„Der Geist
ist das Schlachtfeld“ – NATO bereitet sich auf „kognitive
Kriege“ mit Russland vor
VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 27. MAI 2021
von https://de.rt.com
Kognitive Kriegsführung erfreut sich bei westlichen
Thinktanks zunehmender Beliebtheit. Ziel ist die Unterwerfung der
Gesellschaften ohne militärische Mittel. Russische Experte sehen in
dem Konzept die Basis für neue „smarte“
Weltanschauungskriege.
Spätestens seit dem Jahr 2014 werfen
westliche Thinktanks, Medien und Spitzenpolitiker Russland ein
böswilliges Agieren im Cyber- und Informationskrieg vor. Dieser
Sichtweise zufolge ist beispielsweise das Nachrichtenportal RT eines
der wichtigsten „Waffen“, die der Kreml angeblich gegen den
Westen richtet.
Nun aber dürften die sogenannten
Informationskriege der Vergangenheit angehören. Die Rede ist
zunehmend von einer „kognitiven Kriegsführung“ (cognitive
warfare), mit der der vermeintliche Feind die „demokratischen“
Gesellschaften überzieht.
Washingtons Top-Denkfabriken
erhalten mehr als eine Milliarde Dollar von Pentagon und
Rüstungsfirmen
„Heutzutage schließt die kognitive
Kriegsführung Cyber-, Informations-, psychologische und
Social-Engineering-Fähigkeiten ein, um ihre Ziele zu erreichen“,
schreibt ein Autorenteam bestehend aus Mitarbeitern der
Johns-Hopkins-Universität und des Imperial College London in einer
Analyse für die NATO.
Bei einem kognitiven Krieg handelt es
sich um einen Kampf um den menschlichen Geist, der zu einem modernen
Schlachtfeld wird. Und wie es in einem Krieg üblich ist, geht es bei
den Kriegsparteien schlussendlich um den Sieg über den Gegner und
dessen Unterwerfung:
„Ist
die kognitive Kriegsführung erfolgreich, formt und beeinflusst sie
die Überzeugungen und Verhaltensweisen des Einzelnen und der Gruppe,
um die taktischen oder strategischen Ziele des Angreifers zu
begünstigen. Es ist denkbar, dass ein Gegner eine Gesellschaft
unterwirft, ohne auf offene Gewalt oder Zwang
zurückzugreifen.“
Kognitive Kriege können
sowohl kurzfristiger als auch langfristiger Natur sein. Im letzteren
Fall können sie strategisch auf Jahrzehnte ausgelegt werden:
„Mehrere aufeinanderfolgende Kampagnen könnten mit dem
langfristigen Ziel gestartet werden, ganze Gesellschaften oder
Bündnisse zu stören, indem Zweifel an der Regierungsführung gesät,
demokratische Prozesse untergraben, Unruhen ausgelöst oder
separatistische Bewegungen angestiftet werden.“ Die Autoren
betonen:
„In der
kognitiven Kriegsführung ist derjenige im Vorteil, der sich zuerst
bewegt und den Zeitpunkt, den Ort und die Mittel der Offensive
auswählt.“
US-Mainstreammedien wachen auf:
Radikalen Lobby-Gruppen geht kein Russlandhass weit genug.
Sie
nennen den Gegner nicht beim Namen, lassen jedoch keinen Zweifel
daran, dass es in ihrem Papier vor allem um Russland geht. So
bezeichnen sie das Stehlen „peinlicher“ Regierungsdokumente aus
dem E-Mail-Konto eines Regierungsvertreters als Beispiel für
Methoden einer kognitiven Kriegsführung. Es ist unschwer darin den
sogenannten DNC-Leak zu vermuten. Im Juli 2016 wurden Tausende Mails
vom Server des Nationalen Komitee der Demokratischen Partei der USA
auf der Enthüllungsplattform Wikileaks veröffentlicht. Diese legten
Wahlmanipulationen durch den Stab der damaligen
Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton offen. US-Medien und
Demokraten witterten dahinter sofort eine große Verschwörung
zwischen Trump, Putin und Wikileaks. Ein Vorwurf, der bis heute nicht
bestätigt wurde.
Außerdem wurde die Bezeichnung „kognitive
Kriegsführung“ bereits zuvor mit Russland in Zusammenhang
gebracht. So veröffentlichte die Harvard Kennedy School im November
2019 einen Artikel unter dem Titel „Kognitive Kriegsführung: Die
Bedrohung der Wahlen in den baltischen Staaten durch Russland“.
Den
Autoren zufolge greift Russland mithilfe von Desinformation und
Informationsoperationen bestehende innenpolitische, soziale oder
ethnische Spaltungen auf und instrumentalisiert diese, um Denkweise
und Wahlverhalten der Bürger zu verändern. Diese Strategie sei
„kognitive Kriegsführung“, da die Zielbevölkerung hierdurch in
ihrem Denken massiv beeinflusst werde:
„Russland
hat über traditionelle und soziale Medien Narrative verbreitet, die
darauf abzielen, ethnische Russen und Russischsprachige vom Rest der
Gesellschaft zu trennen, die innenpolitische Stabilität zu
untergraben und die Bindung der baltischen Staaten an die EU und die
NATO zu brechen.“
Londons Kampagne zu politischer
Assimilation baltischer Russen: „Kreml-Narrative faktisch wahr“
Allerdings belegen durchgesickerte Dokumente der
britischen Regierung, dass ausgerechnet London im Rahmen einer
geheimen Propagandakampagne spätestens seit dem Jahr 2016 versucht,
Russischsprachige in den drei Staaten des Baltikums ideologisch zu
assimilieren, um Moskau zu schwächen. In das Programm flossen
bereits Millionen britische Pfund.
Im Jahr 2017
veröffentlichte der US-amerikanische Thinktank Rand Corporation ein
Strategiepapier mit dem Titel „Weaponisation of Information“ (dt.
etwa: Information als Waffe). Dem Dokument zufolge geht von
russischen Medien, Thinktanks, Stiftungen, Regierungs- und
Nichtregierungsgremien, politischen Parteien, grenzüberschreitenden
sozialen und religiösen Gruppen, Unternehmen sowie „von Russland
beeinflussten Personen des öffentlichen Lebens“ eine unmittelbare
Gefahr für die Sicherheit aus. Um dieser zu begegnen, müsse eine
alle Bereiche des öffentlichen und politischen Lebens umfassende
landesweite Anstrengung („Whole-of-Nation“-Ansatz) unternommen
werden, die von einem speziellen Zentrum für kognitive Sicherheit
gesteuert werden solle.
Dieses Konzept deutet bereits auf
einen totalitären Charakter der ideologischen Auseinandersetzung
hin, der von einer grundsätzlichen Unvereinbarkeit zwischen Russland
und dem Westen ausgeht. Die britische Denkfabrik Chatham House, das
Königliche Institut für internationale Angelegenheiten, vollendete
diesen Ansatz in einer am 13. Mai veröffentlichten Studie. Dieses
Strategiepapier mit mehr als hundert Seiten hat ein internationales
Forscherteam aus 16 Experten ausgearbeitet, mit dem Ziel,
Entscheidungsträgern in der Politik aufzuzeigen, dass eine
friedliche Koexistenz mit Russland derzeit unter keinen Umständen
möglich sei. Eine kurze Zusammenfassung finden Sie unter diesem
Link.
RAND-Analyse: Wie zerstört man am effektivsten
Russland?
Für die Verschlechterung der Beziehungen zwischen dem
Westen und Russland machen die Verfasser ausschließlich den Kreml
verantwortlich. Um diese These zu untermauern, identifizieren die
Autoren die Annäherungs- und Stabilisierungsversuche des Kremls wie
etwa „Wir brauchen eine neue gesamteuropäische
Sicherheitsarchitektur, die Russland einschließt“, „Russland und
der Westen sind gleich ’schlecht'“, „Die Völker Russlands,
Weißrusslands und der Ukraine gehören zu einer Nation“ sowie „Die
Krim war schon immer russisch“ als Mythen – und wollen diese
„widerlegen“.
Russlands vermeintlich störende
Außenpolitik sei „keine Anomalie Putins und seiner Entourage“,
sondern beruhe auf grundsätzlichen Prinzipien der russischen
Politik. Man dürfe daher feindliche Handlungen Russlands nicht
kleinreden, sondern müsse diese systematisch aufdecken, zuordnen und
diskreditieren:
„Die
euro-atlantischen Entscheidungsträger mögen es nur ungern zugeben,
aber Moskaus natürlicher Zustand ist der einer Konfrontation mit dem
Westen.“
Wie auch zu Zeiten des Kalten Krieges
wird der Konfrontation eine entscheidende ideologische Komponente
zugrunde gelegt. Der Schlüssel im Umgang mit diesen Konflikten und
Widersprüchen sei die Erkenntnis, dass westliche und russische Werte
und Interessen nicht miteinander vereinbar sind. Die Autoren fordern
die Politik auf, für die Austragung der Konfrontation auch
wirtschaftliche und sonstige Entbehrungen in Kauf zu nehmen, denn
gemeinsame Interessen mit Russland, darunter auch im Bereich Energie-
und Wirtschaft, seien eine Illusion:
„Akzeptieren
Sie, dass ein schlechtes Verhältnis zu Russland keine Tragödie ist,
wenn es derzeit keine Mittel gibt, es zu verbessern“.
Über
die Russenpeitsche, die byzantinische Finsternis und das Rätsel der
russischen Seele – Teil 4
Wenn eine Koexistenz mit „diesem“
Russland aus westlicher Sicht nicht möglich zu sein scheint, müsse
Russland folglich mental verändert werden. Diesen Ansatz legte der
Berater des russischen Verteidigungsministeriums Andrei Ilnizki in
einem Interview mit der Zeitschrift „Arsenal des Vaterlandes“
nahe.
Ilnizki zufolge vermeidet der kollektive Westen eine
direkte militärische Konfrontation mit Russland, da Russland in der
Lage sei, ihm mit seinen Atomwaffen und modernen Streitkräften einen
unannehmbaren Schaden zuzufügen. Die Wahrscheinlichkeit eines
solchen Konflikts sei für die nächsten zehn Jahre ausgeschlossen.
Ilnizki erklärte:
„All
dies führt zur Entstehung einer neuen Art von Kriegsführung. Wenn
in klassischen Kriegen die Zerstörung des menschlichen Lebens des
Feindes das Ziel ist, so ist dies in modernen Cyber-Kriegen die
Zerstörung der Infrastruktur, die Zerstörung des
Selbstbewusstseins, die Veränderung der mentalen, zivilisatorischen
Basis der Gesellschaft des Feindes. Ich würde diese Art von Krieg
einen mentalen Krieg nennen.“
Als Beispiel für
einen mentalen Krieg der Gegenwart werden in Russland oft die
langfristigen Maßnahmen zur Vorbereitung des Ukraine-Konflikts
genannt, die in einer „Umpolung der ukrainischen Gesellschaft durch
westliche Regierungen und NGOs“ resultierten. Die Folgen eines
solchen Krieges sind laut Ilnizki im Unterschied zu Schäden an der
Infrastruktur irreparabel, da sie erst nach einer Generation zutage
treten, wenn es schon zu spät ist.
Ein weiterer russischer
Analyst, das Präsidiumsmitglied im Rat für Sicherheit- und
Verteidigung Alexander Losew, stellte im russischen Radio ebenfalls
die Chatham House-Studie vor. Er wies auf den unversöhnlichen
Charakter des Dokumentes hin und nannte es eine sanftere Version von
„Mein Kampf“. Das Papier habe einen „absolut russophoben,
absolut antirussischen Charakter“, erklärte Losew
Im Kreml
werden Ansätze dieser Art registriert und auf eine eigene Weise
interpretiert.
https://de.rt.com/international/117902-geist-ist-schlachtfeld-nato-bereitet-nato-bereitet-sich-kognitive-kriege/
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