Dienstag, 29. Juni 2021

Flottille gegen Moskau - jW-Jörg Kronauer

 

Entnommen: https://www.jungewelt.de/artikel/405256.schwarzmeer-man%C3%B6ver-flottille-gegen-moskau.html


SCHWARZMEER-MANÖVER


Flottille gegen Moskau


Großmanöver »Sea Breeze 2021« im Schwarzen Meer gestartet: Breites prowestliches Bündnis macht gegen Russische Föderation mobil


Von Jörg Kronauer

Unter Führung der USA und der Ukraine hat am Montag im Schwarzen Meer ein Großmanöver zur Optimierung gemeinsamer Militäroperationen der prowestlichen Anrainer mit der NATO begonnen. An der Kriegsübung »Sea Breeze 2021«, der bislang größten der seit 1997 abgehaltenen Manöverserie, nehmen 5.000 Soldaten aus 32 Ländern mit 32 Schiffen, 40 Flugzeugen sowie 18 Spezialeinheiten und Tauchteams teil. Geprobt werden verschiedene Operationsarten, darunter amphibische Manöver und Einsätze an Land, der Luft- und U-Boot-Abwehr sowie maritime Abriegelungsoperationen. Besondere Bedeutung besitzt die militärische Kooperation mit der Ukraine und Georgien, den beiden einzigen Anrainerstaaten außer Russland, die nicht der NATO angehören. Die Übung sei zudem »eine greifbare Demonstration der US-Unterstützung für die Ukraine«, wird die Geschäftsträgerin der US-Botschaft in Kiew, Kristina Kvien, zitiert.

Mit »Sea Breeze 2021« setzen die westlichen Mächte die Verstärkung ihrer Truppenpräsenz im und am Schwarzen Meer fort. Im März teilte die NATO in ihrem Jahresbericht mit, sie habe ihre Manöver in der Region intensiviert. Bereits zuvor hatte es geheißen, Kriegsschiffe der USA und weiterer Mitgliedstaaten abgesehen von den Anrainern operierten inzwischen während rund zwei Dritteln des Jahres im Schwarzen Meer. Vergangene Woche hat ein britischer Zerstörer mit einer gezielten Provokation, dem Eindringen in die Hoheitsgewässer vor der Krim, russische Reaktionen auf etwaige NATO-Vorstöße ausgetestet. Das soeben beendete Großmanöver »Defender Europe 21« hat die Verlegung von US-Großverbänden nach Südosteuropa und in die Schwarzmeerregion geübt, während die Bundeswehr sich am Aufbau eines neuen regionalen NATO-Hauptquartiers in Rumänien (Multinational Corps South-East) beteiligt und seit vergangener Woche Eurofighter für die rumänische Luftraumüberwachung in Constanta an der Schwarzmeerküste stellt.

Parallel nutzen die Vereinigten Staaten »Sea Breeze 2021«, um ihr globales Bündnissystem zu konsolidieren und auszudehnen. So nehmen an der Kriegsübung nicht nur Australien, Japan und Südkorea teil, deren Streitkräfte im Kern zum militärischen Dispositiv des Westens gegen China zählen. Auch Militärs aus Brasilien, Israel, Pakistan und den Vereinigten Arabischen Emiraten sind involviert, darüber hinaus zum ersten Mal vier Staaten Nord- und Westafrikas (Ägypten, Tunesien, Marokko, Senegal). Die deutsche Marine hingegen ist seit 2016 nicht mehr bei »Sea Breeze« präsent. Sie konzentriert sich neben ihren Einsätzen – vor allem im Mittelmeer – stark auf die Ostsee und bereitet sich aktuell auf ihre erste Übungsfahrt ins Südchinesische Meer vor.

Russland, gegen das sich »Sea ­Breeze 2021« richtet, fordert die Absage des Großmanövers: »Das Ausmaß und die offensichtlich aggressive Art der militärischen Übungen entsprechen in keiner Weise den tatsächlichen Sicherheitsbedürfnissen in der Schwarzmeerregion«, twitterte die russische Botschaft in Washington bereits vergangene Woche. Das beeindruckt im Westen freilich niemanden. Denn neben der Unterstützung der Ukraine geht es darum, Russland zu schwächen. Dessen Marinepräsenz in dem Gewässer sei nicht nur für die »Verteidigung der russischen Südflanke« existenziell, hielt vor geraumer Zeit das Fachblatt Marineforum fest; sie sei außerdem »das strategische Rückgrat« der russischen »Machtprojektion über den Bosporus hinaus ins östliche Mittelmeer und den Nahen Osten«.


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