Sonntag, 7. Juli 2024

Den Weg in die Katastrophe verlassen! RotFuchs

Entnommen:  https://rotfuchs.net/files/rotfuchs-ausgaben-pdf/2024/RF-317-07-24.pdf  

Ausgabe Juli/August 2024

Den Weg in die Katastrophe verlassen!

A m 16. Juni stimmten 83 von 100 Staaten und Organisationen, die am „Friedensgipfel“ zum Ukraine-Krieg in der Schweiz teilgenommen hatten, der Abschlußerklärung des Treffens zu. Zwei Kernsätze lauten: „Wir sind überzeugt, daß für die Erreichung des Friedens die Einbeziehung und der Dialog aller Parteien erforderlich sind. Wir haben daher beschlossen, in Zukunft in den oben genannten Bereichen unter verstärkter Einbindung der Vertreter aller Parteien konkrete Schritte zu unternehmen.“

Sollte die Formulierung „Einbeziehung und Dialog aller Parteien“, also auch Rußlands, ernst gemeint sein, kann die Welt etwas durchatmen. Denn die Führung in Kiew brüstete sich bis zuletzt damit, eine Teilnahme Moskaus an dem Treffen verhindert zu haben. Das verärgerte nicht nur die Schweizer Gastgeber, es hätte die Konferenz fast zum Scheitern gebracht. Die Absicht, die der kollektive Westen und Kiew mit ihr verbanden, war, den „globalen Süden“ gegen Rußland in Stellung zu bringen. Das ist nicht gelungen. Im Gegenteil: Der Kurs auf eine Teilnahme Rußlands an künftigen Friedenskonferenzen ist ein Bruch mit der Linie von NATO, EU und Kiew, die noch am 14. Juni bekräftigt worden war. An diesem Tag hatte Wladimir Putin erneut sofortige Verhandlungen angeboten. Die einhellige Ablehnung des Westens kam sofort und ohne Prüfung der Vorschläge. USVizepräsidentin Kamala Harris erklärte auf der Konferenz bei Luzern mit Blick auf Putin: „Er ruft nicht zu Verhandlungen auf, er ruft zur Kapitulation auf.“ Kiew pflichtete ihr bei, Bundeskanzler Olaf Scholz sprach von einem „Diktatfrieden“, den Putin wolle. Faktisch im gleichen Atemzug erklärte er aber am Eröffnungstag der Konferenz: „Es ist wahr, daß der Frieden in der Ukraine nicht erreicht werden kann, ohne Rußland mit einzubeziehen.“

Offenbar war der „Friedensgipfel“ nur auf diese Weise zu retten. Die Abschlußerklärung enthält keine Verurteilung Rußlands und keine Forderung nach einem Abzug russischer Truppen. Dennoch verweigerten zahlreiche Länder die Unterschrift: Von den G20-Staaten waren das Brasilien, Mexiko, Saudi-Arabien, Südafrika, Indien und Indonesien. Außerdem scherten Armenien, Bahrain, Thailand, Libyen, die Vereinigten Arabischen Emirate, Kolumbien und der Vatikan aus. China hatte nicht teilgenommen. Eine Isolation Rußlands sieht anders aus. Es gelingt dem Westen nur noch mühsam, wenigstens einen Minimalkonsens zum Ukraine-Krieg international herzustellen. Die Gründe für den Schwund der Führungsfähigkeit des Westens liegen auf der Hand: Kriegseskalation geht allein von ihm aus. Den gröbsten Tabubruch beging dabei Scholz. Er gestattete am 7. Juni Kiew, mit deutschen Waffen russisches Territorium zu beschießen – daran hatte 79 Jahre lang kein deutscher Politiker zu denken gewagt. Die Begleitmusik dazu kam vom früheren SPD-Parteivorsitzenden und Außenminister Sigmar Gabriel. Er verstieg sich in der ZDF-Sendung Maybrit Illner am 30. Mai zu der Aussage: „Im Grunde müssen wir die Russen so niederkämpfen, wie das mal mit der Sowjetunion gelungen ist.“ Hintergrund für beides – die Entscheidung für „Feuer frei!“ auf russisches Territorium und Gabriels Hetze – waren Angriffe Kiews auf zwei Frühwarnsysteme der russischen strategischen Atomraketenabwehr am 23. und 26. Mai. Was bedeutet: Die in Kiew Regierenden und ihre US-Unterstützer sind zu jedem Risiko, auch dem eines Atomkrieges, bereit.

Moskau reagierte auf die Angriffe gegen sein strategisches Militärpotential gelassen, aber ernst. USA und NATO änderten dennoch Den Weg in die Katastrophe verlassen! nicht ihren Kurs. Einen Tag vor Beginn des „Friedensgipfels“ erklärte zum Beispiel NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Brüssel: „Wir haben heute 500 000 Soldaten in hoher Bereitschaft über alle Domänen (der Kriegsführung), deutlich mehr als das Ziel, das beim Gipfeltreffen in Madrid 2022 gesetzt wurde“. Dort waren 300 000  Soldaten beschlossen worden, zuvor waren es 40  000 Soldaten.

Im Ukraine-Krieg eskaliert allein die westliche Seite von Woche zu Woche. Der Hauptgrund: Die militärische Lage für Kiew verschlechtert sich. Die Konferenz in der Schweiz zeigte, daß die Mehrheit der Staaten diesem Kriegskurs nicht folgt. Sie zeigt aber auch: Es ist nötiger denn je, im Innern der westlichen Länder solchen Druck aufzubauen, daß endlich der Weg in die Katastrophe verlassen wird. Arnold Schölzel



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