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RotFuchs
Sie haben den Verstand verloren
In aller Seelenruhe diskutieren Bundeswehroffiziere darüber, wie
russische Ziele mit dem Marschflugkörper „Taurus“ zerstört werden
können. Sahra Wagenknecht sagte dazu am 14. März im Bundestag: „Der
Skandal besteht nicht darin, daß sie sich dabei belauschen lassen, der
Skandal besteht darin, daß es mittlerweile normal zu sein scheint,
solche Debatten zu führen.“ Diese „Normalität“ skizzierte sie so:
„Unsere grandiosen Militärexperten von den Grünen belehren uns jetzt
seit zwei Jahren, welchen Game-Changer wir als Nächstes liefern müssen,
damit die Ukraine damit garantiert den Krieg gewinnt. Die FDP gibt der
Union und damit der Opposition inzwischen Formulierungshilfe, um einen
Waffenantrag gegen den Kanzler durchzusetzen. In der CDU schwärmen Leute
wie Herr Kiesewetter davon, mit deutschen Raketen Ministerien in Moskau
zu zerstören. Wenn der Papst dann in diesen ganzen Wahnsinn hineinruft,
daß Kiew lieber verhandeln sollte, als das Land in den Selbstmord zu
treiben, dann wird sogar er von Ihnen allen als Putin-Troll
niedergemacht.“ Dem ließ sie die rhetorische Frage folgen: „Also, wer
diese Debatte verfolgt, der kann sich doch nur noch fragen: Haben Sie
alle wirklich den Verstand verloren?“ Ja, läßt sich dem hinzufügen, es
ist wieder einmal soweit: Die Strategen des deutschen Imperialismus
haben den Verstand verloren. Die Kiesewetter (CDU), Strack-Zimmermann
(FDP), Brugger (Bündnis 90/Die Grünen) oder Barley (SPD) haben
allerdings kein medizinisches Problem, ihnen geht es vielmehr wie dem
deutschen Generalstab von 1914, von 1939 oder dem Spalter- und
Remilitarisierungskanzler Konrad Adenauer, der Atomwaffen am 5. April
1957 zur „Fortentwicklung der Artillerie“ und zu „beinahe normalen
Waffen“ erklärte: Sie alle standen auf Kriegsfuß mit der politischen
Realität, vor allem mit der in der Sowjetunion beziehungsweise in
Rußland, erst recht aber mit der politischen Wirklichkeit in der Welt.
Das gilt auch heute – von „Rußland ruinieren“ bis zur „Zeitenwende“,
also der Absicht, eine Atommacht zu besiegen. Gemeint ist Revanche: In
der Ukraine für die Niederlage nach 2014, als die vom Westen in Kiew an
die Macht geputschten Nationalisten und Faschisten bei ihrem Krieg gegen
die Aufständischen im Donbass steckenblieben. Global für den
Machtverlust in immer mehr Regionen der Welt: Flucht aus Afghanistan
2021, Staatsstreiche in Mali, Burkina Faso und Niger, die u. a. zum
Abzug der Bundeswehr aus Mali führten und zur Anwesenheit russischer
Kontingente. Nur ein Detail: Am 16. März kündigte die Regierung von
Niger mit sofortiger Wirkung ein Militärabkommen mit den USA und warf
1100 US-Soldaten aus dem Land. Das war vor zehn Jahren undenkbar. Einer
Niederlage des Westens gleich kommt inzwischen der Völkermord in Gaza.
Die beiden größten Waffenlieferanten Israels – USA und BRD – stehen
international ebenso am Pranger wie das Netanjahu-Regime, das seine
Sponsoren an der Nase durch den Kriegsring führt.
Auf dem Schlachtfeld im Krieg gegen Rußland droht das nächste Desaster;
die Bundesregierung hat die deutsche Wirtschaftsleistung erfolgreich
torpediert. Die Anhänger der „Zeitenwende“-Revanche quittieren das nicht
mehr nur mit Durchhalteparolen, sondern mit irren Angriffsphantasien
auf Moskau und Rußland. Insbesondere Grüne und CDU/CSU stehen im
Wettbewerb um den gefährlichsten Blödsinn. Das nutzt der Kanzler,
Urheber des Kriegsrauschs, für politische Zweigleisigkeit: Er beteuert,
weiter gigantische Summen für die Aufrüstung Kiews hinauszuwerfen, und
weigert sich zugleich, Waffen zu liefern, die dem „russischen Huhn den
Kopf abschneiden“ Sie haben den Verstand verloren können (so ein Berater
von Ronald Reagan 1982). Aber die Inszenierung von Scholz als
„Friedenskanzler“, der mit „Besonnenheit“ agiert, kommt zu spät. Wer
„Zeitenwende“ gesagt hat, muß klippschulmäßig „kriegstüchtig“ sagen und
alles dafür tun, daß der Kriegsdurst des militärisch-industriellen und
medialen Komplexes erfüllt wird. Sonst ist es mit der Kanzlerschaft aus.
Verstand setzte sich im deutschen Imperialismus im Ersten und Zweiten
Weltkrieg nur mit Gewalt von außen durch. Bei Adenauers Kriegsphantasien
griff man sich in Moskau und in Washington an die Stirn und machte
ihnen am 13. August 1961 ein Ende. Heute muß der „Zeitenwende“-Wahn
beendet werden, um Deutschland wieder zur Vernunft zu bringen. Offenbar
geht das erneut nur durch Verständigung der Großmächte.
Arnold Schölzel
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