Dienstag, 26. Januar 2021

Keine Atempause - Arnold Schölzel, RotFuchs

 

Entnommen: http://www.rotfuchs.net/files/rotfuchs-ausgaben-pdf/2021/RF-276-01-21.pdf


Keine Atempause


Im Lärm der Medien hierzulande wie in allen NATO- und EU-Staaten u. a. wegen Donald Trump und seinen Anhängern gingen zwei für die Menschheit schlechte Nachrichten unter: Beide Kammern des USParlaments verabschiedeten um den Jahreswechsel den US-Rüstungshaushalt für 2021, der wie in jedem Jahr der Präsidentschaft Trumps eine neue Rekordhöhe hat. Unvorstellbare 740,5 Milliarden US-Dollar sollen für Kriege, Militärbasen und Atombomben ausgegeben werden, damit die Kassen der Rüstungskonzerne klingeln. Die Nachricht von diesem Skandal wird, wenn überhaupt, in Presse, Funk und Fernsehen abgestumpft aufgenommen, vor allem aber wird von ihr abgelenkt – mit Pandemie-Hysterie oder einem angeblich historischen Sturm auf das „Herz der Demokratie“ (Bundespräsident FrankWalter Steinmeier).

Überhaupt keine Meldung war Nachrichtenagenturen und deutschen Medien mit Ausnahme der Internetzeitschrift „Das Blättchen“ die zweite schlechte Nachricht aus den USA wert: Am 17. November 2020 teilte das Pentagon offiziell mit: „Die USRaketenabwehragentur und Matrosen der US-Marine an Bord der USS ,John Finn‘, einem mit dem Aegis-Raketenabwehrsystem ausgerüsteten Zerstörer, haben am 16. November während einer Flugtest-Demonstration im (…) Ozeangebiet nordöstlich von Hawaii eine bedrohungsrepräsentative Interkontinentalrakete mit einer StandardMissile-3-Block-IIA-Rakete abgefangen und zerstört.“ Der Direktor der Raketenabwehrbehörde, Vizeadmiral Jon Hill, bezeichnete das als „unglaubliche Leistung“. Auch wenn solche Tests unter „Laborbedingungen“ stattfinden, so Wolfgang Schwarz in „Das Blättchen“, „war dies tatsächlich der erste erfolgreiche Raketenabwehrtest der USA mit einem nichtlandgestützten Abwehrsystem“. Erfolgreiche Versuche mit bodengestützten Abwehrraketen habe es 2015 und 2017 gegeben. Schwarz zitiert den US-Experten Ankit Panda von der außenpolitischen „Denkfabrik“ Carnegie Endowment, der die Bedeutung dieses Tests so einschätzt: „Rußland und China würden sich in ihren Befürchtungen bestärkt sehen, daß die US-Raketenabwehrpläne auf die Neutralisierung ihrer jeweiligen Zweitschlagsfähigkeit zielen. Sie haben Gründe, dies zu glauben“, so Panda, der in Erinnerung rief, daß Präsident Trump im Zusammenhang mit dem US Missile Defense Review 2019 (einem Grundsatzpapier zur US-Raketenstrategie, A. S.) erklärt hatte, daß das Kernziel der US-Raketenabwehr darin bestehe, „sicherzustellen, daß wir jede Rakete, die gegen die Vereinigten Staaten abgeschossen wird, aufspüren und zerstören können – (…) jederzeit und überall“. Moskau und Peking befürchten laut Panda, daß die USA versuchen, „Erstschlagsfähigkeit gegen sie zu erlangen“.

Darum geht es. Diese Erstschlagsfähigkeit – verbunden mit einer Raketenabwehr, die den Schaden von Vergeltungsschlägen begrenzt – wiederzuerlangen, ist das Ziel des US-Imperialismus, seitdem die Sowjetunion ein ungefähres Gleichgewicht bei atomar bestückten Raketen mit dem Westen erreicht hatte. Damit war klar: „Wer zuerst schießt, stirbt als zweiter.“ Alle sogenannten Nachrüstungsdebatten, die von der NATO wegen angeblichen Vorsprungs der Sowjetunion von den 60er bis zu den 80er Jahren und erneut in den vergangenen zwei Jahrzehnten losgetreten wurden, galten dem Versuch, den zweiten Teil dieser Formel für den Westen außer Kraft zu setzen. Ein Meilenstein in dieser Hinsicht war die einseitige Kündigung des Abkommens von 1972 zwischen der Sowjetunion und den USA über die Begrenzung von Raketenabwehrsystemen im Jahr 2002. Das destabilisierte wie kein anderer Rückzug aus einem Rüstungskontrollvertrag das militärische Gleichgewicht.

Seit nunmehr 18 Jahren versuchen die USA und ihre Verbündeten mit Ausflüchten und Lügen ihre Urheberschaft für die daraus resultierende Friedensgefährdung zu kaschieren. Und davon abzulenken, daß sie den eisernen Willen haben, die technischen Voraussetzungen zu schaffen, um möglichst ungestraft einen atomaren Erstschlag führen zu können. Beide Nachrichten aus Washington besagen, daß es keine Atempause geben soll. Der neue US-Präsident Joseph Biden hat bereits unter Barack Obama bewiesen, daß er ein Anhänger dieser irrsinnigen Politik ist. Arnold Schölzel

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