Samstag, 4. November 2023

Russland bis 2060 klimaneutral - LZ

 Entnommen: https://linkezeitung.de/2023/11/04/putin-unterzeichnet-doktrin-russland-bis-2060-klimaneutral/

 Putin unterzeichnet Doktrin: Russland bis 2060 klimaneutral

VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 4. NOVEMBER 2023 ⋅ HINTERLASSE EINEN KOMMENTAR


von Thomas Oysmüller – https://tkp.at

Bild “Climate changing in Kyzyl, Tuva, Siberia, Russia” by onesecbeforethedub is licensed under CC BY-NC-SA 2.0.
Auch Russland will “klimaneutral” werden. Und zwar nur spätestens zehn Jahre nach der EU. Ein entsprechenden Papier hat Putin jetzt unterzeichnet. Dort wird die Klimakrise auch als Gesundheitskrise anerkannt.

Am 26. Oktober hat der russische Präsident Wladimir Putin eine neue Klimadoktrin unterzeichnet. Bis spätestens 2060 soll die Russische Föderation „klimaneutral“ sein und eine NetZero-Nation werden. Die EU will bereits 2050 dies erreicht haben. Russlands wichtigste Wirtschaftssektor ist der Export von fossilen Energieträgern wie Gas und Öl. Was macht Putin da also?

CO2-Reduktion auf russisch
Die Unterzeichnung der Doktrin durch Putin löste vor allem im Westen eine Welle der Reaktionen aus. Hauptsächlich waren zwei Positionen zu erkennen. Einerseits zeigten sich viele empört. Putin und Russland stehe also auch hinter der Klimapolitik. Andererseits heißt es, dass dies alles nur Show sei und niemand in Russland ernst nehme, was man sich bis 2060 vornimmt.

Was steht aber genau im Dekret, das Putin unterzeichnet hat? Das Dekret ist im Original hier zu finden. Auf Deutsch übersetzt hat MagMa einige Stelle veröffentlicht.

Der erste Abschnitt skizziert die langfristige Klimafantasie Russlands:
„In der Russischen Föderation wird aktiv an der Schaffung von Bedingungen für den Übergang zu einer emissionsarmen Wirtschaft gearbeitet. Im Rahmen der langfristigen sozioökonomischen Entwicklung der Russischen Föderation wird erwartet, dass unter Berücksichtigung der nationalen Interessen und Prioritäten bis spätestens 2060 ein Gleichgewicht zwischen den anthropogenen Emissionen von Treibhausgasen und deren Absorption erreicht wird. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden zusätzliche Maßnahmen zur Dekarbonisierung der Wirtschaftssektoren und zur Erhöhung der Absorptionskapazität der verwalteten Ökosysteme definiert.“

Die Umsetzung dieser Maßnahmen wird sicherstellen, dass bis 2030 das Volumen der Treibhausgasemissionen auf dem Niveau von 1.673 Millionen Tonnen (54 Prozent des Niveaus von 1990) liegt und dass das Gleichgewicht zwischen den anthropogenen Treibhausgasemissionen und deren Absorption [»Klimaneutralität«] bis spätestens 2060 erreicht wird.

Bis 2030 will man also fast auf die Hälfte des Niveaus kommen. Das hat man aber tatsächlich schon 1995 erreicht und hat sich seither fast nicht mehr geändert.

Hier Russlands CO2-Emission seit 1960:



Dieser Plan zur Reduktion auf das Niveau von 1990 dürfte somit keine großen Veränderungen nach sich ziehen. Zudem ist Moskau in ähnlichen internationalen Verträgen.

Sicherheitsfrage
Aber weiters steht auch im Papier, dass der Klimawandel eine Gesundheitskrise sei, was der westlichen Propaganda entspricht. Laut Abschnitt II sei der Klimawandel eine existenzielle Bedrohung für die öffentliche Gesundheit. So habe „der Klimawandel erhebliche, überwiegend nachteilige Auswirkungen auf die sozioökonomische Entwicklung des Staates als Ganzes [und] auf das Leben und die Gesundheit seiner Bürger hat.“ Der Klimawandel bringe ein „erhöhtes Risiko für die Gesundheit der Bürger“.

Die russische Regierung hat sich nun selbst verpflichtet, „das gesundheitliche und epidemiologische Wohlergehen in einem sich verändernden Klima zu gewährleisten.“ Was das aber bedeutet ist ungewiss.

Ein weiterer Punkt, der zu beachten ist, ist die Militarisierung in der Doktrin und die Verknüpfung von Klima und Sicherheitspolitik. Denn der Klimawandel sei eine Bedrohung für die nationale Sicherheit der Russischen Föderation.

Die Notwendigkeit von „kollektiven Maßnahmen“ aufgrund dieses Risikos erkennt man im Kreml an:

„Die Russische Föderation beteiligt sich an der Entwicklung kollektiver Maßnahmen der internationalen Gemeinschaft zur Abschwächung der anthropogenen Auswirkungen auf das Klima und unterstützt gemeinsam mit anderen Mitgliedern der internationalen Gemeinschaft die Entwicklungsländer, einschließlich derjenigen, die am stärksten von den negativen Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind, bei der Umsetzung von Maßnahmen zur Anpassung und Abschwächung der negativen Auswirkungen des Klimawandels.“

Wie ernst der Kreml das Papier nimmt, wird sich zeigen. Es sieht aber nicht so aus, als würde Russland bald aus der NetZero-Politik völlig aussteigen


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