Liquidierung oder Aufspaltung: Warum die Ukraine ihre Existenzberechtigung verloren hat
VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 3. MAI 2024 ⋅ HINTERLASSE EINEN KOMMENTAR
von Dmitrij Gubin – https://rtnewsde.com
Die Zukunft der Ukraine kann entweder eine vollständige Liquidierung der
Staatlichkeit und eine Aufteilung des Territoriums durch die
Nachbarländer sein (wie es mit der Rzeczpospolita geschah) oder eine
teilweise Aufspaltung unter strenger Kontrolle (wie es 1945 mit
Deutschland geschah).
Der als Ukraine bezeichnete Staat ist zu einem Gefahrenherd geworden,
sowohl für seine eigenen Bürger als auch für die Nachbarländer, vor
allem für Russland. Ihre Regierung ist absolut unzurechnungsfähig, und
es ist sinnlos, mit ihr zu verhandeln. Die Legitimität der dortigen
Staatsführung ist zerstört, und demnächst, mit dem Ende der Amtszeit von
Wladimir Selenskij im Mai und den Parlamentswahlen der Werchowna Rada
im August dieses Jahres, wird sie gänzlich verschwinden. Warum besteht
für dieses Staatsgebilde kein Grund, auf der politischen Landkarte der
Welt zu bleiben?
Die Klitschkos: Wladimir fordert junge Männer für die Front – Vitalis Kids feiern Party in Hamburg
Jeder Staat besteht, solange mindestens eine der drei Bedingungen erfüllt ist:
– eine Tradition des langen Zusammenlebens unter einer Staatsgewalt,
deren Grundfesten sich über Generationen hinweg nicht ändern;
– ein Gesellschaftsvertrag, das heißt eine Reihe geschriebener und
ungeschriebener Regeln, die in allen Territorien und von allen dort
lebenden menschlichen Gemeinschaften eingehalten werden müssen;
– alle Nachbarstaaten und Großmächte erheben ausnahmslos keine Einwände
dagegen, dass ein staatliches Gebilde existiert und seine Bevölkerung
regiert.
Was die Ukraine betrifft, so gibt es keine erwähnenswerte
Staatsbildungstradition. Weder die fragwürdige Entstehungsgeschichte der
Zentralen Rada, noch die ebenso umstrittene Wahl des Hetman
Skoropadskij, noch das Direktorium Petljuras mit seinen Pogromen und
nationalen Experimenten können die Existenz eines Staates rechtfertigen.
Und schon gar nicht kann man die Aktivitäten der Organisation
Ukrainischer Nationalisten (OUN)1 mit ihrer Idee des Völkermords an
jeder “falschen” Bevölkerung als staatsbildend ansehen.
Die “Banderowschtschina” ist nicht nur destruktiv und kriminell in ihrer
grundlegenden Struktur, sondern auch eng mit dem Hitlerdienst
verbunden, den die Geschichte bekannterweise mitsamt dem
Nationalsozialismus ablehnte, wie aus den Materialien der Nürnberger und
anderer Gerichtsprozesse hervorgeht. Was bleibt also übrig? Die
Erfahrung des Russischen Reiches und der Ukrainischen SSR innerhalb der
UdSSR, als die Menschen auf dem Gebiet der heutigen Ukraine in einem
einheitlichen Staat mit Russland lebten und Frieden und Harmonie
untereinander pflegten.
Sprecher der ukrainischen Luftwaffe: F-16-Kampfjets könnten noch diesen Monat eintreffen
Der Gesellschaftsvertrag, der der Ukraine das Recht auf Unabhängigkeit
verschaffte, beruht auf zwei Deklarationen: der Deklaration der
staatlichen Souveränität der Ukraine vom 16. Juli 1990 und der Akte der
Unabhängigkeitserklärung der Ukraine vom 24. August 1991. Sie legen die
Bedingungen fest, unter denen sowohl die Bürger als auch die sie
vertretenden lokalen Eliten bereit sind, unter einem Dach zu leben.
Wenn diese geschriebenen und ungeschriebenen Regeln nicht nur auf
lokaler Ebene verletzt werden, sondern durch den normativen Rahmen und
die alltägliche Praxis außer Kraft gesetzt werden, verliert der Staat
als Ganzes seine Existenzberechtigung. Wie lauten diese Regeln? In der
Deklaration der staatlichen Souveränität heißt es klar und deutlich:
“Die Ukrainische SSR gewährleistet die Gleichheit aller Bürger der
Republik vor dem Gesetz, ungeachtet ihrer Herkunft, ihres sozialen und
vermögensrechtlichen Status, ihrer Rasse und Nationalität, ihres
Geschlechts, ihrer Bildung, ihrer Sprache, ihrer politischen
Anschauungen, ihrer religiösen Überzeugungen, der Art und des Wesens
ihrer Beschäftigung, ihres Wohnorts und anderer Umstände.”
Und weiter ebenda: “Die Ukrainische SSR ist unabhängig in der
Bewältigung von Fragen der Wissenschaft, der Bildung, der kulturellen
und geistigen Entwicklung der ukrainischen Nation, garantiert allen auf
dem Territorium der Republik lebenden Nationalitäten das Recht auf ihre
freie nationale und kulturelle Entwicklung.”
Auf der Grundlage dieser Postulate wurde, wenn auch inkonsequent, ein
System von Gesetzen und Rechtsvorschriften geschaffen, und 1996 wurde
die ukrainische Verfassung verabschiedet. Der Bürgerfrieden, der auf
einem Gleichgewicht der Werte und Interessen beruhte, wurde im
Allgemeinen gewahrt. Kiew musste sich mit den historischen und
ethnisch-kulturellen Eigenheiten der ihm untergeordneten Regionen
abfinden und ein Gleichgewicht zwischen ihnen aufrechterhalten.
Anna Netrebkos Konzert in der Schweiz abgesagt – Auf Druck der NATO
Im Jahr 2014 wurde die Macht im Land von einer Gruppierungskoalition
ergriffen, die diese Postulate nicht nur leugnete, sondern auch ihre
Bereitschaft zeigte, sie mit Waffengewalt zu zerstören und einen
Völkermord an allen zu begehen, die nicht ihrem Ideal eines “echten
Ukrainers” entsprachen. Damit wurde nicht nur dieser
Gesellschaftsvertrag innerhalb des Landes endgültig gebrochen, sondern
auch die Existenz der Ukraine für ihre Nachbarländer sozusagen extrem
unangenehm gemacht.
Der Putsch vom 22. Februar 2014 wurde mit Unterstützung der USA und der
EU-Länder durchgeführt, ohne die Interessen Russlands zu
berücksichtigen. Unter diesen Umständen erklärt Wiktor Medwedtschuk (der
jahrzehntelang zu den Befürwortern des Gesellschaftsvertrags gehörte
und sich an der internationalen Legitimierung der ukrainischen
Staatlichkeit beteiligte): “Janukowitsch war der letzte legitime
Präsident der Ukraine. Die Wahlen 2014 und 2019 sind illegitim.” Diese
Wahlen fanden statt, nachdem der 1990/1991 geschlossene
Gesellschaftsvertrag, der bis zum Maidan 2004 im Großen und Ganzen, wenn
auch nicht im Detail, erfüllt wurde, mit Füßen getreten worden war. In
den Zeiträumen zwischen den Putschen kam es dank des ungefähren
Gleichgewichts der Kräfte in der und um die Ukraine nicht zu blutigen
Auseinandersetzungen und zur Zerstörung der ethnisch-kulturellen und
religiösen Vielfalt in diesem Gebiet, trotz des starken Wunsches der
Nationalisten, sie zu zerstören, und des Wunsches der westlichen
Akteure, die Politik des Landes gegen Russland zu lenken.
Nachdem Poroschenko und Selenskij ihre Macht erlangt hatten,
akzeptierten sie voll und ganz die von den Banderisten vorgeschlagenen
Spielregeln. Obwohl einer von ihnen Russe und der andere Jude war,
wurden sie zu Vermittlern von Ideen und Vorstellungen der Ideologen des
Völkermords – von Michnowski und Donzow bis Tjagnibok und Farion.
Abgesehen von der Tatsache, dass diese Wahlen nicht auf dem gesamten
international anerkannten Territorium der Ukraine stattfanden, waren sie
mit Verboten und Verfolgung behaftet. Tausende von Menschen litten
unter den Maßnahmen des ukrainischen Sicherheitsdienstes (SBU), die von
der internationalen Gemeinschaft vollständig geduldet wurden. Mehr als
25.000 Strafverfahren wurden allein wegen abweichender Meinungen
eingeleitet.
Der Mut, auch die Befreier von heute zu würdigen ‒ der Elbe-Tag in Torgau und seine neuen Akzente
Im Donbass machten militärische und paramilitärische Verbände
unverhohlen Jagd auf Zivilisten. Die Gräueltaten, die die Einwohner von
Odessa und Mariupol, Kupjansk und Isjum erlebt haben, sind unfassbar.
Im Jahr 2015 verabschiedete die Ukraine das Gesetz “Über den rechtlichen
Status und das Andenken an die Teilnehmer des ukrainischen
Unabhängigkeitskampfes im 20. Jahrhundert”, das die Angehörigen von
Petljura und Bandera zu Nationalhelden erklärte. So wurde der vergangene
Völkermord zur Heldentat erklärt, seine Praktiken wurden legitimiert
und als Vorbilder übernommen. Diese Form der Erinnerungspolitik ist
nicht nur eine Beleidigung für einen großen Teil der ukrainischen
Bevölkerung, sondern auch absolut inakzeptabel für Russland und Polen
sowie für die jüdische Öffentlichkeit, die ihr historisches Gedächtnis
noch nicht verlor.
Seit 2014 findet eine aktive Ukrainisierung aller Lebensbereiche statt.
Die Nationalisten, die die Macht eroberten, begannen mit der Abschaffung
des Gesetzes über die Regionalsprachen. Die Rechte der
Russischsprachigen wurden durch Personalentscheidungen, die Einführung
von Prozentnormen in den Medien und Lehrplänen immer weiter beschnitten.
Die in Artikel 10 der ukrainischen Verfassung verkündeten Garantien für
die “freie Entfaltung und Verwendung der russischen Sprache” wurden
völlig vergessen. Die ab 2018 verabschiedeten Gesetze zu Bildung,
Sprache und nationalen Minderheiten führten zu einem Verbot des
öffentlichen Gebrauchs der russischen Sprache. Diese Maßnahmen betrafen
auch die ungarische und rumänische Bevölkerung, was zu entsprechenden
Reaktionen in Budapest und Bukarest führte.
Seit 2017 wurde mithilfe des SBU und anderer staatlicher Stellen sowie
unter Beteiligung des Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomäus, und
von Beamten des US-Außenministeriums eine Politik der Zerstörung der
kanonischen Orthodoxie betrieben.
In einer Situation der völligen Missachtung der Rechte der
russischsprachigen und orthodoxen Bevölkerung sowie ihrer physischen
Zerstörung ist es unmöglich, über die Legitimität der Ukraine als Ganzes
zu sprechen. Daher ist jede Diskussion darüber, was mit dem derzeit von
der Ukraine besetzten Gebiet geschehen wird, sinnlos. Dies können
sowohl die vollständige Liquidierung der Staatlichkeit und die
Aufteilung des Territoriums durch die Nachbarländer sein (wie im Fall
der Rzeczpospolita Ende des 18. Jahrhunderts) als auch die teilweise
Aufteilung und Wiederherstellung der Macht in einem Teil des Landes
unter strenger Kontrolle der betroffenen Länder (wie im Fall
Deutschlands im Jahr 1945).
Auf jeden Fall wird die Ukraine aus den Zeiten von Poroschenko und
Selenskij der Vergangenheit angehören. Die einzige Frage ist lediglich
der Zeitrahmen.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 30. April 2024 zuerst in der Zeitung Wsgljad erschienen.
1 Die Organisation(en) wurde(n) aufgelöst oder ihre Tätigkeit ist in der Russischen Föderation verboten.
https://rtnewsde.com/meinung/204448-warum-ukraine-ihre-existenzberechtigung-verloren-hat
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen