Entnommen: https://linkezeitung.de/2023/11/24/eine-weitere-niederlage-fuer-den-imperialismus/
Eine weitere Niederlage für den Imperialismus?
VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 24. NOVEMBER 2023 ⋅ HINTERLASSE EINEN KOMMENTAR
von Paul Oswald – https://kommunistische-organisation.de
Bild: Zerstörter M60-Kampfpanzer der IDF, 1973, Sinai-Halbinsel
(Wikimedia:
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Israeli_M60_wreckage.jpg)
Überblick über aktuelle Analysen zu den politischen Auswirkungen der Al-Aqsa Flut
Am 07. Oktober mit dem Beginn der Al-Aqsa Flut gelang dem
palästinensischen Widerstand die bisher größte militärische Offensive
seiner mehr als 70-jährigen Geschichte. Unabhängig von den weiteren
Einschätzungen zeigen die Ereignisse, erstens, dass der Versuch des
Westens und der Besatzungsmacht, Palästina Stück für Stück zu zerstören
und politisch zu begraben, gescheitert ist – Palästina ist mit voller
Wucht auf die internationale Bühne zurückgekehrt – zweitens, dass der
Widerstand zu einem großen Teil einheitlich handelt, damit seine
Aktionsfähigkeit gestärkt hat und gesellschaftliche Spaltungen
überwindet und drittens, die Schwäche des Besatzerstaats in bisher
ungekanntem Ausmaß – das aufgebaute Narrativ der Unverwundbarkeit der
Siedlerkolonie ist zerstört. Die Aktion übt des weiteren Druck auf
verschiedene Akteure der Region auf, was potenziell
Bündniskonstellationen verändert, die politische Landkarte wandelt und
eine existenzielle Gefahr für die zionistische Entität bürgt.
Es gibt bisher wenig Debatten über die Einschätzung der Ereignisse und
Entwicklung auf größerer Ebene, obwohl es sich offensichtlich um
Ereignisse historischen Ausmaßes handelt. Politisch handelt es sich um
eine Offensive des palästinensischen Widerstands und um die völlige
Offenlegung des politischen Bankrotts der zionistischen Besatzungsmacht,
die nur mit Zerstörung reagieren und lediglich mit militärischer
Unterstützung der USA überleben kann.
Durch die Entwicklungen wird schnell die Frage aufgeworfen, welche
Auswirkungen die Al-Aqsa Flut auf die Region haben wird. Aber auch in
welcher Situation sich allen voran der US-Imperialismus befindet und ob
die Ereignisse in Palästina bspw. zu einem Strategiewechsel führen
könnten. Einige Einschätzungen und Analysen werden hier kurz
dargestellt. Dies kann lediglich eine Momentaufnahme darstellen und soll
als Aufschlag dienen, für eine kontinuierliche Beschäftigung mit den
laufenden Diskussionen.
In den mir bisher bekannten Analysen zeigen sich im Wesentlichen zwei
unterschiedliche Linien, was die politische Einordnung der Al-Alqsa Flut
hinsichtlich des US-Imperialismus anbelangt:
Die Al-Aqsa Flut bietet den USA die Möglichkeit einer Offensive, die
sich übergeordnet gegen die BRICS und die Neue Seidenstraße richtet und
dabei vor allem den Iran in das Visier nimmt. Nach dieser Einschätzung
haben die USA ein Interesse am Genozid in Gaza und einer Ausweitung der
Kampfhandlungen auf die gesamte Region. Vereinfacht nenne ich diesen
Argumentationsstrang Offensive des US-Imperialismus.
Die USA haben kein Interesse an einer Ausweitung des Konflikts auf die
gesamte Region. Der US-Imperialismus wird von Netanjahu in einen
Konflikt hineingezogen, der nicht nur die Zionisten, sondern auch die
US-Hegemonie existenziell bedroht und einen nächsten Schritt im globalen
Abstieg der USA darstellt. Diese Perspektive fasse ich unter steigender
Druck auf US-Herrschaft zusammen.
Während sich die erste Linie vor allem bei Journalisten wiederfindet,
die in ihren Veröffentlichungen von einer zunehmend multipolaren
Weltordnung ausgehen, lassen sich die Vertreter der zweiten Linie keinem
eindeutigen Spektrum zuordnen.
Am Ende dieses Artikels werden noch zusätzliche Artikel dargestellt, die
nicht direkt zu einer der beiden Linien zuzuordnen sind, aber dennoch
interessante Zusammenhänge darstellen z.B. die Situation der Besatzer,
aber auch das Verhalten von Ländern wie Russland zu Palästina.
Offensive des US-Imperialismus
Die weitreichendsten und am sichersten klingenden Einschätzungen, die
eine Offensive des US-Imperialismus sehen, habe ich bisher bei The
Cradle und Geopolitical Economy von drei Autoren gelesen, die nicht
selten zusammen publizieren (Pepe Escobar, Ben Norton und Michael
Hudson).
Eindämmung der BRICS
Pepe Escobar setzt die Al-Aqsa Flut in einem Artikel für The Cradle[i]
in den Kontext der wachsenden Anzahl an Ländern die in die BRICS+
aufgenommen werden wollen. Die Al-Aqsa Flut böte den USA die Möglichkeit
den Druck auf die BRICS+ Staaten zu erhöhen. Der Iran, Saudi-Arabien
und die Vereinigten Arabischen Emirate spielen für die BRICS eine
Schlüsselrolle bei der Entdollarisierung, dessen Ziel darin besteht den
Petrodollar zu umgehen. Von dieser Annäherung der BRICS und den OPEC+
würden die Öl-Staaten enorm profitieren.
Gleichzeitig bestehen seit den 1960er Jahren Pläne den Ben-Gurion-Kanal
vom Golf von Aqaba bis zum östlichen Mittelmeer zu bauen. Dieser würde
bis zum nördlichen Gazastreifen laufen. Dieser Kanal würde es dem
Besatzerstaat ermöglichen, zu einem zentralen Energieknotenpunkt zu
werden und den ägyptischen Suezkanal zu verdrängen. Dies passe nach
Escobar zu einer möglichen Rolle Israels im Kampf um neue
Wirtschaftskorridore, den die USA führen. Escobar nennt beispielhaft den
Indien-MidEast Corridor (Imec) als ein solches Projekt.
In diesen Kontext stellt Escobar auch das Auftreten Netanjahus im
September bei einer UN-Versammlung, bei welcher er eine Karte des „Neuen
Nahen Osten“ präsentierte, auf der Palästina vollständig ausgelöscht
war.
Die USA würden derzeit versuchen, die BRICS an zwei Fronten anzugreifen:
in Südamerika und in Westasien. In Südamerika durch die Unterstützung
Mileis in Argentinien, der versprochen hat die Beziehungen zu Brasilien
abzubrechen. In Westasien durch die Erhöhung des Drucks auf
Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate die Annäherung der
OPEC+ an die BRICS zu blockieren. Escobar schätzt ein, dass die
Biden-Regierung dem Druck aus einem Teil der amerikanischen Bevölkerung
nicht nachgeben wird, den Genozid in Gaza zu stoppen. Für Escobar
stellen Kriege in Europa und in Westasien die einzige Chance für die USA
dar, ein „friedliches Eurasisches Jahrhundert“ zu verhindern.
Fokus auf den Iran
In einem Interview, das Ben Norton mit Michael Hudson führte[ii],
schätzt dieser ein, dass die USA Israel so lange antreiben werden, bis
die Hisbollah eingreifen werde. Dies würde den USA nicht nur ermöglichen
den Libanon anzugreifen, sondern auch den Iran. Aus diesem Grund habe
der US-Imperialismus Flugzeugträger und ein Atom-Uboot in der Region
stationiert.
Die Angriffe auf Gaza dienen den USA als Vorwand um gemeinsam mit der
Besatzerarmee einen syrischen Flughafen zu bombardieren, um zu
verhindern das Syrien Waffen an den Libanon senden kann.
Ben Norton führt in dem Interview aus, dass die USA den Plan verfolgt
haben, sieben Länder in Nordafrika und Westasien in fünf Jahren zu
destabilisieren: Irak, Iran, Libanon, Libyen, Somalia und den Sudan. Der
Iran sei das einzige Land, was seitdem nicht völlig zerstört worden
wäre. Israel hat bei dieser Politik eine Schlüsselrolle gespielt.
Michael Hudson meint, dass die Neocons in den USA davon ausgehen, dass
sie keine bessere Chance bekommen würden, den Iran anzugreifen, als sie
aktuell haben. Wenn es den USA gelingen sollte, dass Öl im Nahen Osten
zu kontrollieren (vgl. Escobars Ausführungen), dann erhielten die USA
die Möglichkeit über Energiesanktionen Länder davon abzuhalten, eine
eigenständigere Entwicklung zu fördern (Multipolarität). Der Iran habe
dies verstanden. Auch China und Russland wüssten, dass es um den Iran
ginge. Die Dämonisierung des Irans durch die amerikanischen Medien diene
als eine Kriegsvorbereitung.
Auch der amerikanische Ökonom Paul Craig Roberts[iii] spricht davon,
dass die USA ein Interesse daran hätten, den Krieg regional auszuweiten
und den Iran und Syrien mit einzubeziehen. Roberts meint, dass die
israelische Regierung gewusst haben müsse, dass US-Streitkräfte sofort
vor Ort sein werden, da sie durch den Angriff auf Gaza sehr verwundbar
sind.
Der Kolumnist Sergej Ischtschenko spricht davon[iv], dass sich die
Flottenbewegung der USA im Indischen Ozean sich nicht gegen die Hamas,
sondern gegen den Iran richten. Auch Ischtschenko spricht davon, dass
ein Jahr vor den Präsidentschaftswahlen und der Niederlage in der
Ukraine, die Möglichkeit gegen den Iran vorzugehen, wie ein Geschenk für
die amerikanische Elite zu sehen sei. Der Iran habe sich trotz
militanter Rhetorik bislang faktisch zurückgehalten.
Hasan Illaik[v] (The Cradle) betont ebenfalls, dass die Stationierung
amerikanischer Flotten dazu diene, Israel in ihrem militärischen
Vorgehen zu ermutigen.
Sicherung des Abschreckungspotenzials
Der französische Autor Thierry Meyssan[vi] stellt das Risiko für die USA
an militärischem Abschreckungspotenzial zu verlieren ins Zentrum seiner
Argumentation. Die USA befürchten nach einer Niederlage in Syrien und
in der Ukraine eine baldige Niederlage in Palästina. Meyssan wirft die
Frage auf, wieso Staaten dann weiterhin in Dollar handeln sollten, wenn
diese keine Angst mehr vor der amerikanischen Armee haben bräuchten.
Defensive und Schwäche der USA
Im Unterschied zu den oben erwähnten Artikeln, sehen andere Autoren in
der Al-Aqsa Flut vor allem eine enorme Schwächung des US-Imperialismus
sowie der Zionisten.
Schwächung der amerikanischen Position
Häufig wird sich in Artikeln auf das sogenannten Abraham-Abkommen der
USA bezogen. Seit 2020 haben eine Reihe von Staaten ein diplomatisches
Dokument unterschrieben, durch welches sich die USA eine Annäherung von
Staaten in Westasien und Nordafrika an Israel erhoffen, ohne die
Palästinafrage dafür lösen zu müssen. Neben den USA zählen zu den
Unterzeichnern Bahrain, die Vereinigten Arabischen Emirate, Marokko und
der Sudan.[vii]
Abdalljawad Omar schreibt in einem Artikel für Mondoweiss[viii] zu den
Abrahmen-Abkommen, dass sie den Versuch der USA darstellten, regionale
Bündnisse durch die Normalisierung der Beziehungen zu Israel
herzustellen, ohne die Palästinafrage dabei zu lösen und ihre Soft Power
zu erhöhen. Dies solle den USA dazu dienen, den militärischen Fokus auf
Asien verlagern zu können. Die Situation, dass die Besatzer
Verhandlungen ablehnen, sorge dafür, dass militärische Unterstützung
notwendig wurde, was für den amerikanischen militärisch-industriellen
Sektor eine zusätzliche Belastung neben dem Ukrainekrieg darstelle. Auch
wirke sich das israelische Vorgehen auf das amerikanische Bündnissystem
aus und schließt US-Soldaten mit ein.
In einem Artikel für Peoples Dispatch schreibt Abdula Rahman[ix]
entgegen den Einschätzungen, die bei The Cradle oder Geopolitical
Economy zu finden sind, dass viele Länder in Westasien, darunter auch
jene, die die sogenannten Abraham-Abkommen unterzeichneten, zum Krieg in
Gaza eine klare Position einnehmen und die Zionisten als den Aggressor
verurteilen und ein Ende der Besatzung fordern. Die Besuche von Biden
und Blinken in der Region führten nicht zu mehr Zuspruch, was die USA
erst dazu veranlasst habe, Militär zu entsenden. Die Mehrheit der
Regierungen seien dazu übergegangen, ihre Palästinaposition zu
überdenken, zum einen durch den Druck durch die Bevölkerung, zum anderen
wegen der sich veränderten geopolitischen Lage in der Region. Rahman
führt das Beispiel Saudi-Arabien an, die eine Gaza Konferenz ausrichten
werden, zu der auch der Iran eingeladen wird.
Ein sehr interessanter Artikel findet sich im Magma-Magazin von Sara
Flouders[x]. Sie schreibt, dass die Al-Aqsa Flut den Mythos der
„Unbesiegbarkeit“ des Siedlerstaats endgültig zerstört habe. Ähnlich wie
Abdula Rahman schätzt Flouders ein, dass die sofortige Reise von Biden
und das Versprechen von mehr Waffenlieferungen Ausdruck der Schwere des
Schlags seien, den die US-Hegemonie erlitten habe. Der wachsende Zorn im
Nahen Osten gegen die USA, haben die Abraham-Abkommen erledigt.
Flouders konstatiert, dass die irakischen Raketenangriffe auf die
verbleibenden US-Militärbasen, der Territorienverlust in Syrien und der
Beschuss aus dem Jemen auf Israel für die strategische Position der USA
gefährlich seien. Der Artikel kommt zu dem Schluss, dass die Tage der
Besatzung gezählt seien, da Millionen von Siedlern täglich prüfen
würden, wann ihre Sicherheit nicht mehr gewährleistet werden könne.
Schwächung von alternativen Wirtschaftskorridoren
Im Unterschied zu Pepe Escobar (s.o.) sieht Vijay Prashad[xi] das
Vorhaben der USA einen Wirtschaftskorridor von Indien über den Nahen
Osten bis Europa (Imec) aufzubauen, durch die Al-Aqsa Flut bedroht.
Dieses Vorhaben sei ins Stocken geraten, weil es für Saudi-Arabien und
die Vereinigten Emirate undenkbar geworden sei, ihre Beziehungen zu
Israel zu normalisieren. D.h. im Unterschied zu Escobar, aber auch
Michael Hudson, die davon schreiben, dass der Druck auf diese beiden
Länder derzeit der entscheidende Punkt sei, schließt Vijay Prashad dies
aus. Er zieht den Schluss, dass das Projekt scheitern wird und insgesamt
die Wirtschaftssanktionen gegen China fehlschlagen werden.
Oberhand durch Achse des Widerstandes
Interessant in Bezug auf das Endsenden von Flotten durch die USA, sind
die Ausführungen des Bloggers SIMPLICIUS THE THINKER[xii]. Er bewertet
die Flotten eher als einen Reflex der USA. Mittlerweile komme es fast
täglich zu Angriffen auf US-Stützpunkten in der Region. Durch die
US-Flotten gehe natürlich eine Gefahr aus, allerdings würden diese eher
darauf hindeuten, dass aktuell eher der Iran und die Achse des
Widerstandes den Ton angeben würden. Dies steht in Widerspruch zu den
oben angeführten Annahmen, wonach sich die Achsenstaaten eher
zurückhalten werden. Der Blogger bezieht sich auf die internationalen
Erwartungen, die an die Rede von Nasrallah gerichtet wurden: Nach
SIMPLICIUS THE THINKER übersähen diejenigen, die lediglich auf ein
stärkeres militärisches Eingreifen der Hisbollah hofften, dass die
langsame Strategie der Spannung durch zunehmende Versöhnungen in der
Region und dem Wachsen von neuen Bündnissen, die vom Iran und der Achse
des Widerstands verfolgt wird, dem Westen einen viel größeren Schaden
zusetzten.
Fehlendes Interesse an Ausweitung
Trita Parsi beschreibt in einem Artikel für Telepolis[xiii], dass Israel
keine Ausweitung des Kriegs anstrebe. Durch eine zweite Front würde
sich die Lage für die Besatzer enorm verschlechtern. In dem Artikel wird
argumentiert, dass eigentlich kein Akteur von einem Krieg profitieren
würde. Die Hisbollah aufgrund der schlechten ökonomischen Lage im
Libanon. Gleiches gelte für den Iran. Biden könne sich wegen dem
Scheitern in der Ukraine und den wachsenden Spannungen mit China keinen
Krieg in Westasien leisten. Auch Ägypten, Syrien, aber auch
Saudi-Arabien hätten nichts zu gewinnen durch eine Ausweitung. Die USA
stünden unter enormen Druck, dadurch, dass die Hisbollah und potenziell
der Iran in den Krieg gezogen werden. Ein direktes Eingreifen der USA in
Gaza, oder gegen die Hisbollah oder den Iran würden größere Angriffe
auf US-Truppen und Interessen nach sich ziehen. Das aktuelle Vorgehen
Bidens, die Hisbollah und den Iran zu warnen, und gleichzeitig Israel
aufzufordern, sich nicht zurückzuhalten, werde zu einem Flächenbrand
führen. Im Unterschied dazu sei es den USA nach Hasan Illaik[xiv]
gelungen, Israel davon zu überzeugen, seine Ziele zurückzuschrauben und
eine geplante umfassende Bodenoffensive verhindern. Seitdem verfolge
Israel spezifischere Ziele: die Kontrolle des Nordens und dem äußeren
Rand Gazas und die Befreiung von Gefangenen.
Letzte Hoffnung für Netanjahu
James North argumentiert in einem Artikel bei Mondoweiss[xv], im
Unterschied zu Trita Parsi, dass es Netanjahu sei, der einen Krieg gegen
den Iran provoziere, um dadurch die politische Katastrophe durch den
07. Oktober zu verschleiern. Ein großer Krieg wäre das einzige, das ihn
im Amt halten könnte. Aus Norths Sicht und in Abgrenzung zu den obigen
Artikeln, hätten die USA kein Interesse an einer Ausweitung des
Kriegsgeschehen. In dem Artikel wird angeführt, dass der israelische
Diplomat Alon Pinkas davon sprechen würde, dass die USA und Israel wegen
der Situation in Gaza in einem Konflikt stünden. North sieht eine
Gefahr darin gegeben, dass die israelische Lobby in den USA Netanjahu
verteidigt und die Republikaner die Biden-Regierung dafür kritisiere,
dass die USA nicht fest genug an der Seite Israel stehe. Dies könne dazu
führen, dass Biden der zunehmenden Eskalation Netanjahus in Gaza, aber
auch jenen gegen den Iran nachgeben könnte.
Risse in der pro-israelischen Lobby
Der Journalist Saurah Kumar Shahi [xvi] erläutert, dass die
internationale Ordnung, welche von den USA geführt wird im Sterben
liegt. Dies stellt noch keinen Widerspruch zu den weiter oben
angegebenen Positionen dar. In seiner Analyse beleuchtet er einen nicht
unwesentlichen Zusammenhang: Er erwähnt, dass die Proteste in Europa und
den USA größer würden und dies bedeute, dass es für die Eliten
schwieriger werde, die Interessen der pro-israelischen Lobby über die
der eigenen Bevölkerung zu stellen. Die Stimmen, die eine Gerechtigkeit
für die Palästinenser fordern werden unter den westlichen Eliten lauter.
In dem Artikel wird die Einschätzung getroffen, dass die
pro-israelische Lobby in der Politik bereits Risse verzeichne. Des zeige
sich in europäischen Ländern wie Spanien, Griechenland und Irland, die
sich für Palästina aussprechen. Dies sei ein Rückschlag für die
pro-israelische Kräfte der jeweiligen Länder.
Weitere Themen
Russlands Rolle
Bezogen auf die Rolle Russlands gibt es unter Analysten sehr
divergierende Einschätzungen. Paul Craig Roberts[xvii] spricht
beispielsweise davon, dass Putin andere Akteure zurückhalte, damit sich
der Krieg nicht ausbreite. Dadurch würde Russland den USA die Oberhand
überlassen, wodurch wiederum das Risiko eines Flächenbrandes steige.
Pepe Escobar[xviii] betont hingegen, dass Russland seine neutrale
Position verlassen habe. Putin spreche nicht nur eindeutig davon, dass
es keine Rechtfertigung dafür gebe, was in Gaza passiere, sondern auch
davon, dass es eindeutig sei, dass sich die USA im Abstieg befänden und
mit dem Chaos, dass sie verbreiten, versuchen würden, ihre Rivalen
einzudämmen. Russland erkenne zwar das Existenzrecht Israels an,
allerdings nur so lange eine „faire Lösung auf der Grundlage der
UN-Resolution” garantiert bliebe, wie der russische UN-Abgeordnete
deutlich machte.
Wirtschaftliche Situation Israel
Kit Klarenberg[xix] schreibt, dass der Angriff auf Gaza Israel bisher
knapp acht Milliarden Dollar gekostet habe und jeden weiteren Tag
Ausgaben in Höhe von 260 Millionen Dollar verursache. Mehrere
Bauprojekte seien zum Erliegen gekommen, weil die Besatzer keine
Palästinenser mehr arbeiten lassen wollen würden. Zusätzlich sei der
Tourismus, welcher für die israelische Wirtschaft eine wichtige Stütze
darstellt, komplett ausgefallen. Innerhalb des Technologiesektors bahne
sich eine Krise an, dessen Ausmaß für die Zionisten noch schwer
abzusehen ist. Grund hierfür sei die sich verschlechternde
Sicherheitslage. Es wird von Klarenberg eingeschätzt, dass die Al-Aqsa
Flut zu einer Schwächung des israelischen Cybersicherheitssektors führen
könnte.
In einem früheren Artikel spricht Klarenberg[xx] von einem völligen
Versagen des israelischen Geheimdienstes, was britische und
amerikanische Think Tanks in Erklärungsnöte brächte. Damit wendet sich
Klarenberg gegen Erzählungen, nach denen die Al-Aqsa Flut von Israel
zugelassen wurde. Die Offenlegung der Ineffektivität und Anfälligkeit
der elektronischen Überwachsungs- und Kriegsführungssysteme durch
Guerillaangriffe habe dem Ansehen des milliardenschweren
Technologiesektors einen Schlag versetzt. Noch kurz vor Beginn der
Operation des palästinensischen Widerstands berichteten israelische
Medien über einen enormen Anstieg an Ländern, die im Jahr 2022
Cyberkriegsführungs- und Geheimdienstsysteme von Israel gekauft hatten.
Laut SIMPLICIUS THE THINKER[xxi] führe der Einzug von Reservisten zu
einem erhöhten Druck auf die Wirtschaft Israels. Die Einkommen in Israel
seien um 1/3 gefallen. Zusätzlich nehmen die Militärausgaben und die
Schuldenquote zu. Dies führt den Blogger zu der Frage, wie lang Israel
sich militärisch noch Zeit lassen könne. Er beschreibt das militärische
Vorgehen als sehr langsam, da Feuergefechte vermieden würden.
In einer Bloomberg Studie[xxii] werden drei Szenarien über mögliche
internationale ökonomische Auswirkungen des Kriegs beschrieben. In allen
drei Szenarien ist die Wirkungsrichtung dieselbe und lediglich die
Intensität variiere: Anstieg der Ölpreise, steigende Inflation und ein
langsameres Wirtschaftswachstum.
Schlussbemerkung
Der knappe Überblick verdeutlicht, dass es sich mit der Al-Aqsa Flut um
ein entscheidendes Ereignis für die imperialistische Vorherrschaft
handelt, unabhängig davon, ob in den Ereignissen eine Offensive des
Imperialismus gegen die nach politischer Souveränität strebenden Staaten
gesehen wird, oder ob von Zentrifugalkräften ausgegangen wird, die die
Region sowie die Imperialisten in einen ungewollten größeren Krieg
ziehen.
Eine gewisse Einigkeit scheint für einen Großteil der Analysten darin zu
bestehen, dass es auf die eine oder andere Weise einen größeren Krieg
in der Region geben wird. Interessant ist hier zu sehen, dass auch
diejenigen, die von einer Offensive der USA sprechen, ihre Niederlage
bereits heraufziehen sehen. Dies rückt Palästina in das Zentrum der
weltweiten antiimperialistischen Kämpfe und der palästinensische
Befreiungskampf erhält strategische Bedeutung für antiimperialistische
Kämpfe international.
[i] https://new.thecradle.co/articles/why-the-us-needs-this-war-in-gaza
[ii] https://geopoliticaleconomy.com/2023/11/12/why-us-support-israel-geopolitics-michael-hudson/
[iii] https://linkezeitung.de/2023/11/10/wird-der-hamas-israel-konflikt-ausser-kontrolle-geraten/
[iv]
https://linkezeitung.de/2023/11/11/revanche-fuer-die-niederlage-in-der-ukraine-vor-dem-hintergrund-der-gaza-krise-bereiten-die-usa-einen-schlag-gegen-den-iran-vor/
[v] https://new.thecradle.co/articles/after-nasrallahs-speech-us-and-israel-escalate-gaza-war
[vi] https://www.voltairenet.org/article219976.html
[vii] https://dgap.org/de/forschung/publikationen/die-abraham-abkommen
[viii] https://mondoweiss.net/2023/11/could-the-war-in-palestine-potentially-undermine-the-u-s-israeli-strategic-partnership/
[ix]
https://peoplesdispatch.org/2023/11/10/west-asian-governments-take-assertive-stances-against-israeli-occupation-and-its-crimes/
[x] https://magma-magazin.su/2023/11/sara-flounders/widerstand-in-gaza-zeigt-die-grenzen-der-us-macht-auf/
[xi] https://www.telepolis.de/features/Wie-der-Israel-Krieg-den-Handel-zwischen-Indien-und-Europa-abwuergt-9362495.html
[xii] https://linkezeitung.de/2023/11/11/sitrep-11-10-23-israels-wirtschaft-knickt-ein-russland-bricht-in-avdeevka-durch/
[xiii]
https://www.telepolis.de/features/Israel-Gaza-USA-muessen-Waffenstillstand-fordern-um-regionalen-Krieg-zu-verhindern-9335015.html
[xiv] https://new.thecradle.co/articles/the-us-is-fueling-not-avoiding-a-regional-war
[xv] https://mondoweiss.net/2023/11/benjamin-netanyahu-is-using-joe-biden-and-it-will-cost-biden-his-presidency/
[xvi] https://orinocotribune.com/the-genie-has-escaped-the-bottle-the-zionists-dont-know-it-though/
[xvii] https://linkezeitung.de/2023/11/10/wird-der-hamas-israel-konflikt-ausser-kontrolle-geraten/
[xviii] https://new.thecradle.co/articles/russias-public-pivot-to-palestine
[xix] https://new.thecradle.co/articles/blowback-the-gaza-wars-massive-toll-on-israels-economy
[xx] https://new.thecradle.co/articles/israels-intel-failure-is-bad-for-business
[xxi] https://linkezeitung.de/2023/11/11/sitrep-11-10-23-israels-wirtschaft-knickt-ein-russland-bricht-in-avdeevka-durch/
[xxii] https://www.bloomberg.com/news/features/2023-10-12/israel-hamas-war-impact-could-tip-global-economy-into-recession
https://kommunistische-organisation.de/artikel/eine-weitere-niederlage-fuer-den-imperialismus/
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