Ambitionierte
Sprösslinge – Annalena Baerbock und das Lächeln der „Young
Global Leaders“
VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 12. MAI 2021
von Valentin Zill – http://www.unsere-zeit.de
Politik brauche Mut, vieles anders zu machen, erklärte
Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock, als sie ihre Kanzlerkandidatur
bekannt gab. Derlei inhaltsleere Phrasen sind typisch für Mitglieder
des „Forum of Young Global Leaders“ (YGL). Baerbock gehört zu
diesem „exklusivsten privaten sozialen Netzwerk der Welt“
(„Bloomberg Businessweek“).
Die Stiftung wurde 2004 vom
Vorsitzenden des Weltwirtschaftsforums, Klaus Schwab, als
Nachwuchsschmiede gegründet. Über die Hälfte der Mitglieder sind
junge Wirtschaftsbosse, dazu gesellen sich Politiker, Schauspieler
und andere Personen des öffentlichen Lebens. Wer „Young Global
Leader“ werden möchte, darf nicht vor 1983 geboren sein, braucht
Fürsprecher und muss fünf bis 15 Jahre lang durch herausragende
Leistungen und Führungsqualitäten aufgefallen sein. Mögliche
Kandidaten werden durchleuchtet und von zwei innerhalb des Verbands
angesiedelten Komitees in einem acht Monate dauernden Prozess
ausgewählt. Jahr für Jahr beginnen gut 100 „Young Leaders“ eine
fünfjährige Ausbildung zur Ausbeutung. Deren Kernstück ist das
„YGL Oxford University Executive Education Programme“. Es zielt
darauf, „Führungskräfte für nuancierte Entscheidungsfindung
vorzubereiten“, die in der heutigen Welt notwendig sei. „Das
Modul“, vermeldet der Jahresbericht 2019/2020, „fordert
Teilnehmer heraus, Leadership in dynamischen Umgebungen neu zu
denken, während ihre Selbstverwirklichung gefördert
wird.“
Darunter macht es der bourgeoise Sprössling von
heute nicht. Wer sich fleißig Mehrwert aneignet, will schließlich
auch zwischen Latte macchiato aus Sojamilch, Meditations-App und Yoga
auf die Work-Life-Balance achten. Für die Einübung des
großbürgerlichen Habitus gibt es neben Vorträgen renommierter
Gastdozenten folgerichtig Shakespeare, „Führungskräfte-Übungen“
beim Dirigieren von Chören in jahrhundertealten Kirchen,
Stechkahnfahrten und den fast 200 Jahre alten Debattierclub Oxford
Union. Wer sich jetzt an altbackene Studentenverbindungen erinnert
fühlt, liegt nicht ganz falsch. Dazu Kurt Tucholsky: „Der
lächerliche Formelkram der Verbindungserziehung überträgt sich
aufs Leben; diese ehemaligen Studenten sind später schwer imstande,
das Wesen der Dinge zu sehen, weil sie vielzuviel mit den Formen zu
tun haben.“
Zur Festigung neoliberaler Dogmen arbeitet das
Forum mit der „Apolitical Academy“ zusammen, deren erklärte
Mission es ist, „Vertrauen in öffentliche Institutionen
wiederherzustellen und zu evidenzbasierter Führung des öffentlichen
Sektors zu ermutigen“. Zu den Partnern dieser „Akademie“
gehören wiederum das Weltwirtschaftsforum, die Harvard Kennedy
School und allerhand Stiftungen, die regelmäßig im Kosmos
großbürgerlicher Mauschelei auffallen. Die Bourgeoisie bleibt gerne
unter sich. Wer hinter verschlossenen Türen tagt, kann es sich
leisten, Transparenz zu simulieren. Die „Young Global Leaders“
präsentieren sich mit viel nichtssagendem BWL-Sprech auf einer
modern gestalteten Website und in den „sozialen Medien“. Auf
unzähligen Bildern strahlen die Ausbeuter von morgen um die Wette,
als könnten sie kein Wässerchen trüben. Annalena Baerbock hat das
perfektioniert.
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