Entnommen: https://www.freidenker.org/?p=18862
Europäische Union – reaktionär, imperialistisch, militaristisch, aggressiv
25. April 2024
Webredaktion
,
Wirtschaft
von Prof. Dr. Anton Latzo
Am Anfang stand das Versprechen, ja die Verheißung, die Europäische
Union (EU) werde den Kontinent vereinen und Frieden und sozialen
Fortschritt bringen. Es wurde die Illusion verbreitet, Europa könne
unter kapitalistischen Bedingungen zu Einheit, Frieden und Wohlstand
gelangen. Und was ist daraus geworden?
Vorläufer
Die Vorgänger der EU waren die Montanunion (1951) und die Europäische
Wirtschaftsgemeinschaft (1957). Schon an deren Entstehung waren sowohl
die europäischen als auch die Monopole der USA interessiert. Dafür waren
sowohl ökonomische als auch politische Interessen und Ziele maßgebend.
Eine wichtige Triebkraft war der Antikommunismus. In den revolutionären
Umgestaltungen in den Staaten Osteuropas, in der verbreiteten
revolutionären Stimmungen in den kapitalistischen Staaten Westeuropas
und vor allem in der Existenz und dem zunehmenden Einfluss der
Sowjetunion sahen sie eine Bedrohung für ihre imperialistische Politik.
Die Vertreter des deutschen Monopolkapitals, die mit Hilfe vor allem der
USA und Englands den zweiten Weltkrieg überlebten, ordneten sich aktiv
in diese Front ein. Dazu gehörten auch solche, die schon während der
Zeit des Faschismus einflussreiche und Regierungsfunktionen innehatten.
Sie machten den amerikanischen und englischen Konzernherren und
Regierungen konkrete Vorschläge, sowohl zu „wirtschaftlich-technischen
Aspekten“ als auch die „politische Ebene“ betreffend. Arnold Rechberg,
führender Mann des Kalitrusts stellte schon im Oktober 1945 der
amerikanischen Militärregierung eine Denkschrift zur Verfügung. Er wurde
deutscher Ratgeber dieser Regierung! Und es waren viele mehr!
Verweisen muss man auf die Rolle, die der Finanz- und
Wirtschaftsfachmann und Minister der Hitlerregierung, Hjalmar Schacht,
im Zusammenspiel zwischen den deutschen und internationalen Monopolen
gespielt hat. Im Nürnberger Prozess wurde Schacht am 1. Oktober 1946 mit
drei Stimmen des Westens gegen die des sowjetischen Vertreters
freigesprochen. Am 13. Mai 1947 verurteilte ihn ein deutsches Gericht
zwar zu acht Jahren Gefängnis, aber schon am nächsten Tag ließen die
amerikanischen Behörden in Deutschland ihn ins Krankenhaus bringen.
Einen Monat später ließen sie verlauten, dass der ehemalige
Reichsbankpräsident „einstweilen“ auf freien Fuß gesetzt wurde.
Obwohl er den Status eines Angeklagten hatte, der für die Verbrechen des
Nazi-Regimes Mitverantwortung trug, hatte Schacht immer die
Möglichkeit, seine Vorstellungen über die Zukunft des deutschen
Kapitalismus und über das Zusammenwirken mit den Westmächten zu äußern –
und gehört zu werden. Er sah die Zukunft des deutschen Kapitalismus als
ein Glied in der Front gegen Sozialismus. Antikommunismus und
Gewerkschaftsfeindlichkeit gehörten zu seinen Lebensmaximen. Sein Buch
„Abrechnung mit Hitler“ (1948) schließt er mit der Forderung,
Deutschland als gleichberechtigten Partner in die „atlantische
Völkergemeinschaft“ aufzunehmen.
„Deshalb dürfen wir der festen Meinung sein, dass auch die neuesten
Opfer, die Deutschland auferlegt worden sind, einen Sinn haben… Vor dem
Krieg hatte die Welt Deutschlands Zwangslage und sein Suchen nach einem
friedlichen Weg zu seiner Selbsterhaltung nicht verstanden. Nach dem
Kriege erkennt die Welt, was sie durch eine Vernichtung Deutschlands
verlieren würde.“ Seine Pläne für die Wirtschaft waren noch konkreter.
Sie knüpften an seinen Verhandlungen an, die er schon 1943/44 mit Allen
Dulles und den anderen USA-Vertretern geführt hatte. Sie boten eine
„friedliche“ Neuaufteilung entsprechend der Macht in der Welt des
Kapitals an. Schacht wollte nicht nur ein „vereinigtes Europa“, sondern
legte – in Kenntnis der amerikanischen Ziele – die Idee „einer einzigen
Welt“ vor. In der Zeitung „Die Weltwoche“ (Schweiz) schrieb er 1948:
„Ein führender amerikanischer Einfluss bei entsprechender
Kapitalinvestierung in die europäische Industrie würde einen
wesentlichen Schritt auf eine einheitliche Weltwirtschaft unter
einheitlicher Führung bedeuten“.
Und Schacht war nur ein, wenn auch sehr wichtiger, Sprecher des
deutschen Kapitals. Gefährten auf dem Weg der Spaltung Deutschlands und
seiner Integration in die Bündnisse des internationalen Kapitals, waren
Hermann Abs, Robert Pferdmenges, der ehemalige Reichskanzler Brüning
und nicht zuletzt Konrad Adenauer und Ludwig Erhard. Ihr gemeinsames
Anliegen war die Rettung der Macht des Kapitals und seiner
internationalen Expansion auf der Grundlage des Antisowjetismus und
Antikommunismus sowie der Neokolonialismus.
Deutsches Konzept heute
Die politische Union war und ist ein konstantes Ziel in der
Europa-Politik aller bisherigen Regierungen der BRD. Dieses Ziel wurde
in einzelnen Perioden mit unterschiedlicher Intensität verfolgt, aber
nie aufgegeben. In den letzten Jahren wurde jedoch eine neue
Akzentuierung eingeführt. Man ist bestrebt, den deutschen Anspruch zu
fundieren, wonach die „bisherige europäische Ordnungsmacht Amerika“ zu
ersetzen sei. Es wurde das „deutsche Interesse“ an einem „wirtschaftlich
und politisch leistungsfähigen Großraum“ mit einem Hinterhof, der bis
nach Zentralasien und in den Nahen Osten reicht, verkündet.
Deutschland habe ein „legitimes Interesse an seiner dauerhaften und
festen Einbindung in einen wirtschaftlich und politisch leistungsfähigen
Großraum, der anderen Weltregionen vergleichbar ist“.
Deutschland müsse als größter und wirtschaftlich stärkster Staat in
Europa „in vorderster Linie“ für ein Europa eintreten, das in der Lage
sei, sich „gegen äußere wirtschaftliche, politische und gegebenenfalls
auch militärische Pressionen zu wehren“.
In einer SPD-Denkschrift über „Grundwerte für eine gerechte Weltordnung“
wird der angestrebte „Großraum“ wie folgt umrissen: „Um West- und
Mitteleuropa , das sich als integrierte Weltregion etabliert, liegen in
einem Halbkreis von Ost nach Süd Russland, die früher mit der
Sowjetunion verbundenen Republiken Weißrussland, Ukraine und Moldawien,
sowie Transkaukasien und Zentralasien, die Türkei und die Länder des
Nahen Ostens und des Mittelmeeres“:
Die Rolle der EU wird dabei wie folgt gesehen: „Deutschland muss dafür
eintreten, dass Europa (also nicht nur EU!) zu seinen Nachbarn eine
besonders intensive, konstruktive und dauerhafte Partnerschaft aufbaut,
welche die Lösung der sicherheitspolitischen, wirtschaftlichen und
politischen Probleme der europäischen Nachbarschaft nicht – wie bisher –
vorwiegend den Vereinigten Staaten überlässt“.
Aus der Sicht Deutschlands (gemeint ist Deutschland der Monopole) gehe
es heute um die Grundentscheidung, ob die „großen westlichen Nationen“
sich weiterhin der Führung der Vereinigten Staaten unterwürfen, was eine
„instabile“ und nicht annehmbare Ordnung bedeute, oder durch die
Weiterentwicklung eigener Machtmittel eine nach den eigenen Interessen
definierte „globale politische Ordnung“ durchsetzen.
Der „europäische Raum“ müsse vor allem durch präventive Maßnahmen
geschützt werden, und das schließe „rechtzeitige präventive
Intervention“ weltweit ein.
Die Geschichte und Politik der EU demonstrieren, dass durch diese
multilaterale kapitalistische Staatenorganisation weder die Widersprüche
innerhalb der kapitalistischen Staaten noch die zwischen ihnen gelöst
bzw. beseitigt werden können. Die Gründung und Entwicklung der EU selbst
wurden zur Quelle von Widersprüchen!
Prof. Dr. Anton Latzo ist Historiker und Mitglied des Beirats des Deutschen Freidenker-Verbandes
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen