Donnerstag, 30. Juni 2022

US/NATO- "Experten" überrascht - Russland gewinnt! - Rainer Rupp - Freidenker

 

Entnommen: https://www.freidenker.org/?p=13626


US/NATO-„Experten“ überrascht – Russland gewinnt!


Die Einschätzungen westlicher „Experten“ über Strategie und Taktik der russischen Kriegsführung im Donbass haben sich letztlich alle als falsch erwiesen. Die einen haben wegen ihres blinden Glaubens in die eigene Propaganda versagt, und die anderen wegen Zugrundelegung von US-Modellen der Landkriegsführung, die auf die russische Armee nicht zutreffen.

von Rainer Rupp

Erstveröffentlichung am 25.06.2022 auf RT DE

Seit dem ersten Tag der russischen Sonderoperation zur Entnazifizierung und Entmilitarisierung der Ukraine haben sich vor allem westliche Militärexperten darum bemüht, die Taktik und die weitere Strategie zu analysieren, die dem Vorgehen der Streitkräfte der Russischen Föderation (RF-S) zugrunde liegt. Dabei konnte man auf westlicher Seite zwei unterschiedliche Vorgehensweisen erkennen: Die eine bemühte sich zwecks Erkenntnisgewinns für eventuelle zukünftige Konflikte militärwissenschaftlich vorzugehen, und die andere beschränkte sich auf plumpe anti-russische Propaganda.

Aber auch die Einschätzungen der ernst zu nehmenden westlichen Analysten erwiesen sich letztlich als falsch. Erstens aufgrund der dynamischen Entwicklung des Kampfgeschehens aber vor allem auch aufgrund der Tatsache, dass die russische Armee nicht den NATO-Modellen der Kriegsführung folgt. So hat zum Beispiel die Artillerie in der Kriegsführung der russischen Bodentruppen traditionell die Königsfunktion, während sie in der Strategie der NATO-Streitkräfte, vor allem der US-Streitkräfte, kaum eine Rolle spielt. Denn seit dem Zweiten Weltkrieg haben die USA sich statt auf Artillerie ganz auf ihre Luftüberlegenheit verlassen, wobei sie jeden Widerstand am Boden weggebombt haben, was allerdings bei unterirdischen, weil gefächerten Festungsanlagen an seine Grenzen stößt.

Im Donbass sahen sich die Russen entlang der gesamten Kontakt-Linie mit solchen unterirdischen Befestigungsanlagen konfrontiert. Diese hatte die Ukraine mit Hilfe der USA/NATO seit 2015 ausgebaut. Die Anlagen sind dreifach in die Tiefe gestaffelt. Wenn die erste Linie der Befestigungsanlagen erobert ist, dann stehen die Angreifer Hunderte von Metern oder einen Kilometer weiter vor einer zweiten und dann einer dritten Linie aus Festungswerken, denen riesige Waffen- und Munitionslager angegliedert sind.

Die Maßgabe der politischen und militärischen Führung der Ukraine war es, diese Linien bis zum letzten Mann zu verteidigen. Das wiederum kam den Russen entgegen, deren Ziel in diesem Konflikt nicht der schnelle Geländegewinn ist, sondern die Entmilitarisierung bzw. die Vernichtung der militärischen Fähigkeiten der Ukraine. Und dabei spielt die Artillerie die Schlüsselrolle.

Vor diesem Hintergrund war klar, dass die ersten Monate des Konfliktes alles andere als einen großartigen Bewegungskrieg erkennen ließen, den westliche Beobachter auf Grund ihrer Erfahrungen mit US-Kriegen in Afghanistan und Irak erwartet hatten. Es kann sein, dass dies zu der dümmlichen, anti-russische Propaganda der Mehrheit der sogenannten westlichen „Militärexperten“ geführt hat, die sich zu den Behauptungen versteigen, dass die Ukraine gewinnt, dass die Russen schlecht aufgestellt sind, dass das russische Material Schrott ist, dass die Logistik versagt und die russische Militärführung inkompetent ist.

All dies Behauptungen sind seither durch die tatsächliche Entwicklung auf dem Schlachtfeld, das sich über eine fast 1.000 Kilometer lange Front hinweg erstreckt, gründlich widerlegt worden. Die enorm hohen täglichen Verlustzahlen der Ukraine von aktuell 300–500 Toten und nochmals 500 Schwerverwundeten und die Tatsache, dass immer mehr ukrainische Fronteinheiten sich weigern, weiterhin sinnlos als Kanonenfutter verheizt zu werden was, sind inzwischen von niemandem mehr geleugnete Fakten.

Die Gründe dafür, dass die westlichen Militärexperten mit ihren Einschätzungen so total danebenlagen, sind unter anderem darin zu finden, dass ihre Analysen von dem festen Glauben an die eigene US/NATO-Propaganda getrübt wurden. Seit Jahrzehnten gehört die Vorstellung einer fundamentalen, militärischen Überlegenheit des Westens zum alltäglichen Selbstbetrug. Ein weiterer Grund ist natürlich, dass die meisten sogenannten „Russlandexperten“, die in den letzten 4 Monaten die Kommentarspalten der Zeitungen und TV-Talkshows bevölkert haben, in der Regel keine Ahnung vom russischen Militär haben. Sie plappern nur die scharfmacherischen Worthülsen nach, die fleißige Mitarbeiter aus NATO-Kreisen oder privaten Kriegstreiber-Think-Tanks für sie ausgearbeitet haben.

Ohne auf russische Quellen Rückgriff zu nehmen, kann sich der interessierte deutsche Leser selbst ein Bild von der großen Kluft machen zwischen den NATO-Propagandashows einerseits, die in unseren Medien in einem groß angelegten Etikettenschwindel als „objektive Informationen“ daher kommen, und – andererseits – der Analyse eines echten Kenners der Materie mit Jahre langen, persönlichen Erfahrungen mit der NATO, dem russischen Militär sowie im Donbass als Schweizer OSZE-Beobachter: Es ist der ehemalige Schweizer Geheimdienstoffizier Oberst Jacques Baud, dessen Analysen nicht von den typischen pro-NATO-Vorurteilen verzerrt sind und die in vielen Interviews publiziert, aber von unseren selbst-erklärten Qualitätsmedien sorgfältig vermieden wurden, weil dies das geltende Narrativ stören würde. Siehe z.B. auf YouTube: „Der Westen will keinen Frieden – Jacques Baud“ oder hier auf den Nachdenkseiten.

Im anti-russischen Kriegsrausch, der in den ersten Tagen und Wochen den Westen, vor allem aber das ergrünte Deutschland ergriffen hatte, wurden dem ukrainischen Militär in euphorischen Berichten – angeblich von der Front – geradezu überirdische Fähigkeiten angedichtet. Das US-„Qualitäts“magazin FORBES machte seinen Lesern sogar weis, dass die „ukrainische Armee jetzt mehr Panzer hat als zu Beginn des Krieges“.

Ja, sie habe sogar so viele russische Panzer erbeutet, hieß es, dass die Armee gar nicht genug Panzerfahrer finden konnte.

Aber bereits zweieinhalb Monate später war das angeblich so siegreiche Helden-Team Selenskij per Videozuschaltung überall in NATOstan bei Politikertreffen auf Betteltour nach schweren Waffen unterwegs. Offensichtlich waren die riesigen eigenen Bestände an schweren Waffen samt der angeblich so umfangreichen Zahl an Beutepanzern von der russischen Artillerie bereits geschreddert worden. Was war geschehen? Wie kam es zu diesem dramatischen Umschwung vom unmittelbar bevorstehenden Sieg zur nun drohenden Niederlage? Hatte die russische Armee urplötzlich ihre Strategie dramatisch geändert? Oder war der „bevorstehende Sieg der Ukraine“ zu Beginn des Krieges nur der fruchtbaren Fantasie der Propagandisten in Kiew entsprungen?

Wenn Sie, liebe Leser, glauben, beim Team Selenskij so etwas wie einen Realitätsverlust entdeckt zu haben, dann liegen sie sicherlich nicht falsch. Allerdings ist es noch teilweise entschuldbar, wenn man in Kiew in der Euphorie der ersten Kriegswochen und der massiven Propaganda Unterstützung und Hilfszusagen der NATO-Länder geglaubt hatte, man könnte den Krieg gewinnen. Wenn heute aber dieselben Leute in Kiew – und nicht nur in Kiew – immer noch glauben die Ukraine könnte den Krieg gewinnen und die Krim und den Donbass zurückerobern, dann ist das ein hochgefährlicher Realitätsverlust, der unweigerlich zum militärisch und politisch sinnlosen Tod von tausenden weiteren ukrainische Soldaten führen wird.

Nach der Überwindung der ersten Verteidigungslinie haben die Streitkräfte der Russischen Föderation (RF-S) ihre Taktik auf mobile Angriffsgruppen und komplexe Feuereinsätze umgestellt und den Fokus auf die Minimierung von Verlusten gerichtet, während der Schaden für den Feind aufrechterhalten wird.

Jetzt sieht die Vorgehensweise so aus: Ukrainische Stellungen werden von Drohnen und Aufklärungsgruppen identifiziert und lokalisiert, dann werden die Koordinaten an Artillerie und Flugzeuge weitergegeben, die dann die identifizierten Objekte unter Beschuss nehmen. Nach kritischer Beschädigung der Stellungen der Streitkräfte der Ukraine werden dann Angriffsgruppen, die aus mehreren Panzern, anderen gepanzerten Fahrzeugen und Infanteriezügen bestehen, in Richtung von Schlüsselobjekten vorgeschoben. Die Punktunterstützung erfolgt durch Artilleriekräfte und Mörser. Falls die Ukraine versucht, einen Gegenangriff durchzuführen, oder die Offensive der russischen Truppen zu verlangsamen, werden die Stellungen oder Aufmarschgebiete der Ukraine wieder durch Artillerie und russische Infanterie „poliert“. Mit diesen Taktiken haben die Russen systematisch die Streitkräfte der Ukraine aus Städten, Dörfern und befestigten Gebieten verdrängt.

Das ist ein langsamer Prozess, denn das russische Ziel ist es, die Ressourcen des Feindes zu erschöpfen. Aber auf russischer Seite ist man zuversichtlich, dass nach der endgültigen, aber unabwendbare Dezimierung des kampfbereiten Rückgrats der Streitkräfte der Ukraine im Donbass sowie des Verlustes des Großteils an schweren Waffen und Reparaturmöglichkeiten, sowie fehlender Treibstoff- und Schmiermittelressourcen, die Dinge schneller gehen werden. Allerdings hat Präsident Putin selbst wiederholt betont, dass es keinen Zeitplan für die Entmilitarisierung der Ukraine gebe.

Wie mir der russische Oberst Chodarenok in einer Nachricht vom 13. Juni mitteilte, sind auch die Aktionen der ukrainischen Sabotage- und Aufklärungsgruppen fast vollständig neutralisiert; „vor allem aufgrund der Anti-Hinterhalt-Aktionen unserer Spezialeinheiten“.

Die russische Langstreckenfliegerei und die Marine greifen weiterhin regelmäßig mit Langstrecken-Marschflugkörpern auf feindliche militärische Ziele tief im ukrainischen Hinterland ein. Die in Kiew und von westlicher Seite gehegten Hoffnungen, dass den russischen Streitkräften die Raketen ausgehen würden, haben sich als illusorisch erwiesen. Die russische Militärindustrie leidet nicht unter Materialmangel.

Was die Luftwaffe betrifft, so erklärte Oberst Chodarenok, dass Russland über der Ukraine jetzt die operative Luftüberlegenheit erreicht habe. Das schließe die Möglichkeit für wirksame Aktionen des Rests der ukrainischen Luftwaffe über den von der Russischen Föderation kontrollierten Gebieten aus und ermögliche es russischen Piloten zudem, effektiv zu arbeiten. Gleichzeitig blieben aber Taschen der ukrainischen Luftverteidigung bestehen, „was eine hohe Gefahr für unsere Flugzeuge darstellt“, so Oberst Chodarenok, der daran erinnert, dass das Luftverteidigungssystem der Ukraine nach sowjetischen Prinzipien geschaffen wurde, „mit tiefer Trennung, umfangreichem Einsatz von Manövern und Tarnung und dem Einsatz von Flugabwehr-Hinterhalts-Taktiken.“ Zum ersten Mal in der Geschichte könne man jetzt in der Ukraine die Wirkung dieses „mächtigen und vielfältigen Luftverteidigungssystems“ verfolgen, das sich offensichtlich auch gegen die russische Luftwaffe bewähre. Dies ist inzwischen offensichtlich auch etlichen amerikanischen Luftverteidigungsexperte aufgefallen, die in einem aktuellen Artikel auf die für die USA besonders lehrreiche Situation in der Ukraine hinweisen.

In Bezug auf die westliche Waffenhilfen für die Ukraine meint Oberst Chodarenok, dass sie sich als greifbare Hilfe für die ukrainischen Truppen erwiesen hätten, aber bei weitem nicht ausreichen würden, um einen Unterschied im Kriegsverlauf zu machen, der – wie bereits eingangs erwähnt – von rasch zunehmenden Auflösungserscheinungen der ukrainischen Streitkräfte im Donbass gezeichnet ist. Dort harren aktuell Tausende von ukrainischen Soldaten eingeschlossen in großen und in kleinen Kesseln der Dinge, die da kommen. Sie sind abgeschnitten von Nachschub an Waffen, Munition, Medikamenten, Lebensmittel und sogar von Wasser. Ihnen bleibt nur noch die Alternative zwischen Kapitulation und Überleben in Gefangenschaft, oder Tod im Kampf bis zum letzten Mann – was die Führung in Kiew bevorzugt.

Rainer Rupp ist Mitglied des Beirats des Deutschen Freidenker-Verbandes



Mittwoch, 29. Juni 2022

"BURK der NEANDERTALER" - Hans-Jürgen Hennig, Buchtipp von H.P.

 

BURK DER NEANDERTALER. WOLFSKÖNIGIN ARDAK und andere Geschichten“ - Hans-Jürgen Hennig


Chance für die Zeit danach...


Buchtipp von Harry Popow


Liest man diesen außergewöhnlichen Titel vom Neandertaler, so mag man einerseits neugierig sein und sich fragen, wie wohl diese Bezeichnung für den Frühzeitmenschen in unsere heutige Zeit passt? Andererseits mag man auch etwas ungläubig den Kopf schütteln. Doch das Versprechen des Autors im Klappentext mag zunächst Aufmerksamkeit erzeugen: „Wer ungewöhnliche und fantasievolle Geschichten liebt, wird an diesem Buch seine Freude haben.“

Nun denn, das 101-seitige Werk lädt mit seinen fünfzehn Begebenheiten dazu ein, sich kurzweilig der guten oder auch ablenkenden Unterhaltung zu widmen.

Die erste Geschichte nennt sich „Ardak, die Wolfskönigin“. Sie versetzt den Leser in den Seelenzustand eines jungen Mannes. Dieser träumt von einer Frau, die sich plötzlich als Wölfin entpuppt, ihn als Mensch küsst, um dann von ihm zu fordern, er möge dreimal ihrer Spur folgen, wenn er sie denn als Mensch begehren wolle. Auf Seite 9 erfährt der Leser das Motiv dieses wunderschönen Mädchens: „Weil sie zu stolz war, einen einfachen Jäger zu heiraten, wurde sie in eine Wölfin verwandelt, und nur ein einfacher Jäger kann sie wieder von diesem Fluch erlösen.“

Ähnlich wie diese moralischen Fingerzeige findet man in nahezu allen 15 Kurzgeschichten. Es geht dem Autor um die gegenseitige Achtung und Hilfe, um Liebe, besonders auch die zur Natur, um Entdeckerfreuden, zum Beispiel um die Deutung der Sternbilder (S. 30), um die Fürsorge gegenüber kranken Tieren oder auch darum, wie sich aus Wölfen die Hunderasse entwickeln konnte...

Zunächst glaubt man, es handele sich um Menschen aus dem Altertum, die hier vorgestellt werden, denn darauf weisen u.a. die Örtlichkeiten wie Feuerstellen und Zeltunterkünfte hin. Die Bezeichnung von Gärten, Eisdiele, Ferienhaus, Wohnwagen, Fahrradtouren oder auch Supermarkt sagen etwas anderes aus.

Bis hierher mag der Leser den kleinen Episoden – begleitet von einem erhobenen moralischen Zeigefinger - durchaus wohlwollend zustimmen, erst recht den kleinen kritischen Seitenhieben gegenüber kulturlosem Benehmen, wie zum Beispiel weggeworfene Bierbüchsen im Park. (S. 21)

Doch der Autor hat sich mit mehr Tiefgang Zeit gelassen. Soll doch in unserer heutigen Zeit mit wiederholt drohender Kriegsgefahr jedermann in sich gehen und die Fragen der Menschlichkeit und Friedfertigkeit erneut und wiederholt durch den Kopf gehen lassen. Dazu bedient er sich eines seit über 30.000 Jahren ausgestorbenen frühzeitlichen Menschen: Des Neandertalers.

Es geschah in dunkler Nacht, da näherte sich dem Lagerfeuer, an der Gerd saß, eine merkwürdige Gestalt, in der man einen Obdachlosen vermutete, der sich aber mit gütigem Gesicht vorstellte: Burk, der Neandertaler. (S. 54) Wie es im Klappentext heißt, habe diese Begegnung Gerds Leben „für immer“ verändert.

Durch Burk erfahren die Menschen der heutigen Zeit von Verbrechen gegen die Menschlichkeit, von Kriegen und geklonten Menschen, von größenwahnsinnigen Leuten, die „im Auftrag von machtgierigen Monstern Gott spielen möchten“. (S. 60) Gerd nickte. Auch er hatte ähnliche Gedanken: „Wirtschaftswachstum, immer mehr, immer schneller und um jeden Preis, Kriege, die immer mit den gleichen Lügen begann, der Verfall von Kultur, von Werten, Sitten und Gebräuchen, bis hin zu einer Gesellschaft, in der es nur noch Arbeitsvieh und eine abgeschottete Elite gab; Endzeitszenario.“ (S. 62)

Doch Burk, der Neandertaler, spricht tröstende Gedanken aus: Es sei ein trauriges Thema, „wie schnell sich die Menschheit von ihren ureigensten, uralten Wurzeln entfernt hat.“ (…) „Die Welt, wie sie jetzt ist, wird es nicht mehr lange geben. Diese selbsternannte Weltelite ist dabei, alles zu zerstören. In ihrer unendlichen Gier begreift sie es nicht, und das Karussell dreht sich immer schneller. (...) „Die Große Mutter will den Menschen, die zu ihr stehen, eine zweite Chance geben, eine Chance für die Zeit danach.“ (S. 63)

Auf Seite 65 erfährt der Leser, dass Burk Gerds Familie und einige andere kurz vor dem Ende der alten Welt und nach dem Großen Sturm auf einen langen Weg zur Ebene der Großen Mutter gebracht hat, wo sie sich wohl fühlten und „völlig neue Erkenntnisse über die Natur“ gewinnen.

Doch der Neandertaler Burk macht darauf aufmerksam, dass der Weg sie noch weiter nach Osten führen müsse, dann bekäme die Menschheit eine zweite Chance. (S. 69/70)

Wer als Leser Nachdenklichkeit liebt, der kommt in diesem unterhaltsamen Werk auf seine Kosten, zumal der Autor einen guten Sprachstil pflegt. Somit nimmt Hans-Jürgen Hennig seine Leser mit auf die Reise ins Innere der menschlichen Seele und weist sie ohne erhobenen Zeigefinger auf die Möglichkeiten hin, sich vom Druck der Kapitalwelt und ihren Propagandalügen zu befreien.





Hans-Jürgen Hennig: Publisher ‏ : ‎ Novum Pro (11 May 2022), Language ‏ : ‎ German, Paperback ‏ : ‎ 106 pages, ISBN-10 ‏ : ‎ 3991310678, ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3991310679, Item Weight ‏ : ‎ 122 g, Dimensions ‏ : ‎ 13.5 x 0.66 x 21.5 cm






Dienstag, 28. Juni 2022

Die neue Weltordnung wird auf den Trümmern Europas errichtet - LZ

 Entnommen: https://linkezeitung.de/2022/06/28/die-neue-weltordnung-wird-auf-den-truemmern-europas-errichtet/



Die neue Weltordnung wird auf den Trümmern Europas errichtet“


VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 28. JUNI 2022


von Thomas Röper – http://www.anti-spiegel.ru

Auch diese Woche hat der Deutschland-Korrespondent des russischen Fernsehens wieder eine Einschätzung der politischen Lage dargelegt, wie man sie im deutschen Fernsehen sicher nicht zu sehen bekommt.

Wie praktisch jede Woche, so war der Korrespondentenbericht aus Deutschland, den das russische Fernsehen in seinem wöchentlichen Nachrichtenrückblick gebracht hat, sehr deutlich. Ich übersetze diese Berichte gerne, weil es interessant ist, sich anzuschauen, wie von außerhalb der westlichen Medienblase über Deutschland und die EU berichtet wird. Die Überschrift dieses Artikels ist ein Zitat aus den Bericht, das Sie ganz am Ende – quasi als Fazit – finden.

Beginn der Übersetzung:

Wohin Europa der Hass auf Russland bringt


Der Gaskonflikt der EU mit Russland erreicht eine neue Stufe. Der deutsche Wirtschaftsminister Habeck hat die Gaskrise im Land ausgerufen und dazu aufgerufen, „den Gasverbrauch zu reduzieren, wo immer es möglich ist.“ Angefangen bei sich selbst, hat Habeck „die Zeit zum Duschen deutlich reduziert.“ So hat er das gesagt. Im Netz kursieren bereits Witze: Wenn Bundeskanzler Scholz eine „beleidigte Leberwurst“ ist, dann ist Habeck eine „stinkende Leberwurst.“ Wie komisch. Hauptsache es geht nicht bis zu den Flohfallen. (Anm. d. Übers.: Das ist eine Anspielung auf einen Beitrag aus dieser Sendung von Ende April, den ich auch übersetzt habe, Sie finden ihn hier.)

Die Umstellung auf Gasmangel lässt Europa auch ohne russische Düngemittel bleiben. Als nächstes kommt vielleicht ein Boykott von russischem Getreide, um auch anderen zu verbieten, es zu kaufen. Am Freitag sprach Putin auf dem BRICS-Gipfel über den Zynismus: „Ich glaube, er wird der französischen Königin Marie Antoinette zugeschrieben, die, als sie aus dem Fenster ihres Palastes auf eine Menge hungriger, streikender Bürger blickte, einmal gleichgültig sagte: ‚Nun, wenn sie kein Brot haben, sollen sie doch Kuchen essen.‘ Das ist genau der Zynismus, mit dem einige westliche Länder, die die weltweite Agrarproduktion destabilisieren, jetzt an diese Fragen herangehen, indem sie beispielsweise Sanktionen auf russische und weißrussische Düngemittel verhängen und die Ausfuhr russischen Getreides auf die Weltmärkte erschweren. Übrigens haben wir eine gute Ernte, so Gott will, wird alles gut werden, und die 37 Millionen Tonnen, die wir in diesem Jahr auf den Weltmarkt geliefert haben, werden wir höchstwahrscheinlich auf 50 Millionen Tonnen Getreide erhöhen können.“

Gleichzeitig stimmen die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union dafür, der Ukraine den Status eines EU-Beitrittskandidaten zu gewähren. Das verpflichtet niemanden zu irgendetwas, aber in Kiew herrscht Jubel.

Ein Bericht unseres Deutschland-Korrespondenten.

Der Flughafen München empfängt einen Regierungsflieger nach dem anderen. Sieben Jahre sind vergangen, und Schloss Elmau – ein lauschiges Plätzchen in den bayerischen Alpen, wo man Globalisierungsgegner auf Distanz halten kann – wartet wieder auf die Führer der „freien Welt.“ Keiner der heutigen Gäste in Elmau war auf dem damaligen G7-Gipfel, aber die Jahre haben nichts an den Themen geändert. Damals wie heute drehen sich alle ihre Gedanken um Russland und Putin.

Im Jahr 2015, wenige Monate nach dem Minsker Abkommen, diskutierten die Staats- und Regierungschefs der – ihrer Meinung nach – führenden Volkswirtschaften der Welt über den „eingefrorenen Konflikt“ in der Ukraine, heute muss man ihn zu irgendwie akzeptablen Bedingungen erneut „einfrieren“, und nach außen hin scheint es, als gäbe es in diesem Kollektiv ein gemeinsames Verständnis dessen, was man als akzeptabel betrachtet.

„Die gute Nachricht ist, dass wir alles getan haben, um geeint zu bleiben, was Putin offensichtlich in keiner Weise erwartet hat“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz.

„Und das ist zu einem nicht geringen Teil Ihnen zu verdanken, zu einem nicht geringen Teil Ihnen, im Ernst. Wir müssen zusammenhalten. Denn Putin hat von Anfang an damit gerechnet, dass sich die NATO und die G7 irgendwie spalten würden, aber das haben wir nicht und das werden wir auch nicht tun“, betonte Joe Biden.

Das ist die Version für das Publikum, aber es gibt eine verborgene Seite der Geschichte. Es gibt eine grundlegende Zurückhaltung zwischen den „Verbündeten“, die natürlich nicht erwähnt wird: Es liegt im Interesse der USA und ihres gehorsamen Vollstreckers Großbritannien, diesen schwelenden Konflikt so lange wie möglich in Gang zu halten, um Russland maximalen Schaden zuzufügen. Soll Europa dabei die Last der Kollateralschäden tragen. Im Gegenzug wollen Deutschland, Frankreich und Italien, dass das „Einfrieren“ zu einer endgültigen, ein für alle Mal gültigen Lösung führt.

Am Rande des Treffens werden Scholz, Draghi und wahrscheinlich auch Macron den kanadischen Premier Trudeau auffordern, die reparierte Turbine an Gazprom zurückzuschicken, damit Nord Stream 1 endlich wieder volle Kapazität erreicht und weil sie sonst im Winter ohne Gas dastehen; die Gasspeicher sind derzeit nur zu 50 Prozent gefüllt. Der deutsche Energieminister Habeck spricht mit unverhohlener Verärgerung über seine Landsleute, die so sehr an Energieüberfluss gewöhnt sind, dass sie sich nicht zum Energiesparen zwingen lassen: „Die Sturheit muss aufhören! Es klingt lustig: Energieminister Habeck rät, den Duschkopf auszutauschen, um 30 Prozent Energie zu sparen. Ha-ha-ha! Wir bekämpfen Putin mit einem Duschkopf. Aber diese Maßnahmen führt zu einem greifbaren Ergebnis“, sagt Habeck.

Der Herr Minister selbst hat in einem Interview mit dem Spiegel zugegeben, dass er nie länger als fünf Minuten duscht, und diese Zeit hat er nun auch reduziert. Aber wenn Nord Stream 1 einfach abgeschaltet wird, weil es an funktionierenden Aggregaten und Ersatzteilen mangelt – was Berlin nicht ausschließt -, dann ist alles vorbei, selbst wenn alle Deutschen aus der Dusche springen, ohne zu warten, bis das Wasser lauwarm wird.

„Wenn nicht genügend Gas vorhanden ist, müssen einige Industriezweige, die Gas benötigen, stillgelegt werden. Als Wirtschaftsminister kann man da keine richtigen Entscheidungen treffen, allenfalls weniger falsche. Dann werden alle Prozesse der Marktwirtschaft auf Eis gelegt. Für einige Branchen wird das eine Katastrophe. Wir sprechen hier nicht von zwei Tagen oder Wochen, sondern von einer langen Zeit. Wir sprechen von Menschen, die dann arbeitslos werden, von Regionen, die ganze Industriekomplexe verlieren werden“, sagte Habeck.

In dieser Woche stellte Habecks Büro die zweite Stufe des Energienotstandsplans in Deutschland vor, der Verbrauchsstandards für Industrien festlegt, die Gas als Rohstoff für Kunststoffe und chemische Produkte verwenden. Die dritte Stufe, die in der zweiten Winterhälfte droht, ist die Umstellung auf Gas nur für private Haushalte, Schulen und Krankenhäuser. Und in Anbetracht der Kosten pro Kilowattstunde drohen auch weit verbreitete Stromausfälle.

Es gibt natürlich die radikale Idee, Gazproms Verlängerung von Nord Stream-2 auf dem Landweg zu enteignen, sie vom Seeteil abzuschneiden und sie mit den im Bau befindlichen LNG-Terminals in der Ostsee zu verbinden, aber das ist Zukunftsmusik. Von den deutschen Grünen ist nur noch der Name geblieben, denn sie haben entschieden, Kohlekraftwerke zu reaktivieren und den Himmel nach althergebrachter Art zu vernebeln. Aber auch das ist nicht einfach – Europa hat fast die Hälfte seiner Kessel- und Hüttenkohle aus Russland bezogen, und jetzt braucht man wieder Zeit und Geld, um eine neue Logistik aufzubauen, und das, obwohl die Forderung der Massen, alles wieder so zu machen, wie es war, in den letzten Tagen recht deutlich zu hören war.

In Bulgarien kam es zu einem praktischen Ergebnis – die Regierung von Kirill Petkov, die sich als erste in Europa geweigert hat, für russisches Gas in Rubel zu zahlen, wurde gestürzt. Für die Bulgaren war es danach sofort vorbei mit russischem Gas. Das neue Kabinett wird ein Mandat erhalten, die Beziehungen zu Gazprom wiederherzustellen – in Rubel, aber wahrscheinlich zu neuen Preisen. Das Umfeld des ehemaligen Premierministers hat die russische Botschaft beschuldigt, das Misstrauensvotum organisiert zu haben, aber diese Behauptung ist nichts im Vergleich zu der erstaunlichen Initiative schwedischer Aktivisten, die eine Untersuchung gegen Greta Thunberg fordern. Es besteht der Verdacht, dass die Aktivitäten der minderjährigen Öko-Aktivistin – all die Schulschwänzungen im Rahmen der „Fridays for Future“ – von Moskau finanziert wurden, um den Energiemarkt durch eine übermäßige Ausrichtung auf grüne Technologien destabilisieren und – als Folge davon – die Preisexplosion und die galoppierende Inflation ausgelöst zu haben.

In Großbritannien liegt sie jetzt bei 9 Prozent, was erst zum Jahresende erwartet wurde, was bedeutet, dass sie zweistellig sein wird, was seit den 1970er Jahren nicht mehr der Fall war. Das Land wird diese Woche von einem Streik der Eisenbahner heimgesucht, dem sich bald auch die Beschäftigten der nationalen Fluggesellschaft British Airways anschließen werden. Für den britischen Premierminister Johnson ist der Erfolg der Ukraine um jeden Preis eine Frage des politischen Überlebens. Aber er hat eine beunruhigende Vorahnung: „Ich weiß, dass es schwierig ist. In Großbritannien ist es schwierig. Ich weiß, dass die Preise für Lebensmittel zu den Preisen für Benzin aufgeschlossen haben. Zu viele Länder schauen sich das an und sagen: ‚Das ist ein unnötiger europäischer Krieg. Das sind wirtschaftliche Probleme, die wir nicht brauchen.‘ Und so wird der Druck wachsen, die Ukrainer vielleicht zu einem schlechten Frieden zu bewegen oder zu zwingen.“

Kontinentaleuropa ist der Ukraine eindeutig überdrüssig. Die Mittel, die direkt – in Form von Krediten, Zuschüssen, Waffenlieferungen – und indirekt – in Form von Sanktionen – für das Land ausgegeben wurden, zahlen sich nicht aus. So stellt Foreign Policy nicht nur beim französischen Präsidenten Macron, sondern auch bei Bundeskanzler Scholz Ermüdungserscheinungen fest: „Die Tatsache, dass in Berlin Gerüchte über Geheimverhandlungen mit Russland kursieren, deutet darauf hin, dass Deutschland die Ukraine lieber enttäuschen als Russland demütigen möchte, was auch immer das heißen mag. Wenn Putin anbietet, die Blockade von Odessa im Gegenzug für eine Lockerung der Sanktionen oder eine Aussetzung der Feindseligkeiten in Anerkennung einer neuen Kontaktlinie aufzuheben, werden die Stimmen für Zugeständnisse nur noch stärker werden.“

Westliche Analysten gehen davon aus, dass Russland mit einer halben Lösung zufrieden sein wird. Doch bevor man etwas von der Ukraine fordert, muss man ihr etwas geben. Etwas Schönes, aber nicht Belastendes, etwas Unverbindliches, etwas, das Kiew seinen Bürgern als Sieg präsentieren und was man dann als Druckmittel einsetzen könnte. Am Donnerstag hat der Europarat der Ukraine und auch gleich der Republik Moldawien den Status von EU-Beitrittskandidaten verliehen.

Mit dieser politischen Geste hat die Europäische Union viele verärgert. Sie hat Georgien verärgert, das in dieser Hierarchie nun eine Stufe unter der Ukraine steht, so etwas wie ein Kandidat zum Kandidat. Sie hat alle Westbalkanländer enttäuscht: Bosnien und Herzegowina, Albanien, Nordmazedonien, die seit vielen Jahren in der Warteschlange stehen und hoffen, dass sie endlich zum Beitritt eingeladen werden, aber nein. In dieser Hinsicht klang die Gratulation des albanischen Premierministers an die Ukraine zum Beitritt in den Club der Wartenden eher giftig: „Nordmazedonien ist seit 17 Jahren ein Kandidat. Albanien seit acht. Die Ukraine kann diesen Status gerne erhalten. Das ist gut. Aber die Menschen in der Ukraine sollten sich keine großen Illusionen machen.“

Der Esel und die Karotte – dieses anekdotische Bild spiegelt perfekt die historische Entscheidung des Europarates wider. Damit sie sich schließlich treffen können, muss die Ukraine einen Weg der Reformen beschreiten, den sie schon in besseren Zeiten nicht bewältigen konnte. Und der Trick ist, dass es in der Situation militärischer Instabilität noch unwahrscheinlicher ist, dass sie es schafft. Die EU schafft damit ein zusätzliches Instrument der Einflussnahme auf Kiew. Oder sie denkt, dass eines schafft.

„Alle Länder müssen ihre Hausaufgaben machen, bevor sie in die nächste Phase des Beitrittsprozesses eintreten können. Aber ich bin überzeugt, dass sie sich alle so schnell wie möglich bewegen und so hart wie möglich arbeiten werden, um die notwendigen Reformen durchzuführen, nicht nur, weil sie notwendig sind, um auf dem Weg nach Europa voranzukommen, sondern vor allem, weil diese Reformen gut für die Länder und gut für die Demokratie sind“, sagte die Chefin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen.

In der Vorstellung von Frau von der Leyen gibt es das Bild einer blühenden ukrainischen Demokratie innerhalb der Europäischen Union schon lange. Sie spricht die ganze Zeit darüber. Die große Frage ist jedoch: Inwieweit passen die nationalen Interessen in Washington zu denen der europäischen Demokratien? Man sollte keine öffentlichen Enthüllungen auf dem aktuellen G7-Gipfel oder jedem anderen Gipfel erwarten, aber in der Praxis zeigt sich, das jeder für die USA ein Verhandlungsobjekt ist. Es sind nur unterschiedliche Preise. Präsident Biden hat neulich festgestellt, dass Europa in einen Zermürbungskrieg mit Russland hineingezogen wird. Und jetzt, wo er das bemerkt hat, will er sich diesen Überlebenskampf in Ruhe anschauen.

Das sind keine guten Nachrichten für die EU. Man könnte sogar sagen, sie sind ekelhaft, weshalb die europäischen Medien Bidens Bemerkung so ungern wiedergeben. Sie haben sogar versucht, sie gar nicht zu bemerken. In der Zwischenzeit ist es ein wichtiges Zeichen für die Veränderung des gesamten amerikanischen Konzepts, dass das Wort „Russland“ durch „Europa“ ersetzt wird. In der neuen Fassung könnte es so klingen: Die künftige Weltordnung wird ohne Europa, auf Kosten Europas und auf den Trümmern Europas errichtet werden.

Ende der Übersetzung


Sonntag, 26. Juni 2022

STICHE INS WESPEN - "NETZ" - NRhZ

 

STICHE INS

WESPEN-"NETZ"...


Passend zum Davoser

Weltwirtschaftsforum


Seit zig Jahren veröffentlichte der Autor Harry Popow in der Neuen Rheinischen Zeitung Buchtipps als auch Exposès eigener Bücher. Dabei erwies sich die Redaktion als äußerst zuverlässig und richtig kameradschaftlich. Man spürte als Autor die enge politische Verbundenheit und das gab und gibt allemal Kraft für die langjährige erfolgreiche Zusammenarbeit. Solche Freunde an der Seite zu wissen, gibt Zuversicht und menschliche Verbundenheit. Kürzlich veröffentlichte der Autor in dieser Online-Zeitung seinen Buchtipp zu Klaus Schwabs Buch „COVID.19: DER GROSSE UMBRUCH“.

Daraufhin bedachte die Redaktion ihren Autor mit folgendem Text:


Lieber Harry,

auch wir möchten uns bei Dir bedanken - insbesondere für die Schwab-Rezension. Große Klasse, wie Du dessen schönfärberischen Wortschwall entlarvst. Was war Auslöser, Dich jetzt mit diesem Buch zu befassen? Dass Du Dich dieses Buches angenommen hast, finden wir auch deshalb so wichtig, weil es in der "Linken" sträflicherweise fast gänzlich ausgespart wird. Bei der Demo am 1. Mai 2022 in Köln wurde bei einem Gespräch mit einem Demo-Teilnehmer (DKP-Miglied und UZ-Leser), den wir seit Jahrzehnten kennen, deutlich, dass dieser noch nie den Begriff "Great Reset" gehört hatte. Und auch Klaus Schwab sagte ihm nichts. Wie ist so etwas möglich? Ein Video mit Ernst Wolff (
https://www.kla.tv/22827?autoplay=true) macht auf seine Weise die Zusammenhange, in dem das WEF eine zentrale Rolle spielt, sehr gut deutlich.

Herzlich grüßen Dich und Cleo

Anneliese und Andreas


Mail vom 26.06.2022:

Übrigens ist das Editorial zur aktuellen Ausgabe vorbereitet. Darin heißt es zu Deiner Besprechung:

Wenn wir uns vor Augen führen, welche Rolle das Davoser Weltwirtschaftsforum mit seinem Aushängeschild Klaus Schwab bei den Machenschaften des internationalen Kapitals mit BlackRock an der Spitze und den damit verbundenen Kapitalgiganten in allen entscheidenden Wirtschaftsbereichen bis hin zu Pharma- und Rüstungskonzernen spielt, dann ist das Buch "Covid-19: Der große Umbruch" (The Great Reset) eine Offenbarung – zumindest wenn wir es mit den Augen von Harry Popow lesen, der unter Bezugnahme auf die Feststellung, dass künftig nur noch 40 Prozent der Weltbevölkerung "gebraucht" würden, ironisch fragt: "Worin sonst sollte die Existenzberechtigung liegen als darin, von den Eliten gebraucht zu werden?" Um dann den schönfärberischen Wortschwall entlarvend zu resümieren: "Das asoziale kapitalistische Modell benötigt nach Schwab eine Marketing-Kur. Die neue Diktatur könne mit ihren bürgerlichen so genannten Qualitätsmedien auf Anordnung eine Pandemie-Panik sowie – ungebrochen wie seit eh und je – eine Kriegs-Hysterie aus dem Ärmel schütteln – wie zur Zeit im Jahre 2022 bereits im vollen Gange."
Herzlich grüßen
Anneliese und Andrea


Freitag, 24. Juni 2022

Der antikommunistische Kreuzzug - Prof. Dr. Anton Latzo

 Entnommen: https://www.freidenker.org/?p=13492


Der antikommunistische Kreuzzug


Der Kalte Krieg begann, bevor der Zweite Weltkrieg endete


von Prof. Dr. Anton Latzo

Erstveröffentlichung in der UZ vom 17.06.2022


Der „Kalte Krieg“, der vor 75 Jahren auf ganzer Front von den USA und den Kräften der internationalen Reaktion begonnen wurde, ist eine Folge ihrer aggressiven Haltung in der Systemkonfrontation zwischen Sozialismus und Kapitalismus beziehungsweise Imperialismus. Die Alternative dazu ist die friedliche Koexistenz zwischen Staaten mit unterschiedlicher Gesellschaftsordnung.

Antikommunismus als Grundprinzip imperialistischer Politik


Konzeption und Politik des Kalten Kriegs werden durch die Ideologie des Antikommunismus geprägt. Dieser ist so alt wie die organisierte Arbeiterbewegung. Heute wie einst zielt er darauf ab, den gesellschaftlichen Fortschritt zu verhindern oder zumindest zu hemmen, die progressiven Kräfte zu spalten, die Gefahren für das kapitalistische System zu minimieren, dieses System zu erhalten.

Elemente des Kalten Kriegs haben schon nach der Oktoberrevolution von 1917 Eingang in die Politik der imperialistischen Hauptmächte gegen die Sowjetunion gefunden. Unter anderem wurde das in ihren Interventionskriegen und in ihrem Verhalten vor Beginn des Zweiten Weltkriegs sowie später auch in der Frage der Verzögerung einer zweiten Front gegen das faschistische Deutschland sichtbar.

Dazu gehört auch, dass Winston Churchill, wie er in einem Interview mit dem „Daily Herald“ vom 24. November 1955 offenbarte, schon Ende April 1945 – noch vor Beendigung des Zweiten Weltkriegs – dem britischen Oberkommandierenden folgenden Befehl gab: „Ich telegrafierte an Lord Montgomery und befahl ihm, die deutschen Waffen sorgfältig zu sammeln und aufzubewahren, damit man sie ohne Schwierigkeiten den deutschen Soldaten wieder in die Hand geben könne, mit denen man zusammenwirken müsste, wenn die sowjetische Offensive noch weiter anhält.“ Dazu sollte der britische Generalstab für die Fortsetzung des Kampfes gegen die Sowjetunion, die ja damals noch Verbündeter war, einen Plan ausarbeiten.

Im Ergebnis des Zweiten Weltkriegs entstanden aber im weltweiten Kräfteverhältnis und hinsichtlich der sozialen und politischen Lage in den europäischen Ländern und in Asien – trotz massiver konterrevolutionärer Aktivitäten – günstige Bedingungen für die Durchsetzung antikapitalistischer und demokratischer Forderungen der Arbeiterklasse und der anderen demokratischen Kräfte.

Veränderte Kräfteverhältnisse


In den osteuropäischen Staaten – in Polen, der Tschechoslowakei, Jugoslawien, Albanien, Bulgarien, Rumänien und Ungarn – sowie in der damaligen Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland wurden entsprechend den Vereinbarungen der Alliierten von Jalta und Potsdam grundlegende sozialökonomische und politische Veränderungen durchgesetzt.

Dazu gehörten die Bodenreform, die Nationalisierung in der Industrie sowie im Banken- und Transportwesen, die Neugestaltung von Kultur und Bildung. Das führte zur Errichtung der volksdemokratischen Ordnung – einer neuen Form der politischen Organisation der Gesellschaft. Der Erfolg dieser Maßnahmen wurde in erster Linie durch die Kommunistischen und Arbeiterparteien gewährleistet.
Aufgrund des herausragenden Anteils der Sowjetunion am Sieg über den Faschismus und der aktiven Beteiligung der Kommunisten am antifaschistischen Befreiungskampf ihrer Völker stieg das Ansehen der Kommunisten auch in Westeuropa steil an. Das zeigte sich sowohl im Anwachsen der Mitgliederzahl der Kommunistischen Parteien als auch in den Wahlergebnissen. Bei den ersten Parlamentswahlen nach Kriegsende erzielten die Kommunisten folgende Ergebnisse: Frankreich 28,6 Prozent (1946), Finnland 20 Prozent (1945), Italien 19 Prozent (1946), Norwegen 11,9 Prozent (1945).

In den ersten Nachkriegsjahren wirkten in vielen westeuropäischen Ländern kommunistische Minister in den Regierungen mit. Aufgeschreckt durch die dabei erzielten demokratischen Veränderungen wurde in konzertierten Aktionen der inneren Reaktion – meist im Zusammenspiel mit den entsprechenden Organen der USA und Britanniens – bis 1948 auf der Grundlage eines scharfen Antikommunismus erreicht, dass alle Minister aus den Reihen der Kommunisten in Westeuropa aus den Regierungen entfernt wurden.

Es kam aber auch zu einer Veränderung des Kräfteverhältnisses zwischen den imperialistischen Hauptmächten. Die USA übernahmen die Rolle des Hegemonen in der kapitalistischen Welt und strebten danach, sich den ganzen übrigen Globus zu unterwerfen. Dabei ging es nicht um eine „einfache Neuaufteilung“ der Welt, sondern um eine ungeteilte Weltherrschaft – und daran hat sich nichts geändert! Auch in dieser Hinsicht ging es um den Einsatz des Antikommunismus als Mittel in der Konkurrenz und als Mittel zur Disziplinierung aller politischen Akteure der kapitalistischen Seite. Der Antikommunismus ist zum Grundprinzip imperialistischer Politik geworden – und die USA hatten das letzte Wort, sowohl bei der Erarbeitung als auch bei der Verwirklichung der Konzeption.

„Verdeckte Operationen“ zur Eliminierung des Sozialismus


Für die Planung, Ausarbeitung und Durchführung von Aktionen im Ausland wurde im Juli 1947 der Nationale Sicherheitsrat (NSC) der USA geschaffen. Laut NSC-Direktive 10/2 trat er mit dem Auftrag an, „verdeckte Operationen“ im Ausland durchzuführen. Darunter waren laut Direktive „alle Aktivitäten zu verstehen, die von der Regierung durchgeführt oder unterstützt werden gegen feindliche ausländische Staaten oder Gruppen oder zur Unterstützung befreundeter Staaten oder Gruppen, die jedoch so geplant und durchgeführt werden, dass für nicht autorisierte Personen dabei keine Verantwortlichkeit der Regierung der Vereinigten Staaten nachweisbar wird und dass bei der Aufdeckung dieser Operationen die Regierung der Vereinigten Staaten glaubhaft jede Verantwortung dafür zurückweisen kann. Insbesondere geht es um solche Operationen, die verdeckte Aktivitäten umfassen auf den Gebieten der Propaganda, der wirtschaftlichen Kriegführung, der vorbeugenden direkten Aktionen, wie Sabotage, Gegensabotage, Zerstörungen und Maßnahmen zur Evakuierung, der Subversion gegen feindliche Staaten, wie Hilfe für Widerstandsbewegungen im Untergrund, Guerilla-Kämpfer, Befreiungsgruppen aus Flüchtlingen beziehungsweise Unterstützung von einheimischen antikommunistischen Elementen in allen befreiten Ländern der Welt.“
Das ist die Geburtsurkunde des Kalten Kriegs, mit dem die USA und ihre Verbündeten den Kommunismus und die Kommunisten in der ganzen Welt bekämpfen, den Völkern ihre „Demokratie“ aufzwingen und auch heute noch ihre „freiheitliche“ Welt verteidigen!

Der ganze Mechanismus wurde bis in die heutige Zeit immer wieder „vervollkommnet“ und in neue Dimensionen ausgeweitet. Noch im Jahr 1947, am 14. Dezember, autorisierte der NSC die Central Intelligence Agency (CIA), geheime psychologische Operationen durchzuführen – insbesondere Aktivitäten, welche die Nutzung von anonymen, gefälschten und/oder subventionierten Publikationen beinhalteten.

Mit der NSC-Direktive 20/4 vom 23. November 1948 über die „Aufgaben der Vereinigten Staaten im Hinblick auf die UdSSR“ wird offiziell bestätigt: „Hätten die Vereinigten Staaten in den vergangenen zwei Jahren nicht rigorose Maßnahmen ergriffen, um den Widerstand in den westeuropäischen Staaten und den Mittelmeeranrainern gegen den sowjetischen Druck zu stärken, wären heute die meisten der westeuropäischen Staaten bereits von der kommunistischen Bewegung politisch erobert worden.“

Antikommunistische Offensive


Schließlich wurde am 14. September 1949 die NSC-Direktive „Politik der Vereinigten Staaten bezüglich der sowjetischen Satellitenstaaten in Osteuropa“ verabschiedet. Es sei „die Zeit reif, größere Aufmerksamkeit auf die Offensive zu richten, um zu beurteilen, ob wir nicht mehr tun können zur Eliminierung oder wenigstens zur Zurückdrängung des vorherrschenden sowjetischen Einflusses in den Satellitenstaaten Osteuropas“. Es gehe um den „Kampf der zwei Welten“, um das „Weltbild“ derjenigen, die „vereint in der gemeinsamen Ablehnung der Bourgeoisie“ sind, das „leninistisch-stalinistische Modell der Ergreifung und Festigung der Macht“ vertreten und den Zusammenschluss um die Sowjetunion als Bedingung für die Sicherheit der Entwicklung des Landes betrachten.
Die Direktive verkündete weiter: „Bei der Suche nach Möglichkeiten, die Sowjetmacht in den Satellitenstaaten zu beseitigen, stehen uns zwei prinzipielle Wege für unser Handeln offen. Der eine ist der Krieg, der andere Maßnahmen unterhalb der Schwelle eines Krieges.“ Das Ziel bestand in der Errichtung solcher Regime, „die willig sind, sich der Gemeinschaft der freien Welt anzupassen und an ihr teilzunehmen“.

Auf dem Weg zum Ziel sollte ein erster Schritt darin bestehen, dass „abtrünnige kommunistische Regime die gegenwärtigen stalinistischen Regierungen ersetzen“. Zweitens sollte laut Direktive „die Entstehung eines ketzerischen Prozesses des Abdriftens bei einem Teil der Satellitenstaaten“ erreicht werden.

Eine „entscheidende Vorbedingung“ sei „die Herbeiführung von Bedingungen, die zu einem Rückzug der sowjetischen Truppen von den Territorien der Satellitenstaaten führen können“. Parallel dazu „könnte eine Vereinbarung der Vier Mächte über Deutschland, sollte diese erreicht werden, auch Bedingungen einschließen, die im günstigsten Falle einen Abzug, aber zumindest eine Reduzierung der sowjetischen Truppen in Deutschland und Polen absichern könnten“. Man orientierte darauf, so zu handeln, „dass der Kreml (…) zunehmend Positionen einbüßt“. Das, was erst 1989 realisiert werden konnte, wurde also schon 1949 geplant!

Der skizzierte Weg sei „direkt verbunden mit und teilweise abhängig vom dritten Weg unserer Aktivitäten – einem Angriff an der ideologischen Front“. In diesem Zusammenhang „sollte das Gegenteil dieses stalinistischen Dogmas – der Nationalismus – gestärkt werden“. Ausdrücklich hieß es: „Diese Angriffe sollten sowohl in offener als auch in verdeckter Form vorgetragen werden.“

„Frieden mit den Kommunisten ist undenkbar“


Zusammen bestätigen diese Ausarbeitungen der CIA und des NSC die Aussage von Henry Morgenthau, einem der damals führenden Köpfe bei der Ausarbeitung der US-amerikanischen Politikkonzepte, der erklärte: „Der antikommunistische Kreuzzug ist zugleich zum moralischen Prinzip des gegenwärtigen Globalismus und zum Grundgehalt unserer globalen Außenpolitik geworden.“ Laut Morgenthau hieß es also von Anfang an: „Frieden mit den Kommunisten ist undenkbar (…) In dieser Hinsicht kann unser Friede nur in einem totalen Sieg bestehen.“

Für eine solche Außenpolitik fand Churchill in Harry S. Truman, der nach dem Tod von Franklin D. Roosevelt im April 1945 Präsident der USA geworden war, und in dessen außenpolitischem Berater John Foster Dulles, der später US-amerikanischer Außenminister wurde, aktive Gesinnungsgenossen und Mitstreiter.

Die „Truman-Doktrin“, die vom US-Präsidenten im März 1947 verkündet wurde, machte „Containment“ und „Befreiung“ zur Grundlinie der US-amerikanischen Außenpolitik. Dafür war der Marshall-Plan eine der entscheidenden Maßnahmen auf dem Weg zur Errichtung eines militärischen Blocks zur Durchsetzung imperialistischer Politik.

Auf dieser Grundlage wurden die USA und die dann 1949 eigens dafür geschaffene NATO zum strategischen Zentrum des Kalten Kriegs gegen den Sozialismus und gegen alle, die den Vorstellungen der USA nicht folgten.

Zwei Hauptziele der US-amerikanischen Außenpolitik wurden angestrebt. Das eine bestand darin, unter Ausnutzung der durch den Krieg geschwächten Position der anderen Länder eine unangefochtene Vormachtstellung der USA auf ökonomischem, militärischem, politischem und ideologischem Gebiet in der Welt des Kapitalismus zu errichten.

Mit der Verwirklichung des ersten strategischen Hauptziels sollten günstige Voraussetzungen für die Realisierung des zweiten, für den Imperialismus wichtigsten Ziels geschaffen werden: die Beseitigung der sozialistischen Welt. So sollten die USA zum Zentrum und Bollwerk der kapitalistischen Welt gemacht werden. Und das durch den Kalten Krieg!

Alle diese Entwicklungen kann man nur zum Teil mit dem Hass einzelner Politiker wie Churchill, Truman und Dulles auf den Sozialismus erklären. Sie wurzeln letztendlich in den materiellen Interessen ihrer Klasse. Der Kalte Krieg entsprang also nicht allein aus dem Hass einzelner Politiker gegen den Sozialismus, sondern aus den materiell bedingten Interessen der herrschenden Klasse der kapitalistischen Staaten, welche das Ziel verfolgen, die Herrschaft des Kapitals über die menschliche Gesellschaft zu verewigen.

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs war es nicht mehr möglich, dieses Ziel mit einem „Heißen“ Krieg – mit militärischer Gewalt – durchzusetzen. Man proklamierte den „Kalten“ Krieg, mit dem man das gleiche Ziel in längeren Zeiträumen erreichen wollte.

Eine wirksame Konzeption dagegen darf nicht übersehen, dass es den USA stets primär, aber nicht allein um die Eindämmung des Sozialismus ging. Es ging ihnen immer auch um die Eroberung und Sicherung der Dominanz als alleinige „Supermacht“, welche das ökonomische und politische Weltgeschehen allein bestimmen kann.

Es darf nicht übersehen werden, dass kein einziges Element der nach dem Zweiten Weltkrieg erarbeiteten Konzeption der USA (siehe NSC-Direktiven) und ihrer NATO-Verbündeten aufgehoben wurde. Es wurde stets an der Anpassung und Vervollkommnung an neu entstandene Bedingungen gearbeitet, die den schon immer erstrebten Erfolg gewährleisten sollten.

Prof. Dr. Anton Latzo ist Historiker und Mitglied des Beirats des Deutschen Freidenker-Verbandes



Der Westen rüstet zum Weltkrieg - RotFuchs

 Entnommen: https://rotfuchs.net/files/rotfuchs-ausgaben-pdf/2022/RF-293-06-22.pdf



RotFuchs, Juni 2022


Der Westen rüstet zum Weltkrieg


Vor kurzem las ich wieder einmal den einzigen Roman Oscar Wildes, sein 1890 erschienenes Meisterwerk „Das Bildnis des Dorian Gray“. Es ist nicht nur eine sozialkritische Auseinandersetzung des Autors mit den gesellschaftlichen Zuständen seiner Zeit. Die Figur Dorian Gray, so scheint mir, steht gleichsam als Metapher für ein ganzes Gesellschaftssystem. Dorian Gray ist ein sehr schöner junger Mann, der es schafft, durch seine auf den ersten Blick einnehmende Erscheinung jeden Menschen zu beeinflussen, zu manipulieren und am Ende, wenn er sein Gegenüber bis zur Neige emotional ausgeplündert hat, zu zerstören. Dabei ist die Schönheit des Mannes nur das Werk teuflischer Kräfte. Sein wahres Ich ist in einem Porträt gefangen, das an seiner statt altert und deshalb verborgen im Dunkel eines Dachbodens ein geheimes Dasein fristet. Gray meidet den von Jahr zu Jahr abstoßender werdenden Anblick seiner selbst auf der Leinwand und stürzt sich immer hemmungsloser in ein Leben des Genusses und Rausches, wobei er gewissenlos jeden aus dem Weg räumt, der seiner Sucht nach grenzenloser Bereicherung und absolutem Vergnügen im Wege steht. Unfähig zu selbstloser Liebe und echter Freundschaft vermag er nichts dem Leben Zugewandtes zu erschaffen. Schließlich aber kann er seinem eigenen Ich nicht entkommen. Die Maske aus Lüge und Täuschung fällt, der trügende Schein kann nicht mehr blenden. So wird Dorian Gray dann doch noch durch den Anblick seiner monströsen, wahren Fratze auf dem Bildnis vernichtet.


Wer denkt da nicht an das äußerlich schillernde Gewand des Kapitalismus, der selbstzerstörerische Egozentrik zur Tugend erklärt und der den Narzismus seiner moralisch verkommenen „Eliten“ als Selbstverwirklichung verkauft.


Nun geht es diesem System ähnlich wie Dorian Gray. Es sind ihm Konkurrenten erwachsen, die seiner rauschhaften Hemmungslosigkeit Grenzen setzen. Da er unfähig ist, im Einklang mit anderen zu leben, weil das die Fähigkeit zu teilen voraussetzen würde, bleibt ihm nur der wahnsinnige Gedanke an die Zerstörung jedes Widersachers, der es wagt, ihm entgegenzutreten. Moralisch eigentlich schon lange innerlich tot wie Dorian Gray, flüchtet er sich in immer apokalyptischere Szenarien, die sein eigenes Überleben sichern sollen. Eine solche aberwitzige Idee des „Wertewestens“ gipfelt in dem Glauben von der Begrenzbarkeit und Gewinnbarkeit eines Atomkrieges gegen die Rivalen Rußland und China. Es ist, als würden USA und NATO nun, wie es Hitler mit seinen „Wunderwaffen“ tat, nach dem Strohhalm greifen, an den man sich klammert, um wider jede Vernunft an eine eigene Zukunft glauben zu können. Doch so wie sich Hitler am Ende in seinem Bunker in einem Rausch aus Lebenslügen und Selbstbetrug über die von ihn selbst geschaffene Apokalypse hinwegretten wollte, scheinen auch Führungseliten der USA und der NATO dem Wahn verfallen zu sein, einen begrenzten Atomkrieg führen und gewinnen zu können.


Eine Umkehr, weg von totaler Bereicherung, Machtbesessenheit und Gewalt, ist im Denken der Herrschenden nicht vorgesehen. Es ist höchste Zeit, daß ein großes Aufstehen und ein Erwachen einsetzt, wenn wir nicht Opfer dieses verbrecherischen Wahnsinns werden wollen.

Ulrich Guhl Strausberg




Mittwoch, 22. Juni 2022

Dr. Wolfgang Bittner zum West-Ost-Konflikt - Vortrag bei Youtube

Dr. Wolfgang Bittner hielt kürzlich einen Vortrag zum

West-Ost-Konflikt – eine Inszenierung

hier der Link auf ein Video, das Sie gerne aufrufen können:



Der West-Ost-Konflikt – Eine Inszenierung - YouTube



Sonntag, 19. Juni 2022

MORGENROT - Buchtipp von Harry Popow

 

MORGENROT


LEBENS-TRÄUME

IN

TITANIC-ZEITEN


Unter diesem Titel veröffentlicht der Autor Harry Popow im Juni 2022 aus aktuellem Anlass sein neues Buch.



Sprache: Deutsch

Format: DIN A5 hoch

Seiten: 480

Altersempfehlung: Erwachsene (18 - 99)

Erscheinungsdatum: 18.06.2022

ISBN: 9783756506316


Zu bestellen:

 https://www.epubli.de//shop/buch/MORGENROT-Harry-Popow-9783756506316/127368?utm_medium=email&utm_source=transactional&utm_campaign=Systemmail_PublishedSuccessfully



Klappentext:


Das von Harry Popow vorgelegte Werk nennt sich nicht ohne Grund „MORGENROT“. Ein Titel, der vor allem an jene Generation erinnern soll, die nach der Befreiung vom Faschismus mit viel Mühe aus den Trümmern an materiellen Werten und denen in den Köpfen versucht haben, zunächst mit viel Erfolg, einen neuen Staat zu errichten, dem als wichtigstes Anliegen nicht nur die Entmachtung der einst herrschenden Geldeliten, die Beerdigung sämtlicher Kriegsgelüste als geschichtliche Notwendigkeit oblag, sondern vor allem dem friedlichen Aufbau sowie dem militärischen Schutz des Arbeiter- und Bauern- Staates.


Die 480 Seiten umfassende Lektüre teilt der Autor in fünf Abschnitte: Mit "Vorkriegszeit" skizziert er die erneute brandgefährliche Vorkriegssituation des Jahres 2022. In den weiteren Kapiteln berichtet er vom persönlichen Erleben vor und nach 1945, den neunjährigen Aufenthalt in Schweden nach der Annexion der DDR, die Rückkehr nach Deutschland sowie die nach wie vor geistig intensiven Jahre am Rande Berlins als Blogger, Rezensent und Autor.


Der bald 86-Jährige versteht dies als sehr kleinen persönlichen Beitrag im Widerstand gegen die Diktatur der Kapitalmacht, als Traum von einem Neubeginn hin zu einem neuen MORGENROT.


Das Buch ist gleichzeitig ein nach über 60 Ehejahren sehr authentischer Liebesroman zwischen seiner Frau Cleo und ihm, zwischen allen Kindern, Enkeln und Urenkeln einer großen und wunderbaren Familie.


Kurzvita

Geboren 1936 in Berlin Tegel, erlebte Harry Popow noch die letzten Kriegsjahre und Tage. Ab 1953 war er Berglehrling im Zwickauer Steinkohlenrevier. Eigentlich wollte er Geologe werden, und so begann Harry Popow ab September 1954 eine Arbeit als Kollektor in der Außenstelle der Staatlichen Geologischen Kommission der DDR in Schwerin. Unter dem Versprechen, Militärgeologie studieren zu können, warb man ihn für eine Offizierslaufbahn in der KVP/NVA. In den bewaffneten Kräften diente er zunächst als Ausbilder und danach 22 Jahre als Reporter und Redakteur in der Wochenzeitung „Volksarmee“. Das Zeugnis Diplomjournalist erwarb der junge Offizier im fünfjährigen Fernstudium an der Karl-Marx-Universität Leipzig. Nach Beendigung der fast 32-jährigen Dienstzeit arbeitete er bis Ende 1991 als Journalist und Berater im Fernsehen der DDR. Von 1996 bis 2005 lebte der Autor mit seiner Frau in Schweden. Beide kehrten 2005 nach Deutschland zurück. Sie sind seit über 60 Jahren sehr glücklich verheiratet und haben drei Kinder, zwei Enkel, zwei Enkelinnen und einen Urenkel.


Zum Inhalt

Nach dem obligatorischen Prolog fällt der Autor dem Leser mit der Tür ins Haus. Im Buch I schreibt er von der “Vorkriegszeit” im Jahre 2022. Sodann blättert er zurück bis vor 1945 und das Erleben in der SBZ/DDR als Berglehrling, Offizier und Militärjournalist in der NVA und nach Beendigung der Dienstzeit als Berater im Fernsehen der DDR, wo alle der Mauerfall erwischte. Vor allem durchzieht das gesamte Buch die große Liebe zu seiner Frau, die er Cleo nennt, mit der er bisher über 60 glückliche diamantene Jahre erlebte.

In allen Lebensdetails erfährt der Leser vor allem die Motive der handelnden Personen kennen, der Eltern von Cleo und von Henry und ihre eigenen. Vor dem Hintergrund des Bemühens in der DDR, endlich die Fesseln der einstigen nazistischen Gewaltherrscher ein für allemal abzuschütteln und einen sozialistischen Staat aufzubauen, geraten Jung und Alt in eine gesellschaftlich und politisch aufregende Zeit.

Der Autor Henry, den seine spätere Cleo bereits beim ersten Anblick als Träumer zu identifizieren weiß, erfüllt mit viel Nachdenklichkeit und auch innerer Genugtuung seine Arbeit, sowohl im Bergbau, in der Arbeit als zukünftiger Geologe als auch später als Militärjournalist. Was er von seinem Vater als Maschineningenieur und von seiner russischen Mutter an Lebenserfahrungen und politischen Haltungen erfährt und erlebt, prägt auch sein späteres Handeln.

So ist zu erfahren, dass Henry nach der Rückkehr aus Schweden emsig am Computer sitzt und mehr als 8o Buchrezensionen zu politischen und gesellschaftskritischen Sachbüchern schreibt und in seinem Blog und in den Portalen NRhZ und in Linke Zeitung veröffentlicht. Nicht nur das, er greift nochmals Erinnerungen auf über das Leben in der DDR. So zum Beispiel, wie er nach dem Abschied aus der NVA den Umbruch im Fernsehen erlebt, deren Mitarbeiter er in einer Abteilung wird, die sich mit der Unterstützung des Fernsehens in militärischen Fragen befasst.


Leseproben


Seite 38:

Träumender Trommler


Mama Tamara arbeitet inzwischen als Personalchefin beim 2. Gleisbau, eine wichtige Strecke für die WISMUT von Johanngeorgenstadt nach Aue im Erzgebirge. Henry und seine Geschwister werden von Tante Lotte versorgt. Mit ihr fahren sie im Sommer 1949 nach Rathen im Elbsandsteingebirge. Sie wohnen in der romantischen Burgruine Rathen, direkt über der Elbe. In der Burg ist ein Hotel untergebracht. Früher gehörte sie einem Schweizer Bankier, so ist zu erfahren. Später wird sich eine Sparkasse aus Berlin die „Ruine“ als Ferienheim einrichten. In Erinnerung bleiben die Wanderungen zum Amselsee und zur Bastei, in der Felsenbühne Rathen begeistert sie die Operette „Schwarzwaldmädel“. Die Burgkost ist schmal, deshalb holen sie beim Fleischer für fünfzig Pfennige heiße Knochenbrühe, denn der Hunger ist noch ein ständiger Begleiter. Henry zeichnet eine Skizze von der Burg. Außerdem will er „wissenschaftlich“ arbeiten, so beobachtet er mit seinem einrohrigen Fernglas, das er von seinem Papa hat, die täglichen Wolkenbewegungen und notiert`s in einem Heftchen. Er fühlt sich wohl. Schließlich ist eine Karte an Mama fällig: Ich schreibe Dir den ersten Gruß aus Kurort Rathen. Sei bitte nicht traurig, dass ich solange nicht geschrieben habe. Eben kommen wir von einem Spaziergang zurück. Es geht uns hier sehr gut. Ich freue mich sehr über die herrliche Gegend. Gestern waren wir trotz schlechtem Wetter mit Eberhardt zum Felsen ‚Talwächter‘. Mama, ich bin wirklich schreibfaul. Herzliche Küsse von Deinem Henry.


Zurück nach Berlin-Friedrichshagen. In der Bölschestraße, der Hauptstraße, wird ein Jugendklub gegründet. Der gehört der neuen Pionierorganisation. Dort trifft man sich und bekommt auch blaue Halstücher. Henry will auch mitmachen. Er geht einfach hin. Der soeben gegründete Fanfarenzug zieht ihn an, vor allem das Trommeln. Man übt oft. Erst im Keller des Klubs, dann auf der Straße, wo viele interessiert zusehen. Das gefällt Henry. Und dann heißt es: „Wir bereiten uns auf eine große Sache vor ...“ Nach der Schule wird tüchtig geprobt. Fast jeden Abend. Dann ist es soweit. Ein neuer Staat wurde am 7. Oktober 1949 gegründet – die DDR! Der Fanfarenzug trifft sich am 11. Oktober mit Tausenden anderen im Lustgarten. Fackeln, Fanfaren, Menschen über Menschen. Und alle fröhlich und voller Erwartung. Extra für diesen Anlaß wurden viele kleine Bäumchen am Rande des Platzes gepflanzt. Dieser historische Abend war ein unauslöschliches Erlebnis. Wenige Tage danach bekommt auch Henry sein blaues Halstuch. In der Pioniergruppe geht es lebendiger zu als in der Schule. Da gibt es Bücherabende, man übt sich im Laienspiel, man lernt Lieder wie „Du hast ja ein Ziel vor den Augen“, „Dem Morgenrot entgegen“ und „Dunja unser Blümelein ...“ Er fühlt sich wohl, ist mittenmang. „Disziplin Pioniere!“, ermahnt oft der Gruppenleiter. Neue Worte für die Schüler. Langsam nisten sie sich ein in den Köpfen. Im Kino von Karlshorst besuchen die „Jungen Pioniere“ eine Veranstaltung mit Erich Weinert. Wer das ist? Der Gruppenleiter erklärt, es ist ein Schriftsteller, der in die Sowjetunion emigrieren musste und dort im Nationalkomitee Freies Deutschland gegen die Faschisten gekämpft hat. Dieser Mann beeindruckte Henry ungemein. Er tastet sich unbewusst vor zur Schönheit eines friedlichen Lebens auf der Erde... Aphrodite ist noch nicht in Sicht, dem Symbol für hohe Menschlichkeit.


Henry ist seit der Scheidung der Eltern mit seinen Geschwistern oft alleine. Mama arbeitet im Erzgebirge, zum Vater gibt es keine Kontakte und Tante Lotte hat andere Sorgen, als die vielen Fragen zu beantworten, besonders die von Henry. Es interessiert ihn, warum wird denn soviel aufgebaut, wenn doch wieder Krieg kommen könnte, wie man im

Radio immer hört... Aber er bleibt alleine mit seinen Fragen. Er weiß noch nicht, dass das Denken mit Fragen beginnt. So geht er in die Spur auf der Suche nach Aphrodite, von der er noch nie etwas gehört hatte.


Seite 32:


1945: Weiße Armbinden


Donnerwetter, so ein Glück, sagen Mama und Papa, als sie ihr Mietwohnhaus in Berlin–Schöneberg unzerstört wiedersehen. Hier hat die Familie vor der Evakuierung gewohnt. Aber deren Wohnung in der dritten Etage links ist inzwischen besetzt, die Ziebells dürfen in die zweite Etage rechts. Aber noch heulen herzzerreißend und furchterregend die Sirenen. Nacht für Nacht, manchmal auch tagsüber. Sie müssen im Keller bleiben. Provisorisch sind Bettgestelle aufgebaut, manchmal liegen nur Matratzen da. Brot auf Zuteilung, gleich für mehrere Tage. Wenn irgendwo Bomben heulend und krachend in Häuser schlagen und die Erde bebt, dröhnt und stöhnt, dann bleibt das Herz stehen vor Angst. Jede Sekunde kann es auch das eigene Miethaus erwischen, jede Minute ... Papa muss nun doch noch an die Front, zum Volkssturm, wie er sagt. Nach drei Tagen ist er wieder da. Dort, wo er sich melden sollte, seien schon die Russen. Wie froh die Kinder sind ... Henry hört, wie er Mama von Menschen berichtet, die an Laternen aufgehängt wurden, an ihnen ein Schild mit der Aufschrift: Ich bin ein Verräter. Es ist alles so schrecklich und gruselig. Eines Nachts nimmt Papa seinen Größten mit aufs Dach des Hauses. Der Ängstliche sieht die langen bläulich-weißen Strahlen der Scheinwerfer, die den Himmel nach Flugzeugen abtasten. Dann schrillen wieder die Sirenen. Henry schaut tapfer und zitternd. Papa lässt ihn wieder frei und Mama schimpft unten im Keller.



Seite 45:

Steinkohlen-Zeit


Als Berglehrling „Unter Tage“


Zwickau, Seminarstraße 1. Ein großes graues Gebäude - die Bergbauberufsschule. Glück für Henry. Die Lehrzeit beginnt erst Mitte September, also noch über zehn Tage Zeit. Er meldet sich jedenfalls an und wohnt ab 15.9. im Lehrlingswohnheim. Das Bergwerk der Steinkohle heißt „Karl Marx“. Es gibt noch ein zweites Bergwerk - „Martin Hoop“. In den Schaufenstern der Stadt sieht er die ersten Fernsehapparate mit den kleinen Bildschirmen. Aber so etwas Technisches macht ihn nicht an. Zuerst paukt er nur Theoretisches. Über die Geschichte des Bergbaus, über die Untertagearbeiten, wie die Technik heißt, die die jungen Leute da unten erwartet, und dass die Steinkohlenflöze noch Vorräte für weitere siebzig Jahre im Berg festhalten. Also ganz schöne Aussichten. Im Sommer beginnt die praktische Arbeit unter Tage. Zuvor Kleider wechseln in einer großen Halle. Von der Decke herab baumeln an langen eisernen Ketten wie geräucherte Ware die dunklen Arbeitsklamotten. Der Lehrling öffnet das Sicherheitsschloss, lässt die Kette herunter. Sein sauberes Zeug kommt an den Haken, alles hochziehen, fertig. Grubenlampe empfangen. Rein in die Fahrt, so nennt sich der „Fahrstuhl“, und ab in die Tiefe. Kribbeln im Bauch, denn die Mannschaftsfahrt hat eine Sinkgeschwindigkeit von sechs Metern pro Sekunde. (Die Produktenfahrt ist doppelt so schnell.) 900 Meter Tiefe (Teufe). Eine unheimliche Stille empfängt die jungen Bergleute. Irgendwo kreischt ein „Hunt“ in den Weichen, so heißen die kleinen Wägelchen für den Kohletransport. Langsam tasten die Lehrlinge sich vorwärts, die elektrisch betriebenen Grubenlampen in ihren Händen werfen nur ein spärliches Licht auf den dunklen Stollenboden. Manchmal blitzt eine kleine Wasserpfütze auf. Dann und wann müssen die Männer eine „Schleuse“ passieren, ein Wetter, durch die der Grubenwind geregelt wird. Endlich am Ziel, man sagt „vor Ort“. Aus einer Kiste holt Henry sein Gezähe (Werkzeug), lockert mit dem Picker das Schwarz aus der Grubenwand, haut Stempel (Stützbalken) zurecht, hilft mit, den neu entstehenden Stollen abzusichern, übt sich im Handversatz, verletzt sich an der Schüttelrutsche, trinkt schwarzen Kaffee aus der großen Blechkanne, wartet sehnsüchtig auf das Ende der Schicht, auf den hellen Himmel über der Stadt ... Nach der Ausfahrt unter die Dusche. Er lernt, sich richtig zu waschen. Beim zweiten Mal glaubt er, jetzt geht‘s. Ein Blick in den Spiegel überzeugt ihn vom Gegenteil: Die Augenbrauen, der Haaransatz am Kopf, die Ohrmuscheln – alles ist noch pechrabenschwarz. Zum Teufel noch mal! Das ganze noch einmal.



Seite 52:

Knobelbecher-Zeit


Was ist also zu tun? Das wissen sicherlich die da oben. Henry denkt an die großen Zusammenhänge noch nicht. Jetzt ist er auf den nächsten Augenblick fixiert. Was wird ihn erwarten, den Ahnungslosen? Es ist der 23. November 1954. Erfurt. Ein Jüngling, schmal, etwas blass, knapp 18 Jahre alt, im hellen und dünnen Sommermantel, ein kleines Köfferchen in der Rechten, meldet sich an einem Kasernentor. Dann ist er drin. Noch weiß er nicht, dass ein Rückzug nicht mehr in Frage kommen wird, selbst bis zum ersten Ausgang werden Wochen vergehen. Eine Schule für zukünftige Offiziere – sie wird ihn und all die anderen Schüler festhalten für drei Jahre, soviel ist klar. Am nächsten Tag geht es bereits in die B/A- Kammer, das heißt Bekleidung und Ausrüstung. Henry sieht die Knobelbecher und ihm zieht sich das Herz zusammen. „Die sollen nun mein Schuhwerk sein, diese klobigen Dinger“, denkt er. Damit nicht genug. Die von der Aufnahmekommission haben wegen der „Militärgeologie“ kaum merklich gegrinst. Ja, bei den Pionieren, da beschäftige man sich mit so etwas, aber dazu wiederum sei er zu schwach gebaut, solle er doch allgemeiner Truppenkommandeur werden, da habe man Befehlsgewalt über alle, über die Infanterie, die Flugzeuge und über die Schiffe, und einer der Offiziere breitet weit die Arme aus ... Dem sensiblen jungen Mann wird beinahe schwarz vor Augen, über andere herrschen, das will er ja gar nicht.

Er spürt, da kommt was auf ihn zu. Doch nun ist es wohl zu spät. Soll er sich zurückziehen? Feige und kleinmütig? Zurück in den Betrieb, der ihn so „patriotisch“ verabschiedet hat? Der ihm das restliche Gehalt von November, etwa 50 DM, erlassen und ihm eine gute Beurteilung mitgegeben hat? „Nach Aussagen des Leiters der Außenstelle kann seine Arbeit mit sehr gut bewertet werden“, so steht es in dem Papier. Nein, ausgeschlossen. Er wird, er muss sich durchbeißen. Sich abhärten, sich standhafter machen. Bedenkt er, dass sich hinter ihm mit dem Kasernentor auch seine noch nicht einmal gelebte Jugendzeit schließt, nahezu eingegrenzt und beschnitten wird? Nein, das erscheint ihm nicht wichtig genug. Und so soll’s denn sein ... Henry stürzt sich in die Zeit der Fußlappen und der Stiefel. Aus dem im Sternenbild Schütze geborenen soll nun ein echter Schütze werden.



Seite 249:

Kampfplatz“ Adlershof


Es ist der erste Dezember 1986, da geht Henry das erste Mal wieder seit dem Herbst 1954, also seit 32 Jahren, in Zivil zur Arbeit. Mit der S-Bahn von Friedrichshagen nach Köpenick, von dort fährt er mit der Straßenbahn nach Adlershof, betritt dann diesen riesigen Gebäudekomplex des Fernsehens der DDR: Sein neuer Arbeitsplatz. Konkreter: Die Räume der Beratergruppe. Die ist im grauen Verwaltungsgebäude im obersten Stockwerk untergebracht. Einige Mitarbeiter sind dafür verantwortlich, dass in Drehbüchern über die Armee und bei allen zu bearbeitenden militärischen Problemen keine fachlichen und politischen Unebenheiten stehen. Ein Oberst ist Henrys Vorgesetzter, sehr korrekt im Umgang mit seinen zwei Zivilleuten, zu denen auch Detlef gehört, ein äußerst beweglicher Geist mit immer neuen Ideen. Vor allem: Er hilft Henry, in der für ihn fremden Welt des Fernsehens allmählich Fuss zu fassen, die einzelnen Bereiche wie Unterhaltung und Dramatik kennenzulernen, aber auch die Leute von „Radar", dem militärpolitischen Magazin. Er muss an „Abnahmen“ – seien es die Radar-, seien es publizistische Beiträge, seien es Spielfilme mit Armeeproblematik – teilnehmen und den jeweiligen Inhalt mit begutachten.


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Aufruhr in Leipziger Kinosälen


Neubrandenburg - Henry liebt diese Stadt, in der er mit Cleo und den drei Kindern so gute Jahre gelebt hatte. Nun ist er erneut hier – vom 10.10.-13.10.88 zum 11. Nationalen Festival des Dokumentar- und Kurzfilms der DDR. Er stellt fest: Besonders beeindruckend: die Beiträge „Die Karbidfabrik“, „Das Singen im Dom“, „Winter ade“, „Erich Fried, ein Porträt“. Dann ein Streifen über die Armee - „Was jeder muss“. Ein junger Mann zwischen Verweigerung, Hoffnung und berechtigten Fragen. Aber das Schlussbild: Im Hintergrund die Kaserne in der Abenddämmerung, im Vordergrund ein Ausschnitt der Sturmbahn, und zwar so gefilmt, dass er wie ein Galgen aussieht. Widerlich. Welch ein Bild wird da suggeriert! Ich rege mich auf. Innerlich! Soll ich in der Diskussion dazu etwas sagen? Andererseits, habe ich den Film überhaupt richtig verstanden? Würde ich mich, der ich von der Filmsprache im Grunde wenig Dunst habe, mich mit giftigen und unqualifizierten Bemerkungen nicht absolut lächerlich machen? Ich unterdrücke mein „Pflichtgefühl“. Manchmal muss man schweigen. Oder feige sein? So reibungslos geht’s nicht mehr wie gedacht... Was deutet sich an?


November 1988 in Leipzig. Bin das dritte Mal hier zur Dokumentar- und Kurzfilmwoche. Soviel Kritisches zum Leben in sozialistischen Ländern habe ich überhaupt noch nie gesehen. Ein großer Lacher bei studentischem Publikum, als der Film über den Zeiss-Biermann und die DDR-Ships gezeigt wurde. Stinkendes Eigenlob, das zu selbstherrlich daherkommt – das will man nicht, denn das ist unehrlich. Und hinter dem Lachen hört man das Knistern steigender Unzufriedenheit. Ich staune nur, und das Staunen wird zum Nachdenken. Mehr als bisher. Ein Mitarbeiter vom Magazin „Radar“, er sitzt in der Jury, kommt zu mir, flüsternd, sich fast schon vorsichtig umsehend: „Du, da soll noch ein Streifen aus Moskau eintreffen, aber ob der gezeigt wird?“ Ich sitze oft bis früh zwei Uhr im Saal, großartige Stimmung, auch als „Winter ade“ abläuft, Beifall auf offener Szene.


Wieder in Berlin. Bin aufgeladen. Stehe noch unter Strom. Will einen Diskussionsbeitrag für die Parteiversammlung über Erlebnisse in Leipzig halten. Vor allem über den Widerspruch zwischen dem vom Politbüro hochgejubelten Mikroship-Film und der gar nicht rosigen Resonanz bei jungen und sehr kritischen Zuschauern. Man macht sich was vor!! Den Vorgesetzten fährt der Schreck in die Glieder, ich sehe in ablehnende, verständnislose Gesichter meiner Genossen: „Um Gottes willen, bleibe bei der Militärpolitik, willst du etwa gegen die Einschätzung von ganz oben wettern?“ Mir ist richtig unwohl. So offensichtliche Fehleinschätzungen, so ein hausgemachter „Erfolg“, so viel Mittelmäßigkeit, so drastisch und niederschmetternd.



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Schwedische Gastfreundschaft


Silvester 1996. 17 Uhr sind Erna und Gerd bei uns, die älteren Nachbarn. Sie ist eine weltoffene, charmante, weißhaarige Frau, liebenswert und gastfreundlich, versteht sich mit Cleo sehr gut. Er zeigt mir auf der Karte, dass in der Nähe des Stjönsees (Steinsee) sein Vater gewohnt hat. Gegen 22 Uhr ruft Cleo bei Diana und Thomacz an, sie möchten herüberkommen. Auch die Familie von Johannes, unsere deutschen Nachbarn, ist kurz bei uns. Wir tanzen nach Herzenslust bis in den schwedischen Morgen. Wir fühlen uns frei und glücklich wie noch nie. Habe ich nicht die für mich tollste Frau? Beste Geliebte und guter Kamerad? Haben wir Sorgen? Gibt es Termine? Müssen wir etwa noch die hohe deutsche Miete bezahlen? Haben wir nicht sehr schnell neue schwedische Bekannte gefunden? Winken uns nicht etwa interessante Jahre? Im Haus, in den endlosen Wäldern, an Seen, in der Hafenstadt Kalmar und anderswo?


Nach Neujahr 1997. Wir schnallen vor der Türe die Skier an. Plötzlich entdeckt Cleo im Schnee einen Flaschenhals, zieht eine noch halbvolle „Korn“ heraus, hält sie fragend in die Höhe. Ich hatte die Flasche in der Silvesternacht kalt gestellt und dann glatt vergessen. So tun sich nichtsahnend Reserven auf. Wir jubeln.



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Am „Ortsrand“ Berlin


Pünktlich zu Cleos Geburtstag treffen wir, von Schweden kommend, mit unserem Skoda in Schöneiche bei Berlin ein. Große Überraschung: Unsere Kinder haben nicht nur unsere neue Wohnung gemalert, sondern auch Helfer mitgebracht, die Möbel in den zweiten Stock dieser hübschen Drei-Zimmer-Wohnung zu tragen. Großartig fühlen wir uns. Der wievielte Umzug ist es für uns? Leider kein Sinn dafür, nachzuzählen...


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Innerlich gesteht er sich ein, ein Träumer zu sein. So, wie Fjodor Dostojewski (1821-1881) seinen Helden in seinem Roman „Der Traum eines lächerlichen Menschen“ beschreibt? Dem russischen Autor ging es um die unermüdliche Suche nach „Erneuerung des untergegangenen Menschen“.

Nun aber stürzen die Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg ins Hirn. Soll das nach der Befreiung vom Faschismus eine Erneuerung des Menschen sein? Es ist zweifelsohne ein Rückfall in die kriegerische Barbarei, diese Tragödie in der Ukraine.

Im Klappentext des Buches von Dostojewski heißt es: Es sei die Enttäuschung „über die Ergebnisse der bürgerlichen Revolutionen Westeuropas und über das Scheitern der utopischen sozialistischen Versuche, die Widersprüche der bürgerlichen Gesellschaft zu überwinden...“

Ergibt sich die Frage: Kann der „lächerliche Mensch“ auch nach diesem Rückfall wieder zum Propheten eines humanistischen Menschheitsideals werden, gänzlich ohne Kriege?