Dienstag, 9. Juli 2024

Gedanken zum Privateigentum - Franz Witsch

Mit Genehmigung von Franz Witsch hier im Blog veröffentlicht. Ein Danke von Harry Popow

ffwitsch@googlemail.com

 

GEDANKEN ZUM PRIVATEIGENTUM

Liebe Freunde,

Ich möchte die Diskussion um das Privateigentum um die These ergänzen, dass der Ukraine-Krieg ein Krieg der USA gegen Russland und China ist. Zunächst einige Gedanken zum Privateigentum:

Ich glaube, der Begriff "Privateigentum an den Produktionsmitteln" hat seit Marx seine Bedeutung immer sichtbarer eingebüßt, heute,
wo - wie noch zu Marxens Zeit - der Unternehmer dem Arbeiter
nicht mehr Aug in Aug gegenübersteht, und es seit Keynes so etwas wie eine systematische Konjunkturpolitik zur Belebung der Wirtschaft gibt (nachfrageinduziertes Wachstum, Akzelerator-Prinzip/-Effekt).

In einer solchen Zeit kann man den Unternehmer als Angestellten des sozialen und wirtschaftlichen Ganzen betrachten. 
Dennoch gibt es den Kapitalismus immer noch mit der Tendenz,
sich selbst und die sozialen Strukturen (Beziehungen der Menschen)
zu zerstören.

Mit dieser Lebensweise einer permanenten
Selbstzerstörung in immer neuen Anläufen muss allerdings Schluss sein. Und das heißt mit der Mehrwertproduktion muss Schluss sein. 
Sie ist die Grundlage einer selbstzerstörerischen Kapitalverwertung, 
in der die Finanzindustrie seit Beginn des 20. Jhs. die Oberhohheit 
über die Produktion erlangt hat, ohne sie - absurd, aber wahr - zu besitzen. Die Gründe dafür seien an dieser Stelle dahingestellt 
Jedenfalls profitiert die Finanzindustrie davon, dass das in die Wirtschaft gegebene (geschöpfte) Geld an den Kredit gebunden ist und eben nicht an die Bedürfnisse der Menschen.

Das führt mit Keynes ist die Überschuldung, von der die Reichsten der Reichen (an der Börse, den Finanzmärkten) besonders profitieren. So gesehen gibt es systemtechnisch keine Alternative 
zur Umverteilung von unten nach oben.

Der volkswirtschaftliche Begriff lautet übrigens "Kreditgeldschöpfung" (induziert durch den Bankensektor):
Ihm zufolge wird Geld nur in die Wirtschaft gegeben, wenn es Nachfrage nach Kredit gibt. Die muss, sagt Keynes, vom Staat kommen, wenn sie von den privaten Wirtschaftssubjekten nicht kommen kann (in Zeiten der Überproduktion, resp. ausbleibenden Mehrwerts). Damit wird dem Staat - also dem Steuerzahler, den Bürgern - alles aufgebürdet.

Damit könnte Schluss sein, wenn das Geld in die Wirtschaft gelangte, weil es Bedürfnisse der Bürger gibt und eben nicht weil es Kreditnachfrage gibt (wobei das eine das andere nicht ausschließlich, wobei aber die Bedürfnisse des Bürgers primär sein müssen):

Um es einfach zu sagen: man druckt Geld (ohne Schuldtitel zu erzeugen) und gibt es dem Bürger, der damit seine Bedürfnisse befriedigen kann. Und man druckt immer genauso viel Geld, wie die Produktion in der Lage ist, entsprechende Waren zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse zu produzieren. Volkswirtschaftlich gesagt: Die Geldmenge muss den Produktionskapazitäten entsprechen, um Inflation unter Kontrolle zu halten.

All das ist im Detail in den ersten beiden Bänden zur "Politisierung  des Bürgers" beschrieben (1. Band: Begriff der Teilhabe", 2. Band: "Mehrwert und Moral").

Privateigentum abschaffen heißt demnach: das, was insgesamt produziert worden ist, gehört allen Bürgern in gleicher Weise. Dem frühen Marx zufolge: Jedem nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen. Die meisten Bürger wissen nicht, dass wir nur ein Lidschlag vom Kommunismus entfernt sind. Die Bürger müssen nur nicht gewillt sein, sich mit aller Macht selbst zu zerstören

Im Kommunismus, wie ich ihn verstehe, besitzen die Bürger die Produktionsmittel nur nicht unmittelbar, sondern indirekt über ihren Konsum. Darüber schreibe ich seit bald zwanzig Jahren und stelle fest: Die Leute interessieren sich nicht dafür, sie reden immer nur
exakt an den wirklichen Problemen vorbei, wie Wirtschafts- und Sozialtheorie ohnehin.

So, nämlich bedürfnisorientiert, verfahren die Chinesen tendenziell 
seit Deng Xiaopings Reformen seit den 1980er Jahren, jederzeit in der Lage, den Schalter umzulegen hin zu einer bedürfnisorientierten Produktion. 

Dafür brauchten sie zunächst eine starke, konkurrenzfähige Produktion. Deshalb führten sie sukzessive das freie Unternehmertum ein. Die Amis waren zuerst begeistert. Ihre Freude legte sich alsbald seit den 1990er Jahren, als mit dieser neuen Politik nicht das Prinzip des freien Kapitalverkehrs verbunden war, sodass sich die chinesische Wirtschaft entfalten konnte, ohne von den Ausplünderungsbestrebungen des US-Kapitals gestört zu werden.

Dagegen wehrt sich übrigens Russland heute immer noch;
übrigens der tiefere Grund für den Ukraine-Krieg, bzw.
eines neuen Kalten Krieges. 

Die USA ärgern sich einfach, über die Ressourcen Russlands nicht nach Gutdünken verfügen zu können.So wie ihnen im 19. Jh die Indianer ein Dorn im Auge waren, also mussten man sie um ihr angestammtes Land betrügen. Und wenn sie sich dagegen werten ggf. auslöschen.

Heute ist die chinesische Wirtschaft - anders als die russische - stark genug, um sich auf den Weltmärkten zu behaupten. Freier Kapitalverkehr ist also möglich. Einziger Wehrmutstropfen: Westliche Konzerne dürfen und sollen sogar mit großen Gewinnchancen zwar in China investieren dürfen, freilich unter der Bedingung sog. Joint Ventures und damit unter der Oberhoheit des chinesischen Staates (der KP). Das mögen die amerikanischen Kriegs-Falken gar nicht. Sie wollen sich einfach bedienen können,
und sind deshalb konflikt- und kriegslüstern.

In diesem Kontext ist es richtig zu sagen: Der Ukrainekrieg ist ein amerikanischer Krieg (gegen Russland). Im 19. Jh. sagte man den Indianern Grausamkeiten nach, die es in der Tat gab, und heute sagt man den Russen Grausamkeiten nach, die es in der Tat gibt. 
Das ändert nicht daran, dass der Ukraine-Krieg
ein amerikanischer Krieg ist.

Herzliche Grüße
Franz Witsch

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