Die Vereinigung bestimmter Machtgruppen, die zum Schlimmsten fähig sind, macht den Weltkrieg möglich
VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 7. DEZEMBER 2022 ⋅ HINTERLASSE EINEN KOMMENTAR
von Thierry Meyssan – http://www.voltairenet.org
Wenn wir auch mit Entsetzen auf das Wiederaufleben faschistischer,
nationalsozialistischer oder japanischer imperialer Gruppen reagieren,
sehen wir nicht, dass es nicht diese Ideologien waren, die den Weltkrieg
provoziert haben, sondern ein Zusammenschluss von Machtgruppen, die zum
Schlimmsten bereit waren. Die gleiche Konfiguration besteht jetzt mit
anderen Gruppen. Wenn wir jetzt nicht reagieren, könnte in ein paar
Monaten ein Dritter Weltkrieg möglich werden.
Der Zweite Weltkrieg kann uns eine Lehre sein. Er ist nicht aus heiterem
Himmel ausgebrochen. Es handelte sich nicht um einen Kampf der Guten
gegen die Bösen. Er wurde nur durch eine unerwartete Umgruppierung von
Kräften ausgelöst, die fähig waren, alles zu zerstören.
Nach der Wirtschaftskrise von 1929 war die ganze Welt zu Recht davon
überzeugt, dass der damalige Kapitalismus vorbei war. Die Sowjetunion
allein schlug eine Alternative vor, den Bolschewismus. Bald dachten die
Vereinigten Staaten an eine andere, die Strukturreform des New Deal, und
dann brachte Italien eine dritte Lösung, den Faschismus. Die großen
angelsächsischen Kapitalisten beschlossen, ein neues Regime zu
unterstützen, den Nazismus, der dem Faschismus nahestand. Sie glaubten,
dass Deutschland die UdSSR angreifen und so ihre Interessen wahren
würde, die sowohl durch bolschewistische Kollektivierungen als auch
durch US-Wirtschaftsreformen bedroht waren. Nichts jedoch funktionierte
wie geplant, da Italien, Deutschland und Japan, mit ihrer eigenen Logik,
die Achse bildeten und der Krieg nicht gegen die Sowjets geführt wurde,
sondern gegen die großen Vermögen, die ihn vorbereiteten.
Ganz allgemein machen wir die großen angelsächsischen Kapitalisten nicht
verantwortlich, den Nationalsozialismus in seinen frühen Tagen
unterstützt zu haben. Im Gegenteil, wir erinnern uns, dass das britische
und das amerikanische Volk am Sieg teilgenommen haben.
Von dieser Erfahrung müssen wir lernen, dass auch die geschicktesten
Pläne ihren Erfindern entgleiten können. Der Frieden war durch das
Bündnis zwischen drei sehr unterschiedlichen Regimen, Faschismus,
Nationalsozialismus und Hakkō ichiu, bedroht. Diese Vereinigung wurde
von keinem Spezialisten für internationale Beziehungen und anderen
Geopolitikern der Zeit vorhergesehen. Alle, ohne Ausnahme, haben sich
geirrt.
Allen drei Ideologien war gemein, dass sie die Weltordnung verändern
wollten, ohne sich um die menschlichen Konsequenzen ihres Handelns zu
kümmern. Das bedeutet nicht, dass ihre Gegner demokratisch und friedlich
waren, ganz im Gegenteil, sondern nur, dass sie sich selbst verbaten,
ganze Völker auszurotten.
Lassen Sie uns nicht auf den falschen Gegner setzen. Wir müssen sehr
wachsam sein, nicht gegenüber einer bestimmten Art von politischem
Regime, sondern um sicherzustellen, dass Staaten, die von Männern
regiert werden, die zum Schlimmsten fähig sind, sich niemals
zusammenschließen. Die gegenwärtige Gefahr ist weder Faschismus, noch
Nationalsozialismus, noch Hakkō ichiu, drei von ihrer Zeit geprägten
Ideologien, die heute nichts mehr bedeuten. Wovor wir uns aber hüten
müssen, ist ein globales Bündnis von Ideologien, die zum Schlimmsten
bereit sind.
Aber genau das ist es, was uns droht: Die derzeitigen Beamten des
US-Außenministeriums, die der Kiewer Regierung und die der kommenden
Regierung in Tel Aviv kennen keine Grenzen. Die Vereinigung von
„Straussianern“, „ukrainischen integralen“ Nationalisten und
israelischen „revisionistischen Zionisten“ kann die Welt ohne Zögern in
einen Dritten Weltkrieg stürzen. Glücklicherweise teilt die CIA deren
Ideen nicht, die Kiewer Regierung ist durch die russische
Militärintervention eingeschränkt und die Koalition des israelischen
Premierministers hat ihre Regierung noch nicht gebildet.
Professor Leo Strauss (1899-1973). Obwohl er ausführlich über das
Naturrecht und jüdische Philosophie schrieb, hinterließ er nichts über
seine politischen Ansichten, die er einigen seiner Schüler vorbehielt.
Viele Augenzeugen haben uns seine „mündlichen“ Gedanken vermittelt.
DIE US-AMERIKANISCHEN „STRAUSSIANER“
Diese kleine Gruppe von etwa hundert Personen kontrolliert die
US-Außenpolitik, darunter Außenminister Antony Blinken, seine
Stellvertreterin Victoria Nuland und der nationale Sicherheitsberater
Jacob Sullivan.
Sie teilt die Denkweise des jüdischen Philosophen Leo Strauss [1], für
den die Demokratien in den 30er Jahren ihre Schwächen gezeigt haben. Der
einzige Weg, um sicherzustellen, dass sie nicht vom nächsten
antisemitischen Regime massakriert werden, bestehe darin, dass die Juden
ihre eigene Diktatur aufbauen; um auf der Seite der Starken zu sein.
Die „Straussianer“ haben bereits gezeigt, wozu sie fähig sind, indem sie
die Anschläge des 11. September organisiert und verschiedene Kriege zur
Zerstörung des „Erweiterten Nahen Ostens“ begonnen haben.
Es ist erstaunlich, dass trotz der Kontroversen, die die herrschende
Klasse der USA unter der Regierung Bush Jr. auseinandergerissen haben,
die meisten aktuellen Politiker nicht wissen, wer die Straussianer sind.
Der Dichter Dmytro Donzow (1883-1973). Er schuf eine Mythologie, mit der
er Millionen von Ukrainern dazu brachte, die Russen zu bekämpfen. Als
Geheimagent des Zweiten und Dritten Deutschen Reiches beteiligte er sich
als Verwalter des Reinhard-Heydrich-Instituts an der Überwachung der
Juden- und Zigeunervernichtung in Europa, bevor er von den
angelsächsischen Geheimdiensten freigesprochen wurde.
DIE UKRAINISCHEN „INTEGRALEN NATIONALISTEN“
Das ist eine Gruppe von Hunderttausenden von Menschen, vielleicht
Millionen. Sie hat ihren Ursprung im Ersten Weltkrieg, hat sich aber in
der Zwischenkriegszeit, dem Zweiten Weltkrieg und dem Kalten Krieg
gefestigt [2].
Sie berufen sich auf den Dichter und Verbrecher gegen die Menschlichkeit
Dmytro Donzow. Sie halten sich für Waräger-Wikinger, bereit, die letzte
Schlacht gegen das Böse zu liefern, das heißt, ihrer Meinung nach,
gegen die russische Zivilisation.
Der Ausdruck „integraler Nationalist“ sollte nicht irreführen. Er wurde
von Donzow in Anlehnung an die Denkweise des Franzosen Charles Maurras
gewählt. Donzow war nie ein Patriot oder Nationalist im klassischen
Sinne. Er hat nie das ukrainische Volk oder das ukrainische Land
verteidigt. Ganz im Gegenteil.
Die ukrainischen „integralen Nationalisten“ haben seit 1919 gezeigt,
wozu sie fähig waren. Sie ermordeten mehr als 4 Millionen ihrer
Mitbürger, darunter 1,6 Millionen Juden. Seit 2014 führen sie einen
Bürgerkrieg, der etwa 20 000 ihrer Mitbürger das Leben gekostet hat. Sie
haben auch ihr Land 1921 amputiert, indem sie Galizien und Wolhynien
den Polen schenkten, damit die polnische Armee gegen die UdSSR kämpft.
Sie schlossen ein Bündnis mit den Straussianern im Jahr 2000 auf einem
großen Kongress in Washington, dessen Ehrengast der Straussianer Paul
Wolfowitz war.
Es ist sehr gefährlich zu behaupten, wie es nämlich die NATO tut, dass
„integrale Nationalisten“ in der Ukraine marginal sind. Zugegeben, im
Geiste dieser Organisation geht es nur darum, den Diskurs Russlands zu
diskreditieren und für die Ukraine zu mobilisieren. Aber diese Leute
ermorden heute, ohne Urteil oder Prozess, diejenigen ihrer Mitbürger,
die der russischen Kultur angehören.
Es ist besonders gefährlich, sich am Wahn der „integralen Nationalisten“
zu beteiligen, wie es der Bundestag gerade getan hat, indem er eine
Resolution zum „Holodomor“, also „Völkermord durch Hunger“,
verabschiedet hat. Die Hungersnot der Jahre 1932-33 wurde absolut nicht
von den Sowjets im Allgemeinen oder von Josef Stalin im Besonderen
provoziert. Sie betraf viele andere Regionen der UdSSR, nicht nur die
Ukraine. Es war eine klimatische Katastrophe. Darüber hinaus betraf sie
in der Ukraine selbst, nicht die Städte, sondern nur das Land, weil die
Sowjets beschlossen haben, diese Not zu bewältigen, indem sie die
Arbeiter statt der Bauern ernährten. Dem Mythos eines geplanten
Völkermords Glauben zu schenken, bedeutet, antirussischen Hass zu
fördern, wie die Nazis einst antijüdischen Hass förderten.
Wladimir Jabotinsky (1880-1940), Gründer der Jüdischen Legion, und dann
der Irgun-Armee. Er forderte, dass Israel sich über das gesamte
britische Mandatsgebiet erstreckt, d.h. sowohl über den heutigen Staat
Israel, die palästinensischen Gebiete, als auch über das Königreich
Jordanien.
DIE ISRAELISCHEN „REVISIONISTISCHEN ZIONISTEN“
Die „revisionistischen Zionisten“ machen etwa 2 Millionen Israelis aus.
Sie konnten eine parlamentarische Mehrheit bilden, indem sie mehrere
politische Parteien hinter Benjamin Netanyahu vereinten.
Sie berufen sich auf den Ukrainer Wladimir Jabotinsky; der Mann, der
behauptete, Palästina sei „ein Land ohne Volk, für ein Volk ohne Land“.
Mit anderen Worten, palästinensische Araber existieren nicht. Sie
könnten keine Rechte haben und müssten aus ihren Häusern vertrieben
werden.
Im September 1921 schmiedete Jabotinsky ein geheimes Bündnis mit
ukrainischen „integralen nationalistischen“ Antisemiten, dem ersten
Glied der im Entstehen befindlichen Achsenmächte. Diese Vereinigung
erregte die Empörung der gesamten jüdischen Diaspora und Jabotinsky
wurde aus der Zionistischen Weltorganisation ausgeschlossen. Im Oktober
1937 schmiedete Jabotinsky ein neues Bündnis mit den Antisemiten von
Marschall Rydz-Smigly, Nummer 2 in Polen hinter Józef Piłsudski. Er
wurde erneut vom Diaspora-Judentum abgelehnt.
Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs wählte Jabotinsky Bension Netanyahu, Benjamins Vater, zu seinem Privatsekretär.
Es ist empörend, dass 75 Jahre nach der Gründung des Staates Israel die
meisten Leute weiterhin unterschiedliche und oft gegensätzliche
Meinungen vermischen, nur auf Grund der Religion jener, die diese
Meinungen äußern.
Der „revisionistische Zionismus“ ist das Gegenteil des Zionismus von
Nahum Goldman und des Jüdischen Weltkongresses. Er kümmert sich nicht um
das jüdische Volk und hat daher auch nicht gezögert, ein Bündnis mit
antisemitischen Streitkräften einzugehen.
Die „revisionistischen Zionisten“, darunter Menachem Begin und Ariel
Sharon, haben mit der Nakba, der 1948 erzwungenen Vertreibung der
Mehrheit der arabischen Bevölkerung aus Palästina, gezeigt, wozu sie
fähig waren. Es ist dieses Verbrechen, dessen Erinnerung sowohl Araber
als auch Israelis verfolgt, das den Frieden in Palästina bis heute
unmöglich macht.
Benjamin Netanyahu schloss im Jahr 2003 auf einem großen Kongress hinter
verschlossenen Türen in Jerusalem ein Bündnis mit den Straussianern
[3]. Seit der Wahl von Wolodymyr Selenskyj, von dem er ein persönlicher
Freund geworden ist, hat Netanjahu auch Jabotinskys Bündnis mit den
„integralen Nationalisten“ erneuert.
Die Achse ist gebildet.
DIE GEMEINSAME IDEOLOGIE DER NEUEN ACHSE
Ebenso wie der italienische Faschismus, der deutsche Nationalsozialismus
und der japanische Hakkō ichiu wenig miteinander zu tun hatten, denken
auch die Straussianer, die „integralen Nationalisten“ und die
„revisionistischen Zionisten“ unterschiedlich und verfolgen
unterschiedliche Ziele. Nur die Nazis waren antisemitisch bis zu dem
Punkt, dass sie versuchten, ein ganzes Volk zu töten. Die Faschisten
verachteten die Juden, versuchten aber nicht sie auszurotten. Die
Japaner ließen sich nie auf diesen Hass ein, und schützten sogar die
Juden zu Hause und in den von ihnen besetzten Gebieten. So wie heute, da
die „integralen Nationalisten“ obsessiv gegen die russische Kultur sind
und alle Russen, Männer, Frauen und Kinder töten wollen, verachten die
Straussianer sie auch, ohne sie ausrotten zu wollen, und die
„revisionistischen Zionisten“ verfolgen andere Ziele.
Jede dieser drei isolierten Gruppen stellt eine Gefahr für bestimmte
Bevölkerungsgruppen dar, aber alle drei zusammen bedrohen die gesamte
Menschheit. Sie teilen einen gemeinsamen Kult für Gewalt und Macht. Sie
haben gezeigt, dass sie sich in Vernichtungskriege stürzen können. Alle
drei denken, dass ihre Zeit gekommen ist. Sie müssen jedoch nicht nur
ihre inneren Gegensätze überwinden, sondern ihre Achse ist auch noch
ungewiss. Die Straussianer, zum Beispiel, haben gerade die
„revisionistischen Zionisten“ vor einer möglichen Ausweitung jüdischer
Siedlungen in den palästinensischen Gebieten gewarnt.
Übersetzung
Horst Frohlich
Korrekturlesen : Werner Leuthäusser
[1] „Russland erklärt den Straussianern den Krieg“, von Thierry Meyssan,
Übersetzung Horst Frohlich, Korrekturlesen : Werner Leuthäusser,
Voltaire Netzwerk, 8. März 2022.
[2] „Wer sind die ukrainischen integralen Nationalisten?“, von Thierry
Meyssan, Übersetzung Horst Frohlich, Korrekturlesen : Werner
Leuthäusser, Voltaire Netzwerk, 15. November 2022.
[3] « Sommet historique pour sceller l’Alliance des guerriers de Dieu », Réseau Voltaire, 17 octobre 2003.
BrennpunktKurz gefasstUnterlagen-ÜberwachungDiplomatischer FadenMeinungs-verschiedenheiten
https://www.voltairenet.org/article218481.html
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