Montag, 1. November 2021

Ende einer Ära? - Arnold Schölzel - Novemberheft "RotFuchs"

 Entnommen: http://www.rotfuchs.net/files/rotfuchs-ausgaben-pdf/2021/RF-286-11-21.pdf


AKTUELLES AUS dem „RotFuchs“ November 2021

Ende einer Ära?


Angela Merkel war mehr als 16 Jahre deutsche Bundeskanzlerin. Allein die Dauer ihrer Amtszeit besagt, daß ihr Rückzug für viele Zeitgenossen – sofern sie sich für bürgerliche Politik interessieren – ein Einschnitt ist. Unabhängig davon ist die Frage, ob ein Regierungschef, zumal in einem imperialistischen Staat, die Gesellschaft und den Gang der Geschichte besonders geprägt hat, ob er oder sie eine „Ära“ repräsentieren. Das läßt sich bei einigen Kanzlern der Bundesrepublik rasch beantworten, bei Angela Merkel nicht. Konrad Adenauers historische „Leistung“ waren die Spaltung Deutschlands, die Wiederaufrüstung und der Wiederaufstieg des deutschen Monopolkapitals mit Hilfe der USA. Die 14 Jahre seiner Amtszeit waren ein Spiel mit dem Kriegsfeuer.

Gestoppt wurden er und die Kriegstreiber der BRD am 13. August 1961 durch die DDR und die Sowjetunion. Adenauer war politisch gescheitert, ein anderer Umgang mit dem realen Sozialismus wurde erforderlich. Seine beiden CDU-Nachfolger – Ludwig Erhard und Kurt Georg Kiesinger – waren nicht in der Lage, den Wechsel zu vollziehen. Eine Anpassung an die Realität nahm der erste SPD-Bundeskanzler Willy Brandt ab 1969 unter den Überschriften „Entspannung“ und „Neue Ostpolitik“ vor. Diese Politik, die DDR-Außenminister Otto Winzer treffend als „Konterrevolution auf Filzlatschen“ bezeichnete, führte zur formellen Anerkennung der nach dem Zweiten Weltkrieg entstandenen staatlichen Gegebenheiten in Mittel- und Osteuropa. Am Ziel, diese zu beseitigen, änderte sich nichts.

Mit Helmut Schmidt drehte sich ab 1974 der Wind erneut: Der Kurs auf innere Untergrabung der sozialistischen Länder wurde im Einvernehmen mit Washington intensiviert und zugleich versucht, einen Raketenkrieg gegen den realen Sozialismus in Europa wieder “führbar” zu machen und ihn zugleich totzurüsten. Schmidt “entdeckte” die angebliche Raketenlücke, die mit dem NATO-Doppelbschluß und der Stationierung von Mittelstreckenraketen geschlossen werden sollte.

Zum Konzept gehörte, gleichzeitig mehr oder weniger geheime Gespräche mit den sozialistischen Ländern zu führen und die Beziehungen nicht abreißen zu lassen. Als Schmidt 1982 abtrat, übernahm Kohl die Stafette in diesem Sinn. Die Annexion der DDR fiel ihm praktisch in den Schoß, während die Sowjetunion ihrem Untergang entgegentaumelte. Es genügt, für die Regierung Gerhard Schröders und Joseph Fischers ab 1998 den ersten deutschen Angriffskrieg seit 1945 und die „Agenda 2010“ zu nennen. Deren vielleicht wichtigstes Resultat ist: Heute gehören 10 Prozent der BRD-Bürger 67 Prozent des Nettogesamtvermögens. Die BRD ist das „ungleichste Land Europas“.

Und damit sind wir bei Angela Merkel. Sie hat den Kurs auf soziale Ungleichheit, auf Umverteilung von unten nach oben konsequent fortgesetzt. Und nicht nur innerhalb der BRD. EU-Kommission und internationale Institutionen mahnten den deutschen Export“weltmeister“ immer wieder, nicht auf zu niedrige Löhne – gemessen an der Arbeitsproduktivität – zu setzen, andere Staaten niederzuwalzen und zu Schuldnern zu machen – wegen der Risiken für die Weltwirtschaft. Angela Merkel hat sich davon nie beirren lassen. Gemessen an den Wirtschaftsdaten hat sie dafür gesorgt, daß die BRD aus der Finanz- und Weltwirtschaftskrise ab 2008 „gestärkt“ hervorgegangen ist. Der Abstand zwischen der deutschen Wirtschaftsleistung und der Frankreichs und Großbritanniens hat sich erheblich vergrößert. Es läßt sich sagen: Angela Merkel hat sich um die Stärkung des deutschen Imperialismus innerhalb der EU und in der Welt verdient gemacht.

Und nicht nur wirtschaftlich. Sie hat die Weichen für eine massive Aufrüstung gestellt, auch wenn sie das Zwei-Prozent-Ziel der NATO verweigerte. Aber am nationalistischen Putsch in der Ukraine 2014 hat sie ebenso großen Anteil wie am NATO-Aufmarsch gegen Rußland und der Drohung mit neuen Atomwaffen. Die Kriegsgefahr hat unter ihr erheblich zugenommen, von Afghanistan oder Mali nicht zu reden.

Den Gesprächsfaden nach Moskau wie auch den nach Beijing ließ sie allerdings nie abreißen. Es sind erhebliche Zweifel angebracht, daß Letzteres bei ihren Nachfolgern so bleiben wird. Angela Merkel hat die Voraussetzungen dafür geschaffen, daß imperialistischer Größenwahn und aggressive Expansion wieder politische Leitschnur in Berlin werden. Die Früchte ihrer Politik werden später geerntet, „ihre“ Ära ist noch nicht beendet.
Arnold Schölzel



Ein dringendes Anliegen des „RotFuchs“:

Auf der Seite 27 des Oktoberheftes schreiben Dr. Arnold Schölzel, Bruni Steiniger, Wolfgang Dockhorn und Jürgen Claußner u.a.:

Wir sind der Meinung, daß die Verantwortung des „RotFuchs“ – sowohl der Zeitschrift wie des Fördervereins – wächst. Der Imperialismus steigert die Kriegsgefahr und pfeift auf seine Rechtsordnung. Für Letzteres ist der Versuch, die DKP von den Bundestagswahlen auszuschließen und ihr den Parteistatus zu entziehen, ein besonders drastisches Beispiel. Das wurde vorläufig gestoppt, aber angesichts ähnlicher Attacken auf die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes–Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) und auf die Tageszeitung „junge Welt“ läßt sich feststellen: Linke Stimmen in der BRD sollen eingeschüchtert und mundtot gemacht werden.
Gleichzeitig sympathisieren Teile des Staatsapparates mit Faschisten, sitzen Nazi-Abgeordnete in allen deutschen Landesparlamenten und im Bundestag. In dieser Situation mehren sich in der Partei Die Linke Stimmen, die deren friedenspolitische Positionen revidieren wollen. Der „RotFuchs“ bleibt gerade in diesem Punkt kompromißlos parteilich – so wie in der Verteidigung der DDR und der Traditionen der Arbeiterbewegung. Wir halten den Kampf für den Frieden und gegen imperialistischen Krieg heute für die wichtigste Aufgabe von Kommunisten, Sozialisten und allen anderen Linken. Aus unserer Sicht ist es dringend nötig, den Einfluß unserer „Tribüne“ zu erweitern. (…)
Wer noch nicht Mitglied im „RotFuchs“-Förderverein ist, der kann
dies gerne werden. Ein Anruf genügt: 030-241 26 73.
Wir, die „RotFuchs“-Macher, brauchen Eure Hilfe, damit die von ihren Freunden und Mitstreitern geliebte und vom Gegner gehaßte kommunistisch-sozialistische Zeitschrift weiter erscheinen und verbreitet werden kann.







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