Entnommen: http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=28414
Johannes Menath: "Moderne Propaganda. 80 Methoden der Meinungslenkung"
Die gezielte Beeinflussung - Ein brisantes Buch über Methoden politischer Propaganda
Buchbesprechung von Wolfgang Bittner
Die Meinungsmanipulation hält die Menschen im Griff. Fast jeder hat eine
Meinung, aber es fragt sich, wie sie zustanden kommt. Dabei spielen die
Medien eine Hauptrolle, sie bestimmen, was wie gewusst wird. Wer sie
besitzt, hat die Deutungshoheit und verfügt über die eigentliche Macht
im Staat. Aber von ausschlaggebender Bedeutung ist, wer die
Manipulatoren manipuliert beziehungsweise lenkt. Nun registrieren wir
schon seit langem das, was der Herausgeber der NachDenkSeiten, Albrecht
Müller, in seinem Buch „Glaube wenig, Hinterfrage alles, Denke selbst“
in Vermeidung des Begriffs der Gleichschaltung aus der Nazi-Zeit
„Gleichrichtung“ genannt hat. Zeitweise ist zu bemerken, dass fast alle
Medien zum selben Thema dieselben Meinungen vertreten, oft sogar
wortgleich, wobei die verwendeten Begriffe offensichtlich vorgegeben
sind.
Nicht selten scheint es so, als bezögen Redaktionen, aber auch Politiker
und Politikerinnen, ihre Informationen von dubiosen
„Service-Agenturen“, die Regierungspropaganda betreiben, zumeist
übereinstimmend mit US-amerikanischen Interessen. Sehr deutlich wurde
das in letzter Zeit bei Kommentaren zu Russland, China, Iran, Syrien,
Venezuela und insbesondere bei Berichten von der „Kriegsfront“ in der
Ukraine.
Das alles ist von den Bürgern, den Medienkonsumenten, nur schwer zu
durchschauen, vielen ist überhaupt nicht bewusst, dass sie in ihrer
Meinungsbildung manipuliert werden. An dieser Stelle setzt auch das
soeben erschienene Buch „Moderne Propaganda. 80 Methoden der
Meinungslenkung“ an. Der Autor Johannes Menath (29) ist Chemieingenieur,
nach eigenen Angaben parteilos, und hat zusammen mit Freunden eine
„Agora-Initiative“ gegründet (Agora war der Markplatz im antiken Athen),
in der politische Themen diskutiert werden. Daraus entstand 2021 ein
schmaler Band mit dem Titel „Handbuch der öffentlichen Meinung“, der in
Insiderkreisen Aufsehen erregte.
In dem nun erschienenen Buch geht Menath genauer auf Methoden der
politischen Propaganda, also der „gezielten Beeinflussung unseres
Denkens, Fühlens und Handelns“ ein. „Das Repertoire an Methoden ist
enorm, die Meinungslenkung als solche bei vielen Formen aber nur schwer
zu entlarven“, heißt es im Klappentext. Propaganda zu durchschauen und
sie damit ihrer „Wirkmacht“ zu entziehen, ist ein Anliegen des
übersichtlich gegliederten, auch für weniger politisch informierte
Menschen gut lesbaren Buches.
In seiner Einleitung schreibt Menath: „ Die Massenkommunikation
entfesselt mithilfe der Instrumentalisierung psychologischer Effekte
eine Gewalt, die für denjenigen unsichtbar bleibt, der in ihrem Bann
steht.“ Er stellt die hochaktuelle Frage: „Wie bringt man die
Bevölkerung eines Landes dazu, in einen Krieg zu ziehen, den sie
eigentlich nicht will? Wie bringt man sie dazu, ein Ziel zu verfolgen,
das gegen ihre fundamentalen Interessen verstößt?“ Seine Antwort lautet:
„Eine unsichtbare Wolke künstlicher Emotionen, Meinungen, Propaganda
kann Weltanschauungen verbreiten. Gehorsam oder Revolutionen erzeugen,
Kriegen zum Ausbruch verhelfen und sie beenden, Politiker stürzen – oder
zu Staatsoberhäuptern machen.“
Im Folgenden stellt Menath 80 Methoden der Meinungslenkung und -bildung
vor. Dass er dabei zumeist von wissenschaftlichen Erkenntnissen ausgeht,
sich dementsprechend in seinen Ausführungen häufig neutral verhält,
wird gleich zu Anfang in den Kapiteln „Framing und „Monopolisierung“
deutlich. Zum Beispiel geht er darauf ein, „dass Kriege oft damit
begründet werden, man müsse den Menschen des Landes, gegen das man Krieg
führt, ‚helfen‘, man müsse ihnen ‚Freiheit und Demokratie bringen‘“.
Obwohl die USA an dieser Stelle nicht genannt werden, ist natürlich
völlig klar, wo der „Deutungsrahmen, der hier erzeugt wird“ zum Tragen
kommt, nämlich in der seit jeher praktizierten Destabilisierungspolitik
und der Kriegsführung der Supermacht, von der die meisten Konflikte der
vergangenen Jahrzehnte verursacht worden sind.
In gleicher Weise verfährt der Autor, wenn er zur Monopolisierung
bestimmter Sachverhalte schreibt: „Wird ein Thema jedoch stets auf ein
und dieselbe Art und Weise präsentiert, verleitet das zu dem Schluss, es
handle sich um die alleinige Wahrheit, und es suggeriert, dass
derjenige doch verrückt sein muss, der eine andere Ansicht vertritt.“
Dies führe dazu, „dass kritisch denkende Menschen zu Außenseitern
abgestempelt werden, sobald sie ihren Standpunkt äußern“.
Folglich hielten sich viele mit ihrer Meinung und ihren Erkenntnissen
zurück und setzten damit eine „Schweigespirale“ in Gang, einen
„Teufelskreis aus einseitiger Berichterstattung und immer größer
werdender Angst, sich abweichend zum Meinungsmonopol zu äußern“. Das
unterbinde jeden politischen Diskurs, so Menath. „Die Medien sind zum
einzigen Organ geworden, das die öffentliche Meinung bestimmt.“
Auch wenn hier nicht der Umgang mit der Corona-Pandemie und dem
Ukraine-Krieg thematisiert wird, ist unmittelbar einsichtig, was gemeint
ist. Aber die Schlussfolgerung überlässt Menath – ebenso wie beim
Deutungsrahmen „Krieg für die Menschenrechte“, den Lesern. Das kann als
Plus des Buches gewertet werden, ermöglicht es doch voreingenommenen
Lesern gerade bei diesen umstrittenen Themen zu eigenen Überlegungen zu
kommen, eventuell sogar dazu, für sich die gegenwärtige politische
Situation zu analysieren – eine bemerkenswerte Strategie, die aufgehen
könnte. Der Autor referiert die Methoden der Meinungslenkung, ohne
konkret auf die politische Realität einzugehen, doch diese tritt immer
wieder unmissverständlich hervor.
Wenn Menath auf die Steuerung der öffentlichen Meinung durch Lüge,
Verschweigen oder Inszenierung von Scheindebatten eingeht, gibt er dann
doch konkrete Beispiele wie den Eintritt in den Irakkrieg und den Sturz
der sandinistischen Regierung von Nicaragua 1986. Er nennt die
Reizwörter in der Berichterstattung, die beim Publikum negative
emotionale Reaktionen hervorrufen, zum Beispiel „Regime“,
„Verschwörungstheoretiker“, „Gutmensch“ oder „Wutbürger“. Widerständige
Politiker werden dämonisiert und als „Teufel in Person“ dargestellt, so
Milosevic, Gaddafi, Saddam Hussein oder Assad, andere werden hofiert.
Wie Protestbewegungen zum Verstummen gebracht werden können, beschreibt
Menath in dem Kapitel „Demontage mithilfe der Mohawk-Valley-Formel“,
einer Methode von 1937, um den Willen streikender Arbeiter zu brechen
(worauf Noam Chonsky in seinem Buch „Media Control“ eingeht): „Zuerst
muss man Propaganda verbreiten, welche die protestierende Gruppe als
Feind der Ordnung brandmarkt und zum Außenseiter erklärt. Dann ist ein
Kreis aus einflussreichen und prominenten Personen zu bilden, der sich
gegen die Demonstranten wendet, während diese gleichzeitig mit massiver
Polizeigewalt eingeschüchtert werden. Im nächsten Schritt gründet man
eine Gegenbewegung…“
Wem fällt da nicht sofort die hasserfüllte Propaganda gegen die
Querdenker-Bewegung ein. Organisatoren und Redner wurden durch
Einschüchterung, Rufschädigung und juristischen Druck „ausgeschaltet“,
einzelne Gruppen durch Unterwanderung gezielt zersetzt. Auf diese Weise
gehen Verwaltungsbehörden, Polizei, Justiz und Geheimdienste gegen
Bürger vor, die berechtigte, aber von der Obrigkeit nicht akzeptierte
Anliegen vertreten.
Auch kritische Autoren und Autorinnen können ohne viel Aufhebens mundtot
gemacht werden, indem man sie verschweigt, boykottiert, diskreditiert
oder dafür sorgt, dass ihre Bücher im Handel „ausgelistet“ werden. Sind
sie bereits populär, wird auf ihre „Gefährlichkeit“ hingewiesen, anstatt
sich mit den Inhalten ihrer Bücher auseinanderzusetzen.
Menath nennt weitere Methoden, die vermehrt eingesetzt werden: Zensur,
Desinformation, Diffamierung oder auch „Kanalisierung“, indem man „den
politischen Gegner dazu bringt, dass er von seinen Kernthemen abrückt,
bei Linken etwa weg von der Globalisierungskritik, um sich stattdessen
Geschlechterfragen oder dem Umweltaktivismus zuzuwenden…“
Besonders effektiv in der Meinungsmanipulation ist die verdeckte Form
von Propaganda durch scheinbar unabhängige Medien, die eine einhellige
Meinung präsentieren, zum Beispiel staatlicher oder einflussreicher
privater Stellen, was nicht ohne weiteres erkennbar ist. Damit hat
tagtäglich zu tun, wer das Radio anstellt, ins Fernsehen oder in die
maßgebenden Zeitungen schaut. Nicht selten wird eine Realität
vorgespiegelt, die es nicht gibt. Und das hat dazu geführt, dass viele
Menschen aufgrund der Informationsschwemme und Reizüberflutung nicht
mehr unterscheiden können, was richtig und falsch, was wahr oder gelogen
ist.
Zu dieser gegenwärtigen gesellschaftlichen Situation greift Menath auf
ein Goethe-Zitat zurück: „Niemand ist mehr Sklave, als der sich für frei
hält, ohne es zu sein.“ Er plädiert für Aufklärung und Bildung, „gerade
auch in Hinblick auf Faktoren, die unsere Psyche beeinflussen“, denn
„jede Demokratie ist nur so stark wie das souveräne Bewusstsein der
Wähler“. Er betont: „Wer ein Gespür für die Empfindlichkeit von
Meinungsbildungsprozessen besitzt und demokratiegefährdenden Tendenzen
in seinem Land etwas entgegensetzen möchte, der muss selbst aktiv
werden“, vor allem „einen Weg zur mentalen Befreiung finden“.
Alles in allem hat Johannes Menath ein Standartwerk zur Meinungslenkung
verfasst, dem eine breite Leserschaft zu wünschen ist. Und dem Verleger
des zeitgeist Verlags, Thomas Röttcher, ist zu danken, dass er wieder
ein durchaus brisantes Buch veröffentlicht hat, was in der
Verlagsbranche schon länger keine Selbstverständlichkeit mehr ist.
Johannes Menath: "Moderne Propaganda. 80 Methoden der Meinungslenkung"
Verlag zeitgeist, Höhr-Grenzhausen 2022, 160 Seiten, Taschenbuch, 16,90 Euro
Erstveröffentlichung am 13. Dezember 2022 bei NachDenkSeiten
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen