Montag, 29. November 2021

IM WEIH-RAUCH-ZELT - 5. Textauszug: "Der Mensch im Teufelskreis"

 Aus dem Buch "Der Mensch im Teufelskreis - Dr. FAUSTUS Auferstehung" / Autor: Harry Popow



IM WEIH-RAUCH-ZELT



Diese Geschichte begab sich, sagen Zeitzeugen, als sich in jüngster Zeit (2020/2021) über Land und Leute, gar über den ganzen Planeten, eine unheimliche Stille ausbreitete – eine tödliche. Ein Virus ging um, und die Menschen verschanzten sich hinter Mundmasken und hinter den Mauern ihrer Häuser. Wie so oft in Gefahrensituationen beschlich den einen oder anderen diese oder jene Erinnerung, als es noch menschengemachte tödliche und maschinell betriebene Abschlachtungen gab.



Fünfter Textauszug:

S: 150 - 156


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"Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube." — FAUST I , Vers 765 / FAUST

"Sucht nur die Menschen zu verwirren, // Sie zu befriedigen ist schwer." — Vers 131 f. / Direktor

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Früher Morgen am Rande Berlins. Ein riesiges Zelt, ähnlich einem Zirkus, ist aufgebaut. Pünktlich finden sich Tausende Leute ein und begehren Einlass, alles kostenlos, aber mit Maskenzwang. Wie sich herausstellt, darunter sehr viele Vertreter von Parteien, Berufsverbänden, Pflanzen- und Tierschutzvereinen...
Greta, der Buchnarr, FAUST, Emil und Willi fanden sich bereits sehr früh am Eingang des Zeltes ein. Sie sind neugierig wie immer. Neben ihnen steht mit lächelndem Gesicht ein sportlich gekleideter junger Mann. Er sei schon seines wichtigen Postens im Finanzministerium hier erschienen, denn man müsse ja etwas tun, um die freiheitlich-demokratische Ordnung in Ordnung zu halten. Sagt er einfach, ohne, dass ihn jemand gefragt hat. Da die fünf Freunde ihn aufmerksam anblicken, fährt er fort: Es gehe in der Gesellschaft schon gar nicht mehr um Hungernde und Frierende wie in früheren Zeiten, sondern um die Rettung des Besitzstandes aller in dieser so erfolgreichen Republik nach der tollen Vereinigung. Er wolle dabei mithelfen.
Die vier Freunde werfen staunend die Frage auf, was denn mit den zu hohen Mieten seien, mit den Obdachlosen, mit den zahllosen Kurzarbeitern, mit dem Streben, die Rüstung wegen der „Ostgefahr“ in die Höhe zu treiben?
Nunmehr stellt sich der junge Mann vor: Er heiße Bruno und sei dabei, Abteilungsleiter zu werden im Ministerium. Burschikos weist er die Argumente seiner unbekannten kleinen Leute der Straße hinweg und wagt den Alleswissenden herauszukehren: „Nein, heute müsse man völlig neu denken. Ganz im Sinne der Digitalisierung. Die würde alles regeln, auch die sozialen Fragen. Wenn viele Leute in sich gehen, sich austauschen im Achtsamkeitsverein zum Beispiel oder auch in Kirchen, dann würden die Gesetzgeber für die Menschen viel mehr tun als bisher.“
Die vier Freunde sind wie vom Donner erschlagen. Sie erinnern sich des einen Wissenschaftlers im Glashaus im Straßengewimmel, der jede Wissenschaftlichkeit im Gesellschaftlichen, im Politischen und Ökonomischen von vornherein leugnete.
Am Abend sitzen – mit gehörigem Abstand voneinander – Greta, der Buchnarr, FAUST, Emil und Willi auf einer der hinteren Reihen im Zirkuszelt. Was sie kurz zuvor von diesem jungen Bruno, dem Vertreter des Finanzsystem, verblüfft entnommen hatten, lässt sie ahnen, welch ein schwieriger Weg es sein muss, sich wieder aus dem Sumpf der westlich geprägten Gelddiktatur herauszuwinden. Wie es bereits für 40 Jahre im Osten Deutschlands geglückt war. Sie schauen erwartungsvoll auf die im Weisheits-Zelt aufgebaute Redner-Tribühne.
 Doch statt einer Politshow sollte anlässlich der bislang erfolgreichen Bekämpfung der Corona-Pandemie ein gemeinsames Singen unter dem wasserdichten Zeltdach stattfinden. Erwünscht und vorgegeben war Beethovens Ruf nach Einigkeit unter Brüdern und Schwestern. Getreu dem warnenden Aufruf aus der Clique der Rüstungsgesellen, man möge an einem Strang ziehen und einer solle für alle da sein und alle für einen.
Doch zuvor halten jene Politiker kurze Einführungsreden, die sehr gerne bei zukünftigen Wahlen den ersten Platz erkämpfen wollen, koste es, was es wolle. Als Gastgeber der Veranstaltung nimmt der Bundespräsident das salbungsvolle Wort:
„Mein Eindruck ist: Ja, wir haben tatsächlich in diesem Jahr – landauf, landab – mehr miteinander gesprochen; auch mehr miteinander gestritten. Das sind sehr politische Zeiten, in denen wir leben – und von zu wenig Meinungsfreiheit kann in meinen Augen nicht die Rede sein. Ganz im Gegenteil: so viel Streit war lange nicht.
Die Frage ist nur: Was machen wir jetzt mit all diesem Streit? Wie wird aus Reibung wieder Respekt? Wie wird aus Dauerempörung eine ordentliche Streitkultur? Wie wird aus Gegensätzen Zusammenhalt?
Manche fragen ja vielleicht: Trennt uns inzwischen sogar mehr als uns miteinander verbindet?“
Er ergänzt, vielleicht erwarte man, dass der Bundespräsident auf all diese Fragen eine Antwort gibt. Die Wahrheit sei: Das könne er nicht. Er könne es vor allen Dingen nicht allein. Denn die Antwort würden „Sie geben, Sie alle“. 37)
Eine weitere Kandidatin für den Königsposten wirft mit plaudernder Leichtigkeit in die still und verdattert noch lauschenden Zirkus-Zuschauer: Man wolle »neue Spielregeln für die Politik«. Natürlich für die US-Strategie: Druck und Krieg gegen Russland. Man helfe uns, den Grünen, gefälligst auch beim Aufmarsch gegen China - auch militärisch. Auf der Spur des Geldes zu bleiben gehöre zur Grünen-DNA. Basta! Friedenspolitik ausgeschlossen. Entnommen: 38)
 Die Interviews mit Baerbock und Fischer machen vor allem eines klar: eine Bundesregierung unter Beteiligung der Grünen – sei es im Bündnis mit CDU/CSU, SPD, FDP oder Linkspartei – würde die Politik des Militarismus, der inneren Aufrüstung und des Sozialabbaus verschärfen.
39)
Bei einem anderen Königskandidaten ist aus dessen Rede herauszulesen: Mit Blick auf Russland will er zwar – im Gegensatz zu den Grünen – an der umstrittenen Gaspipeline Nordstream 2 festhalten, generell müsse man dem Land aber auch „die Grenzen aufzeigen.“ An der bisherigen konfrontativen deutschen und europäischen Russlandpolitik will Laschet jedenfalls „nichts ändern“. In den Konflikten mit den erklärten Rivalen China und Russland sieht er vor allem einen Verbündeten: „Europas Platz ist an der Seite der USA.“ 40)
Der Militärische Abschirmdienst und der Schutz der Verfassung vor Unheil stecken indessen beizeiten ihre nach sogenannten Auswegen, sprich Lügen, glühenden Köpfe zusammen und fummeln Einsatzpläne für den Fall der Fälle: Könne es doch sein, dass eine Gruppe von Ungehorsamen und EWIG-GESTRIGEN an diesem Abend im Politzelt urplötzlich die Strophe „Brüder zur Sonne zur Freiheit...“ in die Welt hinausposaunt. Deshalb wurden im WEIH-RAUCH-ZELT digitale Überwachungsapparaturen angebracht, die jeden unerwünschten Laut umgehend und unverzüglich melden sollten. Auch FAUST ist voll erfasst worden.
Ja, die Videoüberwachung solle vereinfacht werden, heißt es. Sogar Drohnen sind im Gespräch. Um Versammlungen zu filmen. Die Polizei könne „Kontrollstellen“ einrichten, um Personalien aufzunehmen. Auch mit gezielten Teilnahmeverboten und „Gefährderansprachen“ dürfen Demonstrationsteilnehmer eingeschüchtert werden. Strafandrohungen und Bußgelder erhöhen sich drastisch, teilweise auf bis zu zwei Jahren Haft.
Alles was nach „aggressiv“ und „provokativ“ und „Verschwörung“ riecht und sozusagen Gewaltbereitschaft vermittelt, könne gegen eine Versammlung verwendet werden. Das seien Sprechchöre oder gegenseitig eingehakte Demonstrationsteilnehmer. Auch Parolen wie „Nieder mit dem Kapitalismus!“, „Enteignet die Banken und Konzerne!“ oder – wie auf den Berliner Mieter-Demos – „Deutsche Wohnen enteignen“ würde gegen den Gummiparagrafen des „Militanzverbots“ verstoßen. Da drohen bis zu zwei Jahren Haft.
Unverhofft schwingt sich Freund Emil auf die Rednertribühne, (wer diese stürmische und geistvolle Persönlichkeit aus früheren Zeit kennt, wird sich nicht gewundert haben), und ruft in die Menge: Die Politik bereite sich auf heftige soziale Kämpfe vor. Die Leute hätten genug von der Corona-Politik der Herrschenden, die weltweit zu Millionen Toten, Massenentlassungen und einer extremen Umverteilung von Einkommen und Vermögen geführt hat. Die Durchseuchungspolitik, die Milliardengeschenke an Konzerne und Superreiche, Arbeitsplatzabbau, Lohnsenkungen und wachsende soziale Ungleichheit – wie könnten die Herrschenden weiter von Demokratie quasseln. „Ich sage Euch, jene, die immer wieder neue Fragen und Angriffe auf das Kapital starten, die sich nicht wie Schafe behandeln lassen, die sind nicht tot zu kriegen.“
Urplötzlich schüttelt ein gewaltiger Sturm das bereits altersschwache Vergnügungszelt. Ängstlich schreit die Kriegsministerin nach Schuldigen und lässt umgehend laut verkünden, er käme aus östlicher Richtung. Die hinter ihr stehende Rüstungsindustrie und sie, die Ministerin, bekommen einen Tobsuchtsanfall. „Seht ihr alle in diesem Zelt, wie recht ich hatte mit mehr Drohnen und mehr Aufrüstung?“ Und schon hatte sie versehentlich den berühmten Satz auf der Zunge: „Wollt ihr den...?“
Peinlich berührt beißen sich die anderen politischen Marionetten auf die Zunge, denn daran wollten sie nun doch nicht erinnert werden.
In diesem Augenblick schreien Vertreter einer sehr fortschrittlichen linksgerichteten Zeitung, dass es nun genug sei, man müsse umkehren zur Vernunft und die Kriegstreiber endlich in die Zange nehmen.
Zwischenrufe: Sowohl die Vertreter der Rüstungs- als auch der Pharmaindustrie erheben die Fäuste, wehe den Anfängen einer erneuten humanistischen Gesellschaft, da ginge der ganz schöne Profit und der eigene Wohlstand flöten.
Da spricht die Macht auf der Rednertribühne ihr bisher streng gehütetes Geheimniswort aus: Sie, die Zeitung „junge Welt“, die sich zu den Qualitätsmedien zähle, sie verstoße gegen das Grundgesetz. Sie sei  eindeutig kommunistisch. Sie wolle die freiheitlich-demokratische Ordnung durch eine sozialistische/kommunistische ersetzen. Für die Bundesregierung sei der Marxismus ein generelles Problem: Revolutionäre marxistische Grundüberzeugungen würden sich auf verschiedenen Aspekten gegen Grundprinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung richten. Der Marxismus sei ein Verstoß dagegen, weil er von einer in Klassen gespaltenen Gesellschaft ausgehe, und eine solche Annahme verstoße gegen die Menschenwürde.
Ein gewaltiges Gemurmel bis Empörung im Weih-Rauch-Zelt: Der Vertreter der Tageszeitung: Nun ist sei es heraus. Unsere großen Denker und Dichter, die Philosophen allemal, sie haben mit ihren Erkenntnissen über die philosophischen und ökonomischen Gesetzmäßigkeiten in der Gesellschaft, damit also gegen die Menschenwürde verstoßen? Im Umkehrschluss: Ausbeutung, Kriegstreiberei, Weltherrschaftsstreben, Gewalt und Gelddiktatur seien förderlich im Sinne der Menschenwürde?
Ruhe im großen Weihrauchzelt. Entsetzen. Aber auch Freude über die wahren und mutigen Worte. Die Staatskapelle hebt an zur 9. Sinfonie von Beethoven. Die meisten Leute in den Sitzreihen singen mit:


„Freude, schöner Götterfunken,
Tochter aus Elysium!
Wir betreten feuertrunken,
Himmlische, Dein Heiligtum.
Deine Zauber binden wieder,
was die Mode streng geteilt,
alle Menschen werden Brüder,
wo Dein sanfter Flügel weilt.
Seid umschlungen, Millionen! ...“


Gut gebrüllt Löwe, denken selbstzufrieden die Aufpasser vom Dienst. Doch es kommt noch schlimmer als vermutet, denn die Überwachungskameras können auch sogenannte gefährliche Träumer und Widerständler, die sich vor Tagen in unmittelbarer Nähe des Bogenschützen im Park Sanssouci versammelt hatten,  entdecken. Deshalb stehen die Freunde mit FAUST ab sofort unter besonderer Beobachtung, denn wie man hörte, wollen die sich demnächst erneut  dorthin begeben.
Plötzlich schrillen tatsächlich im Überwachungszentrum die Alarmglocken. Was tun? Denn im Dunst des Weihrauches scheiden sich die Geister. Die einen beschimpfen die Träumer mit ihren für die Macht des Kapitals unverständlichen und gefährlichen Erinnerungen, die anderen werfen ihnen absolute Dummheit vor.
Zur Beruhigung der anscheinend eskalierenden Lage werden die anwesenden Medien unverzüglich angewiesen, den Lämmern zum x-ten Male einen Beitrag über einen sogenannten Schießbefehl an die bereits aufgespannte Leinwand zu werfen. Das kenne man zur Genüge aus dem Fernsehen, erläutert der Buchnarr dem FAUST flüsternd. Die kleinsten Wehwehchen einzelner Personen werden hervorgezaubert, um die damaliege Grenzschließung als „Mordgeschehen“ an die Wand zu malen, statt tiefgründig auf die Klassenkampfsituation weltweit zwischen Ost und West einzugehen. Für ganz und gar Einfältige verliere so eine direkte Falschinformation ohne jeglichen Wahrheitsgehalt zu einem ganz und gar verdrehten Weltbild. Das verfehle natürlich nicht seine Wirkung. Denn nun war kein Träumen mehr nötig, dafür aber breitete sich Angst aus – nicht nur vor neuen Toten während der Pandemie – sondern vor neuen an die Wand gemalten Feinden. Dem EWIG-GESTRIGEN und allen Widerständlern und sogenannten Querdenkern wird mit dieser Fälschermethode bereits gedanklich vorausschauend ein Messer an die Kehle gelegt und man stimmt zur allgemeinen Beruhigung erneut das Lied an, dass alle Menschen Brüder seien...
Als die Show im WEIH-RAUCH-ZELT beendet wird, konnte keiner ahnen, welchen Staub diese unter den zahlreichen verschiedenen Personen, Gruppen, Verbänden oder auch Parteien aufgewirbelt hat. Einige beginnen, das Deutschlandlied herunter zu beten, andere singen laut „Brüder zur Sonne zu Freiheit“ und weitere Gruppierungen schmettern die bekannte Strophe „Auferstanden aus Ruinen...“ in die bereits mittägliche Luft am Ausgang des „WEISHEITS-Zeltes“.
Am Zeltausgang: Während sich der junge und politisch einseitige und noch unbeholfene Bruno ganz nach rechts begibt, formieren sich auf der linken Seite nicht nur Greta, der Buchnarr, FAUST, Emil und Willi, sondern etliche der zum Widerstand bereiten jungen Leute aus den Tierschutzvereinen, aus den Verbänden für mehr Klimaschutz und aus der  DKP sowie – man höre und staune – aus der auf Vordermann im marxistischen Sinne gebrachten Partei die Linke.
Wie zu erwarten, wendet sich der linke Flügel in lockerer Formation in Richtung des RUNDEN TISCHES, der auf einem der zahlreichen Märkte in Berlin zu finden ist. Die Freunde haben es satt, von den Oberen plattgewalztes und mit Lügen gemischtes Gesülze zu hören.  Auf den erneuten Besuch beim Beton-Bogenschützen im Park von Sanssouci freut sich jetzt schon besonders FAUST, fehlt ihm doch noch der Hintergrund, weshalb eine menschliche vernünftige und friedvolle kulturelle Gemeinschaft zu Grunde gestampft wurde und ob dabei wessen Schuld mitspielte...

Harry Popow: "DER MENSCH IM TEUFELSKREIS", Sprache: Deutsch, ISBN: 9783754166666, Format: DIN A5 hoch, Seiten: 384, Erscheinungsdatum: 18.09.2021
https://www.epubli.de/shop/buch/MENSCH-IM-TEUFELSKREIS-Harry-Popow- 9783754166666/118378


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