Entnommen: http://www.rotfuchs.net/files/rotfuchs-ausgaben-pdf/2021/RF-285-10-21.pdf
Aktuelles
aus der Oktober-Zeitschrift „RotFuchs“
Folge - (Textauszüge)
Gedanken über einen „neuen“ Kalten Krieg
Die
Ära des Kalten Krieges, die bald nach dem II. Weltkrieg einsetzte
und nun seit dreißig Jahren der Geschichte angehört, war eigentlich
ein aktiv betriebener Nicht-Frieden. Er konnte binnen weniger Stunden
zu einem atomaren Krieg werden und einen Großteil der Menschheit
vernichten. Zeitlich „verortet“ von 1947 bis 1991 war ihm ein
enormes Unsummen verschlingendes Wettrüsten immanent, das vor allem
die weitere Entwicklung der Nuklear- und Raketentechnologie
beinhaltete. Man braucht kein Prophet zu sein, um zu sagen, daß man
mit den enormen für die Rüstung ausgegeben Mitteln in diesen 45
Jahren grundlegende globale Probleme der Menschheitsent wicklung,
hier u.a. Klima- und Umweltforschung , Fragen der
Weltenergieproblematik, Medizinforschung und gute Medizin für alle,
Kampf gegen Armut in der Welt und Unterernährung, usw. hätte
zumindest in Ansätzen lösen können. Denkt man dieses für die
letzten 30 Jahre weiter, gäbe es heute wohl keine Klima- und
Umweltkrise in der heutigen Dimension.
(…)
Globales Weltbild
und
Rüstungswettlauf heute
Verändert hat sich die Situation insofern gravierend, da seit einigen Jahren mit China eine neue und starke wirtschaftliche und militärische Macht die Bühne betreten hat. Als Supermächte werden heute 30 Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges von SIPRI (Stockholm International Peace Research Institute) vor allem die USA und China betrachtet. Rußland lag 2020 bei den Militärausgaben mit 3,1 % hinter Indien (3,7 %) auf Rang vier und gibt in den letzten Jahren nachweisbar weniger für die Rüstung aus. Diese Zahlen sagen ganz lapidar aus, daß Rußland in 2020 im Vergleich zu den USA ein Zehntel dessen für die Rüstung ausgegeben hat. Erstens kann sich Rußland derartige Zuwächse wie die USA gar nicht leisten und zweitens – wie Putin betonte – will man sich nicht erneut zum „Totrüsten“ treiben lassen. Er macht aber auch keinen Hehl daraus auch Atomwaffen einzusetzen, wenn man die Existenz des Staates bedroht sieht. So hat er in den letzten Jahren in der Öffentlichkeit mehrfach über neu in Dienst gestellte bzw. sich in der Entwicklung befindliche Waffensysteme informiert. Der kostspielige Versuch eines US-Raketenabwehrschirm um Rußlands strategisches Arsenal zu neutralisieren, ist mit den gegenwärtigen Entwicklungen um die Hyperschallnutzung gescheitert. Zugleich sind die Fähigkeiten Rußlands angreifende Raketen selbst abzufangen angestiegen, so mit dem rund um Moskau aufgestellten neuen System S-500. Weltweit wird unverändert immer mehr Geld in die Rüstung gesteckt: 1981 Milliarden (1.981.000.000.000) US-Dollar haben die Staaten der Welt 2020 für Rüstungsgüter ausgegeben. Das waren bei einer Weltbevölkerung von mehr als 7,8 Milliarden Menschen ca. 253 Euro Militärausgaben pro Kopf. Es war der höchste Wert seit 1988. Festgestellt werden muß auch, daß die Corona-Pandemie keinen nennenswerten Einf luß auf die weltweiten Rüstungsausgaben 2020 gehabt hat. Die Militärausgaben sind angestiegen, mitten in einem wirtschaftlichen Niedergang.
Welche
Länder geben am meisten für Militär aus? – fragt SIPRI jedes
Jahr. Das Friedensforschungsinstitut in Stockholm zeigt auf, daß die
USA im Jahr 2020 mit 778 Milliarden US-Dollar allein etwa 39 % der
weltweiten Rüstungsausgaben tätigten und damit mit deutlichem
Abstand vor allen anderen Staaten liegen. China folgt mit 13 %, das
sind über 250 Milliarden US-Dollar. Das Institut erklärt das mit
den ambitionierten Plänen zur Modernisierung bei den Waffensystemen
und „Expansionsplänen“. Daß sich die Volksrepublik auch selbst
gefährdet sieht, daran wird kein Gedanke verschwendet. Der
chinesische Staat ist auch selbst größter Abnehmer der erzeugten
Militärgüter. So werden nahezu alle Waffen, die in den Bereichen
Luft- und Raumfahrt, Elektronik und Landsysteme
produziert werden,
im Inland vom chinesischen Militär gekauft. Ein Grund dafür ist,
daß Peking bei der Herstellung der Waffen und Technologien für sein
Militär unabhängig von anderen Staaten sein will. China verfügt
heute über etwa 320 Atomwaffen. 190 landgestützte und 48
seegestützten ballistischen Raketen bilden das Rückgrat der
chinesischen Nuklearstreitmacht. Die drei Länder China, Indien und
Pakistan teilen umstrittene Grenzen und sind seit vielen Jahren in
den Kaschmirkonflikt
involviert, der auf Hinterlassenschaften aus
der britischen Kolonialzeit beruht. Dabei geht es im wesentlichen um
die Rohstoffe in dem betreffenden Gebiet. Indien und Pakistan
besitzen zusammen ca. 300 Atomsprengköpfe. Ein indischer
Politologe meinte jüngst, der Unterschied zwischen dem alten und
einem neuen Kalten Krieg wäre, daß Länder, die zwischen den
Fronten stehen, sich nicht mehr von einer Seite vereinnahmen lassen
müssen, sie hätten auch andere Optionen. Indien realisiert auch ein
ambitioniertes Raumfahrtprogramm und verfügt im militärischen
Bereich über Kurz-, Mittel- und seit 2012 Langstreckenraketen. Es
kann damit das gesamte Territorium Pakistans und Chinas erreichen und
testet auch schon Hyperschallwaffen.
Der Hype mit dem Hyperschall
Alle Staaten, die dazu technologisch in der Lage sind, entwickeln derzeit Hyperschall-Waffen. Diese sollen wieder einen Erstschlag ermöglichen und nicht von Abwehrraketen abzufangen sein. Von Hyperschall oder Hypersonic spricht man, sobald ein Projektil fünffache Schallgeschwindigkeit erreicht, also Mach 5. Das entspricht ungefähr 6000 Kilometer pro Stunde oder 1,7 Kilometer in der Sekunde. Das russische System Avangard soll etwa die 20fache Schallgeschwindigkeit erreichen können. Gegen Hyperschallraketen gibt es derzeit keinen Schutz. Sie sind insofern hochgefährlich, weil sie die Reaktionszeiten extrem verkürzen. Abwehrsysteme können letztlich nur noch autonom und blitzschnell entscheiden und ebenso müßten nukleare Gegenangriffe im Sinne des Gleichgewichts der Kräfte autonom, also von KI-Systemen ausgelöst werden. Die Entwicklung und Existenz von Hyperschallwaffen erzwingen Wettrüsten der autonomen Systeme. Was sich hier wie Utopie anhört, ist bald Realität.
Krieg
im All und aus dem All
Gesetzt
wird weiterhin auch auf diese Karte. Nach Angaben von SIPRI werden
heute von den USA über zwei Drittel aller im Weltraum stationierten
Militärsatelliten unterhalten und man verfügt über das Potenzial
die verschiedenen weltraumgestützten militärischen Systeme in einem
einzigen integrierten System zur Präzisionskriegsführung zu
vernetzen. Die Fähigkeit hierzu wurde im völkerrechtswidrigen
USA-Krieg gegen den Irak 2003, der mit einer Lüge begann und
hunderttausende Opfer kostete, hinreichend bewiesen. Bereits gegen
Ende der 90er Jahre haben Militärstrategen des Space Command der USA
mit dem Bericht „Vision for 2020“ den Weltraum als Teil des
zukünftigen Operationskonzeptes der US-Streitkräfte
herausgestellt. Es wird das Fazit gezogen, daß neben Land, Wasser
und Luft der Weltraum der vierte potenzielle Kriegsschauplatz
geworden ist. Der Masterplan der Strat Com sieht heute vor, daß die
USA bis zum Jahr 2025 in der Lage sein werden, innerhalb von
Minuten aus dem Weltraum jedes Ziel auf der Erde zu treffen und
potenziellen Feinden den Zugang zum Weltraum zu verwehren. Das alles
bedeutet gegenüber den Zeiten des Kalten Krieges ein militärisches
Wettrüsten im All in völlig neuer Qualität. Da Wettrüsten immer
Eigendynamik generiert, werden andere Länder, neben Rußland allen
voran China, auf die Dislozierung von US-Waffen im Weltraum
reagieren. Das wiederum würde die regionalen Rivalen Indien und
Pakistan ebenfalls zu Aktivitäten veranlassen. Beide Länder
verfügen über beachtliche Programme für die militärische Nutzung
des Weltraums.
Das
Zwei-Prozent-Ziel
Auch
Deutschland erhöht seine Militärausgaben und wird mit 53 Mrd. auf
Platz sieben aufgeführt, das ist insofern beachtlich, daß dies
verglichen mit Rußland nur 15 Mrd. weniger sind. (Zwischen den
Ländern liegen nur noch Saudi-Arabien und Frankreich. 53 Mrd. sind
rund 1,4 % des Bruttoinlandsproduktes (BIP) und wie man bedauernd
hören kann, sei damit das geforderten Zwei-Prozent-Ziel ja immer
noch nicht erreicht. Das wären dann bis 2024 (2004 beim NATO-Gipfel
in Wales festgeschrieben) eben 75 Mrd. €. Es ist eine scheinheilige
Begründung, wenn man heute nachlesen kann: 2 % für die Verteidigung
seien nicht zuviel, in den Hoch-Zeiten des Kalten Krieges, Anfang der
60er Jahre wendete Deutschland ja rund 5 % seines BIP für
Verteidigungszwecke auf. Will man
also diesen Zustand wieder
erreichen?
Resümee
Es
ist müßig, darüber zu sinnieren, ob die gegebene Situation heute
als neuer Kalter Krieg bezeichnet werden muß oder nicht. Ein
gefährliches Wettrüsten ist es allemal. Neue Technologien wecken
neue Begehrlichkeiten und immer noch prägen nukleare Bedrohungen die
politischen Kalkulationen. Heute geht es um Wettbewerb und
Durchsetzungsfähigkeit auf den globalen Märkten, wobei die Rollen
neu verteilt wurden. Dabei kann die Wahrscheinlichkeit eines
nuklear-strategischen Schlagabtauschs nicht ausgeschlossen
werden.
Begrenzte kriegerische Auseinandersetzungen in Europa und
im Nahen Osten, die jederzeit eskalieren können sind möglich, aber
dies trifft auch auf größere Kriege in anderen Regionen der Welt
zu. Dies am ehesten um die Verfügungsgewalt des Irans über
Kernwaffen oder um die Rolle von Taiwan.
Auch
neue Waffen kommen auf den Rüstungsmarkt, aber in der Logik dieser
Waffen liegt es auch, daß man diese gar nicht einsetzen kann, weil
man wieder selbst untergehen würde. Alte Akteure machen weiter
wie bisher und neu dazu gekommene bringen sich in wachsendem Maße
aktiv in das Geschehen ein. Festzustellen ist, daß sich der Glaube
an Abschreckung nicht verändert hat, aber die Objekte zu deren
Verwirklichung durch neue Technologien, wie künstliche Intelligenz,
autonome Drohnen und Hypersonic, einen enormen qualitativen Sprung
vollzogen haben. Den neuen Waffen liegt immer noch die
gleiche atomare Logik zugrunde wie sie schon vor siebzig Jahren
existierte: Man wird untergehen, wenn man sie einsetzen würde.
Dr.
Jens Möller
Rangsdorf
Den vollständigen Text lesen, S. 10/11:
http://www.rotfuchs.net/files/rotfuchs-ausgaben-pdf/2021/RF-285-10-21.pdf
Ein dringendes Anliegen des „RotFuchs“:
Auf der Seite 27 des Oktoberheftes schreiben Dr. Arnold Schölzel, Bruni Steiniger, Wolfgang Dockhorn und Jürgen Claußner u.a.:
Wir
sind der Meinung, daß die Verantwortung des „RotFuchs“ –
sowohl
der Zeitschrift wie des Fördervereins – wächst. Der
Imperialismus
steigert die Kriegsgefahr und pfeift auf seine Rechtsordnung. Für
Letzteres ist der Versuch, die DKP von den Bundestagswahlen
auszuschließen und ihr den Parteistatus zu entziehen, ein
besonders drastisches Beispiel. Das wurde vorläufig gestoppt,
aber
angesichts ähnlicher Attacken auf die Vereinigung der Verfolgten des
Naziregimes–Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) und auf die
Tageszeitung „junge Welt“ läßt sich feststellen: Linke Stimmen
in der BRD sollen eingeschüchtert und mundtot
gemacht
werden.
Gleichzeitig sympathisieren Teile des
Staatsapparates mit Faschisten,
sitzen Nazi-Abgeordnete in allen
deutschen Landesparlamenten
und im Bundestag. In dieser
Situation mehren sich in der Partei Die Linke Stimmen,
die deren
friedenspolitische Positionen revidieren wollen. Der „RotFuchs“
bleibt gerade in diesem Punkt kompromißlos parteilich – so wie in
der Verteidigung der DDR und der Traditionen der Arbeiterbewegung.
Wir halten den Kampf für den Frieden und
gegen imperialistischen
Krieg heute für die wichtigste Aufgabe von
Kommunisten,
Sozialisten und allen anderen Linken. Aus unserer Sicht ist es
dringend nötig, den Einfluß unserer „Tribüne“ zu
erweitern. (…)
Wer noch nicht Mitglied im
„RotFuchs“-Förderverein ist, der kann
dies gerne werden. Ein
Anruf genügt: 030-241
26 73.
Wir,
die „RotFuchs“-Macher, brauchen Eure Hilfe, damit die von
ihren
Freunden und Mitstreitern geliebte und vom Gegner
gehaßte
kommunistisch-sozialistische Zeitschrift weiter
erscheinen und
verbreitet werden kann.
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