Entnommen: https://linkezeitung.de/2024/08/27/kiew-droht-minsk-will-selenskij-weissrussland-angreifen/
Kiew droht Minsk: Will Selenskij Weißrussland angreifen?
27 Aug. 2024 06:45 Uhr
Kiew erhöht den Druck auf Weißrussland. Das ukrainische Präsidialamt
fordert Minsk auf, seine Truppen von der Grenze der beiden Länder
abzuziehen. Gleichzeitig hat Kiew selbst eine Gruppe von 120.000
Soldaten in dieser Richtung formiert. Nach Ansicht von Experten
provoziert die Ukraine ihr Nachbarland bewusst im Interesse der
westlichen Sponsoren. Was steht auf dem Spiel?
Kiew droht Minsk: Will Selenskij Weißrussland angreifen?© AP Photo/Libkos
Symbolbild
Von Anastasia Kulikowa und Jewgeni Posdnjakow
Das ukrainische Außenministerium hat Weißrussland aufgefordert, "um
tragische Fehler zu vermeiden" seine Truppen von der Grenze auf eine
Entfernung abzuziehen, die die Reichweite der in der Republik
vorhandenen Waffensysteme übersteigt. In einer auf der Webseite des
Ministeriums veröffentlichten Erklärung heißt es, die ukrainische
Aufklärung habe angeblich Informationen darüber erhalten, dass Minsk
"eine beträchtliche Anzahl von Militärpersonal und militärischer
Ausrüstung im Gebiet Gomel nahe der Nordgrenze der Ukraine
konzentriert."
Lukaschenko: Russland hat noch nicht einmal begonnen, ernsthaft zu kämpfen
Lukaschenko: Russland hat noch nicht einmal begonnen, ernsthaft zu kämpfen
Gleichzeitig versicherte die ukrainische Seite, dass Kiew keine
"unfreundlichen Maßnahmen gegen das weißrussische Volk" ergreifen werde.
Außerdem fügte sie hinzu, dass die Ukraine im Falle einer
Grenzverletzung "Truppenkonzentrationen, militärische Einrichtungen und
Versorgungswege" in Weißrussland als "legitimes Ziel" betrachten werde.
Zuvor hatte der Kommandeur der Luftwaffe und der
Luftverteidigungstruppen der weißrussischen Streitkräfte, Andrei
Lukjanowitsch, erklärt, dass das Land tatsächlich seine militärische
Präsenz an der Grenze zur Ukraine ausbaue. Es handele sich um
Luftfahrt-, Flugabwehrraketen- und funktechnische Truppen. Anfang August
wurden auch Spezialkräfte und Raketentruppen an die Grenze verlegt.
Der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko erklärte die
entsprechenden Entscheidungen mit der "aggressiven Politik" der Ukraine.
In einem Interview mit dem Fernsehsender Rossija 1 sagte er, dass das
ukrainische Präsidialamt derzeit mehr als 120.000 Soldaten an der Grenze
zu Weißrussland stationiere.
Die Expertengemeinschaft stellt fest, dass die Ukraine Weißrussland
bewusst provoziert, in der Hoffnung, die Republik in den Konflikt
hineinzuziehen. Der weißrussische Politologe Alexei Dsermant erklärt:
"Minsk antwortet nur auf die Schritte der ukrainischen Seite. Was die
Konzentration von ukrainischen Einheiten an der Grenze betrifft, so
ziehen wir unsere Truppen heran, damit es nicht zu einem
Überraschungsangriff kommt. Kiew versucht nun, Informationen zu
verschleiern und unser Land aggressiver Absichten zu bezichtigen."
Außerdem beabsichtige Kiew, die Weißrussen informationell und psychologisch zu beeinflussen. Der Experte fügt hinzu:
"Ich schließe nicht aus, dass sie die Bürger mit einer möglichen
Invasion und Angriffen auf das Territorium der Republik einschüchtern
wollen. Bis jetzt ist es nur ein politisches Spiel, aber wir verfolgen
die militärischen Vorbereitungen, die in der Nachbarschaft stattfinden,
sehr genau."
Seiner Meinung nach gibt es einige Akteure, die daran interessiert sind,
die weißrussische Seite in die Konfrontation zu verwickeln, darunter
auch die westlichen Machtzentren. "Diese Kräfte wollen neue Probleme für
Russland schaffen. Sie sind es, die für eine Ausweitung des Konflikts
eintreten", glaubt Dsermant.
Das ukrainische Präsidialamt handele weiterhin nach der Taktik von
Feiglingen, ergänzt der ukrainische Politologe Wladimir Skatschko.
Seiner Ansicht nach habe Kiew geglaubt, dass es alle möglichen Schritte
unternehmen könne, ohne für die Folgen verantwortlich zu sein. Er
erinnert daran, dass es Kiew gewesen sei, das eine beträchtliche Anzahl
von Truppen an die Grenze zu Weißrussland verlegt habe, während Minsk
nur spiegelbildlich reagiere. Nun "rolle" das ukrainische
Außenministerium auch noch eine Forderung an Weißrussland aus.
Weißrusslands Präsident Lukaschenko: Die meisten Ukrainer "hassen" Präsident Selenskij
Weißrusslands Präsident Lukaschenko: Die meisten Ukrainer "hassen" Präsident Selenskij
"Auf diese Weise versucht das Büro von Selenskij, die Verantwortung für
die bevorstehende Grenzprovokation auf die weißrussische Seite zu
schieben", ist Skatschko überzeugt. Der politische Analyst mahnt, die
diplomatische Erklärung Kiews ernst zu nehmen, da sie seiner Meinung
nach auch als Vorbereitung für den Beginn von Feindseligkeiten gegen
Minsk angesehen werden könnte. Er erklärt:
"Die ukrainischen Streitkräfte sind in der Lage, dies auf Geheiß des
Westens zu tun. Außerdem werden sie ein schweres Arsenal gegen die
Republik einsetzen, über das sowohl Ukrainer als auch Söldner, die auf
der Seite der ukrainischen Streitkräfte kämpfen, verfügen. Ich erinnere
daran, dass Pläne bezüglich der weißrussischen Richtung regelmäßig
sowohl von ukrainischen Beamten als auch von europäischen Politikern
diskutiert werden.
Für den Fall, dass dieses Szenario eintritt, hat die Ukraine
wahrscheinlich schon Erklärungen verfasst: als ob Minsk sie provoziert
hätte und sie sich nur verteidigen würden."
Die Erklärung des ukrainischen Außenministeriums sei in der Tat ein
Vorwand, räumt der Experte ein. Gleichzeitig würden Ausreden für den
Fall bereitgehalten, wenn die Operation scheitern sollte. "Dann wird
Kiew sagen, dass die Fehler nicht bei ihm liegen, sondern bei
Weißrussland, das gut vorbereitet war und den Angriff abwehren konnte",
so der Politologe weiter.
Er ist überzeugt: Weißrussland wird all diese "Machenschaften" nicht
ignorieren. "Die Republik wird, wie Alexander Lukaschenko sagte, ihre
Verteidigung gegen jede Bedrohung gewährleisten und auch ihre
Bündnisverpflichtungen gegenüber Moskau erfüllen", präzisiert Skatschko.
Alexander Bartosch, korrespondierendes Mitglied der Akademie der
Militärwissenschaften, weist ebenfalls auf den provokativen Charakter
der Erklärung des ukrainischen Außenministeriums hin: "Kiew versucht
seit langem, Minsk zu beschuldigen, einen angeblichen Angriff auf das
Land vorzubereiten. Dabei haben die ukrainischen Streitkräfte selbst
wiederholt die Grenze zu Weißrussland verletzt. Und der Abschuss von
Drohnen bestätigt dies", erinnert er. Seiner Meinung nach bestehe der
Hauptzweck der Appelle der Kiewer Führung an Minsk darin, die
Aufmerksamkeit auf die angeblich wiederkehrende Bedrohung im Norden der
Ukraine zu lenken und zusätzliche finanzielle und militärische
Unterstützung aus dem Westen zu erhalten.
Wadim Kosоulin, Leiter des Instituts für aktuelle internationale
Probleme der Diplomatischen Akademie des russischen Außenministeriums,
erinnert seinerseits daran, dass die Vorbereitungen des Feindes für
einen Angriff auf das Gebiet Kursk auch von einer Informationskampagne
begleitet worden seien, der zufolge die russischen Streitkräfte
angeblich das Gebiet Sumy angreifen würden und die ukrainischen
Streitkräfte die Stadt verteidigen müssten.
Russlands Militär startet Angriffe auf ukrainische Rüstungsanlagen – Hangar mit F-16 getroffen
Russlands Militär startet Angriffe auf ukrainische Rüstungsanlagen – Hangar mit F-16 getroffen
"Im Falle von Minsk könnte das gleiche Szenario eintreten", so Kosjulin.
Er schließt jedoch nicht aus, dass eine Provokation auch auf dem
Territorium Russlands möglich ist, zum Beispiel im Gebiet Brjansk. "Ziel
der Ukraine ist es, die Situation zu verschärfen. Das ist wichtig für
Kiew, vor dem Hintergrund der Misserfolge im Donbass und des Kursker
Abenteuers. Dies ist ein Versuch, das Schachbrett auf den Kopf zu
stellen und ein neues Spiel zu beginnen", meint der Experte.
Seiner Meinung nach wird der Mangel an Kräften kein Hindernis für die
Verwirklichung des Kiewer Plans sein. "Die ukrainsiche Armee verspürt
'Hunger' in vielen Richtungen. Doch wie die Praxis der letzten Jahre
gezeigt hat, versucht der Feind in solchen Momenten, alles zu
revidieren", sagt Kosjulin. Er ist sich sicher, dass derartige Versuche
der Ukraine auf eine angemessene Antwort hinauslaufen werden.
"Weißrussland wird sicherlich auf Provokationen sowohl auf
diplomatischer Ebene als auch mit konkreten Aktionen reagieren. Es ist
jedoch zu früh, um konkrete Schritte vorherzusagen", schließt der
Analyst.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 26. August 2024 zuerst auf der Website der Zeitung 'Wsgljad' erschienen.
Mehr zum Thema – Wozu Kiew Saboteure ins Gebiet Brjansk schickt
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen