Dienstag, 29. September 2020

Zum ZDF-Beitrag "Wir Ostdeutsche" - Kommentar

 

DAS KAPITALISTISCHE

EIGEN-TOR


Raffinierter bringt es auch kein noch so gut bezahlter Taschendieb fertig: Man stoße ein menschliches Opfer zu Boden, entreiße ihm die Brieftasche und helfe ihm anschließend, unter dem Vorwand seiner angeblichen Gehbehinderung, wieder auf die Beine zu kommen.

Wir Ostdeutsche“, so der Titel eines Beitrages im ZDF am 28. September 2020, fünf Tage vor dem Tag der „deutschen Einheit“. Er brachte unverblümt ans Licht, was nicht mehr zu vertuschen geht: Nahezu alle befragten Ostbürger verurteilten vor laufender Kamera die ihnen gegenüber herablassende Arroganz der neuen Machthaber. Sie verurteilten die weitläufig bekannten Symptome der Vereinnahmung von Menschen und Gütern in der DDR: Hohe Arbeitslosigkeit, unbezahlbare Mieten, Ignorierung der Kraft und der Talente der Bürger, Verdrängung – vor allem der Frauen – aus Führungspositionen, Nichtanerkennung von Studien – und Berufsabschlüssen, Vorverurteilung von Personen und Funktionären, vor allem der Sicherheitskräfte und der NVA, die der Macht „nahestanden“. Diskriminierungen hoch zehn. Andererseits hoben sie die Menschlichkeit und den Zusammenhalt zwischen den Bürgern in der DDR hervor.

Einige Interviewpartner verwiesen auf ihre „neue Freiheit“, auf den gewonnenen dickeren Bauch und auf ihr neues dickes Auto, aber auch auf zunehmend leergefegte Hirne. Treffend: Man wurde nicht wiedervereinigt sondern dem Beitrittsgebiet nur hinzugefügt, ohne auch nur vom „vereinnahmten Wesen“ das Geringste mit zu übernehmen.

Während die Ostdeutschen Klartext sprachen, nicht ohne gewisse Anspielungen auf kapitalistisches Gehabe, kamen die scharf gegeneinander und miteinander diskutierenden Politiker in der anschließenden Gesprächsrunde nicht über das zuvor Vermittelte hinaus. Symptome über Symptome, ja, man habe viele Fehler gemacht gegenüber den Ostdeutschen. Statt die Ursachen des Beutekapitalismus ins Visier zu nehmen, griffen sie (mit Recht) einen Politiker der AfD scharf an, was bei scharfer Beobachtung nur heißen sollte: Seht, was die Unzufriedenheit und auch die Undankbarkeit der einstigen Bürger der DDR heute mitunter bewirkt: Rechtsradikalismus, Antisemitismus. Verschwiegen wird dies: Es ist nach Brecht der Bauch, aus dem das kroch, die kapitalistische zukunftslose Wirklichkeit, die dem Osten übergestülpt wurde.

Selbst ein deutscher Biedermeier-Mensch mag sich da ins Fäustchen lachen: Da hat sich die Geldelite – die „helfenden“ und profitsüchtigen Engel - mit diesem „niveauvollen“ Ostbeitrag in den Medien ein politisches Selbsttor geliefert. Ein „tolles Fest“ am 03. Oktober wünscht der Blogger H.P.

Lieber Herr Popow,

Ihr Text ist ein Genuss, wir danken und verbleiben in Hochachtung.

Beste Grüße
Ihr "Unentdecktes Land" eV



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