Nur ein „schmutziges Abkommen“ mit Moskau könnte die Ukraine retten – Teil 2
VERÖFFENTLICHT
VON LZ ⋅ 17. JULI 2022 ⋅ HINTERLASSE EINEN KOMMENTAR
von
Rainer Rupp – https://pressefreiheit.rtde.tech
Teil 1 finden Sie hier.
Trotz seiner militärischen Siege steckt Russland aus Sicht des
US-Wissenschaftlers Dr. Gordon Hahn in der Ukraine in einer Art
militärpolitischen Zwickmühle. Denn mit jedem weiteren Sieg, mit dem
Russland im Rahmen seiner Militäroperation weiter in den Westen der
Ukraine vordringt, werden laut Dr. Hahn Moskaus Ukraine-Probleme größer.
Dabei geht der US-Wissenschaftler hauptsächlich von der Gefahr einer
mehr oder weniger starken Partisanenbewegung gegen die russischen
Streitkräfte, deren zivile Begleiter und ukrainische Helfer aus.
Nur ein „schmutziges Abkommen“ mit Moskau könnte die Ukraine retten – Teil 1
Im Gegensatz zum US-Mainstream hat Dr. Hahn die Entwicklung in der
Ukraine seit dem Maidan-Putsch durch gewaltbereite Rechtsextremisten im
Jahr 2014 stets korrekt analysiert, realistisch und emotionslos. Wie
andere herausragende US-Kenner der Materie hatte auch er von Anfang an
die NATO-Osterweiterung und vor allem die Hochrüstung der Ukraine durch
die USA bzw. die NATO scharf kritisiert, weil die Folgen, die jetzt
eingetretenen sind, schon damals absehbar waren. Daher sollte man Dr.
Hahns Warnung nicht als alarmistisches westliches Wunschdenken abtun.
Tatsächlich kamen viele der faschistischen Maidan-Putschisten aus der
westukrainischen Stadt Lwow und aus den benachbarten Gebieten, in denen
sich die Ursprünge der verschiedenen, untereinander konkurrierenden
neonazistischen Bewegungen befinden. Seit der Unabhängigkeit der Ukraine
im Jahr 1991 hat sich Stepan Banderas verbrecherische Ideologie im
ganzen Land verbreitet und auch in der fernen Hauptstadt Kiew und selbst
in Odessa metastasiert. Von daher ist es durchaus realistisch zu
erwarten, dass Terrorangriffe irregulärer ukrainischer Gruppen zunehmen
werden, je näher die Russen gen Lwow an der Westgrenze der Ukraine und
an die polnische Grenze vorrückten.
Aus diesen Überlegungen leitet Dr. Hahn seine These ab, dass Moskau,
wenn es nach dem Sieg den Frieden in der Ukraine nicht verlieren will,
vor der schwierigen Frage steht, an welcher geographischen Linie es am
besten seine militärische Sonderoperation zur Entmilitarisierung und
Entnazifizierung der Ukraine stoppt.
„Kiew zu erobern und die Hälfte bis zu zwei Drittel des Landes (Ukraine)
zu besetzen“, sei nicht Putins ursprüngliches Ziel gewesen, schreibt
Dr. Hahn unter Verweis auf eine Studie des Brookings Institute aus den
USA und ergänzt: „Aber je länger Kiew sich weigert, mit Moskau zu
verhandeln, und der Westen weiterhin militärische und finanzielle Hilfe
für Kiew leistet, … desto mehr wird die territoriale Ausweitung der
russischen militärischen Sonderoperation in Richtung Westukraine zu
einem notwendigen Ziel.“
Mit „notwendigem Ziel“ spricht Dr, Hahn das Problem der Russen an, das
dadurch entsteht, dass sich die Regierung von Präsident Wladimir
Selenskij in Kiew vor allem auf US- bzw. britischen Druck den von den
Russen geforderten, zielgerichteten und strukturierten Verhandlungen
über eine diplomatische Lösung des Konflikts verweigert. Während die
Russen verhandeln wollen, ohne auf ihre hart erkämpften militärischen
Vorteile zu verzichten, wollen Selenskij und USA bzw. NATO einen
Waffenstillstand. An dem ist Russland aus guten Gründen wiederum nicht
interessiert. Denn ein Waffenstillstand gäbe dem Westen und Kiew Zeit
für den Bau neuer Befestigungen, Zeit für mehr Nachschub an Soldaten,
Waffen und Material und für die dringend notwendigen Truppenverlegungen,
die dann ohne Angst vor russischem Beschuss durchgeführt werden
könnten. Nur mit einem Waffenstillstand könnten die stark angeschlagene
Moral und materielle Verfassung der ukrainischen Streitkräfte wenigstens
teilweise verbessert werden.
Ohne Harmonie zwischen Deutschland und Russland kann Europa weder sicher noch wohlhabend sein
Im vergangenen März hatte Russland bei den Verhandlungen mit der Ukraine
in Istanbul nach einer diplomatischen Lösung der Krise und nach einem
Modus Vivendi gesucht, der sich auf die Donbassrepubliken Donezk und
Lugansk sowie auf die Anerkennung der Krim als russisches Hoheitsgebiet
beschränkte. Aufgrund des Kiew von angloamerikanischer Seite
aufgezwungenen Abbruchs der Istanbuler Verhandlungen und der
Verweigerung weiterer Gespräche haben die Russen inzwischen weitere
russischsprechende Gebiete der Ukraine erobert. Mariupol am Asowschen
Meer ist ein Beispiel. Dort wurden die russischen Truppen als Befreier
vom Joch der Asow-Nazis gefeiert, die in der 400.000-Einwohner-Stadt ein
brutales Willkür-Regime geführt hatten.
Inzwischen sind weitere russischsprechende Regionen entlang der
Schwarzmeerküste befreit worden. Nur die von den Ukrainern schwer
befestigte Schwarzmeer-Perle Odessa fehlt noch, damit die Rumpfukraine
mit Sitz in Kiew ganz von der Küste abgeschnitten ist. In Abwesenheit
jeglichen Kiewer Interesses an einer Verhandlungslösung und vor dem
Hintergrund des ständig wiederholten Befehls von Präsident Selenskij ans
ukrainische Militär, mit allen Mitteln weiterzukämpfen und die Krim und
den Donbass zurückzuerobern, bleibt auch den Russen nichts anderes
übrig als weiterzukämpfen, und das bedeutet, immer weiter gen Westen in
die Ukraine vorzudringen. Zugleich bedeutet das aber auch, dass die so
neu hinzugewonnen Gebiete, vor allem die politisch oder strategisch
wichtigen, nicht einfach an die Ukraine zurückgegeben würden, wenn es
irgendwann doch zu einer Verhandlungslösung mit der Rumpfukraine kommen
sollte. Mit anderen Worten, mit jedem weiteren Tag der
Verhandlungsverweigerung Kiews wird das Territorium der Rumpfukraine
kleiner und eine eventuelle diplomatische Lösung der Krise schwieriger.
Derzeit deuten alle Anzeichen darauf hin, dass die ukrainische
Frontlinie im westlichen Donbass wieder einmal vor dem Zusammenbruch
steht und nur noch Tage, höchstens wenige Wochen halten wird. Das hat
Spekulationen belebt, in welcher Richtung die bald freigesetzten
russischen „Taktischen Kampfbataillone“ in der nächsten Phase der
Sonderoperation eingesetzt werden. Sowohl der Südwesten mit Ziel Odessa
als auch das Voranschieben der Front im Zentrum der Ukraine bis hin zum
Ostufer des großen Flusses Dnjepr, der die Ukraine ziemlich mittig von
Nord nach Süd durchquert, stehen zur Diskussion.
Der Vorteil dieser Grenzziehung wäre, dass der Dnjepr eine natürliche
und leicht zu kontrollierende Grenze und Schutz gegen zukünftig zu
erwartende Infiltration terroristische Gruppen aus der westlichen
Rumpfukraine böte.
NATO-Artillerie für Russland: Erbeutet oder von ukrainischen Soldaten verhökert?
Allerdings ist das bei Weitem nicht die beste Lösung für Russland, denn
wie wir weiter oben gelesen haben, hatten Putin und der Kreml sicherlich
nicht im Sinn, die Hälfte der Ukraine bis zum Dnjepr zu besetzen oder
womöglich noch weiterzugehen.
Möglichst viel Territorium der Ukraine zu besetzen und zu kontrollieren,
ist nicht im Interesse Moskaus, denn es löst sein Problem mit der NATO
und sein Ziel der Entnazifizierung der Ukraine nicht. Denn als
Besetzungsmacht, und als solche würde Russland in der Westukraine
empfunden, könnte Moskau seine Probleme nicht beheben, sondern höchstens
verschlimmern. Deshalb hülfe ein russischer Siegfrieden nicht. Die
Verwaltung der Westukraine mit Russland als Besatzungsmacht würde den
Großteil der lokalen Bevölkerung den USA und der NATO vollends in die
Arme treiben.
Was Russland in der Rumpfukraine – wie auch immer diese aussieht –
braucht, ist mittelfristig eine repräsentative, demokratisch gewählte
Regierung, die Autorität hat und von der Bevölkerung anerkannt und
getragen wird. Ein solche Regierung würde das Diktat eines russischen
Siegfriedens nicht anerkennen. Die Selenskij-Regierung kommt dafür nicht
in Frage. Sie hat bei der Bevölkerung jegliche Glaubwürdigkeit
verloren.
Aber wie will Russland zu einer Verhandlungslösung der aktuellen
militärischen Krise kommen? Das ginge nur, wenn die USA und die
wichtigsten Länder der EU massiven Druck auf die ukrainische Regierung
ausüben würden. Mit Selenskij und den aktuellen US/EU-Regierungen ist
das unmöglich. Vorher müssten realistische Politiker in den USA und in
Europa an die Macht kommen. Erst dann könnte eine Verhandlungslösung
zwischen Russland und der Rumpfukraine zustande kommen, gefolgt von
einem Friedensvertrag, in dessen Rahmen sich die Regierung der
Rumpfukraine auf ihrem Hoheitsgebiet selbst um die Einhaltung der
Vertragsbedingungen kümmert, namentlich die Einhaltung der militärischen
und politischen Neutralität und die Entnazifizierung, u. a. die
Entwaffnung der Nazis sowiedas Verbot aller Nazi-Organisationen und
ihrer Propaganda.
Damit die Regierung einer unabhängigen Rumpfukraine das tun könnte,
müsse sie finanziell stark und innenpolitisch stabil sein. Dr. Hahn
erinnert uns jedoch in seinem Artikel daran, dass das Ergebnis der
militärischen Siege Russlands in der Ukraine „eine territorial
zerstückelte, wirtschaftlich nicht überlebensfähige und am NATO-Tropf
hängende, innenpolitisch total zerstrittene, instabile Rumpfukraine“
ist.
Wenn wir vor diesem Hintergrund unsere Überlegungen fortführen und rein
theoretisch annehmen, dass die russische Sonderoperation in der Ukraine
am Westufer des Dnjepr ihr Ende finden würde, dann könnte mit ziemlicher
Zuversicht angenommen werden, dass angesichts der starken
innenpolitischen Verwerfungen – besonders nach der Niederlage des
ukrainischen Militärs und Grabenkämpfe in der Selenskij-Regierung – die
Stadt Lwow in der Westukraine zur inoffiziellen Hauptstadt der
Rumpfukraine ausgerufen würde. Selbstredend würden die Neofaschisten in
der neuen Regierung weiterhin den Ton angeben. Zugleich würde die
Rumpfukraine für ihr Überleben ganz am Finanz-Tropf der USA und der
anderen NATO-Länder hängen.
„Unangenehm für den kollektiven Westen“: In Russland sieht man die „Turbinen-Affäre“ gelassen
Dr. Hahn trifft in seiner Analyse den Nagel auf den Kopf, wenn er
schreibt, dass aus russischer Sicht eine solche Rumpfukraine nicht die
nötige Sicherheit gegen ein Fortbestehen der Bedrohung durch die NATO
böte. Denn die NATO würde sich in einem solchen Fall mit hoher
Wahrscheinlichkeit bei den Neonazis in dieser Rumpfukraine einnisten.
Zugleich geht Dr. Hahn davon aus, dass Russland, egal wie die
Rumpfukraine aussehen wird, Gefahr läuft, auf Jahre hinaus in der ganzen
Ukraine Angriffen von Partisanen ausgesetzt zu sein. Während der
Großteil von Dr. Hahns Analysen gut fundiert sind, kann der Autor dieser
Zeilen dieser pauschalen Prognose nicht zustimmen. Zwar müsste Russland
womöglich auf etliche Jahre mit terroristischen Angriffen im Westen der
Ukraine rechnen, z. B. wenn dort die „Banderistan-Regionen“, also die
rechtsextremen Hochburgen, ebenfalls besetzen würden. Dagegen existiert
die Gefahr von Partisanen oder Terrorangriffen nicht oder nur zu einem
geringen Maß in den anderen Teilen der Ukraine, die grob vier Fünftel
des aktuellen ukrainischen Staatsgebietes ausmachen.
In den russischsprachigen Teilen der Ost- und Südukraine (z. B. in
Mariupol) waren die russischen Soldaten vom Großteil der lokalen
Bevölkerung als Befreier und Beschützer begrüßt worden. Das ist eine
Garantie dafür, dass Neonazi-Terroristen sich in diesen Gebieten nicht
wie Fische im Wasser in der Bevölkerung bewegen könnten, sondern sofort
auffallen und gemeldet würden. Auch in den großen Weiten und eher
menschenleeren und wenig bewaldeten Regionen der Zentralukraine hätte
eine Neonazi-Terrorbewegung große Probleme, lange zu überleben.
Aber wie würde es aussehen, wenn die russische Armee ihre Operation zu
Beginn des Winters am Ostufer des Dnjepr bis zum Frühling pausiert, die
Selenskij-Regierung sich in Kiew eingeigelt hat und weiterhin ernsthafte
Verhandlungen mit Russland ablehnt? Mit hoher Wahrscheinlichkeit würde
ein Kleinkrieg mit Nadelstichen über den Dnjepr hinweg geführt werden.
Militärische Formationen aus Nazi-Bataillonen, aber auch aus
nationalistischen Kreisen der stark gerupften regulären ukrainischen
Armee, die nicht die russische Gefangenschaft vorgezogen und sich
stattdessen auf das Westufer zur Fortsetzung des Kampfes abgesetzt
haben, werden wahrscheinlich mit großzügiger Hilfe westlicher
Geheimdienste versuchen, russische Flugzeuge abzuschießen, Schiffe auf
dem Dnjepr zu versenken und mit Raketen und weitreichender Artillerie
russische Ziele bis zu 300 Kilometer östlich des Dnjepr zu vernichten.
Überhaupt wäre die endgültige Beendigung der russischen Militäroperation
am Westufer des Dnjepr keine optimale Lösung für Russland. Eine
Rumpfukraine vom Dnjepr bis Lwow im Westen wäre stattdessen eher die
Verwirklichung eines Traums der westlichen Kriegstreiber und ihrer
Nazi-Schützlinge: Die Nazis würden zu Freiheitskämpfern erklärt,
Russland könnte mit viel weniger westlichem Finanzaufwand weiter
militärisch auf Trab gehalten und zur Ader gelassen werden, und
politisch könnte man die Sache so drehen, dass Moskau in der
Rumpfukraine sein zweites „Afghanistan“ erlebt.
Richtig gefährlich für Russland und den Rest der Welt aber könnte es
werden, wenn Moskau im Frühling des nächsten Jahres seine militärische
Spezialoperation in der Ukraine wiederaufnähme, sich den Weg nach
„Banderistan“ freikämpfte und die Brutstätte des ukrainischen Faschismus
unter Kriegsrecht und russische Besatzungsverwaltung stellte. Dann
müssten die Neonazi-Terroristen nicht erst den Dnjepr überwinden, um
ihre russischen Opfer zu finden. Zugleich könnten sie sich wie „Fische
im Wasser“ bewegen. Leicht vorstellbar ist ein makabrer Wettbewerb, den
sich konkurrierende Neonazi-Terrorgruppen liefern könnten, wer die
meisten oder die schlimmsten Anschläge gegen russische Truppen, ihre
zivilen Verwaltungsbehörden und ihre lokalen zivilen Helfer vorweisen
kann.
Nach dem Bruch mit dem Westen wird Russland erst recht eine neue Weltordnung mitgestalten
Wenn in dieser Situation der Westen offiziell oder verdeckt über
Geheimdienste die Terroristen mit Geld, Waffen, Terrorausbildung und
Angriffsplänen unterstützt, erhöht sich laut Dr. Hahn die Gefahr eines
direkten Zusammenstoßes zwischen Russland und der NATO stark. Leicht
vorstellbar ist auch, dass ukrainische Neonazi-Terroristen z. B. bei
ihren polnischen Freunden auf polnischem Territorium auf der anderen
Seite der Grenze einen „sicheren Hafen“ bekämen, wo sie sich vom Kampf
ausruhen und medizinisch behandeln lassen könnten, bevor sie für neue
Angriffe gegen russische Ziele zurück in die Ukraine gingen.
Wenn nun Russland – in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht – solche
Gruppen bis auf polnisches Territorium verfolgte oder einen „sicheren
Hafen“ der Terroristen auf polnischem Boden vernichtete und dabei
womöglich noch polnische Terrorhelfer tötete, dann wäre das zwar noch
kein Fall für den NATO-Artikel 5, den NATO-Beistandsartikel, aber viele
Kriegstreiber und ihre Freunde in den Medien würden alles tun, um mit
einen solchen Vorfall vor der Öffentlichkeit den NATO-Eintritt in den
Krieg gegen Russland zu fordern und zu rechtfertigen.
Dieses enorme Gefahrenpotenzial hat Dr. Hahn zwar nicht direkt, aber
dennoch implizit angesprochen, als er in seinem Artikel zum Schluss
daran erinnerte, dass es sich bei dem Krieg in der Ukraine nicht um
einen Stellvertreterkrieg zwischen den USA bzw. der NATO und Russland
handelt!
In diesem Krieg gebe es, so Dr. Hahn, „nur einen Stellvertreter, nämlich
die Ukraine“. Die wird für die NATO ins Feuer geschickt, während
Russland direkt und ohne Stellvertreter getroffen wird. Daher,
unterstreicht Dr. Hahn, sei es jetzt
„für die westliche Diplomatie höchste Zeit, vor allem für die US-Politik
in den höchsten Gang zu schalten und bereit zu sein, die notwendigen
Kompromisse mit Moskau einzugehen, sonst wird die Ukraine
höchstwahrscheinlich als unabhängiger Staat von der Weltbühne
verschwinden, und ein größerer Russland-NATO-Krieg wird zu einer
unmittelbaren Perspektive, ein Krieg, der nicht nur Europa und Russland,
sondern auch die Welt mit einem nuklearen Flächenbrand bedroht“.
Die Dringlichkeit der Lage unterstreicht Dr. Hahn mit folgenden Worten:
„Jeder weitere Tag, an dem Washington sich weigert, einen Kanal zu Putin
zu öffnen und Kiew zu Verhandlungen zu drängen, bedeutet mehr Tod und
Zerstörung für beide Seiten, eine globale wirtschaftliche Katastrophe
und das Risiko eines viel größeren Krieges.“
Letztlich muss aber auch Dr. Hahn einräumen, dass die Aussichten für ein
Entgegenkommen des Westens für eine diplomatische Konfliktlösung „nicht
gut sind“. Der Grund dafür sei, dass
„für den Westen die NATO-Erweiterung zu einem Muss geworden ist, und
zwar auf der Ebene einer existenziellen Grundbedingung. Denn in den
Köpfen der westlichen Führer hängt der Erhalt der Hegemonie des Westens
vom Prestige der NATO und ihrer fortgesetzten Erweiterung ab, die
getrieben wird von mächtigen wirtschaftlichen und politischen Interessen
verschiedener Staaten, vor allem der krisengeschüttelten und
zerfallenden Vereinigten Staaten“.
Versuch einer Prognose: Wo wird die russische Armee in der Ukraine stoppen?
Aber auch der Kreml hat laut Dr. Hahn große Probleme, mit den USA bzw.
den NATO-Staaten einen Verhandlungsfrieden auszuarbeiten. Denn den
Russen fehle einfach „das Vertrauen in die Zusagen und in die
hochheiligen Verpflichtungen“, die die USA feierlich eingehen, nur um
sie bei passender Gelegenheit arrogant zu ignorieren.
Die jüngste Enthüllung des ehemaligen ukrainischen Präsidenten Petro
Poroschenko, dass Kiew Minsk II nur deshalb unterzeichnet habe, um Zeit
zu gewinnen für den acht Jahre dauernden Aufbau, Bewaffnung und
Ausbildung des ukrainischen Militärs durch die NATO, um die Krim und den
Donbass zurückzuerobern, habe „in Moskau nur den Sinn für die
unehrenhaften und charakterlosen“ Politriegen der „westlichen
Wertegemeinschaft“ geschärft. Laut Dr. Hahn „vertraut Moskau dem Westen
weniger, als der Westen Moskau vertraut, und das sagt etwas aus“.
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