Dienstag, 14. Juni 2022

Die Wahrheit liegt in den Tatsachen - RotFuchs, Juni 2022

Entnommen: https://rotfuchs.net/files/rotfuchs-ausgaben-pdf/2022/RF-293-06-22.pdf



RotFuchs, Juni 2022


Die Wahrheit liegt in den Tatsachen


Was wir gegenwärtig mit dem Krieg in der Ukraine erleben, ist Teil eines größeren globalen Prozesses der sozial-ökonomischen und politischen Veränderungen weltweit. Rußland spielt dabei als eigenständige Großmacht und Bündnispartner der VR China eine wichtige Rolle. Die USA, die um ihren Platz als unumstrittener Welthegemon fürchten, gehen davon aus, daß, wenn es gelänge, Rußland zu eliminieren, dies eine substanzielle Schwächung auch der VR China nach sich ziehen würde.


Laut des unter der Regie des Pentagon (Dick Cheney) im März 1992 erarbeiteten „Defence Planing Guidance“-Konzepts (auch „NoRivals-Plan“) beabsichtigen die Vereinigten Staaten, „den (Wieder-)Aufstieg eines neuen Rivalen zu verhüten, sei es auf dem Gebiet der früheren Sowjetunion oder anderswo, der eine Bedrohung der Größenordnung darstellt, wie früher die Sowjetunion.“ Dies erfordert, heißt es weiter, „daß wir (USA) versuchen müssen, zu verhüten, daß irgendeine feindliche Macht eine Region dominiert, deren Ressourcen – unter gefestigter Kontrolle – ausreichen würden, eine Weltmachtposition zu schaffen“.


Die Ukraine wurde nach der Niederlage des Sozialismus in Europa und dem Zerfall der UdSSR zur Kampfarena in dieser globalen Auseinandersetzung auf- und ausgebaut sowie die inneren ökonomischen, politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse entsprechend geformt.


Die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit den prowestlichen Behörden wurde mit Hilfe ausländischer Spezialisten, der Medien, Stiftungen so kanalisiert, daß bei den Wahlen regelmäßig mehr pro-westliche Kräfte mit Wurzeln in den faschistischen Bandera-Reihen an die Oberfläche kamen und unter Anleitung der ausländischen Agenturen die Politik bestimmten. Ein Teil, der für Führungspositionen rekrutiert wurde, stammt aus Kreisen, die noch bis 1953 an den antikommunistischen und antisowjetischen Kämpfen in der Westukraine, die besonders von den USA und Großbritannien unterstützt wurden, aktiv beteiligt waren.


Wichtig war, die Verschmelzung von Neonazis mit dem entstandenen oligarchischen Kapital zu gewährleisten. Die Bandera-Leute dienten, wie zu Beginn des Faschismus in Deutschland, als Stoßtrupp des Kapitals. Gleichzeitig wurden sowohl die staatlich-politischen Kräfte und Institutionen als auch die faschistischen Kräfte von der USA-Botschaft in Kiew mit dem Ziel angeleitet, koordiniert und auch kontrolliert, die Ukraine als politisch-ideologischen Stützpunkt und militärische Basis im Zentrum Osteuropa und als Aufmarschgebiet gegen Rußland und in Richtung Eurasien auf- und auszubauen. Das Ergebnis: Die Natur des gegenwärtigen ukrainischen Staates ist ein Bündnis aus Großkapital und höchster Staatsbürokratie, das sich auf kriminelle und faschistische Elemente unter der politischen und finanziellen Kontrolle der USA stützt.


Nach 2014 wurde begonnen, die russischsprachige Bevölkerung und die Angehörigen anderer Nationalitäten zu assimilieren, ihre Sprache aus Schulen, Ämtern und dem öffentlichen Leben zu verbannen. In den Regionen Donezk und Lugansk stießen diese Maßnahmen auf heftigen Widerstand. 2014 fand ein Referendum statt, bei dem 87 Prozent der Bürger für die Unabhängigkeit stimmten. So entstanden die Volksrepubliken Donezk und Lugansk.


Die Kiewer Regierung reagierte darauf mit ihrem achtjährigen Krieg gegen die russischsprachige Bevölkerung, dem abertausende Menschen zum Opfer fielen. Die Umsetzung der im März 2015 auf Initiative Rußlands unter Beteiligung Deutschlands und Frankreichs abgeschlossenen Minsker Vereinbarungen wurde abgelehnt.


Die USA, Großbritannien und andere NATOStaaten flankierten das mit der militärischen Ausbildung der ukrainischen Armee. Militärische Einrichtungen der NATO wurden installiert, darunter die berüchtigten Pentagon-Labors für die Entwicklung bakteriologischer Waffen.


Im Dezember 2017 beschloß die Trump-Administration, „defensive Waffen“ an die Ukraine zu liefern. Andere NATO-Staaten folgten. Die Ukraine nahm an Manövern der NATO teil. Im Juli 2021 war das Land „Gastgeber“ für das Manöver Sea Breeze im Schwarzen Meer, an dem 32 Staaten beteiligt waren.


Im November letzten Jahres wurden von US-Außenminister Antony Blinken und seinem ukrainischen Amtskollegen die „Charta USA – Ukraine über die strategische Partnerschaft“ unterzeichnet. Das Dokument bezieht sich ausdrücklich auf die Erklärung des Bukarester Summits von 2008, die beinhaltete, daß die Ukraine und Georgien Mitglied der NATO werden.


Mit dem schrittweisen Ausbau der Ukraine zu einer strategischen Basis, mit dem militärischen Einkreisen Rußlands und der parallel dazu einhergehenden wirtschaftlichen Blockade, mit erhöhtem internationalem politischem Druck auf Rußland und verleumderischer russophober Propaganda war die Ukraine zum größten Gefahrenherd für die Sicherheit ganz Europas geworden. Rußland war mit einem grundsätzlichen strategischen Wandel konfrontiert.


Im Dezember 2021 machte Rußland einen Vorschlag für Verhandlungen über die Nichterweiterung der NATO an die Vereinigten Staaten. Die Adressaten weigerten sich, konstruktiv zu antworten.


Im Januar 2021 hatte die Ukraine 150 000 Soldaten und Nazi-Bataillone im Donbass konzentriert. Kiew bereitete sich mit Unterstützung der USA darauf vor, im März 2022 die Kontrolle über den Donbass durch Krieg zu erreichen. Bei der Bewertung der inneren und äußeren Entwicklungen mußte Rußland auch die Erfahrungen berücksichtigen, die die Völker der Sowjetunion während des 20. Jahrhunderts gemacht haben. Dreimal haben jene, die auch heute den Ton angeben, versucht, das Land zu zerschlagen und aufzuteilen!


Schon im November 1917 beschlossen die Regierungen der Entente-Staaten auf einer Konferenz in Paris den Kampf gegen die siegreiche Revolution in Rußland. Am 23. Dezember 1917 wurde zwischen England und Frankreich ein Abkommen geschlossen, das die Durchführung einer antisowjetischen Intervention und die Aufteilung Rußlands vorsah. Es wurde vereinbart, von Rußland das Baltikum, die Ukraine, Zentralasien, Bessarabien und andere Territorien abzutrennen und sie in antirussische, koloniale Gebilde umzuwandeln.


Der Kaukasus, das Kuban- und das Dongebiet sollten zur englischen Einflußzone gehören. Die Ukraine, Bessarabien und die Krim zur französischen. Der Ferne Osten und Sibirien sollten zur Einflußsphäre der USA und Japans gemacht werden.


Charakteristisch war schon damals, daß sich alle imperialistischen Mächte in dem Bestreben einig waren, die Sowjetmacht zu vernichten. Bei der Umsetzung der Pläne verfolgte jede Macht ihre eigenen Ziele, versuchte ihre Konkurrenten auszuschalten, um von den reichsten Territorien selbst Besitz zu ergreifen. Nicht zu vergessen: Auch das kaiserliche Deutschland unternahm alle Anstrengungen, um die Sowjetrepublik zu beseitigen. Es besetzte die Ukraine, Belorußland, einen Teil Transkaukasiens, das Baltikum und die Krim. Durch Entente und Deutschland verlor Sowjetrußland seine wichtigsten Lebensmittel-, Rohstoff- und Brennstoffbasen. Die Sowjetrepublik war abgeschnitten von der Kohle des Donezbeckens, von den Erzgruben von Kriwoi Rog, vom Erdöl Bakus und von der Baumwolle Turkmenistans. Die Periode der Bürgerkriege und der ausländischen Intervention endete erst mit der Konferenz von Genua im April 1922.


Die internationalen Beziehungen der folgenden Jahre waren ebenfalls davon charakterisiert, einen wirksamen antisowjetischen Block der Imperialisten zu schmieden. Sie führten zum 2. Weltkrieg und seinen bekannten Folgen.

Prof. Dr. Anton Latzo


Auszug aus der Rede Anton Latzos zum 10. Kundschaftertreffen am23.4.22 in Strausberg


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