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US/NATO-„Experten“ überrascht – Russland gewinnt!
Die Einschätzungen westlicher „Experten“ über Strategie und Taktik der
russischen Kriegsführung im Donbass haben sich letztlich alle als falsch
erwiesen. Die einen haben wegen ihres blinden Glaubens in die eigene
Propaganda versagt, und die anderen wegen Zugrundelegung von US-Modellen
der Landkriegsführung, die auf die russische Armee nicht zutreffen.
von Rainer Rupp
Erstveröffentlichung am 25.06.2022 auf RT DE
Seit dem ersten Tag der russischen Sonderoperation zur Entnazifizierung
und Entmilitarisierung der Ukraine haben sich vor allem westliche
Militärexperten darum bemüht, die Taktik und die weitere Strategie zu
analysieren, die dem Vorgehen der Streitkräfte der Russischen Föderation
(RF-S) zugrunde liegt. Dabei konnte man auf westlicher Seite zwei
unterschiedliche Vorgehensweisen erkennen: Die eine bemühte sich zwecks
Erkenntnisgewinns für eventuelle zukünftige Konflikte
militärwissenschaftlich vorzugehen, und die andere beschränkte sich auf
plumpe anti-russische Propaganda.
Aber auch die Einschätzungen der ernst zu nehmenden westlichen Analysten
erwiesen sich letztlich als falsch. Erstens aufgrund der dynamischen
Entwicklung des Kampfgeschehens aber vor allem auch aufgrund der
Tatsache, dass die russische Armee nicht den NATO-Modellen der
Kriegsführung folgt. So hat zum Beispiel die Artillerie in der
Kriegsführung der russischen Bodentruppen traditionell die
Königsfunktion, während sie in der Strategie der NATO-Streitkräfte, vor
allem der US-Streitkräfte, kaum eine Rolle spielt. Denn seit dem Zweiten
Weltkrieg haben die USA sich statt auf Artillerie ganz auf ihre
Luftüberlegenheit verlassen, wobei sie jeden Widerstand am Boden
weggebombt haben, was allerdings bei unterirdischen, weil gefächerten
Festungsanlagen an seine Grenzen stößt.
Im Donbass sahen sich die Russen entlang der gesamten Kontakt-Linie mit
solchen unterirdischen Befestigungsanlagen konfrontiert. Diese hatte die
Ukraine mit Hilfe der USA/NATO seit 2015 ausgebaut. Die Anlagen sind
dreifach in die Tiefe gestaffelt. Wenn die erste Linie der
Befestigungsanlagen erobert ist, dann stehen die Angreifer Hunderte von
Metern oder einen Kilometer weiter vor einer zweiten und dann einer
dritten Linie aus Festungswerken, denen riesige Waffen- und
Munitionslager angegliedert sind.
Die Maßgabe der politischen und militärischen Führung der Ukraine war
es, diese Linien bis zum letzten Mann zu verteidigen. Das wiederum kam
den Russen entgegen, deren Ziel in diesem Konflikt nicht der schnelle
Geländegewinn ist, sondern die Entmilitarisierung bzw. die Vernichtung
der militärischen Fähigkeiten der Ukraine. Und dabei spielt die
Artillerie die Schlüsselrolle.
Vor diesem Hintergrund war klar, dass die ersten Monate des Konfliktes
alles andere als einen großartigen Bewegungskrieg erkennen ließen, den
westliche Beobachter auf Grund ihrer Erfahrungen mit US-Kriegen in
Afghanistan und Irak erwartet hatten. Es kann sein, dass dies zu der
dümmlichen, anti-russische Propaganda der Mehrheit der sogenannten
westlichen „Militärexperten“ geführt hat, die sich zu den Behauptungen
versteigen, dass die Ukraine gewinnt, dass die Russen schlecht
aufgestellt sind, dass das russische Material Schrott ist, dass die
Logistik versagt und die russische Militärführung inkompetent ist.
All dies Behauptungen sind seither durch die tatsächliche Entwicklung
auf dem Schlachtfeld, das sich über eine fast 1.000 Kilometer lange
Front hinweg erstreckt, gründlich widerlegt worden. Die enorm hohen
täglichen Verlustzahlen der Ukraine von aktuell 300–500 Toten und
nochmals 500 Schwerverwundeten und die Tatsache, dass immer mehr
ukrainische Fronteinheiten sich weigern, weiterhin sinnlos als
Kanonenfutter verheizt zu werden was, sind inzwischen von niemandem mehr
geleugnete Fakten.
Die Gründe dafür, dass die westlichen Militärexperten mit ihren
Einschätzungen so total danebenlagen, sind unter anderem darin zu
finden, dass ihre Analysen von dem festen Glauben an die eigene
US/NATO-Propaganda getrübt wurden. Seit Jahrzehnten gehört die
Vorstellung einer fundamentalen, militärischen Überlegenheit des Westens
zum alltäglichen Selbstbetrug. Ein weiterer Grund ist natürlich, dass
die meisten sogenannten „Russlandexperten“, die in den letzten 4 Monaten
die Kommentarspalten der Zeitungen und TV-Talkshows bevölkert haben, in
der Regel keine Ahnung vom russischen Militär haben. Sie plappern nur
die scharfmacherischen Worthülsen nach, die fleißige Mitarbeiter aus
NATO-Kreisen oder privaten Kriegstreiber-Think-Tanks für sie
ausgearbeitet haben.
Ohne auf russische Quellen Rückgriff zu nehmen, kann sich der
interessierte deutsche Leser selbst ein Bild von der großen Kluft machen
zwischen den NATO-Propagandashows einerseits, die in unseren Medien in
einem groß angelegten Etikettenschwindel als „objektive Informationen“
daher kommen, und – andererseits – der Analyse eines echten Kenners der
Materie mit Jahre langen, persönlichen Erfahrungen mit der NATO, dem
russischen Militär sowie im Donbass als Schweizer OSZE-Beobachter: Es
ist der ehemalige Schweizer Geheimdienstoffizier Oberst Jacques Baud,
dessen Analysen nicht von den typischen pro-NATO-Vorurteilen verzerrt
sind und die in vielen Interviews publiziert, aber von unseren
selbst-erklärten Qualitätsmedien sorgfältig vermieden wurden, weil dies
das geltende Narrativ stören würde. Siehe z.B. auf YouTube: „Der Westen
will keinen Frieden – Jacques Baud“ oder hier auf den Nachdenkseiten.
Im anti-russischen Kriegsrausch, der in den ersten Tagen und Wochen den
Westen, vor allem aber das ergrünte Deutschland ergriffen hatte, wurden
dem ukrainischen Militär in euphorischen Berichten – angeblich von der
Front – geradezu überirdische Fähigkeiten angedichtet. Das
US-„Qualitäts“magazin FORBES machte seinen Lesern sogar weis, dass die
„ukrainische Armee jetzt mehr Panzer hat als zu Beginn des Krieges“.
Ja, sie habe sogar so viele russische Panzer erbeutet, hieß es, dass die Armee gar nicht genug Panzerfahrer finden konnte.
Aber bereits zweieinhalb Monate später war das angeblich so siegreiche
Helden-Team Selenskij per Videozuschaltung überall in NATOstan bei
Politikertreffen auf Betteltour nach schweren Waffen unterwegs.
Offensichtlich waren die riesigen eigenen Bestände an schweren Waffen
samt der angeblich so umfangreichen Zahl an Beutepanzern von der
russischen Artillerie bereits geschreddert worden. Was war geschehen?
Wie kam es zu diesem dramatischen Umschwung vom unmittelbar
bevorstehenden Sieg zur nun drohenden Niederlage? Hatte die russische
Armee urplötzlich ihre Strategie dramatisch geändert? Oder war der
„bevorstehende Sieg der Ukraine“ zu Beginn des Krieges nur der
fruchtbaren Fantasie der Propagandisten in Kiew entsprungen?
Wenn Sie, liebe Leser, glauben, beim Team Selenskij so etwas wie einen
Realitätsverlust entdeckt zu haben, dann liegen sie sicherlich nicht
falsch. Allerdings ist es noch teilweise entschuldbar, wenn man in Kiew
in der Euphorie der ersten Kriegswochen und der massiven Propaganda
Unterstützung und Hilfszusagen der NATO-Länder geglaubt hatte, man
könnte den Krieg gewinnen. Wenn heute aber dieselben Leute in Kiew – und
nicht nur in Kiew – immer noch glauben die Ukraine könnte den Krieg
gewinnen und die Krim und den Donbass zurückerobern, dann ist das ein
hochgefährlicher Realitätsverlust, der unweigerlich zum militärisch und
politisch sinnlosen Tod von tausenden weiteren ukrainische Soldaten
führen wird.
Nach der Überwindung der ersten Verteidigungslinie haben die
Streitkräfte der Russischen Föderation (RF-S) ihre Taktik auf mobile
Angriffsgruppen und komplexe Feuereinsätze umgestellt und den Fokus auf
die Minimierung von Verlusten gerichtet, während der Schaden für den
Feind aufrechterhalten wird.
Jetzt sieht die Vorgehensweise so aus: Ukrainische Stellungen werden von
Drohnen und Aufklärungsgruppen identifiziert und lokalisiert, dann
werden die Koordinaten an Artillerie und Flugzeuge weitergegeben, die
dann die identifizierten Objekte unter Beschuss nehmen. Nach kritischer
Beschädigung der Stellungen der Streitkräfte der Ukraine werden dann
Angriffsgruppen, die aus mehreren Panzern, anderen gepanzerten
Fahrzeugen und Infanteriezügen bestehen, in Richtung von
Schlüsselobjekten vorgeschoben. Die Punktunterstützung erfolgt durch
Artilleriekräfte und Mörser. Falls die Ukraine versucht, einen
Gegenangriff durchzuführen, oder die Offensive der russischen Truppen zu
verlangsamen, werden die Stellungen oder Aufmarschgebiete der Ukraine
wieder durch Artillerie und russische Infanterie „poliert“. Mit diesen
Taktiken haben die Russen systematisch die Streitkräfte der Ukraine aus
Städten, Dörfern und befestigten Gebieten verdrängt.
Das ist ein langsamer Prozess, denn das russische Ziel ist es, die
Ressourcen des Feindes zu erschöpfen. Aber auf russischer Seite ist man
zuversichtlich, dass nach der endgültigen, aber unabwendbare Dezimierung
des kampfbereiten Rückgrats der Streitkräfte der Ukraine im Donbass
sowie des Verlustes des Großteils an schweren Waffen und
Reparaturmöglichkeiten, sowie fehlender Treibstoff- und
Schmiermittelressourcen, die Dinge schneller gehen werden. Allerdings
hat Präsident Putin selbst wiederholt betont, dass es keinen Zeitplan
für die Entmilitarisierung der Ukraine gebe.
Wie mir der russische Oberst Chodarenok in einer Nachricht vom 13. Juni
mitteilte, sind auch die Aktionen der ukrainischen Sabotage- und
Aufklärungsgruppen fast vollständig neutralisiert; „vor allem aufgrund
der Anti-Hinterhalt-Aktionen unserer Spezialeinheiten“.
Die russische Langstreckenfliegerei und die Marine greifen weiterhin
regelmäßig mit Langstrecken-Marschflugkörpern auf feindliche
militärische Ziele tief im ukrainischen Hinterland ein. Die in Kiew und
von westlicher Seite gehegten Hoffnungen, dass den russischen
Streitkräften die Raketen ausgehen würden, haben sich als illusorisch
erwiesen. Die russische Militärindustrie leidet nicht unter
Materialmangel.
Was die Luftwaffe betrifft, so erklärte Oberst Chodarenok, dass Russland
über der Ukraine jetzt die operative Luftüberlegenheit erreicht habe.
Das schließe die Möglichkeit für wirksame Aktionen des Rests der
ukrainischen Luftwaffe über den von der Russischen Föderation
kontrollierten Gebieten aus und ermögliche es russischen Piloten zudem,
effektiv zu arbeiten. Gleichzeitig blieben aber Taschen der ukrainischen
Luftverteidigung bestehen, „was eine hohe Gefahr für unsere Flugzeuge
darstellt“, so Oberst Chodarenok, der daran erinnert, dass das
Luftverteidigungssystem der Ukraine nach sowjetischen Prinzipien
geschaffen wurde, „mit tiefer Trennung, umfangreichem Einsatz von
Manövern und Tarnung und dem Einsatz von
Flugabwehr-Hinterhalts-Taktiken.“ Zum ersten Mal in der Geschichte könne
man jetzt in der Ukraine die Wirkung dieses „mächtigen und vielfältigen
Luftverteidigungssystems“ verfolgen, das sich offensichtlich auch gegen
die russische Luftwaffe bewähre. Dies ist inzwischen offensichtlich
auch etlichen amerikanischen Luftverteidigungsexperte aufgefallen, die
in einem aktuellen Artikel auf die für die USA besonders lehrreiche
Situation in der Ukraine hinweisen.
In Bezug auf die westliche Waffenhilfen für die Ukraine meint Oberst
Chodarenok, dass sie sich als greifbare Hilfe für die ukrainischen
Truppen erwiesen hätten, aber bei weitem nicht ausreichen würden, um
einen Unterschied im Kriegsverlauf zu machen, der – wie bereits eingangs
erwähnt – von rasch zunehmenden Auflösungserscheinungen der
ukrainischen Streitkräfte im Donbass gezeichnet ist. Dort harren aktuell
Tausende von ukrainischen Soldaten eingeschlossen in großen und in
kleinen Kesseln der Dinge, die da kommen. Sie sind abgeschnitten von
Nachschub an Waffen, Munition, Medikamenten, Lebensmittel und sogar von
Wasser. Ihnen bleibt nur noch die Alternative zwischen Kapitulation und
Überleben in Gefangenschaft, oder Tod im Kampf bis zum letzten Mann –
was die Führung in Kiew bevorzugt.
Rainer Rupp ist Mitglied des Beirats des Deutschen Freidenker-Verbandes
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