Sonntag, 28. Februar 2016

Merkels Bauchklatscher bei Anne Will

Merkel schafft nix

Die EU kann Banken retten, nicht Flüchtlinge

Autor: U. Gellermann
Datum: 29. Februar 2016

Sie schafft doch was: Eine ganze Stunde lang schaffte es Angela Merkel bei Anne Will nicht über Krieg und Kriegsursachen zu reden. Nicht über den Krieg im Irak, den sie als Willige unterstützt hat, aus dem die zweitmeisten Flüchtlinge kommen. Nicht über den Afghanistankrieg, der die drittmeisten Flüchtlinge verursacht und an dem die Deutschen seit Jahren teilnehmen. Und den Syrienkrieg nennt sie einen „Bürger-Krieg“, obwohl es ein Krieg fremder Mächte in Syrien ist. Nur um nicht über die USA zu reden. Sie schweigt sich weg, die Frau, und Anne Will lässt sie gern: Man will ja ausgerechnet im Ersten nicht wirklich politisch werden.

Längst ist der dünne Firnis der Humanität von den Anmerkungen der Kanzlerin über Flüchtlinge abgeplatzt: Offen paktiert sie mit dem Kurdenschlächter Erdogan, primitiv weist sie den Russen die Schuld am Syrienkrieg zu. Als könne man mit dem türkischen ISIS-Unterstützer, dem Waffen-gegen-Öl-Händler einen Krieg beenden. Als hätte Russland den Regime-Change in Syrien mit Waffen und Geld befördert und nicht die CIA und Saudi Arabien. Merkel begreift nicht, will nicht begreifen, dass man weder die eigene noch die europäische Bevölkerung erfolgreich zur Solidarität mit den Flüchtenden aufrufen kann, wenn man nicht die Schuldigen nennt, die Mitschuld bekennt und so eine Hoffnung auf ein Ende der Kriege, der Hauptursachen der Massenflucht, versprechen könnte.

Selbst in der Merkel-Regierung hat die Gefolgschaft von der Willkommens-Kultur in den Abwehr-Modus umgeschaltet: Offen droht Innenminister de Maizière mit „andere Maßnahmen“ wenn „in den nächsten zwei Wochen“ – gemeint ist die Zeit bis zum EU-Sondergipfel – keine europäischen Lösungen sichtbar würden. Und unter der Drohung der Klartext: Bis zum EU-Türkei-Gipfel am 7. März müsse die Zahl der über die Türkei nach Griechenland kommenden Flüchtlinge "drastisch und nachhaltig verringert werden", sagte de Maizière. "Wir setzen alle Kraft darauf, dass der Schutz der türkisch-griechischen Grenze effektiver funktioniert." Irgendwo, weit weg von der deutschen Grenze, soll das Problem erledigt werden. Eine Wortwahl, als würden die Grenzen bewaffnet angegriffen werden. Eine Sprache der kalten Bürokratie: Effektiv funktionieren soll die Flüchtlingsabwehr. In Lager, so weit weg von Deutschland wie möglich, sollen die Flüchtlinge gepfercht werden. Zudem muss der Klartext zur Türkei so gelesen werden, dass türkische Polizei oder türkisches Militär die Flüchtlinge mit Waffengewalt an der Weiterreise in die EU hindern soll. Da hofft die Merkel das Erdogan die Drecksarbeit macht und sie glaubt saubere Hände zu behalten. Glaubt.

Noch klarer ist die Sprache der Regierung in Österreich: „Ein Ende des Durchwinkens“ verlangt Johanna Mikl-Leitner, die Innenministerin und meint damit Griechenland. Ein Land, in dem zeitweilig mehr als eine Million Flüchtlinge lebt, ein Land, das durch die EU-Finanzpolitik ins soziale Elend gestoßen wurde. Und die Mikl-Leitner weiß auch, wie das „Durchwinken“ beendet werden kann. Österreich versammelte mit Serbien, Montenegro, Slowenien, Bulgarien, Kosovo, Kroatien, Mazedonien, Albanien und Bosnien-Herzegowina Teile der alten Habsburger-Monarchie um sich herum und lobte den Bau von Stacheldraht-Zäunen zur Abwehr, als stünden die Türken vor Wien und nicht vor Damaskus. Und der österreichische Außenminister, dessen geistiger Horizont durch seinen Satz „Schwarz macht geil“ begrenz wird, will den „Flüchtlingszustrom … reduzieren, drosseln, vielleicht sogar stoppen“, indem er die EU-Außengrenze nach Mazedonien verlegt. Eine Verkleinerung der EU um Griechenland und dessen niemals zu kontrollierende Wassergrenze eingeschlossen.

In der EU verkleinert man sich gern, man duckt sich weg, wenn Flüchtlinge vor den Toren stehen. Aus Frankreich – in Syrien kräftig am Bomben beteiligt – ist vom Ministerpräsidenten Manuel Valls zu hören, dass er die von der Merkel gewünschte europäische Flüchtlingsverteilungs-Quote ablehnt. Zwar hat Frankreich eine Zusage für 30.000 Flüchtlinge gegeben, aber bisher hat noch keiner die Grenze gequert. Auch Großbritannien, ebenfalls am Syrien-Bomben beteiligt, hat zwar eine Zusage zur Aufnahme von 15.000 Syrien-Flüchtlingen formuliert, die aber sind noch nirgendwo eingetroffen. Belgien schließt vorsichtshalber die Grenze nach Frankreich und Polen hält die seine ähnlich fest geschlossen wie Ungarn, Tschechien und Dänemark.

Rund 150.000 Flüchtlinge kamen im vergangenen Jahr von Libyen über das Mittelmeer. Auch dieses Fluchtloch soll geschlossen werden. Aus dem jüngst von WikiLeaks veröffentlichten internen Bericht des EUNAVFOR-Befehlshabers Enrico Credendino kann man erfahren, dass die EU-Militärs deshalb längst dazu bereit sind Bodentruppen in Libyen einzusetzen. Man hätte allerdings gern eine offizielle "Einladung" einer anerkannten libyschen Regierung. Welche mag das sein? Zumindestens deren zwei kommen infrage. – Die USA und ihre Verbündeten konnten zwar prima ein Land kaputt bomben, aber ihm beim Neuaufbau zu helfen, dazu langt es nicht. Und so wird die Bundeswehr demnächst unter europäischer Flagge einen „humanistischen“ Einsatz in Libyen leisten. Dann sollen Waffen das heilen, was Waffen zerstört haben.

Die EU kann Banken retten, nicht Flüchtlinge. In dieser Partnerschaft kann die Merkel nichts schaffen, selbst wenn sie es ernsthaft wollte. Dass sie es nicht will, zeigt ihre unverbrüchliche Treue zu den USA, dem Motor der Kriege von Afghanistan bis Syrien.


Nachricht / Kommentar von Harry Popow:

Es ist kurz nach Mitternacht - und schon dieser Kommentar von Uli!!! Bravo, er kommt wie gerufen, so ärgerlich ist das Ganze. Ich habe das Ding auch gesehen, was ich sonst nicht tue, da verschwendete Zeit. Was man da erleben musste, tat wohl jedem Hirn - soweit noch vorhanden - schmerzhaft weh. Pure Phrasendrescherei und Heuchelei. Richtig, lieber Uli, wie oft schon hat die Dame aus dem "Hohen Haus" zum Beispiel. davon gesprochen, man müsse die "Ursachen bekämpfen" dieses Flüchtlingsstroms. Wer hat vernommen, was sie damit meint? Und was da zu tun ist? Die marktkonforme Kanzlerin fährt ihr Ding so und so an die Wand. Sie merkt es nur noch nicht. Was schlimmer ist: Sie darf nicht anders und sie kann nicht anders als profitorientiert zu denken und das Volk zu veralbern. Wie lange noch? Harry Popow, Schöneiche b. Berlin





Mittwoch, 24. Februar 2016

Die Tragödie der Ukraine

NRhZ_Tragödie
„Die Tragödie der Ukraine. Ein geopolitisches Tagebuch“ - von Nikolai Starikow


Felsen in der Globalisierungs-Brandung


Buchtipp von Harry Popow

Es ist tatsächlich eine Tragödie. Da jagt hinsichtlich des Krieges in Syrien und neuerlicher Meldungen von Gefechten in der Ost-Ukraine eine Schreckensmeldung die andere, und schon fragt sich der besorgte Bürger, wem man in dieser Schlacht um Lügen und Verleumdungen nun denn glauben sollte. Wie bitter notwendig ist es da, wenn der politisch interessierte Leser oder Hörer in Zeiten des neuerlichen Kalten Krieges, von dem Medwedew auf der Münchener Sicherheitskonferenz kürzlich sprach, sich politisch zurecht zu finden, dem Lügenberg im globalen Klassenkampf zu widerstehen.

Müde machen gilt nicht. Davor haben bereits die Autoren Wolfgang Bittner, Brigitte Queck oder auch Peter Strutynski (Hrsg.) mit ihren Sachbüchern zur Ukraine-Krise gewarnt. In diesem Zusammenhang schrieb ein User, es sei ein Glück für die Menschheit, dass Putin „mit äußerster Besonnenheit“ handelt. Und, fügt er hinzu, das von den Westmächten bedrohte Russland braucht in unserem eigenen Interesse die Unterstützung jedes Menschen, der nicht in einem Atomkrieg untergehen will.

Erfreulicherweise ist nun ein neues Buch über den Ukraine-Konflikt mit dem Titel „Die Tragödie der Ukraine. Ein geopolitisches Tagebuch“ veröffentlicht worden. Geschrieben hat es ein Russe: Nikolai Starikow. Er ist politischer Schriftsteller, Politiker und kommerzieller Direktor der Sankt Petersburger Abteilung des staatlichen Russischen Fernsehsenders „Perwy Kanal“. Er schrieb 13 Bücher zu historischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und geopolitischen Themen.


Verschuldet durch die USA und deren Lakaien in der EU

Desto interessanter ist das, was er auf den 200 Seiten zu sagen hat und wie er es sagt. Neben seinen zahlreichen Texten, Tagebuchaufzeichnungen, Artikeln, Reden und Interviews, bei denen er geradezu minutiös die Ereignisse auf dem Maidan und die Folgen aufzeichnet, fällt sein Weitblick auf, mit dem er nicht nur die lokalen Ereignisse, verschuldet durch die USA und deren Lakaien in der EU, sondern auch Beispiele aus der Geschichte als Vergleiche sowie die erfolgreiche Politik Putins in den Zeugenstand ruft.

Es sind insgesamt sechs Kapitel mit 49 Tagebuchaufzeichnungen, die dem Leser ermöglichen, die Hintergründe des Euromaidans, den Umsturz Made in USA, die aggressive Politik der USA sowie die Politik Putins noch besser zu verstehen. Hervorzuheben sind unbedingt nicht nur die Einbindung des Geschehens in die Geopolitik, die der Autor als einen „Kampf der Großmächte um Ressourcen“ als ein kolossales Schachspiel bezeichnet, in dem die Schachzüge mit Armeen, Parteien und Währungskursen vollzogen werden, bei dem Menschenleben noch nie geachtet wurden. (S. 11) Und was wollen die USA in der Ukraine? Sie interessieren sich für die „Krim und die Flottenbasis, die Gas-Pipeline und die Industriegebiete des ukrainischen Südostens“. Diese „drei Preise“ seien der Grund, weshalb der Westen in der Ukraine einen Umsturz finanziert. Ohne diese „Preise“ sei die Ukraine für den Westen uninteressant, so der Schriftsteller Starikow. (S. 86) Auf der Spur der Aggressivität des USA-Imperialismus bleibend, widmet sich der Autor auf mehreren Seiten dem Terrorismus, ausgehend vom 11.09. 2001, als die USA den weltweiten Kampf gegen „Terroristen“ beschworen und u.a. den Irak überfallen hat, der Geburtsstunde des IS.

Auf die Außenpolitik Russlands eingehend, sagt er, mit dem Ukraine-Konflikt habe „sich alles über Nacht geändert. Russland ist erstmals zur Offensive übergegangen. Anstelle von Handlungen, die darauf abzielen, die `Wegnahme´ der Souveränität unserer Nachbarn durch EU und USA zu blockieren, ist der Kreml weiter gegangen.“ Dabei erinnert er an den Knebelvertrag über die Assoziierung mit der EU, den der Präsident Wiktor Janukowitsch zur Verwunderung der „Partner“ im Westen nicht unterschrieben hat. Der Grund war naheliegend: Der Gaspreis für die Ukraine wurde gesenkt. Natürlich sei dadurch ein Teil des Umsatzes verloren gegangen, so der Autor. Aber die Aufgabe von Gazprom sei es, den Interessen Russlands zu folgen. Und die sehen so aus: „Es soll verhindert werden, dass die Ukraine in politischer, wirtschaftlicher und militärischer Hinsicht in die Hände der EU und der NATO fällt.“ Für besonders hartnäckige Liberale: Die Hauptsache sei die Flugzeit von Raketen, von Charkow aus gestartet, könnte sich das Abschießen zeitlich schwierig gestalten, meint Nikolai Starikow. (S. 15/16)


Russland verteidigt in der Ukraine das internationale Recht

Liegt da nicht die Frage nahe, was Russland verteidigt? Der Autor beantwortet sie so: „Russland verteidigt in der Ukraine das internationale Recht. Das mag überraschend klingen, aber Russland ist heute das einzige Land, das konsequent für das Völkerrecht einsteht, welches nach dem Zweiten Weltkrieg begründet wurde. Und zwar mit der Unterstützung Chinas.“ (S. 73)

Dem Autor gelingt aus eigener Anschauung und Überzeugung das, was westlichen Eliten und ihren Lügenpropagandisten samt den „Qualitätsmedien“ nicht in die Wiege gelegt worden ist: Die Hingabe an sein Vaterland, die Liebe zu den Menschen, ja, zum Sinn des Lebens. Hocherfreut stellt er deshalb fest, dass Russland nach der Niederlage des Sozialismus (er schiebt die alleinige Schuld vor allem Gorbatschow zu, leider ohne weiter in die Tiefe zu gehen, H.P.) und nach dem Vorrücken der NATO weiter nach Osten seit geraumer Zeit in die Offensive gegangen ist. (Was auch vom Einsatz des russischen Militärs zur Bekämpfung des IS und zur Beendigung des Syrienkonfliktes abzulesen ist. H.P.) Er schreibt auf Seite 179 von der Notwendigkeit, „der Lüge und der antirussischen Propaganda den eigenen Standpunkt entgegenzusetzen“. Es gehe um die Frage des Überlebens Russlands als Supermacht. Bekannt sei, das die heutige Welt von einer „Welle der Globalisierung“ nur deshalb nicht überflutet wird, weil sich zwei Zivilisationen, die sich vom Westen unterscheiden, dem wie Felsen entgegenstellen: Die Russische Welt und China. Nikolai Starikow erinnert auf Seite 200 daran, dass Russland, die damalige Sowjetunion, bereits 1945 für die Welt gerade gestanden hat. Russland rettete die Welt auch 1812. Heute stünde Russland wieder für die Welt gerade.

Zur Lösung der Ukraine-Tragödie plädiert der russische Publizist für die Föderalisierung der Ukraine, denn „nur die Klärung aller Fragen, die die gesamte Bevölkerung beunruhigen, kann zur Lösung der Probleme beitragen“. (S. 122)

Das Buch von Nikolai Starikow ist eine gute Ergänzung zu anderen Sachbüchern, was den Ukraine-Konflikt betrifft. Warum? Weil der Autor eine ganz besondere Sicht hat auf die geopolitische Konfrontation zwischen den USA und Russland, auf die Geschichte Russlands und auf die Lösung dieser Tragödie, wobei die Ukraine „lediglich den Schauplatz“ darstellt. (S. 71) Im Vorwort wird angemerkt, dass in den Texten des Autors vieles ungewohnt und überraschend, sogar Anstoß erregend sein kann, aber dem Erkenntnisgewinn durchaus nicht im Wege steht. Eben abweichend von gewohnten Erklärungsmustern. Insofern sei die Lektüre politisch aufmerksamen und neugierigen Lesern empfohlen, die so eine Bereicherung ihrer persönlichen Ansichten erfahren dürften.


Wahnhafte Hirne der anglozionistischen Herrscher

Zum Thema passend hier ein Zitat aus Linke Zeitung (online) vom 16.02.2016: „Das Problem für die USA ist, dass sie keine gute Option haben, ihr vorrangiges Ziel in Syrien zu erreichen: `Russland davon abzuhalten, zu siegen`. In den wahnhaften Hirnen der anglozionistischen Herrscher ist Russland nur eine `Regionalmacht`, der es nicht erlaubt werden kann, der `unverzichtbaren Nation` zu trotzen. Und dennoch tut Russland genau das, sowohl in Syrien als auch in der Ukraine, und Obamas gesamte Russland-Politik liegt in Trümmern.“ (vineyardsaker.de)




Nikolai Starikow: „Die Tragödie der Ukraine. Ein geopolitisches Tagebuch“, Taschenbuch: 200 Seiten, Verlag: Zentrale Friedenspolitik; Auflage: 1500 (17. Oktober 2015), Sprache: Deutsch, Übersetzung vom Russischen ins Deutsche: Georg Farafonow, ISBN-10: 3000510761, ISBN-13: 978-300051076



Erstveröffentlichung der Rezension in der Neuen Rheinischen Zeitung
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=22563

Weitere Texte des Rezensenten:
http://cleo-schreiber.blogspot.com

Harry Popow: „WETTERLEUCHTEN - Platons erzürnte Erben haben das Wort“. Rezensionen, Essays, Tagebuch- und Blognotizen, Briefe – ein Zeitdokument“, Verlag: epubli GmbH, Auflage: 1 (18. Dezember 2015), Berlin, 392 Seiten, www.epubli.de , ISBN-10: 3737580650, ISBN-13: 978-3-7375-8065-6, Preis: 21.99 Euro

Harry Popow: „In die Stille gerettet. Persönliche Lebensbilder.“ Engelsdorfer Verlag, Leipzig, 2010, 308 Seiten, 16 Euro, ISBN 978-3-86268-060-3



Montag, 22. Februar 2016

Grundlose Kunst



Entnommen: http://www.rationalgalerie.de/kritik/berlinale-gigantische-zahlen-minimale-kunst.html

Grundlose Kunst

Uli Gellermann schrieb heute in der Rationalgalerie u.a. zur Berlinale:

(…) In diesem aufwendigen Wust von Nicht-Erzählung, der sich nur mit Themen tarnt, ihnen aber keinesfalls auf den Grund geht, ist die radikale Verweigerung irgendetwas zu erzählen mit dem iranischen Film „A Dragon Arrives“ einfach ehrlich und erfrischend: In einer Orgie von surrealen Bildern schweigt jede Sinnsuche. "Ich wollte so viel Paranoia wie möglich in dem Film" sagt der Regisseur Mani Haghighi voller Stolz und es ist ihm gelungen. Preiswerter ist ein Vollrausch nirgendwo zu bekommen und der Film ist, bei seltenerem Gebrauch, auch nicht gesundheitsschädlich.

So trifft die diesjährige Berlinale eine gesamtgesellschaftliche Aussage über die Ästhetik des Mainstreams: Bildende Kunst, die nur dann etwas sagt, wenn die Kunstkritik ihr Inhalte aufschwätzt, Bücher, die den eigenen Bauchnabel für das Zentrum des Universums halten und eben Filme über alles Mögliche, das Unmögliche bleibt surreal.

Mein Kommentar:

Lieber U. Gellermann, die Einschätzung trifft den Nerv der neoliberalen Welt. Ja keine Inhalte, sie könnten zur Entlarvung des kapitalistischen Systems beitragen. Wir leben in einer Fassadenrepublik, wo nur das akzeptiert wird, was die Zuschauer und Leser davon abhält, über Ursachen des Versagens dieses Systems nachzudenken. Siehe auch der weinerliche Rückblick im Fernsehen auf den ersten Weltkrieg: Keine Silbe zu den Ursachen! Das ist Methode, das ist letztlich nur der Druck auf Tränendüsen, auf das vereinsamte ICH, das mehr und mehr durch den Mainstreams in Isolationshaft und Tatenlosigkeit gepresst wird. Was sagte da kürzlich Katja Knipping in einem Artikel: Die neoliberale Doktrin hat den Menschen entmenschlicht. Dem dient auch das blutleere Kunstgehabe auf der Berlinale. Danke für diese Klarsicht.


Freitag, 19. Februar 2016

Mut zum Neubau des Systems

19. Februar 2016 um 8:58 Uhr
Entnommen: http://www.nachdenkseiten.de/?p=31407#more-31407

Aufruf zur Verantwortung

Verantwortlich: Jens Berger


In ihrem jüngst erschienen Buch plädiert LINKE-Politikerin Katja Kipping für eine offenere Gesellschaft, die vor allem in Zeiten wie diesen, sprich, Zeiten, in denen Hunderttausende von Menschen im Nahen Osten vor Krieg und Zerstörung fliehen, zusammenhalten muss. Dabei zeigt sie nicht nur Alternativen zum gegenwärtigen Status Quo auf, sondern erinnert auch an Fluchtursachen, die so manch ein Regierender schon längst verdrängt hat.

Von Emran Feroz [*]

„Wer flüchtet schon freiwillig?“, lautet der simple Titel von Kippings Buch, welches vor Kurzem erschienen ist. Es ist diese Frage, die nicht nur kurz und prägnant, sondern auch berechtigt ist – und die in diesen Tagen zu selten gestellt wird. Dabei trifft sie den Kern der gegenwärtigen Diskussion, ja der sogenannten „Flüchtlingskrise“, wie das Szenario von hiesigen Medien und Politikern genannt wird. Denn egal aus welchem Erdteil ein Mensch kommt, irgendwo liegt seine Heimat. Und diese verlässt nun mal niemand freiwillig, es sei denn man wird von den jeweiligen Umständen gezwungen.

Genau diese Umstände sind gegenwärtig in vielen Ländern der Welt der Fall. Sei es in Syrien, wo sich mittlerweile – salopp ausgedrückt – die halbe Welt auf Kosten der Syrer bekriegt und tagtäglich nicht davor zurückschreckt, Zivilisten, Krankenhäuser und Schulen zu bombardieren oder in Afghanistan, wo nicht nur seit 2001 Krieg herrscht, sondern schon in den zwei Jahrzehnten zuvor. Laut dem jüngsten Bericht der Vereinten Nationen wurden allein im Jahr 2015 mindestens 11.000 Zivilisten am Hindukusch getötet oder verletzt.

Ähnlich Zustände sind auch im Jemen anzutreffen, wo nun seit fast einem Jahr ein weiterer Krieg herrscht, der vor allem seitens Saudi-Arabiens angezettelt wurde und mittlerweile Tausenden von Menschen das Leben gekostet hat. Dass die Saudis dort unter anderem auch mit deutschen Waffen morden und somit neue Fluchtwellen produzieren, ist bekannt. Nur gesprochen wird darüber nicht. Katja Kipping tut es, indem sie auf diese imperiale und militaristische Außenpolitik, die zum Dauerzustand geworden ist, aufmerksam macht. Wer Waffen sät, erntet Flüchtlinge, heißt es immer wieder. Er könnte bei der Bundesrepublik, einem der größten Waffenexporteuren der Welt, gar nicht treffender sein.


Konstrukt des Wirtschaftsflüchtlings

Ein weiterer Punkt, der von der Autorin ausführlich beleuchtet wird, ist jener des sogenannten Wirtschaftsflüchtlings. Obwohl der Begriff mittlerweile nicht nur zum Stammjargon rechtskonservativer Politiker gehört, scheint nie klar zu sein, was ein Wirtschaftsflüchtling ist – und inwiefern er anderen Geflüchteten nachsteht. Oft wird nämlich der Eindruck erweckt, dass Menschen, die aufgrund finanzieller Probleme ihre Heimat verlassen haben, gar keine richtigen Flüchtlinge sind. Sie kommen nur, so scheint es, um von den sozialen Systemen westlicher Staaten zu profitieren – und gehören deshalb nicht hierher. Es ist zur Praxis geworden, zwischen „guten“ und „falschen“ Flüchtlingen zu unterscheiden, wie Kipping erläutert.


Einerseits muss klargestellt werden, dass wirtschaftspolitische Entscheidungen ein bedeutender Teil des gesamten politischen Systems eines Staates sind. Wenn eine Regierung in dieser Hinsicht versagt – aus was für Gründen auch immer – und Bürger sich gezwungen sehen aufgrund ihrer finanziellen Not das Land zu verlassen, dann haben die Gründe einen politische Ursprung. Auch Wirtschaftsflüchtlinge sind politische Flüchtlinge. Andererseits sind für die wirtschaftliche Lage ebenjener Länder, zum Beispiel vieler afrikanischer Staaten, in erster Linie die reichen, westlichen Industrienationen, die in ihrem Ausbeutungswahn seit Jahrzehnten vor nichts und niemandem halt machen, verantwortlich. Das beste Beispiel hierfür ist die tägliche Überfischung vor den Küsten Afrikas, die seitens der EU nicht nur geduldet, sondern auch gefördert wird. Dass durch eine solche Politik einem somalischen Fischer jegliche Lebensgrundlagen genommen werden, gerät in den Hintergrund. Doch wehe, er schafft es auf irgendeine Art und Weise nach Europa und will sich hier ein neues Leben aufbauen.

In diesem Kontext sollten auch Klimaflüchtlinge, die im gegenwärtigen Diskurs kaum beachtet werden, erwähnt werden. Dass es diese gibt, steht zum gegenwärtigen Zeitpunkt, sprich, in Zeiten von CO²-Emissionen und Erderwärmung, außer Frage. Einen klaren rechtlichen Status genießen sie allerdings bis heute nicht. Auch in diesem Punkt stehen die westlichen Industrienationen in der Verantwortung. Denn sie sind es, die rund um den Globus, ganz im Interesse der neoliberalen Doktrin, eine katastrophale Umwelt kreieren, die letztendlich nicht mehr bewohnbar sein wird – und weitere Migrationswellen erzeugen wird, die heute schon teils im Gang sind. Interessanterweise hebt Kipping hervor, dass die Folgen des Klimawandels in naher Zukunft auch die Menschen in den Industrienationen massiv betreffen und zu ungewohnten Fluchtbewegungen führen könnten, etwa wenn die Europäer plötzlich vor den Toren Afrikas stehen, wie es in einigen apokalyptischen Hollywood-Katastrophen-Filmen der Fall ist.


Die Gesellschaft muss sich neu erfinden

Obwohl Kipping in einigen Punkte tiefer hätte gehen können – etwa inwiefern der radikale Fanatismus in Nahost sowie der Rechtsextremismus in Europa voneinander abhängig sind oder warum der Terror in Frankreich vor allem ein hausgemachtes Problem ist – ist ihr Grundgedanke, ja ihre Botschaft eindeutig und richtig. Der Westen, Europa, unsere Gesellschaft muss sich neu erfinden. Gegenwärtig wird dies deutlicher denn jemals zuvor.

Obwohl die Idee des Nationalstaates veraltet und überholt zu sein scheint, erlebt sie heute einen neuen Aufschwung. Dieser wird vor allem von kulturkämpferischen Abendlandsverteidigern und rechten Demagogen und Hasspredigern geleitet, die sich der Sorgen und Unwissenheit vieler Bürger bewusst sind und diese skrupellos für ihre menschenfeindlichen Zwecke missbrauchen.

Doch dazu kam es nicht von heute auf morgen. Viele Dinge, die zur Zeit in Europa passieren, sind lediglich Symptome. Symptome, eines kranken Systems, welches es von Grund auf zu hinterfragen gilt. Die neoliberale Doktrin hat den Menschen entmenschlicht. Sie hat ihn zu etwas gemacht, das es nur zu berechnen gilt. Aus diesem Grund herrschen in diesen Tagen vor allem Zahlen. Wie viel kosten uns die Flüchtlinge? Wie viel werden sie uns kosten? Inwiefern wird von ihnen profitiert oder auch nicht?


An die menschliche Bereicherung an sich wird dabei kaum gedacht. Dabei ist Migration etwas Menschliches. Es gibt sie seit Menschengedenken. Und da es vor allem Sicherheit und Ordnung ist, wonach der Mensch trachtet, ist sie genauso nachvollziehbar und menschlich wie Flucht. 

Doch um diesen Umstand klarzumachen, um sich dieser Verantwortung, zu der Katja Kipping aufruft, bewusst zu werden, bedarf es Mut. Mut, der dazu führt, das bestehende System zu zerschlagen, um es von Grund auf neu aufzubauen.

Womöglich bewegen wir uns schon in diese Richtung. Kippings ausführliche Eindrücke von engagierten Flüchtlingshelfern, einer auflebenden Zivilgesellschaft und vielen, vielen Menschen, die eben nicht PEGIDA sind, lassen einen optimistischen Blick in die Zukunft wagen.

[«*] Emran Feroz ist freier Journalist mit österreichisch-afghanischem Migrationshintergrund. Seine Themengebiete sind Naher & Mittlerer Osten, Migration und Europa und die islamische Welt.

Dienstag, 16. Februar 2016

Eskalation in Syrien?

Neuer Beitrag auf Linke Zeitung

Die achtzehnte Woche des russischen Eingreifens in Syrien: eine dramatische Eskalation scheint sich anzubahnen
by egester

von http://vineyardsaker.de

Die Lage in Syrien hat einen Scheideweg erreicht und eine dramatische Eskalation des Kriegs scheint sich anzubahnen. Werfen wir noch einmal einen Blick darauf, wie wir an diesen Punkt gelangt sind.

Während der ersten Phase des Einsatzes waren die syrischen Streitkräfte außerstande, einen unmittelbaren strategischen Erfolg zu erzielen. Das ist wenig überraschend. Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass die Russen in den ersten Wochen des Einsatzes den Syrern keine nahe Luftunterstützung gaben. Statt dessen entschieden sie, die ganze Infrastruktur von Daesh systematisch zu schwächen (Anmerkung: ich bezeichne *alle* Terroristen in Syrien als „Daesh“), eingeschlossen Kommandostellungen, Kommunikationsknoten, Öllager, Munitionslager, Nachschubrouten etc. Das war eine wichtige Arbeit, aber sie hatte keine unmittelbare Auswirkung auf das syrische Militär. Dann wandten sich die Russen zwei wichtigen Aufgaben zu: Daesh in der Provinz Latakia zurückzudrängen und den illegalen Ölhandel zwischen Daesh und der Türkei zu treffen. Das erste Ziel war nötig zum Schutz der russischen Einsatzgruppe und der zweite traf die Finanzen von Daesh. Dann wandten sich die Russen ernsthaft der Gewährung naher Luftunterstützung zu. Nicht nur das, die Russen wurden direkt in die Bodeneinsätze involviert.

Die zweite Phase wurde schrittweise eingeleitet, ohne große Fanfaren, aber sie machte sich am Boden deutlich bemerkbar: die Russen und die Syrer fingen an, eng zusammenzuarbeiten und bald schon hoben sie ihre Zusammenarbeit auf eine qualitativ neue Ebene, die es den syrischen Kommandeuren erlaubte, die russische Feuerkraft mit großer Effektivität einzusetzen. Mehr noch, die Russen fingen an, die Syrer mit moderner Ausrüstung zu versorgen, T-90 Panzer, moderne Artilleriesysteme, Anti-Artillerie-Radar, Nachtsichtgeräte etc. eingeschlossen. Schließlich wurden, gemäß verschiedener russischer Berichte, russische Spezialeinsatzkräfte (vor allem Tschetschenen) an Schlüsselpositionen eingesetzt, auch tief im Hinterland von Daesh. Als Ergebnis dessen gelang es dem syrischen Militär zum ersten Mal, vom Erringen taktischer Erfolge zu operationellen Siegen zu gelangen: erstmalig begannen die Syrer, Schlüsselstädte von strategischer Bedeutung zu befreien.

Schließlich entfesselten die Russen eine fantastisch intensive Feuerkraft auf Daesh entlang kritischer Frontabschnitte. Im nördlichen Homs bombardierten die Russen einen Abschnitt 36 Stunden ununterbrochen. Nach der letzten Pressekonferenz des russischen Verteidigungsministeriums hat die russische Fliegergruppe in der Syrischen Arabischen Republik nur zwischen dem 4. und dem 11. Februar 510 Kampfeinsätze geflogen und dabei 1 888 terroristische Ziele erfasst. Diese Art wilder Hammerschläge erzielte den erwarteten Erfolg und das syrische Militär begann, sich langsam entlang der türkisch-syrischen Grenze zu bewegen, während sie gleichzeitig die Daesh-Kräfte bedrohten, die noch immer innerhalb des nördlichen Teils von Aleppo eingesetzt waren. Damit drohten die Russen und die Syrer, die lebenswichtige Nachschubroute, die Daesh mit der Türkei verbindet, abzuschneiden. Nach russischen Quellen waren die Truppen von Daesh derart demoralisiert, dass sie die örtlichen Anwohner zwangen, in Richtung auf die türkische Grenze zu fliehen und versuchten, sich innerhalb dieser Bewegung von flüchtenden Zivilisten zu verbergen.

Dieser strategische Sieg Russlands und Syriens bedeutet, dass alle Nationen, die Daesh unterstützen, eingeschlossen die Türkei, Saudi-Arabien und die USA, sich einem völligen Zusammenbruch ihrer Bemühungen gegenüber sahen, Assad zu stürzen, Syrien aufzuteilen und einen Teil davon in ein „Dschihadistan“ zu verwandeln. Die Amerikaner konnten das natürlich nicht zugeben, und die Drohungen der Saudis, in Syrien einzumarschieren, waren eher lächerlich. Das überließ Erdogan die Hauptrolle, der überglücklich war, dem Westen einen weiteren irren Verbündeten zu verschaffen, der bereit ist, auf völlig unverantwortliche Weise zu handeln, nur um der „anderen Seite“ alles zu verwehren, was wie ein Sieg aussieht.

Erdogan scheint zwei Möglichkeiten in Betracht zu ziehen. Die erste ist ein Einsatz von Bodentruppen in Syrien, der darauf zielt, die Nachschublinien von Daesh wiederherzustellen und das syrische Militär an der Kontrolle der Grenze zu hindern. Hier ist eine gute Illustration (aus einem Video von South Front , wie das aussehen würde:

Erdogan's plan
Nach unterschiedlichen Berichten hat Erdogan 18 000 Soldaten, unterstützt durch Luftwaffe, Rüstung und Artillerie entlang der Grenze aufgestellt, um eine solche Invasion durchzuführen.

Der zweite Plan ist noch einfacher, zumindest theoretisch: eine Flugverbotszone über ganz Syrien zu schaffen. Erdogan selbst hat diese Option mehrmals erwähnt, das letzte Mal am Donnerstag, dem 11.

Unnötig zu sagen, dass beide Pläne nach dem Völkerrecht absolut illegal sind und einen Akt der Aggression darstellen würden, das „höchste Völkerrechtsverbrechen“ nach dem Nürnberger Tribunal, da es „in sich selbst das gesammelte Übel des Ganzen umfasst“. Nicht dass das einen Größenwahnsinnigen wie Erdogan abschrecken würde.

Erdogan und seine Hintermänner im Westen werden natürlich erklären, in Aleppo geschähe eine humanitäre Katastrophe oder gar ein Genozid, dass es dort eine „Verantwortung, zu beschützen“ (responsibility to protect, R2P) gäbe und dass es keinen UN-Sicherheitsrat bräuchte, um eine solch eindeutig „humanitäre“ Aktion durchzuführen. Das wäre „Sarajevo 2.0“ oder „Kosovo 2.0“ ganz von vorne. Die westlichen Medien sind gerade aktiv damit beschäftigt, Putin zu dämonisieren, und haben jüngst den armen Seelen, die ihnen noch lauschen, folgende Themen zur Besinnung angeboten:

   1.  Putin hat ‘wahrscheinlich’ die Ermordung von Litwinenko angeordnet.
    2. Putin hat die Ermordung von Litwinenko angeordnet, weil Litwinenko vorhatte, Putin als Pädophilen zu enthüllen (ernsthaft, ich scherze nicht – schaut selbst nach!)
   3. Der dritte Weltkrieg könnte beginnen, indem Russland in Lettland einfällt.
   4. Nach dem US-Finanzministerium ist Putin korrupt.
   5. Nach George Soros will Putin die „Desintegration der EU“ und Russland ist eine größere Bedrohung als die Dschihadis.
   6. Russland ist so schrecklich, dass das Pentagon das Geld für die Verteidigung Europas vervierfachen will.
   7. Putin stärkt ISIS in Syrien und verursacht eine Welle von Flüchtlingen.

Es ist unnötig, die Liste weiter fortzusetzen – ihr habt die Vorstellung. Es ist wirklich Bosnien, Kosovo, Irak, Libyen noch einmal von vorne, mit exakt den gleichen „humanitären Krokodilstränen“ und genau der gleichen Rechtfertigung für eine illegale Aggression. Und an Stelle von Sarajevo, der „Märtyrerstadt, die von den serbischen Schlächtern belagert wird“ hätten wir dann Aleppo, die „Märtyrerstadt belagert von syrischen Schlächtern“. Ich erwarte sogar eine Serie von False-Flag-Aktionen innerhalb von Aleppo, die als nächstes „beweisen“, dass „die Welt“ „handeln muss“, um „einen Genozid zu verhindern“.

Der große Unterschied ist natürlich, dass Jugoslawien, Serbien, der Irak und Libyen dem anglozionistischen Empire gegenüber alle fast wehrlos waren. Nicht so Russland.

In rein militärischen Begriffen hat Russland eine Reihe entscheidender Schritte getan: : es hat eine „Bestätigung“ der „Kampfbereitschaft“ des südlichen und zentralen Militärdistrikts auf großer Skala angeordnet. Praktisch gesprochen heißt das, dass alle russischen Truppen in höchster Alarmbereitschaft stehen, insbesondere die Luft-Raum-Kräfte, die Luftlandetruppen, die militärischen Lufttransportdienste und, natürlich, alle russischen Truppen auf der Krim und die Schwarzmeerflotte. Die erste praktische Wirkung solcher „Übungen“ ist nicht nur, dass eine Menge von Kräften sofort verfügbar sind, sondern es macht es auch sehr schwierig, sie nachzuverfolgen. Das schützt nicht nur die mobilisierten Truppen, es macht es dem Feind auch sehr schwer, herauszufinden, was sie genau tun. Es gibt auch berichte, dass russische AWACS-Flugzeuge – A-50M – jetzt regelmäßig über Syrien fliegen. Anders gesagt, Russland hat die Vorbereitungen getroffen, die für einen Krieg gegen die Türkei nötig sind.

Überflüssig, zu erwähnen, dass die Türken und die Saudis ebenfalls gemeinsame Manöver verkündet haben. Sie haben sogar angekündigt, dass saudische Flugzeuge Luftangriffe vom Luftwaffenstützpunkt Incirlik zur Unterstützung einer Invasion in Syrien fliegen werden.

Gleichzeitig haben die Russen eine Friedensinitiative gestartet, die um eine allgemeine Waffenruhe beginnend am 1. März oder, den letzten durchgedrungenen Informationen zu Folge, sogar am 15. Februar herum aufgebaut ist. Das Ziel ist durchschaubar: den türkischen Schwung hin auf eine Invasion in Syrien zu brechen. Es ist offensichtlich, dass die russischen Diplomaten alles tun, was sie können, um einen Krieg mit der Türkei abzuwenden.

Hier muss ich noch einmal wiederholen, was ich in der Vergangenheit schon eine Million Mal gesagt habe: das kleine russische Kontingent in Syrien ist in einer sehr prekären Lage: weit entfernt von Russland und sehr nahe (45km) an der Türkei. Nicht nur das, die Türken haben über 200 angriffsbereite Kampfflugzeuge, während die Russen wahrscheinlich weniger als 20 SU-30/35/34 insgesamt haben. Ja, das sind hochentwickelte Flugzeuge, der 4+++ Generation, und sie werden durch S-400-Systeme unterstützt, aber das Kräfteverhältnis bleibt bei einem schrecklichen 1:10.

Russland hat jedoch gegenüber der Türkei einen großen Vorteil: Russland hat eine Menge Langstreckenbomber, ausgerüstet mit gelenkten und ungelenkten Bomben, fähig, die Türken überall zu treffen, in Syrien und in der Türkei selbst. Tatsächlich hat Russland sogar die Fähigkeit, gegen türkische Flugfelder zu schlagen, etwas, was die Türken nicht verhindern können und etwas, das sie nicht mit Gleichem vergelten können. Das große Risiko für Russland wäre in diesem Moment, dass die NATO das als russische „Aggression“ gegen ein Mitgliedsland auslegt, vor allem, wenn der berüchtigte Luftwaffenstützpunkt Incirlik getroffen würde.

Erdogan muss auch ein anderes reales Risiko in Betracht ziehen: dass die türkischen Truppen, wenn auch zweifellos fähig, den kampfgestählten Kurden und Syrern nicht gewachsen sind, insbesondere, wenn letztere vom Iran und durch Kräfte der Hisbollah unterstützt werden. Die Türken haben eine gemischte Geschichte gegen die Kurde, die sie üblicherweise mit Feuerkraft und Masse zu überwältigen suchen, aber die sie nie erfolgreich neutralisieren, unterwerfen oder auslöschen konnten. Schließlich gibt es die Möglichkeit, dass die Russen Bodentruppen einsetzen müssen, insbesondere wenn die Einsatzgruppe in Khmeimim ernsthaft bedroht würde.

In dieser Hinsicht möchte ich sofort sagen, dass der Einsatz einer Luftlandetruppe so weit von der russischen Grenze, um ein kleines Kontingent wie das in Khmeimim zu schützen, nichts ist, wofür die Luftlandetruppen geschaffen wurden, zumindest nicht „nach dem Handbuch“. Dennoch, theoretisch könnten die Russen, wenn sie sich einem möglichen Angriff auf das russische Personal in Khmeimin gegenüber sehen, beschließen, eine Luftlandetruppe von Regimentsstärke landen zu lassen, etwa 1 200 Mann, voll ausgerüstet, mit Panzern und Artillerie. Diese Truppe könnte durch ein Bataillon Marineinfanterie verstärkt werden, um weitere 600 Mann. Das mag nicht viel scheinen, verglichen mit den 18 000 Mann, die Erdogan vermeintlich an der Grenze zusammengezogen hat, aber denkt daran, dass nur ein Teil dieser 18 000 für einen Bodenangriff auf Khmeimin zur Verfügung stände und dass die russischen Luftlandetruppen selbst weit größere Kräfte zu Hackfleisch verwandeln können (für einen Blick auf moderne russische Luftlandetruppen schaut hier). Offen gesagt, ich sehe es nicht, dass die Türken versuchen, Khmeimin zu überrennen, aber jeder bedeutende türkische Bodeneinsatz wird ein solches Szenario zumindest möglich machen, und die russischen Kommandeure haben nicht den Luxus, anzunehmen, dass Erdogan geistig gesund ist, nicht nach dem Abschuss der SU-24. Danach müssen die Russen schlicht das Schlimmste annehmen.

Was klar ist, ist, dass in jedem Krieg zwischen Russland und der Türkei die NATO eine wichtige Entscheidung treffen muss: ist die Allianz bereit, einen Krieg gegen eine Nuklearmacht wie Russland zu führen, um einen Irren wie Erdogan zu schützen? Es ist schwer vorstellbar, dass die USA/die NATO etwas derart Verrücktes tun, aber Kriege haben unglücklicherweise das Potential, sehr schnell außer Kontrolle zu geraten. Die moderne Militärtheorie hat viele exzellente Modelle der Eskalation entwickelt, aber unglücklicherweise kein gutes Modell, wie De-Eskalation geschehen könnte (zumindest keines, von dem ich weiß). Wie de-eskaliert man, ohne dass es wie eine Kapitulation aussieht oder man nicht zumindest zugibt, die schwächere Seite zu sein?

Die augenblickliche Lage ist voller gefährlicher und instabiler Asymmetrien: die russische Eingreiftruppe in Syrien ist klein und isoliert und kann Syrien nicht vor der NATO oder gar der Türkei beschützen, aber im Falle eines wirklichen Krieges zwischen Russland und der Türkei hat die Türkei keine Chance, zu siegen, überhaupt keine. In einem konventionellen Krieg, in dem sich die NATO und Russland gegenüberstehen, sehe ich persönlich keine der beiden Seiten verlieren (was auch immer ‘verlieren’ und ‘siegen’ in diesem Kontext bedeuten mögen), ohne zuvor Kernwaffen einzusetzen. Das legt für mich nahe, dass die USA es Erdogan nicht gestatten können, die russische Einsatzgruppe in Syrien anzugreifen, nicht während einer Invasion durch Bodentruppen, und noch weniger in einem Versuch, eine Flugverbotszone zu etablieren.

Das Problem für die USA ist, dass sie keine gute Option haben, ihr vorrangiges Ziel in Syrien zu erreichen: „Russland davon abzuhalten, zu siegen“. In den wahnhaften Hirnen der anglozionistischen Herrscher ist Russland nur eine „Regionalmacht“, der es nicht erlaubt werden kann, der „unverzichtbaren Nation“ zu trotzen. Und dennoch tut Russland genau das, sowohl in Syrien als auch in der Ukraine, und Obamas gesamte Russland-Politik liegt in Trümmern. Kann er es sich leisten, in einem Wahljahr so schwach zu scheinen? Kann der „tiefe Staat“ der USA es zulassen, dass das Empire erniedrigt und seine Schwäche offenbart wird?

Die letzten Meldungen legen meiner Meinung nach nahe, dass das Weiße Haus entschieden hat, die Türkei und Saudi-Arabien in Syrien einfallen zu lassen. Türkische Vertreter sagen offen, dass die Invasion unmittelbar bevorsteht und dass das Ziel einer solchen Invasion wäre, die Gewinne der syrischen Armee entlang der Grenze und bei Aleppo ungeschehen zu machen. Die letzten Berichte legen ebenfalls nahe, dass die Türken angefangen haben, Aleppo mit Artillerie zu beschießen. Nichts davon könnte ohne die volle Unterstützung durch CENTCOM und das Weiße Haus geschehen.

Das Empire ist offenbar zu dem Schluss gelangt, dass Daesh nicht stark genug ist, um Assad zu stürzen, zumindest nicht, wenn die russischen Luft-Raum-Kräfte ihn unterstützen, also wird es jetzt die Türken und die Saudis von der Leine lassen, in der Hoffnung, das Ergebnis dieses Krieges zu ändern, oder, wenn das nicht möglich ist, Syrien in „Verantwortungszonen“ aufzuteilen – all das unter dem Vorwand, Daesh zu bekämpfen, natürlich.

Die russische Einsatzgruppe in Syrien wird wohl sehr ernsthaft herausgefordert werden, und ich kann nicht sehen, wie sie mit dieser neuen Bedrohung alleine fertig werden soll. Ich hoffe sehr, dass ich hier falsch liege, aber ich muss zugeben, dass schließlich doch ein *wirkliches* russisches Eingreifen in Syrien geschehen könnte, mit MiG-31 und allem. Tatsächlich werden wir in den nächsten Tagen wohl eine dramatische Eskalation des Konflikts in Syrien bezeugen.

http://vineyardsaker.de/analyse/die-achtzehnte-woche-des-russischen-eingreifens-in-syrien-eine-dramatische-eskalation-scheint-sich-anzubahnen/#more-4511




Samstag, 13. Februar 2016

Gleichgesinnte

User Hennigs Mail: Möchte Gedankenaustausch
Hallo Harry, ich wünsche einen guten Tag. Deine Kommentare und Deine Erinnerung an den ersten und zweiten Weltkrieg (was die Ursachen betrifft) haben mich veranlasst, nach deiner Mail-Adresse zu suchen. Nach einigem Herumsuchen habe ich sie auch gefunden. Mir würde es gefallen, wenn wir auch per Mail Gedanken austauschen könnten, zumal du in Berlin wohnst, meiner Heimat (Marzahn). Vor einigen Jahren bin ich der Liebe wegen und auf der Suche nach Arbeit, nach Bayern gezogen, das Land des geistigen Mittelalters.
Jetzt friste ich mein Rentnerdasein hier am Rand der Welt.


Herzliche Grüße, Hans-Jürgen Hennig


10.02.2016: Harrys Antwort:


Hallo Hans-Jürgen, das freut mich sehr, Dein Angebot, uns zu mailen. Ich bin 79 Jahre alt und bin seit heute dabei, meine 69. Buchrezension zu schreiben. (Buch mit Titel "Die Tragödie der Ukraine. Ein geopolitisches Tagebuch", russischer Autor Nikolai Starikow.) Sei herzlich gegrüßt von 

Harry

12.02.2016: User Hennig:


Hallo Harry, entschuldige, dass ich nicht so schnell geantwortet habe, wie du. Du warst ja wirklich sehr schnell und wie ich im Internet gesehen habe,bist du auch unheimlich aktiv. Mit deinen 79 Jahren bist du ein Mann, der mit seinem Rentnerdasein gut zurecht kommt. Ich bin erst 67, aber mir macht das Rentnerleben zu schaffen.An deinen Kommentaren bei Youtube habe ich gleich gemerkt, dass da einer schreibt, der sich von den meisten abhebt.Manchmal ist es erschreckend, wie dumm viele Leute sind. Seit 2008 wohne ich in Bayern. Bin damals der Liebe wegen und auf der Suche nach Arbeit dort gelandet.In Berlin hatte ich vielfältige Kontakte, aber hier sind sie sehr begrenzt, weil Bayern etwas sehr anders ist als Berlin.

Geistiges Mittelalter trifft man hier massenweise an und der Spruch: "Mir san mir", der sagt schon alles. Bei Lokalwahlen habe ich erlebt, wie das geht. Ganz so aktiv, wie du bin zwar nicht, aber ich habe eine Zeit lang viele Gedichte geschrieben, siehe meine Homepage: http://www.hennig-gedichte-grafik.de/
Seit zwei Jahren schreibe ich an einem Buch, einem Fantasieroman. Eigentlich bin ich schon fertig, aber ich muss noch einige Kapitel überarbeiten, dann geht die ernsthafte Suche nach einem Verlag los.
Das Buch entstand, weil die Geburt meiner Enkelin mich so inspirierte. Sie heißt nämlich Thurid, die weibliche Form von Thor, dem nordischen Gott. Ja, meine Fantasie ist sehr rege und wie ein Dominoeffekt, kam eine Idee zur anderen und das Buch entstand, mit der Hauptheldin Thurid.
Ich wohne jetzt zwar in Bayern, aber mein Herz ist immer und ewig in Berlin. Ich hätte nie geglaubt, dass es mal so schmerzhaft sein würde.
Kurz vor Weihnachten mussten wir auch noch umziehen, weil der alte Vermieter es so wollte. Es war für uns ein Drama, zeigte es doch die Prioritäten in diesem Staat; Geld ist verknüpft mit Recht und macht.
Nun sitze ich in der neuen Wohnung, die zwar sehr schön ist, licht und hell, viel Platz, aber dafür am Arsch der Welt.Ich hoffe, dass ich mit dem länger werdenden Tagen auch wieder Lust bekommen, mein Buch fertig zu machen.


In dem kleinen Land, das von der Karte gewischt wurde, war ich Chef einer Druckerei und auf allen Ebenen aktiv. Nach der Wende gab es in Berlin das große Druckereiensterben. Die BRD war auf diesem Gebiet viel weiter entwickelt als die DDR und dann setzte auch noch die Computerisierung ein, die fast alle kleinen Ladendruckereien dahinraffte.

Herzliche Grüße, Hans-Jürgen



Syrien - mögliche Szenarien



TÜRKEI – Militärische Intervention in Syrien
VERÖFFENTLICHT VON LINKEZEITUNG ⋅ 13. FEBRUAR 2016    ⋅

Während der Videoproduktion, erhielt SouthFront: Analysis & Intelligence Informationen, dass sich mindestens eine saudische motorisierten Brigade mit etwa 90 gepanzerten Fahrzeugen zur irakischen Grenze hin bewegt hat. Diese Truppe könnte sich zum Kern einer gemeinsamen Truppe entwickeln die von der Saudi-geführten Koalition zur Unterstützung türkischen Militärintervention in Syrien eingesetzt werden könnten.

Das militärische Gleichgewicht in Nordsyrien verschiebt sich sehr schnell. Die syrische Armee und lokale Milizen, von der russischen Luftwaffe unterstützt, haben Terroristen von den großen Versorgungsleitungen aus der Türkei abgeschnitten und fast komplett die militanten Kräfte in der Stadt Aleppo eingekreist. Dies ist durch die Aktionen der russischen Luft- und Raumfahrtverteidigungskräfte möglich geworden, die den Terroristen die Finanzierungsquellen seit 2015 zerstört haben. Dadurch konnten wir einen Zusammenbruch auf dem Schlachtfeld beobachten, der in Syrien Schritt für Schritt zu einem vollständigen Kollapse der terroristischen Kräfte führen wird. Dieses zerstört auch die Pläne der ausländischen Akteure, die Interesse am Sturz der Assad Regierung haben.

In der gegenwärtigen Situation agiert das Erdogan-Regime als Hauptsponsor und Urheber einer terroristischen Bedrohung im Nahen Osten. Die Türkei ist ein wichtiger Teil der Logistik des terroristischen Netzwerks, das Terrorgruppen in Syrien ermöglicht Waffenlieferungen und Verstärkungen zu erhalten. Die türkischen Eliten haben starke Geschäftsverbindungen in Syrien, überwiegend Öl Schmuggel mit ISIS und anderen Terroristen. Die imperialen Ambitionen Erdogans im Nahen Osten spielen auch eine wichtige Rolle in dem Konflikt. Erdogan glaubt, dass ein Zusammenbruch von Syrien ihm erlauben wird ein Schutzgebiet einzurichten, oder sogar den nördlichen Teil des arabischen Landes zu besetzen.

Die Erfolge der Anti-Terror-Kräfte in Syrien haben die Hoffnung, für diese leicht zu erkennenden Pläne, zerstört. In Anbetracht der Situation startete das Erdogan-Regime Vorbereitungen für einen direkten Eingriff in das Land, ohne dafür ein gesetzliches Mandat zu haben. Eine hohe Verstärkung von türkischem Militär sind bereits an der syrisch-türkischen Grenzregion von zivilen und militärischen Quellen beobachtet worden. Darüber hinaus gibt es unwiderlegbare Videobeweise für eine Reihe von grenzüberschreitenden Artilleriebeschuss und damit Verletzungen der syrischen Souveränität durch die Türkei.

Experten behaupten die Türkei sei bereit rund 18.000 Truppen mit umfangreicher Artillerie und Luftunterstützung aufmarschieren zu lassen, und eine 30-Kilometer Zone, jenseits der Grenze von der Stadt Dscharabulus nach Westen, bis an die Stadt Azaz zu besetzen. Die Operation würde die Fläche, die unter Kontrolle von ISIS ist, decken. Es wäre eine direkte militärische Unterstützung für Terroristen und würde den Überresten ihrer Streitkräfte erleichtern in Nordsyrien eine Pufferzone zu etablieren. Es würde dramatisch die Spannungen zwischen der Syrischen Arabischen Armee (SAA) und den überwiegend kurdischen syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) erhöhen. Wie auch immer, dass türkische Militär ist durchaus in der Lage den ersten Schritt zu vollziehen mit Ziel, die SAA und die SDF aus dem oben genannten Bereich zu verdrängen und einen erheblichen Teil Nordsyriens zu besetzen.

Diesem Schritt wird wahrscheinlich eine harte Antwort des russischen Militärs, das sich im Land aufhält folgen. Die russischen Land und Marineluftabwehrsysteme und die Kampfflugzeuge sind durchaus in der Lage die türkische Luftwaffe zu neutralisieren, was dann der syrischen Regierung einen Gegenangriff auf die türkischen Truppen ermöglicht. So werden die Anti-Terror-Kräfte die Chance bekommen einen Gegenschlag zu verüben, der vermutlich von den russischen Luft- und Raumfahrtverteidigungskräften unterstützt würde.

Diese Situation führt zu zwei Hauptszenarien:

1. Wenn das SAA mit Unterstützung von Milizen, Iran und Russland nicht in der Lage ist das türkische Militär aus Syrien zu verdrängen, wird sich die Anwesenheit des Erdogan-Regimes in den besetzten Gebieten stärken und die gewonnene Zeit dazu genutzt, zu mindestens Luft und Intelligenz Unterstützung der NATO zu erhalten. In diesem Fall könnte der Konflikt leicht zu einem globalen Krieg führen.


2. Wenn das SAA von lokalen Milizen, Iran und Russland unterstützt, die türkischen Einsatzkräfte aus Syrien zurückschlägt, wird die NATO vor die Tatsache gestellt, dass Syrien taktisch befreit ist und die Terroristen von ihren Hauptversorgungsquellen abgeschnitten sind. Dieses könnte eine globale Eskalation verhindern. Jedoch würden die NATO-Staaten ihre Präsenz im Irak stärken und sie als ein Standbein für destruktive Aktionen gegen Syrien weiterhin benutzen. Die Situation wird sich auch besonders in der Ukraine und in Zentralasien zuspitzen, da eine Destabilisierung in diesen Regionen leicht gegen die wichtigsten Verbündeten Syriens, Russland und Iran, verwendet werden könnten.
German text by Karin

http://de.southfront.org/aussenpolitik-diary-turkei-militarische-intervention-in-syrien/

Donnerstag, 11. Februar 2016

Harte Landung im kapitalistischen Alltag

User Elke zum Beitrag „Flüchtlingen helfen – Kapitalismus abschaffen

Das Anliegen des Schreibers erscheint mir klar. Die Gegenüberstellung
Rechtspopulisten /Neonazis versus Linke und Humane (für mich ev. liberales Bürgertum) ist bedenklich, da er eine dritte Front hätte eröffnen müssen, denn Linke und Humane passen nun auch nicht in einen Topf, aber sie bilden natürlich an der Oberfläche eine Front kontra Neo...., dass beide Seiten untergehen, will ich nicht hoffen, denn Linke und Humane müssen schon die Oberhand gewinnen. Die Linke sollte und muss kämpferisch bleiben, die Esoteriker hat er schon richtig bei den Humanen angesiedelt. Natürlich kann man bei den Linken, sofern sie in öffentlichen Gremien auftreten, manchmal das Gefühl haben, sie sind auf der Stufe des Humanismus stehen geblieben. 


Die Diskussion, die Linken hätten zu viel geglaubt, kann er stecken lassen, wer wie wir als DDR Bürger die politische Entwicklung im Sozialismus scharf sah, hat wohl Kämpfe erkannt, wobei wir wirklich manches zu naiv gesehen haben (großer Bruder). Die Forderung nach dem Primat der Ökonomie bringt er und dieses Primat hatten wir schon. Für mich bringt es zur Grundthese von der Beseitigung des Widerspruchs zwischen der gesellschaftlichen Produktion und der privaten Aneignung, also zum Privateigentum von PM. Bei allen Ausbildungsvarianten, ob Fachschule, Uni oder Bezirksparteischule, habe ich das so gelernt und entnehme das auch,verschwommen zwar, dem Artikel. Das ist nicht schlecht. Was ich in meinem ganzen Leben nicht leiden konnte, dass viele Genossen sich immer an vorgegebene Begriffe gehalten haben, so in der Art, „wie schon Genosse Honecker auf dem x. Plenum sagte“, so wurde alles breit- und zertreten und man konnte keinen Fehler, sich aber dafür „beliebt machen“. 

Insofern ist Deine Toleranz gegenüber der Verwendung des Wortes Kapitalismus (schließlich wissen wir ja Imperialismus = höchstes Stadium des Kapitalismus) durchaus gerechtfertigt. In einer Diskussion kann man ja darauf hinweisen, dass wir jetzt das höchste Stadium … leider erreicht haben. Solche versuchten Wortklaubereien erinnern mich an eine bekannte Gestalt aus den Meistersingern. Die Forderung nach Analyse der gegenwärtigen Verhältnisse finde ich sehr gut, denn ich frage mich auch oft, wem soll der gegenwärtige Kampf helfen, wie sind die Klassenstrukturen, was ist mit der relativen Verelendung?


Die Erkenntnis, dass die Flüchtlinge durchaus nicht in ein Paradies kommen, sondern in einen harten kapitalistischen Alltag, sollte man vor allem den Keifern gegen die „Wohlstandsflüchtlinge“ um die Ohren hauen. Gegenüber den DDR Flüchtlingen, die durchaus nicht alle politisch Verfolgte waren, hat man den Begriff nicht gehört. 

NATO auf Kriegskurs

Entnommen: https://www.jungewelt.de/2016/02-11/002.php


Aus: Ausgabe vom 11.02.2016, Seite 1    / Titel

Kurs auf Konfrontation

NATO-Verteidigungsminister planen »multinationale Truppe« in Osteuropa und neuen Marineeinsatz im Mittelmeer

Von Roland Zschächner

Die NATO setzt weiterhin auf Konfrontation gegen Russland und bereitet gleichzeitig neue Kriegseinsätze vor. Bei dem Treffen der Verteidigungsminister der Mitgliedsstaaten am Mittwoch in Brüssel wurde die Aufstellung »multinationaler Truppen« in Osteuropa beschlossen. Außerdem will das westliche Militärbündnis seine Präsenz im Mittelmeer ausbauen. Offiziell hat das NATO-Land Türkei Unterstützung bei der Überwachung der Ägäis im »Kampf gegen Schlepper« gefordert.

Russland wird seit dem Niedergang der Sowjetunion vom westlichen Militärbündnis mit immer neuen Stützpunkten im Zuge der sogenannten NATO-Osterweiterung, der Stationierung von Truppen und schwerem Kriegsgerät sowie provokativen Manövern in Grenznähe immer stärker bedrängt. So sollen die neu ins Leben gerufenen »multinationalen Einheiten« in Polen, den drei baltischen Republiken Estland, Lettland und Litauen sowie in Bulgarien und Rumänien eingesetzt werden, geplant seien 1.000 Soldaten pro Land. Abschließende Beratungen über die Aufstellung der Truppen werden auf dem NATO-Gipfel im Sommer in Warschau stattfinden. Es gehe darum, »unsere Präsenz im östlichen Teil der Allianz zu verstärken«, erklärte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg laut Nachrichtenagentur dpa gestern in Brüssel. In der vergangenen Woche hatten die USA bekanntgegeben, die Militärausgaben für die in Europa eingesetzten Kräfte um 3,4 Milliarden US-Dollar zu erhöhen. Vor allem für Übungen, Kampfausrüstung und die Militärinfrastruktur soll mehr Geld ausgegeben werden.

In der vergangenen Woche war US-General Philip Breedlove in Monte­negro, Kosovo und Serbien zu Besuch. Vor allem in Hinblick auf Monte­negro, das im vergangenen Dezember offiziell zu Beitrittsverhandlungen eingeladen worden war, betonte der militärstrategisch verantwortliche Oberbefehlshaber der NATO, dass Podgorica »sehr schnell« mit einer Mitgliedschaft rechnen könne. Das Kriegsbündnis würde so seine Präsenz auf dem Balkan erheblich ausbauen und sein Einflussgebiet zum Nachteil von Russland auf das komplette nördliche Mittelmeer ausdehnen. Dort soll der zweite am Mittwoch beratene Einsatz stattfinden: Offiziell richtet sich die NATO-Aktivität in der Ägäis gegen Schleuser, erklärte die deutsche Kriegsministerin Ursula von der Leyen in Brüssel. Auch die Marine der BRD, die bereits mit mehreren Schiffen vor Ort ist, wird sich daran beteiligen. Eine Prüfung des Einsatzes durch NATO-Militärs soll in der kommenden Woche erfolgen.

Hintergrund der verstärkten Präsenz in der Region dürften neben dem geplanten Einmarsch der NATO in Libyen, wo westliche Kriegsschiffe bereits vor der Küste »Jagd auf Schlepper« machen, auch die Kontrolle der Fluchtwege nach Europa sein. Diese könnten nach der geplanten Fertigstellung der als »Hotspots« bezeichneten Internierungslager für Asylsuchende sowie der Errichtung eines neues Grenzregimes auf der sogenannten Balkanroute auf Anweisung aus Berlin oder Brüssel versperrt werden.

Außerdem geht es dem westlichen Kriegsbündnis um die Kontrolle des Bosporus im Falle eines von der Türkei wie auch von Saudi-Arabien angekündigten Einmarsches mit Bodentruppen in Syrien. Ein Konflikt mit Russland, dessen Luftstreitkräfte auf Bitte der Regierung in Damaskus gegen die Milizen des »Islamischen Staates« kämpfen, wäre wahrscheinlich – vor allem, weil Ankara anscheinend eine direkte Konfrontation provozieren will. So meldete bereits am 1. Februar die syrische Nachrichtenagentur SANA, dass die Türkei mit Artillerie die Stadt Latakia beschossen habe. In der Nähe der Mittelmeerstadt befindet sich auch der russische Stützpunkt.



Dienstag, 9. Februar 2016

Peter Kleinert lebt nicht mehr

Liebe Mitwirkende und FreundInnen der NRhZ,

wir müssen Euch die traurige Nachricht überbringen, das Peter Kleinert, der langjährige Herausgeber der NRhZ, am 6. Februar gestorben ist. Wir können es noch nicht ganz fassen, dass nun eine Epoche unwiederbringlich vorbei ist. Nun ist es an uns gemeinsam, dieses Vermächtnis fortzuführen – in einer Zeit, in der die globalen und lokalen Auseinandersetzungen sich zuspitzen und es uns schwer machen, die Vision einer besseren Welt im Auge zu behalten.

Mit besten Grüßen
Anneliese und Andreas


(Ich als Autor zahlreicher kritischer Buchrezensionen habe Peter Kleinert sehr viel zu verdanken. Er war es, der weit über 60 Beiträge von mir begutachtet und veröffentlicht hat. Ich fühlte mich an der Seite der NRhZ politisch geborgen. Dass es in Zusammenarbeit mit den neuen Herausgebern Anneliese und Andreas so bleibt, ist auch eine Herzensangelegenheit.
Harry Popow)

Samstag, 6. Februar 2016

Flüchtlingen helfen - Kapitalismus abschaffen

(Geschrieben von Franz Witsch)

Liebe FreundeInnen des politischen Engagements,

mittlerweile gibt es seit Jahren eine öffentliche Diskussion über Flüchtlinge. Und sie wird nicht abrechen, denn es ist absehbar, dass sie weiter zu Millionen nach Europa strömen, v.a. nach Deutschland.

Wir erleben freilich eine recht blinde, ja blindwütige Diskussion, in der sich zwei Seiten unversöhnlich gegenüber stehen. Auf der einen Seite Rechtspopulisten und Neonazis, die sich in ihrem Hass auf alles, was fremd ist, gegenseitig überbieten, weil sie so etwas wie Heimat und Deutschtum bewahren wollen; auf der anderen Seite Linke und Humane, die die Willkommenskultur retten wollen.

Ich glaube, beide Seiten müssen scheitern. Genauso wie die offizielle Flüchtlingspolitik mit ihrer Arsch-Kriecherei den Rechten gegenüber scheitern muss.

Der Grund ist einfach: es gibt keine humane Lösung für Millionen von Flüchtlingen. Das hat sich bei den Linken noch nicht herumgesprochen. Sie glauben, Humanismus sei allein eine Frage des guten Willens und humaner Gesetze. Ein naiver Glaube, der die soziale und ökonomische Realität verkennt. Die richtet sich nicht nach Gesetzen und gutem Willen.

Es ist umgekehrt: der gute Wille bricht sich zusammen mit der angeblichen guten Wirkung "guter Gesetze" an der sozialen und ökonomischen Realität. Die Ökonomie ist primär, nicht das gute Gesetz, nicht der gute Wille und schon gar nicht der Glaube an das Gute im Menschen oder im Flüchtling.

Der Mensch, und Flüchtlinge sind Menschen wie wir, ist nämlich ganz anders als vorgestellt. Linke haben da ganz besonders ihre Schwierigkeiten aus einer langen Tradition heraus. Wer hätte z.B. 1913 gedacht, als das gute Gewissen der SPD, Bebel, noch lebte, dass Sozialdemokraten 1914 den Kriegskrediten im Reichstag zustimmen würden? 

Ja, Sozialdemokraten fühlten sich durch des Kaisers Spruch, er kenne keine Parteien mehr, sondern nur noch Deutsche, mächtig angesprochen, zumal von denen, die nach nach Macht und Reichtum strebten: Ebert, Noske und andere SPD-Kriegstreiber, die dann nach dem Ersten Weltkrieg Massenerschießungen gegen Demonstranten in Auftrag gaben und sich dabei aus dem Krieg entlassener Soldaten. sogenannte Freikorps, bedienten. Das geschah, "nett" gesagt, aus Hilflosigkeit, weil man an die Macht glaubte, die es zu erobern und zu halten galt.

Später glaubten die besseren Linken an die Russische Revolution, sodann an Stalin, dann an China (gegen Russland) etc. Immer war es nur Glaube, frei von Analyse und Theorie. Und jedesmal waren die Menschen, namentlich die Machthaber ganz anders als gedacht.

Man glaubte an Menschen (wie man sie brauchte, nicht wie sie tatsächlich waren), d.h. nicht an die Kraft der Analyse, die in der Lage ist, der Realität ins Auge zu sehen und begnügte sich, irgendwelchen Hirngespinsten hinterherzulaufen: der AfD, sogenannten "guten" Menschen, die alles wegbeißen, was auch nur nach Analyse und Theorie riecht, zumal wenn die sozial-ökonomische Analyse zu dem Ergebnis kommt, dass es in Unserer Gesellschaft humane Lösungen sozialer Konflikte noch nie gegeben hat und nicht schon deshalb gibt, weil wir es diesmal um Flüchtlinge geht, als würden ihnen magische Kräfte anhaften.

Die meisten Humanen sind tatsächlich Esoteriker: uneingestanden im Glauben befangen, dass die sozialen Konflikte, die sich natürlich mit Millionen Flüchtlingen zuspitzen müssen, menschenwürdig lösbar sind, während man zuvor es am sozialen Engagement für Hartz-IV-Bezieher, Arbeitslose und Obdachlose vermissen ließ. Nun, ohne Theorie gibt es kein nachhaltiges soziales Engagement für was und gegen was auch immer. Selbst wenn soziale Konflikte untergründig sich verschärfen.

Soziale Konflikte bedeuten, insbesondere wenn sie sich, wie heute, nur noch zuspitzen, dass wir in einer Gesellschaft leben, die ganz und gar nicht ok ist. Und nicht nur deshalb nicht ok ist, weil es - Überraschung! - zu viel Fremdenfeindlichkeit gibt. Die ist nämlich außerhalb von Deutschland noch viel mehr ausgeprägt. Selbst die skandinavischen Länder machen ihre Grenzen dicht. Ihre Grenzen sind ja auch nicht so umfangreich.

Ja, und wenn's drauf ankommt, dann sind Linke und Menschen, die sich auf ihre Humanität einiges einbilden, nicht einmal in der Lage, das Naheliegende zu fordern.

Es ist zum Beispiel naheliegend zu fordern, den Schusswaffengebrauch an der Grenze, der im Gesetz in Ausnahmesituationen tatsächlich vorgesehen ist, ersatzlos zu streichen. Stattdessen begnügt man sich damit, sich gegen AfDler moralisch aufzuplustern, weil sie von der Möglichkeit reden, notfalls auch Schusswaffen an der Grenze gegen Flüchtlinge einzusetzen.
(vgl. dazu den Link http://www.heise.de/tp/artikel/47/47312/1.html)

Der Schusswaffengebrauch ist nicht nur realitätsblind, sondern extrem kriminell, legalisierter Massenmord, weil es in der Praxis auf Massenerschießungen hinauslaufen muss. Wie anders will man gegen Tausende von Flüchtlingen vorgehen, wenn diese alle auf einmal deutsche Grenzen bedrängen? Will man sie alle erschießen, wie damals die SPD nach dem Ersten Weltkrieg Demonstranten massenhaft erschießen ließ?

Dabei galten SPDler damals nicht ganz zu Unrecht als "gute" Menschen, die indes auch schon mal durchdrehen, wenn sie ihre Vorstellungen von einer guten Gesellschaft sich an der Realität brechen. Und auch ihre Sündenböcke pflegen, wenn diese darauf aufmerksam machen, dass ihre Vorstellungen, resp. ihr Innenleben defizitär ist.

Ich mache jedenfalls die Erfahrung, dass Linke und Humane nicht selten knallhart ausgrenzen, wenn ihnen Argumente nicht passen; und auch schon mal durchdrehen oder werden merkwürdig schmallippig werden, so gar nicht auf substanzielle Analyse: auf Auseinandersetzung mit fremden Argumenten gepolt. Meines Erachtens sind sie nicht beziehungsfähig.

Um Missverständnisse zu vermeiden. Ich bin dafür, jeden Flüchtling aufzunehmen, bilde mir aber nicht ein, dass dies in unserem Wirtschaftssystem, dem Kapitalismus, auf menschenwürdige Weise möglich ist. Wer den Kapitalismus nicht abschaffen will, noch dazu aggressiv reagiert, wenn man dies im Interesse sozialen Friedens für unabdingbar hält, muss mir mit Moral nicht kommen. Die ist dann nur wohlfeil.

Herzliche Grüße
Franz Witsch
www.film-und-politik.de
 

Donnerstag, 4. Februar 2016

Meine aktuelle Blogstatistik

Blog-Statistik

Hits insgesamt seit Oktober 2011:


Stand vom 02.09.2013: 14.30 Uhr: 9.050
Stand vom 28.09.2013: 17 Uhr: 10.011 Hits
Stand vom 14.10.2013: 11.030 Hits
Stand vom 07.06.2014: 18.00 Uhr: 15.300 Hits
Stand vom 08.01.2015, 19:00 Uhr: 24.686 Hits
Stand vom 24.04.2015, 10 Uhr: 29.637 Hits
Stand vom 10.08.2015, 17 Uhr: 35.695 Hits
Stand vom 04.02.2016, 19 Uhr: 45.534 Hits

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Europas Zukunft auf dem Spiel
Zustimmung zu „Göttinnen im Zorn“
Rüsten gegen Russland
Kapitalistische Frauenfeindlichkeit
Generaloberst a.D. Horst Stechbarth warnt vor Krieg

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Mittwoch, 3. Februar 2016

Kapieren, was in der Welt läuft

Kapieren, was in der Welt läuft
Auszug aus der Rezension von Harry Popow „Auf Rehwildjagd mit Jesus“
(...)
Arbeitslosigkeit? Die nationale Mythologie (S. 35) propagiere Amerikaner, die „schrecklich gesund, gebildet, reich und glücklich sind.“ Der Autor setzt dagegen: Mit mindestens 19 Millionen Arbeitslosen oder arbeitenden Armen unter den Weißen habe man es zu tun, wobei der gewiss höhere Prozentsatz bei den Schwarzen liege. Die Armen und die an der Armutsgrenze angesiedelten Arbeiter unter den Weißen bewegen sich, so der Autor, „analog zu den Schwarzen und Latinos, die in Ghettos ums Dasein kämpfen, innerhalb einer mit einer Sackgasse vergleichbaren sozialen Matrix, bei der ein Scheitern vorprogrammiert zu sein scheint.“ (S. 19) Den Blick auf die Arbeiterklasse richtend, stellt Joe Bageant resignierend fest: „Die Krise, in der die Arbeiterschaft steckt, ist ebenso schrecklich wie unspektakulär. Die Passivität der Arbeiterklasse, ihre Abneigung gegenüber allem, was sie für zu intellektuell halten, und ihre Aggressivität gegenüber der Welt“ würden sich bereits zu Hause und in der Grundschule bemerkbar machen. (S. 46)

Die Folge: „Eine lausige Bildung und ein Leben in der Gladiatoren-Arena einer Marktwirtschaft, in der jeder gezwungenermaßen gegen jeden kämpft, sind ungeeignete Voraussetzungen, um Grundeinstellungen wie Optimismus oder Unvoreingenommenheit zu entwickeln, die den Liberalismus kennzeichnen.“ Ein solcher Hintergrund, meint der Autor, münde in einer Art von düsterer Grobheit und emotionaler Verrohung. Sie führe dazu, dass die betroffenen Arbeiter Kriege des amerikanischen Imperiums hinnehmen, „ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.“ (S. 87) Was Wunder, wenn die mitunter sehr gottgläubigen Menschen darauf hören, was die radikale christliche Konservative predigen, „dass Frieden niemals zur ersehnten Wiederkunft Christi führen kann und dass jeder, der sich um Frieden bemüht, ein Werkzeug Satans ist.“ (S. 186)

Unter dem Dach des Peitschen schwingenden Großunternehmertums (S. 294) entpuppe sich die viel gepriesene amerikanische Freiheit größtenteils als Fiktion. (S. 295) Die Kultur basiere auf Fernsehen und Öl. (S. 294) Das Fernsehen entmündige den amerikanischen Durchschnittsbürger, indem es ihm „die politische und intellektuelle Sphäre aus den Händen nahm.“ (S. 296)

Ohne Bildung, meint Joe Bageant, könne sich nichts ändern. Und dann haut er wieder einen sehr persönlichen Satz rein, der ihn ebenfalls sympathisch macht: „Was meine Leute wirklich brauchen, ist jemand, der einmal ordentlich auf den Tisch schlägt und laut und verständlich sagt: ´Hört mal zu, Ihr verdammten Büffelhörner! Wir sind blöder als ein beschissener Hackklotz und hätten dafür sorgen sollen, dass man uns was beibringt, damit wir wenigstens ein bisschen kapieren, was in dieser beschissenen Welt abläuft.´“

Auswege? An die Linke gewandt mahnt er, echte Bewegungen sollten das Protestpotenzial, das unter unzufriedenen und enttäuschten Leuten vorhanden ist, für ihre Ziele im Interesse der Menschen nutzen. (S. 99) Sein persönliches Fazit drückt der Autor auf Seite 213 so aus: „Ich warte begierig darauf, dass mein Streben nach einer besseren Gesellschaft endlich Früchte trägt…“
Joe Bageant: „Auf Rehwilsjagd mit Jesus“, gebundene Ausgabe: 350 Seiten, Verlag: VAT Verlag André Thiele; Auflage: 1 (9. Oktober 2012), Sprache: Deutsch, ISBN-10: 3940884928, ISBN-13: 978-3940884923




Diese Rezension ist enthalten in: Harry Popow: „WETTERLEUCHTEN - Platons erzürnte Erben haben das Wort“. Rezensionen, Essays, Tagebuch- und Blognotizen, Briefe – ein Zeitdokument“, Verlag: epubli GmbH, Auflage: 1 (18. Dezember 2015), Berlin, 392 Seiten, www.epubli.de , ISBN-10: 3737580650, ISBN-13: 978-3-7375-8065-6, Preis: 21.99 Euro

Rüsten gegen Russland

Aus: Ausgabe vom 03.02.2016, Seite 1 / Titel

Rüsten gegen Russland
Washington will deutlich mehr Waffen an NATO-Staaten in Zentral- und Osteuropa liefern. Planspiele der Kriegsallianz gegen Angriff aus dem Osten
Von Stefan Huth
Um Moskaus »Interventionspolitik« entgegenzutreten, wird das US-amerikanische Militär seine Mittel vervierfachen und seine Präsenz in Mittel- und Osteuropa verstärken. Der entsprechende Pentagon-Etat werde im kommenden Jahr auf 3,4 Milliarden Dollar (3,1 Milliarden Euro) erhöht, viermal mehr als 2016. Das teilte US-Verteidigungsminister Ashton Carter am Dienstag in Washington mit. »Wir verstärken uns in Europa, um unsere NATO-Verbündeten angesichts der russischen Aggression zu unterstützen«, sagte er. Das Geld werde in die Stationierung von mehr Truppen in Europa gesteckt, in mehr Ausbildung und Manöver mit den Verbündeten sowie in die Bereitstellung von Kampfausrüstung und Infrastruktur. Der Umfang des gesamten Rüstungsbudgets in Höhe von 583 Milliarden Dollar orientiere sich an fünf Faktoren: dem Aufstieg Russ­lands und dem Chinas; der Bedrohung der USA und seiner pazifischen Verbündeten durch Nordkorea; dem »unheilvollen Einfluss« Irans auf US-Verbündete in der Golfregion und den fortgesetzten Kampf gegen den »Islamischen Staat«. Der Kongress muss dem Haushaltsplan noch zustimmen.

Bereits zuvor hatte die New York Times (NYT) unter Berufung auf offizielle Quellen von entsprechenden Plänen des US-Militärs berichtet. Einem Artikel zufolge, der am Montag (Ortszeit) unter der Überschrift »Europa befestigen, um Putin die Stirn zu bieten« in der Onlineausgabe erschienen ist, existieren Pläne, eine vollständige Panzerbrigade in der Region dauerhaft für den Einsatz bereitzuhalten. Um bestehende Obergrenzen zu umgehen, soll das Geld aus einem speziellen Interventionsfonds kommen, aus dem ansonsten diverse Abteilungen des »Kriegs gegen den Terror« finanziert werden.

Laut NYT zeigten sich Experten erstaunt über den Umfang der Aufstockung der militärischen Mittel für Europa. Unter den Empfängerstaaten für Material und zusätzliche Truppen befänden sich laut Quellen aus dem US-Verteidigungsministerium Ungarn, Rumänien und die baltischen Staaten. Die Zeitung zitiert die Pentagon-Mitarbeiterin Evelyn N. Farkas, bis Oktober 2015 auf höchster Ebene zuständig für die Politik gegenüber Russland und der Ukraine: »Das ist eine wirklich große Sache, und die Russen werden ausrasten. Es ist ein gewaltiges Zeichen unserer Entschlossenheit, Russland abzuschrecken und unser Bündnis und unsere Partnerschaft mit Ländern wie der Ukraine, Moldawien und Georgien zu stärken.«

Während Washington die nächste Runde des Hochrüstens einleitet, wollen die NATO-Verteidigungsminister laut einem Bericht der Welt am Sonntag (WamS) bei einem Treffen Mitte Februar in Brüssel für den Krisenfall einer Attacke aus dem Osten trainieren. In einer geheimen Sitzung solle ein solcher Angriff auf das Verteidigungsbündnis simuliert werden, so das Blatt unter Berufung auf hochrangige NATO-Kreise. »Sie üben Krisenmanagement.« »Die Minister müssen bei dieser Simulation unter Zeitdruck entscheiden, was die NATO tut – inklusive der Verlegung von Truppen«, so ein Diplomat der Kriegsallianz gegenüber WamS. Die Verteidigungsminister würden mit einem sogenannten hybriden Szenario konfrontiert, das sich in ähnlicher Weise bereits bei der Annexion der Krim durch Russland abgespielt hatte. Russland werde aber ausdrücklich nicht als Aggressor erwähnt. Das Feindbild steht ohnehin.(mit Material von AFP



Montag, 1. Februar 2016

Europas Zukunft auf dem Spiel

Entnommen: http://www.info-direkt.eu/dr-eva-maria-barki-die-krim-als-vorwand-fuer-den-subversiven-krieg-gegen-russland/   

Textauszüge:

Dr. Eva Maria Barki: Die Krim als Vorwand für den subversiven Krieg gegen Russland

22. Januar 2016

Rechtsanwältin Dr. Eva Maria Barki

Info-DIREKT veröffentlicht heute einen weiteren wichtigen theoretischen Beitrag der Wiener Rechtsanwältin Dr. Eva Maria Barki, der dem Leser das häufig missverstandene oder missinterpretierte völkerrechtliche Instrument des „Selbstbestimmungsrechts der Völker“ näherbringt und anhand höchst aktueller Beispiele veranschaulicht; dieses „Selbstbestimmungsrecht“ geht uns alle an, denn – siehe Schlussfolgerung des Aufsatzes – Europas Zukunft steht auf dem Spiel!

DIE KRIM ALS VORWAND FÜR DEN SUBVERSIVEN KRIEG GEGEN RUSSLAND
KOSOVO ALS PRÄZEDENZFALL

Eine politische und rechtliche Analyse zum Selbstbestimmungsrecht der Völker

Eva Maria Barki

Europa als geopolitisches Schachbrett im neuen Ost-West Konflikt

Es ist nicht das erste Mal, dass Papst Franziskus anlässlich der Anschläge in Paris von einem 3. Weltkrieg spricht, der sich in Etappen entwickelt und zunehmend immer größere Bereiche erfasst. Europa wurde zum Schachbrett der geopolitischen Interessen und läuft Gefahr zum Schlachtfeld zu werden. Die Migrationsflut und die daraus resultierenden Gefahren sind aber nicht die Ursache, sondern das Ergebnis einer Entwicklung, die sich bereits seit dem Ende des Kalten Krieges abzeichnet. Wer sind die Kriegführenden und was sind die Kriegsziele?

Die vergebene Chance des Jahres 1989

Europa hat 1989 eine Sternstunde seiner Geschichte erlebt, als die Montagsdemonstrationen in Leipzig mit dem Ruf „Wir sind das Volk“ die Berliner Mauer zu Fall brachten und gegen alle Diplomatie der Welt die Wiedervereinigung Deutschlands erzwungen haben. Es war der sowjetische Außenminister Eduard Schewardnaze, der die Bedeutung dieses Ereignisses erkannte und bei den 2+4 Verhandlungen in Bonn in Worte fasste: „Ein neues Zeitalter hat in Europa begonnen, das Zeitalter der Selbstbestimmung“.

Europa hat die Zeichen der Zeit jedoch nicht verstanden. Sowohl die baltischen Völker als auch die Völker Jugoslawiens mussten sich das Selbstbestimmungsrecht erkämpfen, vielen anderen ist es nach wie vor verwehrt. Die historische Chance zur Schaffung des gemeinsamen Hauses Europa, von dem man träumte, wurde versäumt. Dieses Haus steht nunmehr wirtschaftlich, politisch und gesellschaftlich in Trümmern. Eine der Ruinen ist die Ukraine, die zum Symbol falscher europäischer Politik geworden ist. Einer Politik, die Angst vor dem Selbstbestimmungsrecht hat und das Völkerrecht missachtet. Einer Politik, die jede Selbständigkeit aufgegeben hat und zum eigenen Nachteil, zum eigenen Schaden als treuer Vasall der Vereinigten Staaten ausschließlich deren Interessen verfolgt.

Der Anspruch der USA auf Erhalt der unipolaren Weltordnung und Eindämmung Russlands

Diese Interessen wurden von den USA nach dem Zerfall der Sowjetunion und Beendigung der bipolaren Machtverhältnisse auch nie verheimlicht, sondern klar definiert. Bereits 1991 beanspruchte Präsident Bush unter dem Namen einer „neuen Weltordnung“ das Machtmonopol der USA als einzige Supermacht. An Stelle einer Zusammenarbeit mit Russland, an Stelle einer gesamteuropäischen Sicherheitsstruktur, die sich nach der Auflösung des Warschauer Paktes angeboten hätte, wurde Russland als Rivale und nicht als Partner angesehen. Den Identitätsfindungsprozess Russlands, seine Neuorientierung und die wirtschaftliche Kluft zum Westen ausnützend, haben die Vereinigten Staaten, von ihrer Macht und politischen Stärke berauscht, die NATO vereinbarungswidrig nach Osten erweitert und eine Politik der Einkreisung Russlands in die Wege geleitet. In der National Security Strategy 2002 finden sich die Grundzüge der auf der Wolfowitz Doktrin beruhenden postbipolaren Weltordnung, welche die bisherige internationale Ordnung in Frage gestellt hat. Im Einklang mit der neuen NATO Doktrin von einem Verteidigungsbündnis zu einem Angriffsbündnis unter Missachtung des seit dem Westfälischen Frieden geltenden Grundsatzes der staatlichen Souveränität, sowie des Grundsatzes des Selbstbestimmungsrechtes der Völker (Einsätze auch ohne UN-Mandat zur Durchsetzung von Wirtschafts- und Sicherheitsinteressen) hatte sie den Erhalt und die schrankenlose Ausweitung der US-Hegemonie zum Inhalt. Demgemäß sollte „jede feindliche Macht daran gehindert werden, eine Region zu dominieren“. Als feindliche Macht gelten Russland und China. Ihre Eindämmung hat bis heute oberste Priorität. Und an diesem Ziel haben sich auch alle anderen Staaten zu orientieren.

(…)

Rechtmäßiger Ablauf des Referendums

Das Referendum auf der Krim ist ohne Zwischenfälle, ohne Gewalteinwirkung oder Beeinflussung abgelaufen und hat die erforderliche erhebliche Mehrheit für die Sezession ergeben, sodass kein Grund zu erkennen ist, das Ergebnis der Volksabstimmung nicht anzuerkennen.

Die von einigen Kritikern aufgestellte Behauptung, die Bevölkerung der Krim erfülle nicht die Definition eines Volkes, ist so absurd, dass hierauf nicht im Einzelnen eingegangen werden muss. Alle Kriterien eines Volkes: gemeinsames, abgegrenztes Territorium, gemeinsame Geschichte, kulturelle Entwicklung, Homogenität im Anspruch auf zumindest autonome Selbstverwaltung, sowie als wichtigstes Merkmal die Selbstdefinition sind gegeben.

Selbst wenn es die vom Westen behauptete Unterstützung des Referendums durch Russland gegeben hat, so war dies zum Schutz vor Beeinflussung und Gewaltanwendung durch die Zentralgewalt der Ukraine im Hinblick auf die Gewaltmaßnahmen in Kiew gerechtfertigt und war Russland hiezu nicht nur berechtigt, sondern völkerrechtlich sogar verpflichtet.

(…)

Präzedenzwirkung Kosovo

Da sich das Parlament der Krim bei seiner Beschlussfassung über die Unabhängigkeit ausdrücklich auf den Präzedenzfall Kosovo berufen hat und andererseits auch die Kritiker sich auf Kosovo zum Beweis des Gegenteils berufen, darf der Fall Kosovo nicht unbeachtet bleiben, zumal auch weil ein Gutachten des Internationalen Gerichtshofes vorliegt. Aber auch deshalb, weil nichts besser die rein geopolitischen Motive der Vereinigten Staaten beleuchtet als der Vergleich Kosovo – Krim.
Um es vorweg zu nehmen: Die Loslösung des Kosovo von Serbien entsprach zweifellos dem Willen der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung, da der autonome Status unter Präsident Milosevic aufgehoben worden war (gleichzeitig auch die Autonomie der Vojvodina) und die Rechte im Kosovo (genauso wie in der Vojvodina) drastisch eingeschränkt wurden.

Trotzdem war die rasche Anerkennung des Kosovo bemerkenswert.
Ein kurzer Rückblick auf die Ereignisse in Jugoslawien zur Zeit der Unabhängigkeitsbestrebungen und insbesondere ein Vergleich mit Kroatien ist für das Verständnis notwendig.

Gegen das nach Unabhängigkeit strebende Kroatien wurde von der Belgrader Regierung die noch verbliebene Jugoslawischen Volksarmee eingesetzt, die gemeinsam mit paramilitärischen serbischen Einheiten intensive Aggressionshandlungen unter Einsatz von Artillerie, schweren Waffen, Bomben und Minen setzten und ganze Dörfer zerstörten und ethnisch säuberten. Vukovar wurde mit Panzern und schwerer Artillerie eingenommen, historische Städte wie Dubrovnik wurden angegriffen, 20.000 Zivilisten wurden getötet, 170.000 Kroaten wurden vertrieben.
Trotz dieser schweren Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind die Vereinigten Staaten für ein ungeteiltes Jugoslawien eingetreten (James Baker in Belgrad), ebenso die Europäische Union. Den Kroaten sollte das Selbstbestimmungsrecht verweigert werden. Die NATO sah keinen Grund zum Eingreifen. (Carl Bildt rückblickend: „The European Union lacked the ability to act, and NATO did not have the ambition to become involved.“)

Die Anerkennung der Unabhängigkeit Kroatiens erfolgte schließlich auf Drängen Deutschlands und Österreichs. Die Vereinigten Staaten haben Kroatien erst ein Jahr später anerkannt!

Ganz anders die Situation im Kosovo, das im geopolitischen Interesse der Vereinigten Staaten stand. Die separatistischen Bestrebungen der Kosovo Albaner und die paramilitärische UCK wurden von Anfang an unterstützt. In den Friedensverhandlungen von Rambouillet wurde der serbischen Seite am 17.3.1999 ein Ultimatum zur Annahme des von der NATO vorbereiteten Friedensvertrages gesetzt, in welchem die bis dahin geheim gehaltenen Bedingungen, nämlich freie Beweglichkeit der NATO in ganz Jugoslawien (!) und Nutzung aller Einrichtungen sowie Immunität aller NATO Angehörigen akzeptiert werden sollten.

Wiewohl das serbische Parlament in seiner Resolution vom 23.3.1999 eine weitgehende Autonomie für Kosovo in Aussicht stellte und die OSZE um Hilfe bat, hat die NATO bereits einen Tag später, am 24.3.1999 mit der Bombardierung Jugoslawiens begonnen. Als Begründung wurde ein humanitärer Einsatz zur Verhinderung eines Völkermordes genannt.
Der ohne Zustimmung des UN-Sicherheitsrates geführte Krieg gegen Jugoslawien war völkerrechtswidrig. Das Ergebnis waren 6.800 Tote – darunter 1.800 Zivilisten, 1 Million Vertriebene und namhafte Zerstörungen, insbesondere der Infrastruktur und Industriebetriebe.
Unmittelbar nach der Bombardierung wurde von den USA ein 386 ha großes Areal beschlagnahmt und die Militärbasis Camp Bondsteel, die größte US Militärbasis im Ausland, errichtet. Eine Militärbasis, die für die Kontrolle des Balkans, aber auch des Nahen und Mittleren Ostens von großer strategischer Bedeutung ist.

In der Folge wurde mit Resolution 1244 des UN-Sicherheitsrates vom 10.6.1999, in der die Souveränität und territoriale Unversehrtheit der Bundesrepublik Jugoslawien betont wird, die Grundlage für eine Übergangsverwaltung durch die Vereinten Nationengeschaffen.

Neun Jahre nach Beendigung des Krieges verkündete das Parlament in Pristina am Sonntag, den 17.2.2008: „Wir erklären, dass Kosovo ein unabhängiger, souveräner und demokratischer Staat ist.“ Die Erklärung wurde keiner Volksabstimmung unterzogen (wie auf der Krim).
Die Vereinigten Staaten haben bereits einen Tag später(!), am 18.2.2008 die Unabhängigkeit anerkannt und gratulierten zu dem „historischen Ereignis“.

Gutachten des Internationalen Gerichtshofes:

Der Internationale Gerichtshof kam in seinem Gutachten zu dem Schluss, dass Unabhängigkeitserklärungen im Völkerrecht zulässig sind und die Erklärung des Parlaments weder die Verfassung noch die Resolution 1244 verletzt. Das Gericht betonte, dass der Grundsatz der Achtung der territorialen Integrität nur für Beziehungen zwischen den Staaten und nicht für Völker gilt. Auch die UN-Resolution 1244 habe nur die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen verpflichtet, nicht jedoch das Volk des Kosovo. Die wesentliche Frage, ob die Erklärung des Parlamentes auch ohne Volksabstimmung dem Volk von Kosovo zuzurechnen ist, bejahte das Gericht, weil die Abgeordneten als Volksvertreter und damit nicht im Rahmen der UN-Resolution gehandelt haben.

Wiewohl das Gutachten des Internationalen Gerichtshofes rechtlich nicht bindend ist, kommt ihm doch Präzedenzwirkung zu. Insbesondere der Ausspruch, dass die Unabhängigkeitserklärung selbst einem UN-Beschluss nicht entgegensteht und die ausdrückliche Betonung der Gültigkeit der Erklärung auch ohne Referendum, das sonst immer gefordert wird, stellt eine erweiternde Auslegung des Selbstbestimmungsrechts und wesentliche Bekräftigung seiner Ausübung dar.

Schlussfolgerung

Kosovo ist in mehrfacher Hinsicht ein Meilenstein und Wendepunkt.
Ein Meilenstein, weil sich der Internationale Gerichtshof zum ersten Mal mit der Unabhängigkeitserklärung eines Volkes in Europa befasst und ihr Rechtsgültigkeit auch ohne Referendum zuerkannt hat, und zwar nicht nur gegen die Verfassungsordnung des bisherigen Staates, sondern sogar gegen die in einer UN-Resolution bekräftigte Unverletzlichkeit der Grenzen dieses Staates. Eine rechtlich gegenteilige Begründung erscheint nach diesem Gutachten ausgeschlossen.

Einen Wendepunkt stellt Kosovo dar, weil der seit dem Westfälischen Frieden im Westen unangefochtene Grundsatz der Achtung der staatlichen Souveränität keine Beachtung mehr findet. Die NATO wurde von einem Verteidigungsbündnis unter dem Vorwand der „responsibility to protect“ zu einem Bündnis zur Durchsetzung der Interessen der Vereinigten Staaten. Der völkerrechtswidrige Krieg gegen Belgrad war der Anfang, es folgten zahlreiche andere völkerrechtswidrige Kriege und Aggressionen der NATO bzw. unter der Verantwortung der Vereinigten Staaten.
Dort wo sich Staaten den Interessen der Vereinigten Staaten widersetzen, werden sie destabilisiert, auch mit völkerrechtswidrigen Mitteln. Dort wo es die geopolitischen und wirtschaftlichen Interessen der Vereinigten Staaten fördert, wie im Kosovo, wird das Völkerrecht benützt.
Die Gegenüberstellung Kosovo mit Kroatien und insbesondere der Krim zeigt deutlich, dass für die USA ausschließlich geopolitische Interessen maßgebend sind, und zwar die Erlangung der Vorherrschaft in Europa und in der Welt und die hierzu erforderliche Eindämmung Russlands. Macht geht vor Recht. Das Völkerrecht ist keine Kategorie mehr. Kissinger forderte bereits vor Jahren, das Völkerrecht müsse umgeschrieben werden, es habe keine Aktualität mehr und meinte damit offensichtlich, dass es dem Hegemonialanspruch der Vereinigten Staaten als alleinige Weltmacht im Wege steht.

Die Europäische Union degradiert sich zur willfährigen Marionette der Vereinigten Staaten und führt die Völker und Nationen in die Katastrophe. Die Konfrontation mit Russland ist nur ein Akt der Tragödie, die zum Untergang führen kann. Der zweite Akt ist die Wirtschaftskrise, Finanzkrise und Krise der gesamten europäischen Rechtsordnung, wozu noch die tödlichen Gefahr des TTIP kommt. Der dritte und selbstmörderische Akt ist die organisierte Massenüberflutung mit kulturfremden Migranten zur Schaffung einer homogenen, entnationalisierten Bevölkerung, die manipulierbar, leicht lenkbar und beherrschbar ist.

Europas Zukunft steht auf dem Spiel. Wir dürfen das Ende der europäischen Kultur und Geschichte nicht zulassen. Europa darf nicht weiter Schachbrett im Neuen Großen Spiel zwischen West und Ost sein. Es darf sich vom eurasischen Kontinent, insbesondere von Russland, das ein wichtiger Teil Europas ist, nicht abspalten lassen und die politischen und wirtschaftlichen Kräfte nicht zum eigenen Schaden gegeneinander ausspielen. Europa muss sich vom Machtmonopol der Vereinigten Staaten loslösen, seine eigene Identität wiederfinden und zu seinen Wurzeln und seiner Würde zurückkehren.

Europa muss zurückkehren zum Völkerrecht auf der Basis der Souveränität der Staaten und des Selbstbestimmungsrechtes der Völker als unverzichtbare Grundvoraussetzung für Freiheit und Demokratie.


Widerspruch:

Chance für Europa? Sternstunde? Der Autorin darf hier ruhig widersprochen werden. Chance für wen? Unter der Überschrift "Die große Toröffnung" schrieb ich in diesem Blog an anderer Stelle u.a.:

Der neunte November. Maueröffnung. Hurra, hurra!! Nicht enden wollender Jubel. Auch nach 25 Jahren Leben in der BRD noch? Für wen? Jubeln solle man, das ist die Freude Jedermanns, vor allem aber derjenigen, die sich raubritterartig einstiges Volkseigentum unter den Nagel rissen. Die haben sogar Mehr-Wert-Grund zum großmäuligen Jubeln. So eine Toröffnung, so ein Einfallstor für´s Kapital. So eine gierige Wiederinbesitznahme von Land, Leuten und Betrieben, von Straßen und Eisenbahnnetzen. Deren Geheimcode: Nie wieder Enteignungen. Nie wieder links. Nie wieder Sozialismus. Der Antikommunismus lässt grüßen. Freie Bahn für Investoren. Grünes Licht für neue Ausbeutung, freies Geleit für Emporkömmlinge, für Karrieristen und Halsabschneider.
(...)
H.P.