Entnommen: https://sicht-vom-hochblauen.de/die-nato-kriegerisch-bis-in-die-fussspitzen-von-tom-j-wellbrock/
Die NATO: Kriegerisch bis in die Fußspitzen
Von Tom J. Wellbrock
25 Mai 2023
Noch immer nennt die NATO sich “Verteidigungsbündnis”. Doch diese
Selbstbezeichnung ist von der Wirklichkeit weit entfernt. Die NATO
greift ein und greift an. Verteidigt wird dabei bestenfalls das eigene
Image.
Die NATO: Kriegerisch bis in die FußspitzenQuelle: AFP © TIMOTHY A. CLARY / AFP
Kriegslüstern und gefährlich schon damals: NATO-Gipfel im April 1999 in
Washington – während des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges der
Allianz auf Jugoslawien
Die Zeiten, als die NATO ein Verteidigungsbündnis war, sind längst
vorbei. Während man in den Anfangsjahren nach der Gründung des
Bündnisses im Jahr 1949 noch von so etwas wie einer Bedrohung ausgehen
konnte (wenngleich man darüber streiten kann, wie real diese war), ist
spätestens seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion nicht mehr viel übrig
von einer Bedrohungslage. Es sei denn, man betrachtet die NATO selbst
als Gefahr für den Frieden.
Das theoretische Ende der NATO
Mit der Auflösung des Warschauer Paktes war die Existenzberechtigung der
NATO im Grunde nicht mehr vorhanden. Doch vorher und nachher führten
die USA, die man faktisch als Synonym der NATO bezeichnen kann,
zahlreiche Angriffskriege, die allesamt illegal waren. Denken wir an den
Iran 1953 oder die Angriffe auf Länder wie den Irak, Syrien,
Afghanistan, Serbien und Libyen. Für keinen dieser Einsätze gab es ein
UN-Mandat, daher kann man es drehen und wenden, wie man will, all diese
Kriege waren illegal und führten zu unermesslichem Leid bei den
betroffenen Bevölkerungen.
Wenn der Faschismus sich als Antifaschismus gebärdet
Meinung
Wenn der Faschismus sich als Antifaschismus gebärdet
Seit 1949 haben NATO-Länder wie Frankreich, Großbritannien und die USA
mit Abstand die meisten Kriege ohne Mandat geführt, 1999 beteiligte sich
auch Deutschland daran, als die Bombardierung Serbiens unterstützt
wurde. Zu Verurteilungen kam es wegen des Vetorechts der wichtigsten
NATO-Staaten nie. Tatsächlich verurteilte der Internationale Gerichtshof
in Den Haag zwar 1986 die USA wegen des Krieges gegen Nicaragua. Der
damalige US-Präsident Ronald Reagan interessierte sich jedoch nicht
dafür und zeigte auf arrogante Art und Weise, wie viel Macht die USA und
wie wenig die UNO oder der Internationale Gerichtshofs in Den Haag
haben.
“Rettung” 9/11
Man sieht bereits hier, dass die NATO eigentlich mit Verteidigung nie
viel am Hut hatte. Doch je länger die Situation nach der Auflösung des
Warschauer Paktes und dem Zusammenbruch der Sowjetunion andauerte, desto
schwieriger wurde es für die NATO, ihre auf Angriff, nicht auf
Verteidigung ausgerichtete Praxis öffentlich zu rechtfertigen. 1991
änderte die NATO daher ihre Strategie und nannte sich selbst ein
“defensives” Bündnis, was an sich schon absurd ist, denn als
Verteidigungsbündnis wäre sie ja ohnehin defensiv gewesen.
Die NATO verabschiedete sich in der Folge noch mehr vom Prinzip der
Verteidigung, als das ohnehin schon der Fall gewesen war. Durch die
sogenannten “Out of Area”-Einsätze, etwa dem militärischen Einsatz in
Bosnien-Herzegowina und dem Kosovo, wurde nun aktiv der Angriff auf
andere Länder als legitimes Mittel der “Verteidigung” dargestellt. Doch
richtig schlüssig argumentieren ließ sich all das nicht. Bis der 9.
September 2001 kam.
Die angreifenden Flugzeuge, die in den USA zu einer Katastrophe und
Tragödie führten, eröffneten ungeahnte Möglichkeiten. An dieser Stelle
soll es nicht um den offiziellen Bericht zu “9/11” gehen, auch nicht um
die unzähligen Unklarheiten und Widersprüche, die mit der offiziellen
Version verbunden werden. Vielmehr steht die daraus entstehende
Strategie im Vordergrund.
Wolfgang Bittner: Wir sind im Kriegsmodus
Meinung
Wolfgang Bittner: Wir sind im Kriegsmodus
Denn mit “9/11” begann der sogenannte “Kampf gegen den Terror”, der
faktisch sämtliche Dämme brechen ließ. Um den Terror zu bekämpfen, waren
nun alle Mittel legitim, die man sich nur vorstellen konnte, und das
ist wörtlich gemeint, denn es reichte etwa die Vorstellung, der Irak
besäße Massenvernichtungswaffen, um einen Angriffskrieg begründen zu
können. Mit dem Beginn des “Kampfes gegen den Terror” wurden sämtliche,
von den USA geführten Kriege von nun an unter das Label “Verteidigung”
gestellt, mehr geht nicht.
“Terrorist” Putin
Ein “Terrorist” sei Putin, liest man immer wieder. Russland sei ein
“Terrorregime”, geführt von einem “Diktator”, dem es nur um “Terror”
gehe. Die Wortwahl ist nicht zufällig, a) um dem politischen System in
Russland die maximale Bösartigkeit zu unterstellen. Was ja auch recht
gut funktioniert, die Vorstellung vieler Menschen von Russland ist ein
tristes, graues Land, in dem jeder, der seine Meinung sagt, sofort ins
Gefängnis kommt. Um eine nicht zufällige Wortwahl handelt es sich b)
aber auch, weil somit die Unterstützung der Ukraine ohne Weiteres
begründet werden kann. Gegen den “Terror” kämpfen die USA ja schon seit
“9/11”, der Krieg in der Ukraine ist also nichts anderes als die
konsequente Fortführung dieses Kampfes.
Krieg für den Frieden?
Kein Land auf der Erde hat so viele Militäroperationen (dieses Wort,
das, von der russischen Seite angewendet, auf so viel Wut und Hass
trifft, wird in der Wikipedia ganz offiziell für die Angriffskriege der
USA verwendet) durchgeführt wie die USA. Als friedensstiftend kann man
keinen dieser Kriege bezeichnen, und sogar das Eingreifen im Zweiten
Weltkrieg kann und muss man ganz ohne Verklärung als eine Strategie
bezeichnen, die schon damals der Schwächung Russlands (zu jener Zeit:
der Sowjetunion) und Deutschlands galt. Die USA warteten außergewöhnlich
lange, bis sie in den Krieg einstiegen und sorgten so dafür, dass auf
deutscher und russischer Seite mehr Todesopfer zu beklagen waren, als es
der Fall gewesen wäre, hätten die Amerikaner früher eingegriffen. Von
der amerikanischen Unterstützung aufseiten der Wirtschaft für Hitler
ganz zu schweigen.
Die NATO und die USA sind also offiziell ein Verteidigungsbündnis, das
erstens stets angreift, statt zu verteidigen, und zweitens keinen
Frieden, sondern Krieg, Tod und Leid bringt. Zynisch betrachtet könnte
man sagen, dass der “werteorientierte Westen” in der Hauptsache den
“Wert” des Krieges verteidigt. So gesehen gehören die “westlichen Werte”
so schnell wie möglich in die Abfalltonne der Geschichte.
Tom J. Wellbrock ist Journalist, Sprecher, Texter, Podcaster, Moderator und Mitherausgeber des Blogs neulandrebellen.
Mehr zum Thema – Das NATO-Kriegs-Orchester – Die Süddeutsche Zeitung und der Iwan
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen