Donnerstag, 2. Juni 2022

KRIEGSRASEREI - Arnold Schölzel - RotFuchs, Juni 2022

Entnommen: https://rotfuchs.net/files/rotfuchs-ausgaben-pdf/2022/RF-293-06-22.pdf



RotFuchs, Juni 2022


Kriegsraserei


Zur Charakteristik unserer Zeit genügt es beinahe, Meldungen eines einzigen Tages zusammenzutragen. Etwa diese: Am 18. Mai berichtete die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) unter der Überschrift „Der Antiterrorkrieg geht weiter“, US-Präsident Josef Biden habe eine Entscheidung seines Vorgängers zurückgenommen und US-Truppen nach Somalia entsandt. Aber die Lüge vom „Krieg gegen den Terror“ bleibt auch nach 21 Jahren eine Lüge. Papst Franziskus spricht zu Recht von einem „Weltkrieg in kleinen Stücken“. In ihm ist die BRD vorne mit dabei: Am 11. Mai beschloß das Bundeskabinett, das Bundeswehrkontingent in Mali nicht nur aufzustocken, sondern das Mandat sogar zu verlängern.


Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes StrackZimmermann (FDP) hatte genau vier Monate zuvor in vergleichsweise erfrischend imperialistischer Klarheit den Grund genannt, der wohl auch Biden wieder nach Somalia trieb: „Die Frage ist, was passiert, wenn wir rausgehen? Machen sich die Russen breit, um das Vakuum zu füllen? Auch größere Unruhen und damit große Fluchtbewegungen sind nicht im Interesse Europas.“ Ebenfalls am 18. Mai meldete die FAZ, die USA hätten „offenbar einen wichtigen Schritt im Rüstungswettlauf um Hyperschallwaffen mit Rußland und China gemacht“. Die amerikanische Luftwaffe habe zwei Tage zuvor den ersten erfolgreichen luftgestützten Test einer solchen Waffe bekanntgegeben. Weiter schreibt die FAZ: „Die NATO listet ferner in einem Papier von 2020 auch Forschungen (an Hyperschallsystemen, A. S.) in Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Australien und Indien auf.“ Auch hier ist demnach die BRD dabei. Was die Zeitung verschweigt: Die US-Regierung läßt Hyperschallwaffen vom LockheedMartin-Konzern entwickeln, der früher auch die Pershing II als Enthauptungsschlagwaffe gegen die Sowjetunion entwickelt hatte.


Die Hyperschallwaffe „Dark Eagle“ soll schon 2023 nach Europa kommen, eine Stationierung in der BRD ist wahrscheinlich. Von hier aus benötigt „Dark Eagle“ bis Moskau zehn Minuten, von der Ukraine aus weniger als fünf Minuten. Wladimir Putin sprach in diesem Zusammenhang von einem „Messer am Hals“. Am gleichen 18. Mai übergaben Finnland und Schweden im Brüsseler NATO-Hauptquartier Anträge auf Mitgliedschaft im Kriegspakt und beendeten damit Jahrzehnte beziehungsweise Jahrhunderte politischer Neutralität. Militärisch hatten beide Länder schon seit längerer Zeit wie NATO-Mitgliedstaaten gehandelt.


Alles in allem: Der Westen befindet sich in einem Zustand der Kriegsraserei. Die Konfrontation mit Rußland wird systematisch zugespitzt. Es geht dem Imperialismus nicht mehr um ein „Gleichgewicht des Schreckens“, sondern um Überlegenheit. Rußland soll geschwächt werden und als rohstoffliefernder Vasallenstaat des Westens dienen. Unter Boris Jelzin war es Mitte der 90er Jahre fast soweit. Heute steuern NATO und EU erneut auf diesen Zustand hin. Diplomatie, Dialog und die Suche nach Gemeinsamkeiten auf der Grundlage des Völkerrechts wurden und werden Rußland verweigert. Das Land soll laut Aussage der deutschen Außenministerin vielmehr „ruiniert“ werden. Erneut hängt die Erhaltung des Friedens vom glücklichen Zufall ab. Ebenfalls am 18. Mai zählte ein Fachmann in der FAZ frühere Beinahe-Atomkriegsauslöser auf: 1962, auf dem Höhepunkt der Kuba-Krise, ertönte auf dem US-Luftwaffenstützpunkt „Volk Field“ in Wisconsin statt des Sabotagealarms der Atomwaffenalarm. Ein Offizier fuhr mit seinem Auto auf die Landebahn und signalisierte den startbereiten Piloten atomar bewaffneter Kampfjets den Abbruch – per Lichthupe. 1979 löste eine für eine atomare Übung aufgezeichnete Kassette in den USA Alarm aus.


In der Sowjetunion kam es im September 1983 zu einem falschen Atomalarm, die Able-Archer-83-Übung der NATO wenige Wochen später wurde in Moskau als möglicher Atomangriff gedeutet und die Welt durch die Informationen des Kundschafters „Topas“, also Rainer Rupp, vermutlich vor dem Untergang gerettet. Die jetzige Eskalation erhöht erneut die Wahrscheinlichkeit von Fehlkalkulationen und Unfällen mit möglicherweise verheerenden Folgen. Dieser Wahnsinn mit Methode muß gestoppt werden – in Somalia und Mali, in der Ukraine und in Skandinavien. Keine Stationierung von Hyperschallraketen! Europa und die BRD dürfen nicht zu einem Euroshima werden! Arnold Schölzel



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