ENTNOMMEN: https://rotfuchs.net/files/rotfuchs-ausgaben-pdf/2023/RF-309-11-23.pdf
Bankrott der Linksfraktion
Am 12. Oktober 2023 verabschiedete der Bundestag einstimmig, d. h.
auch mit den Stimmen der Fraktion Die Linke und der AfD, einen
Entschließungsantrag der Fraktionen von SPD, CDU/CSU und FDP zur
Regierungserklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zur Lage in
Israel. Zu diesem Zeitpunkt hatte der jüdische Staat, der seit 2007 die
inzwischen 2,3 Millionen Einwohner Gazas in einer Art Freiluftgefängnis
hält, mit massiver Bombardierung der palästinensischen Stadt weit mehr
als 2000 Menschen getötet. Die Versorgung mit Strom, Wasser und
Lebensmitteln wurde von Israel unterbrochen. Die Entschließung des
Bundestages enthält eine faktische Zustimmung zum Massen-, wenn nicht
Völkermord an den Palästinensern. Denn nur das Selbstverteidigungsrecht
Israels wird darin erwähnt, nicht die Rechte der Zivilbevölkerung Gazas.
Das deutsche Parlament übernimmt den Apartheid-Blick israelischer
Faschisten auf die Kolonisierten. Finanzminister Bezalel Smotrich
brachte deren Haltung auf den Punkt, als er meinte, es gebe kein
palästinensisches Volk, ein eigener Staat sei daher nicht nötig. Selbst
US-Präsident Joseph Biden mahnte mehrfach die Einhaltung des
Kriegsrechts, d. h. die Schonung der Zivilbevölkerung Gazas, an. Spanien
kritisierte Israel wegen der wahllosen Vernichtung sogar scharf. Das
deutsche Papier ist vor diesem Hintergrund ein blutrünstiges
imperialistisches Dokument. Die Zustimmung der anwesenden Abgeordneten
der Linksfraktion zu diesem unglaublichen Bruch mit elementarer
Menschlichkeit, vom Völkerrecht zu schweigen, besiegelt deren
politischen und moralischen Bankrott. Die zielstrebig angesteuerte
Auflösung der Partei wäre nur noch ein formaler Akt. Als sozialistische
Opposition gibt es Die Linke seit dem 12. Oktober 2023 nicht mehr.
In der Entschließung wird allein die Hamas verurteilt, bei deren Angriff
am 7. Oktober vor allem israelische Zivilisten getötet wurden –
insgesamt mehr als 1300 Menschen. Die Abgeordneten bekundeten nur ihnen
Mitgefühl, nicht den palästinensischen Opfern der Kriegswalze Israels.
Zu den Ursachen des Konflikts, d. h. zum illegalen Besatzungsregime
Israels – kein Wort. Die Verfasser spekulieren vielmehr, daß die
Hamas-Attacke vom Iran gesteuert wurde und eine Annäherung Israels an
Staaten wie Saudi-Arabien verhindern solle. Dieser Verschwörungswahn des
deutschen Parlaments dient allein der Kriegsmobilisierung. Ein Feldzug
gegen den Iran ist ein lang gehegter Wunsch von Israels
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, vor allem aber ist ein
Regimewechsel in Teheran mindestens ein so erstrangiges Ziel des
kollektiven Westens wie ein Umsturz in Moskau. Selbst die USA
verkündeten aber nach dem 7. Oktober mehrfach, es gebe keinerlei Beweise
für eine Mitwirkung des Iran. Der deutsche Bundestag wußte jedoch mehr
als CIA und NSA. Das unmittelbare Ergebnis des palästinensischen
Angriffs war eine chauvinistische Welle in Israel und die Bildung eines
Notstandskabinetts unter Einbeziehung von Teilen der Opposition. Der
Westen unter Führung der USA, der durch den Ukraine-Krieg bereits zu
neuer militaristischer Geschlossenheit fand, rückte noch enger zusammen
und stärkte den reaktionären und faschistischen Kräften in Israel den
Rücken. Die alte Erfahrung der Arbeiter- und der nationalen,
antikolonialen Befreiungsbewegungen bestätigte sich: Der Griff zu Terror
als Mittel des politischen Kampfes hilft dem Feind, der in diesem Fall
auch ein Klassengegner ist.
Warum gerade jetzt das Aufflammen dieses Kriegsherdes? Mit dem Aufstieg
der ehemals kolonisierten Länder, insbesondere Chinas, veränderte sich
das Kräfteverhältnis auf der Erde. Der Imperialismus wehrt sich gegen
den Abstieg oder, wie es Südafrikas Außenministerin Naledi Pandor am 15.
Oktober formulierte: „Was wir in der Welt beobachten, ist ein
zunehmender Rückschlag gegen die Kräfte, die kollektives Handeln,
internationale Solidarität und globale Zusammenarbeit fördern wollen.
Wir sehen das Wiederaufleben von Tendenzen zu rechtem Nationalismus,
Unilateralismus und Populismus als einen anhaltenden Trend.“ Das war
auch der Boden für die Entschließung des Bundestages – die AfD hatte
kein Problem mit ihr.
Auf dem Rednerpult, an dem Pandor in Johannesburg sprach, war übrigens
zu lesen: „Dialoge in Richtung Sozialismus“. Sie beendete ihre Rede mit
einem Aufruf Fidel Castros an alle Ausgegrenzten dieser Erde, sich
zusammenzuschließen. Es ist höchste Zeit, aktiv zu werden! Arnold
Schölzel
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen