Samstag, 6. April 2024

Sie haben den Verstand verloren - Arnold Schölzel

 Entnommen: https://rotfuchs.net/files/rotfuchs-ausgaben-pdf/2024/RF-314-04-24.pdf


RotFuchs

Sie haben den Verstand verloren


In aller Seelenruhe diskutieren Bundeswehroffiziere darüber, wie russische Ziele mit dem Marschflugkörper „Taurus“ zerstört werden können. Sahra Wagenknecht sagte dazu am 14. März im Bundestag: „Der Skandal besteht nicht darin, daß sie sich dabei belauschen lassen, der Skandal besteht darin, daß es mittlerweile normal zu sein scheint, solche Debatten zu führen.“ Diese „Normalität“ skizzierte sie so: „Unsere grandiosen Militärexperten von den Grünen belehren uns jetzt seit zwei Jahren, welchen Game-Changer wir als Nächstes liefern müssen, damit die Ukraine damit garantiert den Krieg gewinnt. Die FDP gibt der Union und damit der Opposition inzwischen Formulierungshilfe, um einen Waffenantrag gegen den Kanzler durchzusetzen. In der CDU schwärmen Leute wie Herr Kiesewetter davon, mit deutschen Raketen Ministerien in Moskau zu zerstören. Wenn der Papst dann in diesen ganzen Wahnsinn hineinruft, daß Kiew lieber verhandeln sollte, als das Land in den Selbstmord zu treiben, dann wird sogar er von Ihnen allen als Putin-Troll niedergemacht.“ Dem ließ sie die rhetorische Frage folgen: „Also, wer diese Debatte verfolgt, der kann sich doch nur noch fragen: Haben Sie alle wirklich den Verstand verloren?“ Ja, läßt sich dem hinzufügen, es ist wieder einmal soweit: Die Strategen des deutschen Imperialismus haben den Verstand verloren. Die Kiesewetter (CDU), Strack-Zimmermann (FDP), Brugger (Bündnis 90/Die Grünen) oder Barley (SPD) haben allerdings kein medizinisches Problem, ihnen geht es vielmehr wie dem deutschen Generalstab von 1914, von 1939 oder dem Spalter- und Remilitarisierungskanzler Konrad Adenauer, der Atomwaffen am 5. April 1957 zur „Fortentwicklung der Artillerie“ und zu „beinahe normalen Waffen“ erklärte: Sie alle standen auf Kriegsfuß mit der politischen Realität, vor allem mit der in der Sowjetunion beziehungsweise in Rußland, erst recht aber mit der politischen Wirklichkeit in der Welt. Das gilt auch heute – von „Rußland ruinieren“ bis zur „Zeitenwende“, also der Absicht, eine Atommacht zu besiegen. Gemeint ist Revanche: In der Ukraine für die Niederlage nach 2014, als die vom Westen in Kiew an die Macht geputschten Nationalisten und Faschisten bei ihrem Krieg gegen die Aufständischen im Donbass steckenblieben. Global für den Machtverlust in immer mehr Regionen der Welt: Flucht aus Afghanistan 2021, Staatsstreiche in Mali, Burkina Faso und Niger, die u. a. zum Abzug der Bundeswehr aus Mali führten und zur Anwesenheit russischer Kontingente. Nur ein Detail: Am 16. März kündigte die Regierung von Niger mit sofortiger Wirkung ein Militärabkommen mit den USA und warf 1100 US-Soldaten aus dem Land. Das war vor zehn Jahren undenkbar. Einer Niederlage des Westens gleich kommt inzwischen der Völkermord in Gaza. Die beiden größten Waffenlieferanten Israels – USA und BRD – stehen international ebenso am Pranger wie das Netanjahu-Regime, das seine Sponsoren an der Nase durch den Kriegsring führt.

Auf dem Schlachtfeld im Krieg gegen Rußland droht das nächste Desaster; die Bundesregierung hat die deutsche Wirtschaftsleistung erfolgreich torpediert. Die Anhänger der „Zeitenwende“-Revanche quittieren das nicht mehr nur mit Durchhalteparolen, sondern mit irren Angriffsphantasien auf Moskau und Rußland. Insbesondere Grüne und CDU/CSU stehen im Wettbewerb um den gefährlichsten Blödsinn. Das nutzt der Kanzler, Urheber des Kriegsrauschs, für politische Zweigleisigkeit: Er beteuert, weiter gigantische Summen für die Aufrüstung Kiews hinauszuwerfen, und weigert sich zugleich, Waffen zu liefern, die dem „russischen Huhn den Kopf abschneiden“ Sie haben den Verstand verloren können (so ein Berater von Ronald Reagan 1982). Aber die Inszenierung von Scholz als „Friedenskanzler“, der mit „Besonnenheit“ agiert, kommt zu spät. Wer „Zeitenwende“ gesagt hat, muß klippschulmäßig „kriegstüchtig“ sagen und alles dafür tun, daß der Kriegsdurst des militärisch-industriellen und medialen Komplexes erfüllt wird. Sonst ist es mit der Kanzlerschaft aus.

Verstand setzte sich im deutschen Imperialismus im Ersten und Zweiten Weltkrieg nur mit Gewalt von außen durch. Bei Adenauers Kriegsphantasien griff man sich in Moskau und in Washington an die Stirn und machte ihnen am 13. August 1961 ein Ende. Heute muß der „Zeitenwende“-Wahn beendet werden, um Deutschland wieder zur Vernunft zu bringen. Offenbar geht das erneut nur durch Verständigung der Großmächte.

Arnold Schölzel


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