Dienstag, 25. Mai 2021

Putins Expansion und fette Beute - Arnold Schölzel

 

Entnommen: https://www.jungewelt.de/artikel/402918.der-schwarze-kanal-putins-expansion-und-fette-beute.html


Putins Expansion und fette Beute


Von Arnold Schölzel

Für Esoteriker steht nichts fest, schon gar nicht ein Datum wie der 22. Juni 1941. Aus dem könnte man ja etwas ableiten. Nicht so die Grünen. Sie stimmten mit der Koalition für die Verlängerung der Bundeswehr-Mandate in Mali.

Unter Tagesordnungspunkt vier befasste sich der Bundestag am Mittwoch mit einem Antrag der Fraktion Die Linke zum 80. Jahrestag des faschistischen Überfalls auf die Sowjetunion. Unter Punkt fünf und sieben folgten die Verlängerungen der Bundeswehr-Mandate für die UN-Truppe und die bewaffnete EU-Mission in Mali.

Anfragen aus der Linksfraktion an die Bundesregierung, was an offiziellen Gedenkakten zum 22. Juni vorgesehen sei, waren schon zuvor klar beschieden worden: nichts. Nun verlangte die Politikerin Sevim Dagdelen, den Jahrestag zum Anlass zu nehmen, einen deutsch-russischen Vertrag für Versöhnung und Freundschaft auszuhandeln.

Das Echo aus den anderen Fraktionen war aussagekräftig. Elisabeth Motsch­mann (CDU) fand zum Beispiel, an den 22. Juni 1941 zu erinnern, sei »erst mal richtig«. Angriffskriege seien damals wie heute »unverantwortlich und grausam«. Der Linke-Antrag verbinde allerdings Erinnerung mit »unsäglichen Forderungen nach einer neuen Russland-Politik«. Außerdem werde behauptet, in der Bundesrepublik gebe es »Ablehnungen bis hin zum Hass gegenüber Russland und seiner Bevölkerung«. Das sei »komplett falsch«, rief Frau Motschmann aus: »Wir lehnen die Politik Putins, seine Expansionspolitik, ab«, aber Hass gebe es nicht. Eskalation gehe von Putin aus, Aufrüstung ebenso, und nur »mit einem starken NATO-Bündnis« lasse sich mit dem »auf Augenhöhe« verhandeln. Der AfD-Abgeordnete Armin-Paulus Hampel erinnerte Frau Motschmann an den Jugoslawien-Krieg und sich daran, dass er als ARD-Journalist bei allen Treffen zwischen Helmut Kohl und Michail Gorbatschow dabeigewesen war. Die USA seien im übrigen genauso schlimm wie Russland. Der AfD-Fraktionsvorsitzende Alexander Gauland (AfD) fand die »Intention« des Linke-Antrags nicht schlecht und schlug einen großen Bogen von Friedrich dem Großen bis zur Gegenwart. Er forderte eine Rückkehr zur »Politik der Staatsräson«. Dabei hatte Außenminister Heiko Maas (SPD) zum Auftakt der Sitzung die deutsche Staatsräson im Nahostkonflikt dargestellt: Unterstützung Israels bei seinem Mordfeldzug gegen Palästinenser. Das hatte die AfD sehr gut gefunden.

Anschließend ergriff Johann Saathoff (SPD) das Wort und behauptete: »Orte nationalsozialistischer Verbrechen wie Chatyn in Belarus, Babyn Jar, die entsetzliche Hungerblockade Leningrads haben im deutschen Geschichtsbewusstsein erst spät einen Platz gefunden«. Das ist wohl richtig, bleibt nur die Frage, ob es die DDR mit einem anderen Geschichtsbewusstsein überhaupt gegeben hat.

Der Rest: Die FDP (Bijan Djir-Sarai) zelebrierte den Hass, den es laut Frau Motschmann nicht gibt, die Grünen (Manuel Sarrazin) behaupteten, der Fehler im Linke-Antrag sei: »Geschichte war soundso, deswegen gibt es eine absolute Wahrheit aus der Geschichte, und deswegen muss man sich mit Putin heute soundso auseinandersetzen.« Für Esoteriker steht nichts fest, schon gar nicht ein Datum wie der 22. Juni 1941. Aus dem könnte man ja etwas ableiten.

Nicht so die Grünen. Sie stimmten mit der Koalition für die Verlängerung der Bundeswehr-Mandate in Mali, das heißt für mehr als 1.000 Soldaten, was mit neokolonialer Machtpolitik selbstverständlich nichts zu tun hat. Oberst a. D. Rüdiger Lucassen (AfD) sagte dem Feldzug ein Scheitern wie in Afghanistan voraus und pries als Beispiel Israel: »Ich wünsche den Israel Defense Forces viel Soldatenglück und speziell der israelischen Luftwaffe bei der Suche nach den Terrorführern der Hamas eine gute Jagd und fette Beute.« Einen Sitzungstag später gab es dafür einen Ordnungsruf. Lucassen hatte im Offiziersjargon dasselbe gesagt wie Maas: wenn Expansion, dann richtig. Auch eine Form des Gedenkens an den 22. Juni 1941


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