Rez_Start_und_Landung
Zwischen
Start und Landung
Buchtipp
von Harry Popow
Zum
Autor:
Geboren 1936, beendete Eckhard Lange nach 1945 in der Sowjetischen
Besatzungszone in Steinhöfel / Kreis Angermünde die Grundschule,
erlernte den Beruf des Landmaschinenschlossers, meldete sich zur
Kasernierten Volkspolizei, wurde Segelflieger und ehrenamtlicher
Fluglehrer, arbeitete später bei INTERFLUG als Flugzeugmechaniker
und Meister und wurde sogar - trotz äußerer und innerer
Widersprüche - „Held der Arbeit“. Eckhard Lange hat zwei Töchter
und zwei Enkelinnen und hat es schließlich bis nach Namibia
geschafft.
Zum
Buch:
Was kann einem Jugendlichen besseres passieren als dies: Er erwischt
eine solide Ausbildung, später sogar einen festen Arbeitsplatz. Wenn
er dies noch verknüpfen kann mit einem Wunschberuf, vielleicht sogar
mit seinem Hobby, dann sind schon mal etliche Glückswürfel
gefallen. Wer schüttelt da den Kopf und stöhnt, da gäbe es wenig
Chancen?
Nicht
so ein Siebzehnjähriger. Der hatte einst hochfliegende Pläne.
Damals zu DDR-Zeiten! Er heißt Eckhard Lange. Heute ist er weit über
siebzig. Er hat aufgeschrieben, wie er die Chancen in der neuen
Gesellschaftsordnung genutzt hat. Sein Buch nennt er „Zwischen
Start und Landung“. Es ist sein Lebensbericht. Ein doppeldeutiger
Titel - für Jung und Alt gleichermaßen hochinteressant: Keine
Sorgen, ordentlich und solide ausgebildet zu werden. Keine Bange,
einen Arbeitsplatz zu bekommen. Keinen großen Geldbeutel, um schon
als Jugendlicher in die Segelfliegerei – seinem ersehnten
Steckenpferd – einzusteigen.
Was
er dem geneigten Leser präsentiert, das ist nicht nur sein Interesse
für die Flugtechnik, nein, das ist auch ein Stück Alltag der DDR.
Was dazugehörte: Viel Enthusiasmus, viel Schweiß und Fleiß –
verbunden mit so manchen persönlichen Opfern – sowie
Charakterstärke, um sich durchbeißen und behaupten zu können. Ob
als ehrenamtlicher Segelfluglehrer oder auch als Mitarbeiter bei
INTERFLUG, sozusagen im weiten Vorfeld des heutigen
Desaster-Großflughafens Schönefeld. Der Alltag vor und während der
Wende – ganz aus persönlicher Sicht. Gespickt mit interessanten
und lebendig geschilderten Episoden und Eindrücken. Er hilft, Pannen
im Betriebsgefüge zu meistern, er wird von seiner Brigade anerkannt,
er empfindet Freude und Stolz, erlebt eine gute Kameradschaft
zwischen den Arbeitskollegen. Bis eben das Ende der DDR eingeläutet
wird. Auch diese bittere Pille schluckt er, der Arbeiter.
Auf
168 Seiten – mit zahlreichen Fotos und Dokumenten illustriert – ,
erfährt der Leser in diesem Buch den Aufstieg des Eckhard Lange zu
einem sinnerfüllten Leben. In diesem authentischen Lebensbericht,
aufgeschrieben als Ghostwriter von mir – schildert er, wie er in
den Aufwind der neuen Gesellschaft kam, seine Möglichkeiten nutzte
und seine verantwortungsvollen Aufgaben mit Bravour meisterte. Wie
er, der Flugzeugmechaniker und Segelflieger, nach 1989 im Zenit
seines Lebens in Afrika das goldene Segelfliegerabzeichen mit drei
Diamanten absolvierte. Wie er, der Fluglehrer, auch heute noch seine
Erfahrungen an die Jüngeren weitergibt.
Im
Detail:
Eine Anzeige in der Zeitung, viele Jahre nach der Wende: Das
weltbeste Segelflugzentrum in Namibia sucht einen Werkstattleiter und
Motorenwart. Der erfahrene Segelfluglehrer schickt sofort eine
Bewerbung nach Afrika. Bevor er Antwort erhält, erinnert er sich
seiner Kindheit in Pommern. Er, der neunjährige Eckhard, Sohn eines
Landbäckers in Uchtdorf (heute Lisie Pole in Polen) trotzt dem
Vater. Er will nicht in dessen Fußstapfen treten. Er will nicht
backen, nicht Kühe hüten. Was Technisches soll es sein. Verfolgt
mit staunenden Blicken die Flugzeuge, die in diesen End-Kriegszeiten
des Jahres 1944 über dem Dorf dahinjagen. Ja, er will später mal
fliegen, ebenso wie die da oben. Seine Träume sind hochfliegend in
einer Zeit, in der es ums Überleben geht. Sein Vater warnt ihn: „Das
ist nichts für dich, bleib auf dem Boden!“ Doch der Trotz in dem
Jungen ist nicht totzukriegen.
Endlich
die Befreiung. Nach der Flucht aus Pommern ein Neubeginn in der
Sowjetischen Besatzungszone. Und nun will der Träumer endlich
durchstarten. Wieder trotzt er dem Vater, als dieser ihn ermahnt,
dieser Sozialismus würde sich nicht lange halten. Eckhard aber will
selbst die Weichen für sein Leben stellen. Er erlernt den Beruf des
Landmaschinenschlossers, hält aber weiter Ausschau nach weit oben.
Die Kasernierte Volkspolizei, hört er, suche Leute, auch für die
Flugausbildung. Er schmettert ihnen ein Nein entgegen, als Werber den
jungen Mann an die Grenze schicken wollen. Da ist er wieder - sein
Trotz.
Für
Kenner der Segelfliegerei besonders spannend: Das Leewellenfliegen
über dem Riesengebirge in der damaligen Volksrepublik Polen. Er
berichtet – übrigens mit viel Witz und Humor – von seiner ersten
großen Entscheidung, „Trapper oder Pilot“ zu werden, von einem
„Agenten“ am Straßenrand, von einem Absturz eines Kameraden, von
viel Geheimnistuerei um den 13. August 1961 herum, von notwendigen
Tüfteleien bei Arbeiten auf Flugplätzen, vom Bergwandern mit
Freunden in Bulgarien, von einem „abgehauenen“ Segelflieger, von
manchem Schwachsinn und von manchen Illusionen zur „Wendezeit“.
Sein
Weg führte ihn nach oben: Nach zahlreichen Qualifizierungen als
Fluglehrer und als Prüfer für Luftfahrtgeräte - landet er bei
INTERFLUG. Als Mechaniker leistet er eine hervorragende Arbeit. Er
erzählt in seinem Buch von Rissen in Triebwerken und wie er das
Titanschweißen einführte und so dem Betrieb Millionen Mark der DDR
einsparte. Wie er sich schließlich auf einem hohen Podest wiederfand
und vom Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker als „Held der Arbeit“
geehrt wurde. Er und seine Kollegen fragten sich angesichts vieler
Widersprüche in der Wirtschaftpolitik immer öfter: „Wie hell
leuchtet unser Stern wirklich?“ Zur Wendezeit schildert er die
vielerorts angetroffene Reg- und Sprachlosigkeit, aber auch die
Freude, verbunden mit zahlreichen Illusionen bei vielen
Betriebsleuten.
Die
Rückschau auf das bisherige Leben wird unterbrochen mit dem
positiven Bescheid aus Afrika und der nachfolgenden Schilderung der
für ihn noch ungewohnten aber sehr interessanten Erlebnisse in der
Wüste. Trotzdem hält der Erzähler Eckhard immer wieder inne und
blickt zurück auf seinen nicht leichten aber zielstrebig verfolgten
Lebensweg – eine Komposition, die aufgeht. Sie unterstreicht, wie
wichtig es für ältere Menschen ist, gebraucht zu werden. Und sie
verdeutlicht den hohen Wert des Namibia-Aufenthaltes als einen der
Höhepunkte im Leben dieses Meisters der Lüfte. Auch die Sprache in
diesem Buch ist schön und hält die Neugier wach. Frank-Dieter Lemke
vom Flieger-Club Strausberg resümierte zu diesem Buch: „Eckhard
Lange gewährt uns mit seinen ehrlichen Erinnerungen nicht nur einen
interessanten Einblick in ein Stück Luftfahrtsgeschichte der DDR,
sondern auch in Entscheidungen bei schwierigen Situationen …“
Eckhard
Lange:
„Zwischen Start und Landung, Gelebt-gearbeitet-geflogen“, ein
Lebensbericht, 168 Seiten, Preis: 17,50 Euro – Versandkostenfrei,
Juli 2013, Druck und Verlag: dbusiness.de Digital Business and
Printing Gmbh, Prenzlauer Allee 174, 10409 Berlin,
E-Mail:info@copyhouse.de,www.copyhouse.de,
Telefon: 030 44650342. Buchbestellungen bitte über die email Adresse
info@copyhouse.de.
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(Der
Ghostwriter und Rezensent für das Buch „Zwischen Start und
Landung“, Harry Popow, (www.cleo-schreiber.blogspot.com)
veröffentlichte außerdem als ehemaliger Reporter und Redakteur der
DDR Wochenzeitung „Volksarmee“ seinen autobiografischen Roman mit
dem Titel „In die Stille gerettet. Persönliche Lebensbilder“.
Engelsdorfer Verlag, Leipzig, 2010, 308 Seiten, 16 Euro, ISBN
978-3-86268-060-3)
Ausserdem
schrieb Harry Popow:
„Platons
Erben in Aufruhr. Rezensionen, Essays, Tagebuch- und Blognotizen,
Briefe“, Verlag: epubli GmbH, Berlin, 316 Seiten, www.epubli.de ,
ISBN 978-3-7375-3823-7, Preis: 16,28
Euro
http://www.epubli.de/shop/buch/PLATONS-ERBEN-IN-AUFRUHR-Harry-Popow-9783737538237/44867
Leseprobe
(Start und Landung: Seite 29)
Trapper
oder Pilot?
Walzwerk
Finow. Ein Volkseigener Betrieb. Ich erinnere mich genau. Nach der
Lehre als Maschinenschlosser bewarb ich mich in einem Werk, das total
neu aufgebaut wurde. Damals brauchte ich keine Klimmzüge machen, wie
die Heutigen, um als Junggeselle angenommen zu werden. Welch ein
Unterschied zum Lehrlingsbetrieb in Angermünde. Riesige Werkhallen,
riesige Kräne. Neue Maschinen, die vom Hersteller selbst aufgestellt
wurden. Gabelstapler transportierten große Stahlplatten und
Segmente, die von Hand nicht zu bewegen waren. Wir Gesellen gaben
Hilfestellung. Sollten doch später völlig selbständig die Wartung
und Instandhaltung übernehmen. Mich beeindruckte dieses neue
Walzwerk, spürte, welche Kraft davon einmal ausgehen würde, und war
richtig froh, dabei mitmischen zu können.
Wie
das so ist – aller Anfang ist wirklich nicht leicht. Man sah zum
Beispiel, was da noch alles fehlte, aber bereits im Entstehen war:
Betriebsküche, Aufenthalts- und Frühstücksräume. Alles noch im
Rohbau. Vor allem deshalb hat jeder seine Stullen mitgebracht.
Ansonsten gab es in einer Kantine Bockwurst und Suppe. Für mich
ungewohnter Schichtbetrieb. Nächste Sorge: Wo sollte ich schlafen?
An Unterkünften für die Belegschaft war noch nicht zu denken. Hatte
jedoch wieder einmal Glück: In Eberswalde nahm mich ein Schulfreund
vom Dorf mit in seine Einraumwohnung zur Untermiete. Seine Wirtin
hatte dem zugestimmt. Zum Walzwerk, das am anderen Ende der Stadt
lag, fuhr ich mit dem Fahrrad eine dreiviertel Stunde durch die
Stadt, abends zurück. Auch in den Wintermonaten. Fiel todmüde ins
Bett oder besuchte dann und wann mit meinem Kumpel das Kino. Die
Wochenenden verbrachte ich zu Hause in Steinhöfel.
Später
kam Nachtschichtbetrieb hinzu. Da wurde alles noch etwas
komplizierter. Doch dem Flugwesen war ich noch keinen Schritt
nähergekommen. Manche meinten, du spinnst, was willste denn bei den
Fliegern, die es doch gar nicht so richtig gibt in der DDR. „Man
hat es mir doch versprochen“, entgegnete ich. Aber glaubte ich noch
daran? Ich bekam heraus, dass in der Nähe der Stadt ein Flugplatz
lag. Auf dem starteten und landeten russische Flugzeuge. Aus der Nähe
den Flugbetrieb zu betrachten kam nicht in Frage. Durftest ja nicht
näher als fünf Kilometer ran, hatten wir herausgefunden. Doch im
Werkgelände gab es einen Turm. Den bestiegen einige Neugierige und
ich. Von dort aus ließ sich beobachten, wie Strahlflugzeuge, soviel
konnten wir erkennen, rasant von der Startbahn abhoben. Das will ich
auch, dachte ich. Und bekam neuen Auftrieb. Allerdings hätte ich
diesen beinahe vermasselt. Durch jugendliche Neugier, durch
Leichtsinn... Doch dazu später.
Nun
war es soweit. Fasste den Entschluss: Jetzt gehst du zum
Kreiskommando Angermünde. Meldest dich zur KVP. Freiwillig, das war
mir wichtig. Freudig empfing man mich. „Pilot wollen sie werden?
Hm? Und was ist mit Grenze?“ Ziemlich energisch verneinte ich ein
weiteres Mal. Warum die das nur immer wieder versuchen, mich in eine
andere Laufbahn zu drängen? Werden es wohl nötig haben. Doch nicht
mit mir. Es bleibt dabei, ich will zu den Fliegern. Wieder ein Hm!
„Na, dann gehen sie mal zum Arzt, werden sehen, was sich machen
läßt.“ Die Ärztin untersuchte mich. Überaus genau und
gründlich. Zu gründlich? Denn sie stellte fest, ich habe
Schwierigkeiten, die richtigen Farben auf der medizinischen
Farbprüftafel auseinanderzuhalten. Die Farbschwäche stellte ich
bereits während der Schulzeit fest. Sie ist vererbbar. Zirka acht
Prozent aller Männer und ein halbes Prozent aller Frauen sind davon
betroffen. Später habe ich über vierzig Jahre lang bei den
Flugmedizinischen Untersuchungen mit diesem Problem gekämpft: mal
tauglich, mal bedingt tauglich, mal untauglich. Damit war für mich
der Traum eines großen Piloten gestorben. Für den Segelflug würde
es aber noch reichen, sagte man.
Beinahe
hätte ich unmittelbar nach meinen Gesprächen im Kreiskommando
alles, aber auch alles versaut. Denn es gab ein Vorkommnis, wie es
offiziell hieß.
Es
war im Januar 1956. Ein Arbeitskollege und ich hatten ein paar Tage
Urlaub. Anschließend wollte ich im Walzwerk kündigen. Da hatten wir
eine tolle Idee: Wir könnten doch mal zur „Grünen Woche“ nach
Westberlin fahren. Haben zwar kein Geld, aber irgendwie werden wir
das Ding schon schaukeln. Wir von Eberswalde los mit der Bahn und
dann mit der S-Bahn weiter und nichts wie rüber Richtung Funkturm.
Mein Staunen über die große Stadt Berlin fing schon in Pankow an.
Die Häuser, der Verkehr, die vielen Leute. Ich als Dörfler
mittendrin. Ein unbeschreibliches schönes und aufregendes Erlebnis.
Dann aber am Funkturm. Bekam den Mund nicht mehr zu: Als Ostler
hatten wir freien Eintritt. Bestaunte die tollen technischen Geräte.
Uhren, Radios. Alles, was das Herz begehrte. Auch große Fotos von
Kanada. Von Fallenstellern, von Bärenjagden. Prospekte machten uns
an: Kommt herüber! Kommt nach Kanada! Dort könnt ihr auch jagen,
wohnen, arbeiten. Im richtigen Urwald. Dazu Bilder von richtig hohen
schneebedeckten Bergen. Ich hatte noch nie ein Gebirge gesehen. Das
wars doch. Da ging mit einem die Phantasie durch. Plötzlich rief
mein Kumpel einen recht übermütigen Satz: „Mensch, das wäre doch
was, stell dir vor, wir in Kanada!“ Und schon sahen wir uns mit
einem Gewehr im Urwald jagen und fischen, wie ich es in
Klein-Steinhöfel gemacht hatte. War ja dort auch „Fallensteller“
und „Fischer“. Oh, diese verlockende Traumwelt im allzu weiten
Kanada.
Wir
sackten alle bunten und verlockenden Werbebroschüren, die wir
greifen konnten. Auch politische. Ein Heft über die DDR habe ich
zusammengerollt und in die Tasche gesteckt. Bis Bernau mit der S-Bahn
ging alles gut. Keiner achtete auf uns Jugendliche. Wir waren gerade
in den Zug nach Eberswalde gestiegen, da sahen wir schon die Männer
vom Zugbegleitkommando. Mulmig wurde uns, ganz mulmig in der
Magengegend. Eigentlich waren wir sogar naiv. Konnten uns nicht
vorstellen, etwas sehr böses getan zu haben, nur weil wir im Westen
waren. „Ihre Ausweise bitte!“ „Was haben sie denn da? Na,
kommen sie mal mit.“ Langsam mußten wir uns durch den vollen Zug
zu einem Abteil der Transportpolizei drängeln. Schön langsam. Ich
zuerst, mein Kumpel hinter mir, der Uniformierte als dritter. Mensch,
du hast ja noch die Eintrittskarte vom Funkturm, auf dem wir
ebenfalls waren, dachte ich mit Schrecken, habe sie zwischen den
Waggons weggeworfen. „Vorwärts, vorwärts!“, rief der hinter uns
gehende Beamte. Nur eine Station bis Eberswalde. Endlich der Bahnhof.
Wir landeten auf der Wache des Zugbegleitkommandos: „Na zeigen sie
mal, was haben sie denn da...?“ Packten alle eingeklaubten
„Schätze“ von der „Grünen Woche“ auf einen Tisch. „Wollten
sie abhauen in den Westen?“ Wir: „Nein, nein, wir hatten nur
Urlaub und wollten uns am Funkturm mal umsehen.“ Mein handfestes
Argument: Ich werde zur KVP gehen, was soll ich da im Ausland? Das
zog offenbar. Wir durften nach Hause gehen, die schönen Prospekte
waren futsch.
Mein
Schulfreund im Zimmer: „Mensch, pack deine Sachen, hau ab. Dich
sperren die ein. Sehe zu, dass du wegkommst aus dem Osten!“ Bekam
ich Angst? Schließlich hauten so viele ab, Bauern, Arbeiter, ganze
Familien. So ungewöhnlich war das ja nicht. Hand aufs Herz: Ich habe
nur paar Sekunden gebraucht zum Nachdenken. Dachte so bei mir: Nee,
rübermachen, das willste ja gar nicht. Sehe keinen Sinn darin, was
willste denn im Westen? Mein Weg war doch klar, ich wollte doch Pilot
werden. Ob ich das drüben erreichen könnte, ist doch fraglich. Die
sichere Zukunftsaussicht, die war mir schon sehr viel wert. Also
blieb ich. Nicht so mein Arbeitskollege. Der packte im Handumdrehen
seinen Koffer und verschwand auf Nimmerwiedersehen.
Ich
schicke einen Blick voraus. Als ich wenig später bei den bewaffneten
Kräften landete, schrieb mir dieser Arbeitskollege einen Brief. Aus
dem Westen! Der erreichte mich aber nie. Er sorgte allerdings für
Aufregung! Bei Vater in Steinhöfel und danach in meiner
Dienststelle. Musste zum Staatsanwalt. Sollte erklären, wie das
alles mit dem Besuch der „Grünen Woche“ zusammenhängt. Ich
staunte, was die alles bereits wussten. Hing meine Zukunft am
seidenen Faden? Nein, ich wurde lediglich verwarnt. Seitdem hatte ich
nie wieder Kontakt mit der anderen Seite. Wollte mit so einem Quatsch
keinesfalls mehr anecken. Wozu auch? Das brachte nichts, absolut
nichts. Hatte also „Freie Bahn“ für einen neuen Start ins
Berufsleben. Ins Fliegerleben? Solche und ähnliche Gedanken kamen
mir während des Fluges nach Afrika. Diesmal kein neuer Start in
einen neuen Berufsabschnitt, sondern in die Sphäre meines Hobbys.
Ausschließlich. Na, schauen wir mal...
Leseprobe
( Start und Landung, Seite 47)
Siegel
lädiert, was nun?
April
1959. Am 1. Mai sollte über Leipzig eine Luftparade stattfinden. Die
dafür vorgesehenen Jagdflugzeuge wurden nach Klotzsche bei Dresden
überführt. Das war der Flugplatz, wo zuvor die von der DDR
entwickelten und konstruierten Verkehrsflugzeuge des Typs 152 für
einige Zeit gebaut und gestartet waren. Ich hatte als Diensthabender
Techniker alle an der Parade teilnehmenden MiG 17 abends an eine
Wache zu übergeben und am nächsten Morgen wieder zu übernehmen.
Das war die Nacht vom 30. April bis zum 1. Mai. Für die Piloten
musste die Gewissheit bestehen, keiner war am Flugzeug und hat daran
herummanipuliert. Nicht auszudenken das politische Fiasko: Eine MiG
über Leipzig abgestürzt!! Für mich war klar, du mußt sehr
gewissenhaft am Morgen der Parade alle Siegel überprüfen. Wäre
eines aufgebrochen gewesen, ich hätte das melden müssen. Als
„Besonderes Vorkommnis“, so hieß das damals (und auch heute
noch).
Früher
Morgen des 1. Mai. Ich komme auf den Platz. Da stehen die Maschinchen
stumm in einer Reihe. Alle zugedeckt mit Planen. Schnüre herum. Die
Wache übergibt mir. Damit war für mich gewiß, kein Hase oder
anderes Untier hätte sich den Flugmaschinen des nachts unbemerkt
nähern können. Ich schlage die Planen zurück. Flugzeug für
Flugzeug. Untersuche alle Siegel mit ganz besonderer Sorgfalt auf
irgendwelche Veränderungen. Alles okay, wie man heute sagt. Auch an
meiner Maschine. Im gleichen Moment trifft mich der Schlag. Es ist
beschädigt! Ausgerechnet an meiner mir zugeteilten Maschine. Nicht
aufgebrochen, aber leicht lädiert. Wie denn das? Was machste jetzt?
Sagste was oder sagste nichts? Keiner konnte doch ran an die
Maschinen. Ergo weiß es niemand. Nur ich. Ich alleine muß nun
entscheiden, was zu tun ist. Schrecksekunden. Unfassbar der Aufwand
bei der Untersuchung des „Falles“. Und ein Verdacht würde
aufkommen – gegen wen? Ich genoss zwar großes Vertrauen, aber weiß
man, wie die Leute von der Staatssicherheit, in der Armee Verwaltung
2000 bzw. VO (Verbindungsoffiziere) genannt, reagieren würden? Da
höre ich hinter mir Schritte. So hat mein Herz noch nie geschlagen,
auch nicht in großen Flughöhen. „Na, Genosse Lange, alles in
Ordnung?“ Der kam wie gerufen – der Genosse K. von der
Staatssicherheit. Ohne noch zu überlegen antwortete ich: „Ja,
richtig übernommen, nichts beschädigt, nichts kaputt.“
K.
nickte. Wir kannten uns schon lange. Er war immer freundlich,
zuvorkommend, warmherzig. Ich muß allerdings an dieser Stelle
gestehen, mir war das am Anfang der Armeezeit überhaupt nicht
bekannt, dass in den Einheiten, Geschwadern usw. Vertreter des
Ministeriums für Staatssicherheit fungierten. Das war und ist für
mich auch heute kein Thema. Wer seinen Staat nicht zu schützen weiß,
auch mit geheimen Abwehrmitteln, der verdient nicht, über sich
selbst hinauszuwachsen, Höhe zu gewinnen. Aber der Vorfall auf dem
Flugplatz in Klotzsche gab mir lange Zeit zu denken: Wodurch und
durch wen war das Siegel beschädigt worden? Ein Fremdkörper? Aber
was? Oder war das ganze eine kleine Falle, ein Trick, um meine
Haltung zu so einem Vorkommnis zu überprüfen? Ich konnte mir keinen
Reim darauf machen und stehe auch heute noch vor einem Rätsel.
Jedenfalls hatte ich ab sofort bei Kontrollen lieber dreimal
hingeguckt.