Entnommen: https://linkezeitung.de/2021/10/19/deutschland-ueber-alles/
Deutschland
über alles
VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅
19. OKTOBER 2021
Patrik Köbele, Vorsitzender der DKP, zu den
Sondierungsergebnissen von SPD, Grünen und FDP
Es empfiehlt
sich die Sondierungsergebnisse von SPD, Grünen und FDP von hinten zu
lesen. Im zehnten Kapitel mit der Überschrift „Deutschlands
Verantwortung für Europa und die Welt“ wird die Generallinie der
möglichen Ampel-Koalition deutlich. Sie heißt: Stärkung der
Stellung des deutschen Imperialismus.
Die außenpolitische
Hauptorientierung ist die Stärkung der EU – ohne Aufweichen der
Zusammenarbeit mit der NATO. Die Orientierung auf neue Kriege ist
ungeschönt. Es gehe um die „verstärkte Zusammenarbeit der
nationalen europäischen Armeen“ sowie die „praxisnahe“ und
„zukunftsgerichtete“ Auswertung des Afghanistan-Einsatzes, damit
die Erkenntnisse „in die Gestaltung zukünftiger deutscher
Auslandseinsätze“ einfließen könnten.
Es tauchen zwei
Stichwörter auf, die weitgehend unbekannt sein dürften. Das
„Weimarer Dreieck“ soll als Instrument der „aktiven
Europapolitik“ gestärkt werden. Gemeint ist die Zusammenarbeit von
Deutschland, Frankreich und Polen. Damit ist die Stoßrichtung gegen
die russische Föderation klar. Ebenfalls gestärkt werden soll die
„Allianz der Demokratien“. Gemeint sind Pläne des US-Präsidenten
Joe Biden, der eine Allianz weit über die NATO hinaus bilden will,
um die Russische Föderation und die VR China militärisch
einzukreisen und zu isolieren. Auch das palästinensische Volk hat
nichts Gutes zu erwarten: „Die Sicherheit Israels ist für uns
Staatsräson.“
Für die Konkurrenz mit dem US-Imperialismus,
für den Kampf um die Vorherrschaft in der EU, im Kampf gegen
Russland und den „systemischen Gegner“ China werden alle Kräfte
auf die Stärkung des Monopolkapitals gerichtet. Dafür stehen die
ersten neun Kapitel des Sondierungspapieres.
Für den Umbau
der Produktion bei gleichzeitigem Greenwashing brauche es einen
„modernen Staat“, „flexible Arbeitszeitmodelle“ und den Abbau
„bürokratischer Hürden“. Die Abschaffung der EEG-Umlage wird
als Senkung der Stromkosten verkauft, obwohl diese gerade über die
CO2-Steuer verteuert werden. Die Warnung des Sozialverbandes VdK,
dass im Winter viele Menschen vor der Entscheidung stünden, ob sie
heizen oder essen können, ist real.
Solch ein Regierungskurs
verlangt nach Einbindung der Gewerkschaften. Dafür steht die
überfällige Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro, die für
die Betroffenen wichtig, wenn auch nicht ausreichend, ist. Das war es
aber mit sozialen Zugeständnissen. Das Bürgergeld als Ersatz für
„Hartz IV“ ist nebulös, über die Höhe findet sich nichts. Klar
ist, das Sanktionsregime wird fortgeschrieben. Die Renten sollen zwar
nicht sinken, dafür werden die Rentenkassen dem Kapital vorgeworfen:
Die Deutsche Rentenversicherung kann und soll „ihre Reserven am
Kapitalmarkt reguliert“ anlegen.
Geld für Sozialklimbim ist
nicht da. An der Schuldenbremse wird nicht gerüttelt.
„Substanzsteuern“, also Vermögenssteuern, soll es nicht geben,
die „Unternehmenssteuer“ soll nicht erhöht werden. Dem Kapital
werden „Superabschreibungen“ bei „Klimaschutz und
Digitalisierung“ versprochen. Mit anderen Worten: Die Steuerzahler
werden zur Kasse gebeten. Die Spaltung wird weiter vorangetrieben:
Einem Teil der Klasse werden Zugeständnisse mit dem Mindestlohn
gemacht, die Abgehängten werden weiter abgehängt.
Perfide
sind die Methoden, mit denen den Menschen vorgegaukelt wird, dass sie
über die Dinge demokratisch mit entscheiden könnten. Das Wahlalter
soll auf 16 Jahre gesenkt werden. Gleichzeitig gibt es eine
Kampfansage an fortschrittliche Kräfte. Der „Linksextremismus“
wird „als Form der Menschenfeindlichkeit“ mit „Antisemitismus,
Rassismus, Rechtsextremismus, Islamismus“ gleichgesetzt. Auch das
trägt die Unterschriften von SPD, Grünen und FDP.
Die Ampel
geht mit einem Papier, das für verschärfte Aggression nach innen
und außen steht, in die Koalitionsverhandlungen. Vieles erinnert an
die Verbrechen der Schröder-Fischer-Regierung. Damals gelang es
nicht, ausreichend gegen Krieg und Hartz IV zu mobilisieren. Es ist
höchste Zeit, vor allem auch gewerkschaftliche Bewegung gegen die
erwartbaren Angriffe zu formieren, damit der gefährliche Kriegskurs
gegen Russland und China gestoppt wird und die Menschen in diesem
reichen Land im Winter heizen und essen können.
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