechen? Wir haben den internationalen Terrorismus bekämpft und wir haben ihn Gott sei Dank mit der Wurzel entfernt. Soll das etwa wieder zurückkommen? Ich glaube nicht. Eine andere Sache ist, dass verschiedene Menschen mit unterschiedlichen Ansichten auf der politischen Bühne auftreten können. Gut so.

Wissen Sie, ich habe mein ganzes Leben so sehr mit dem Schicksal meines Landes verbunden, dass es keine andere Aufgabe in meinem Leben gibt, die bedeutsamer ist als die der Stärkung Russlands.

Wenn ich also sehe, dass jemand, auch wenn er einigen Aspekten meiner Arbeit kritisch gegenübersteht, aber ich sehe, dass er ein Mensch ist, der konstruktive Ansichten hat und dem Land gegenüber loyal ist und bereit ist, nicht nur Jahre, sondern sein ganzes Leben auf dem Altar des Vaterlandes zu opfern, unabhängig von seiner persönlichen Einstellung zu mir, werde ich alles tun, um Unterstützung für solche Menschen zu bekommen.

Irgendwann werden wir natürlich – das ist ein natürlicher Prozess, ein biologischer – alle ersetzt: Sie an Ihrer Stelle, ich an meiner. Aber ich bin sicher, dass die Grundlagen der russischen Staatlichkeit, der russischen Wirtschaft und des politischen Systems so beschaffen sein werden, dass sie auf ihren Füßen stehen und mit Zuversicht in die Zukunft blicken werden.

Simmons: Und jetzt sehen Sie diesen Mann an. Werden Sie von ihm die gleiche Art von Schutz erwarten, die Sie Präsident Jelzin zu seiner Zeit angeboten haben, dass er auch Sie schützen wird?

Putin: Ich denke nicht einmal darüber nach, das sind Fragen von geringer Bedeutung. Das Wichtigste ist das Schicksal des Landes und seiner Menschen.

Simmons: Ich verstehe.

Ich danke Ihnen für Ihre Zeit, Herr Präsident. Ich weiß, es war schon ein langes Interview. Vielen Dank für das sehr interessante Gespräch.

Ende der Übersetzung