Entnommen: https://linkezeitung.de/2022/08/20/deutsche-luftwaffe-auf-weltkriegsmission-im-indo-pazifik/
Deutsche Luftwaffe auf Weltkriegsmission im Indo-Pazifik
VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 20. AUGUST 2022
von Johannes Stern – http://www.wsws.org
In den vergangenen Tagen wurden laut Angaben der Bundeswehr sechs
Eurofighter des Taktischen Luftwaffengeschwaders 74 in Neuburg an der
Donau, vier A400M des Lufttransportgeschwaders 62 aus Wunstorf und drei
A330 Multi Role Tanker Transport des Multinationalen
Lufttransportverbunds Multi Role Tanker Transport Unit in Eindhoven
„erstmalig aus Deutschland in den Indo-Pazifik“ verlegt.
Das deutsche Geschwader traf gestern in Australien ein und wird in den
nächsten Tagen an massiven Militärübungen in der Region teilnehmen.
Diese tragen einen dezidiert offensiven Charakter und sind Bestandteil
der Kriegsvorbereitungen der USA und ihrer Verbündeten in der Region
gegen China.
Auf der offiziellen Website der Bundeswehr heißt es: „Bei der
Luftkampfübung Pitch Black werden die Eurofighter mit den
internationalen Partnern in größeren Formationen Luftangriffe und
Verteidigung üben.“ Die Eurofighter würden „dabei in der Luft-Luft- und
Luft-Boden-Rolle eingesetzt“. Bei der multinationalen Seekampfübung
Kakadu gehe es darum, „Schiffe aus der Luft“ zu schützen. Insgesamt
seien an den Manövern „rund 250 Soldatinnen und Soldaten der Luftwaffe“
beteiligt.
Angaben der australischen Streitkräfte zufolge handelt es sich um die
größten Manöver ihrer Art. Allein an Pitch Black würden „bis zu 2500
Soldaten und bis zu 100 Flugzeuge aus der ganzen Welt teilnehmen“. Ein
Bericht hebt hervor, dass „Deutschland, Japan und die Republik Korea zum
ersten Mal in vollem Umfang teilnehmen“. Auch die Kakadu-Übung werde
mit 19 Schiffen, 34 Flugzeugen und mehr als 3000 Soldaten aus 25 Ländern
„die bisher größte sein“.
Laut dem Bundesverteidigungsministerium folgen im Anschluss an die
Übungsbeteiligungen „Kurzbesuche“ des deutschen Luftwaffengeschwaders
bei den „ostasiatischen Wertepartnern“ Japan, Südkorea und Singapur –
alles Länder, die eine Schlüsselrolle in der US-geführten
Anti-China-Allianz in der Region spielen. Und offenbar sind bereits die
nächsten Einsätze geplant. „Die verstetigte Präsenz der Bundeswehr wird
in den kommenden Jahren fortgeführt“, schreibt das Ministerium.
Das Auftrumpfen des deutschen Militärs im Indo-Pazifik unterstreicht,
wie aggressiv sich der deutsche Militarismus nach zwei verlorenen
Weltkriegen und schrecklichen Verbrechen im 20. Jahrhundert wieder
gebärdet. Die Operation sei „die größte und herausforderndste Verlegung,
die es je in der Luftwaffe gegeben hat“, prahlte der Inspekteur der
Luftwaffe Ingo Gerhartz vor dem Abflug.
Inspekteur der Luftwaffe Ingo Gebhartz (Amit Agronov / IDF Spokesperson’s Unit)
Dann betonte der Luftwaffen-Chef, der jüngst mit dem Einsatz von
Atomwaffen gegen Russland gedroht hatte, den weltweiten Anspruch des
deutschen Militarismus. „Die Luftwaffe kann nicht nur die Nato-Ostflanke
im Baltikum schützen, sondern auch mit befreundeten Nationen im
Indopazifik kooperieren. Für uns gibt es kein Entweder-Oder! Wir senden
das klare Signal, dass die Luftwaffe schnell und weltweit, auch mit
mehreren parallel zu erfüllenden Aufträgen, einsetzbar ist.“
Das ist unmissverständlich. Deutschland übernimmt nicht nur eine
führende Rolle beim Kriegskurs gegen Russland, sondern nun auch gegen
China. Um das provokative Auftreten der Luftwaffe im Indo-Pazifik auf
die Spitze zu treiben, kündigte Gerhartz an, er plane selbst einen
Eurofighter von Australien nach Japan zu fliegen. Die Route führt direkt
am Südchinesischen Meer und an Taiwan vorbei.
Das deutsche Eingreifen wird die Lage in der Region weiter eskalieren.
Spätestens seit dem Besuch der Sprecherin des US-Repräsentantenhauses
Nancy Pelosi in Taiwan Anfang des Monats gleicht der Indo-Pazifik einem
Pulverfass, und eine direkte militärische Konfrontation zwischen den USA
und China entwickelt sich als unmittelbare Gefahr.
Die chinesische Armee hat die Militärübungen rund um Taiwan, die
unmittelbar nach Pelosis Abreise begannen, auf unbestimmte Zeit
verlängert. Die USA haben eine Flugzeugträger-Kampfgruppe unter Führung
der USS Ronald Reagan nahe der Insel stationiert und planen
Kriegsschiffe durch die Taiwanstraße zu schicken. Am Sonntag traf eine
weitere US-Delegation in Taipeh ein. Die Ein-China-Politik, die seit
1979 die Grundlage für diplomatische Beziehungen zwischen der
Volksrepublik China und Washington bildet, ist de facto beendet.
Washingtons Offensive zielt darauf ab, die frühere Halbkolonie China zu
unterwerfen und so die Vorherrschaft des US-Imperialismus zu sichern.
Obwohl dieses Vorhaben auf einen vernichtenden dritten Weltkrieg
hinausläuft, will der deutsche Imperialismus nicht abseits stehen, wenn
es um die Kontrolle und Aufteilung der rohstoffreichen und
geostrategisch zentralen Region geht. Trotz ihrer engen wirtschaftlichen
Verbindungen zu China schwenkt die herrschende Klasse auf den
Kriegskurs ein.
Führende Vertreter von Regierung und Opposition hatten sich bereits
hinter Pelosis Taiwan-Reise gestellt und eine aggressiveres Auftreten
gegenüber China gefordert. Den Ton gab dabei die grüne Außenministerin
Annalena Baerbock vor. In einer außenpolitischen Grundsatzrede an der
New School in New York bezeichnete sie Peking als „Wettbewerber und
systemischen Rivalen“. Es könne nicht im deutschen „Interesse liegen,
wenn China in seiner Region übermäßige wirtschaftliche Abhängigkeiten
schafft“.
Die Medien rühren ebenfalls die Kriegtrommel. „Deutschland muss sich auf
einen Konflikt mit China vorbereiten“ und sich „aus der Abhängigkeit
von der Volksrepublik befreien – auch wenn das Wohlstand kostet“,
verlangt der Spiegel. „Wir müssen uns auf den Konflikt mit China
vorbereiten“, heißt es fast wortgleich in der Welt und die FAZ mahnt:
„Der offene Konflikt mit Russland stellt die Systemkonkurrenz zu China
derzeit in den Schatten. Langfristig aber bildet die Auseinandersetzung
mit Peking die schwierigere Aufgabe.“
Dabei geht es nicht etwa um die Verteidigung von „Werten“ und
„Demokratie“ gegen die russischen und chinesischen „Aggressoren“, wie
die offizielle Propaganda glauben machen will, sondern um handfeste
imperialistische Interessen. Es sind die Nato-Mächte – allen voran die
USA und Deutschland –, die in den letzten 30 Jahren auf dem Balkan, im
Nahen Osten, Zentralasien und Afrika mörderische Kriege um Rohstoffe,
Absatzmärkte und Einflusssphären vom Zaun gebrochen haben. Nun geht es
bei der imperialistischen Neuaufteilung der Welt direkt um die
Unterwerfung Moskaus und Pekings.
Wie der Nato-Stellvertreterkrieg gegen Russland wurde auch die deutsche
Militäroffensive im Indo-Pazifik systematisch geplant. Auf dem letzten
Nato-Gipfel Ende Juni wurde eine neue Nato-Strategie verabschiedet, die
das Militärbündnis explizit auf eine militärische Konfrontation mit den
Nuklearmächten Russland und China ausrichtet. Das Auswärtige Amt
veröffentlichte bereits im September 2020 seine sogenannten „Leitlinien
zum Indo-Pazifik“. Sie erklären den indo-pazifischen Raum „zum Schlüssel
für die Ausgestaltung der internationalen Ordnung im 21. Jahrhundert“.
Dann formuliert das Strategiepapier explizit den Führungsanspruch des
deutschen Imperialismus in der Region. „Der Himalaya und die Straße von
Malakka mögen weit entfernt scheinen. Aber unser Wohlstand und unser
geopolitischer Einfluss in den kommenden Jahrzehnten beruhen gerade auch
darauf, wie wir mit den Staaten des Indo-Pazifiks zusammenarbeiten.“
Als global agierende Handelsnation dürfe Deutschland sich dort auch in
militärischer Hinsicht „nicht mit einer Zuschauerrolle begnügen“.
https://www.wsws.org/de/articles/2022/08/20/luft-a20.html
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