Entnommen: https://www.freidenker.org/?p=19163
Russland und China – die wichtigsten Stabilisatoren auf der internationalen Bühne
24. Mai 2024
Webredaktion
,
Xi Jinping
Die Geschwindigkeit, mit der die Multipolarität Gestalt annimmt, wurde
mit Präsident Wladimir Putins Besuch in Peking in einen höheren Gang
geschaltet. Nachfolgend eine Zusammenfassung der politischen und
wirtschaftlichen Höhepunkte des Besuchs.
Von Rainer Rupp
Erstveröffentlichung am 17.05.2024 auf RT DE
Nur zehn Tage nach Beginn seiner dritten Amtsperiode hatte Xi Jinping
Moskau besucht, und nur wenige Tage nach seiner Wiederwahl führte
Wladimir Putins erster Auslandsbesuch ihn nach Peking. Schon die
Synchronisierung des jeweiligen ersten Auslandsbesuchs setzt ein
deutliches Signal.
In Peking war Putin mit ganz großem Bahnhof empfangen worden, womit die
Bedeutung, die China der Zusammenarbeit mit dem angeblich so isolierten
Russland beimisst, symbolisch unterstrichen worden war. Diese Besuche
belegen den vorrangigen und gleichberechtigten Charakter der Beziehungen
zwischen den beiden Ländern. Es gibt hier keine Dominanz oder
Koch-und-Kellner-Beziehung, wie das von den westlichen „Qualitätsmedien“
gerne karikiert wird.
Wenn man da an den Besuch des deutschen Bundeskanzlers in Peking vor
wenigen Wochen zurückdenkt, dann kann sich Olaf Scholz in einem
Mauseloch verkriechen, denn auch sein Empfang reflektierte den Status,
den Deutschland genießt, bzw. welche Meinung die Führung in Peking von
einer US-Marionette hat, die für US-Interessen das eigene Land
abwirtschaftet.
In einem weiteren Kontrast zum kollektiven Westen, der zunehmend
versucht, die Geschichte und den Ausgang des Zweiten Weltkriegs
auszulöschen und neu zu schreiben, sind China und Russland entschlossen,
dies nicht zuzulassen. In der nordostchinesischen Stadt Harbin hat
Präsident Putin Blumen am Denkmal für sowjetische Soldaten niedergelegt,
die in der Schlacht zur Befreiung Nordostchinas gefallen waren. Etwa
12.000 Soldaten der Roten Armee hatten dort zwischen August und
September 1945 im Kampf gegen die japanischen Invasoren ihr Leben
verloren.
Bei ihren gemeinsamen Auftritten bemühten sich Xi und Putin, die immer
enger werdenden Beziehungen zwischen ihren beiden Ländern zu
unterstreichen, aber zugleich legten sie großen Wert darauf, nicht den
Eindruck zu hinterlassen, dass sie eine Allianz gegen andere Länder
planen. Die Beziehungen zwischen Russland und China seien
„opportunistisch“ (also von Gelegenheiten und Chancen geprägt) und
richteten sich gegen niemanden, sagte Putin bei einem öffentlichen
Gespräch mit Xi. Zugleich unterstrich der russische Staatschef:
„Unsere Zusammenarbeit im Weltgeschehen ist heute einer der wichtigsten
stabilisierenden Faktoren auf der internationalen Bühne … Die Politik
Russlands und Chinas überschneidet sich. Wir arbeiten auf eine
demokratischere und multipolare Weltordnung hin, die auf den einfachen
Regeln der Vereinten Nationen und ihrer Organisationen beruht.“
„Russland und China treten gemeinsam für die Grundsätze der
Gerechtigkeit und einer demokratischen Weltordnung ein, die die
multipolaren Realitäten und eine auf dem Völkerrecht basierende
Weltordnung widerspiegelt. Russland und China arbeiten erfolgreich in
der UNO, den BRICS, der SCO und der G20 zusammen. Wir sind entschlossen,
die Integrationsprozesse im eurasischen Raum weiter zu harmonisieren,
um das Potenzial der Eurasischen Wirtschaftsgemeinschaft (EAEU) und der
chinesischen BRI-Initiative (Neue Seidenstraße) zu kombinieren, mit dem
Ziel einer Groß-Eurasischen Partnerschaft.“
Hiernach sind die wichtigsten Punkte aus den Erklärungen des
chinesischen Präsidenten und seines russischen Amtskollegen auf einer
gemeinsamen Pressekonferenz vom 16. Mai in Peking zusammengefasst:
Xi:
China und Russland halten die Weltordnung auf der Grundlage des Völkerrechts aufrecht.
Peking und Moskau beabsichtigen, das gegenseitige politische Vertrauen
zu vertiefen und sich an das Prinzip der Blockfreiheit zu halten (also
keine Allianzen zu bilden).
In den letzten 75 Jahren haben Russland und China viele Schwierigkeiten überwunden und sind noch stärker geworden.
China und Russland sind der Meinung, dass eine politische Lösung der richtige Weg zur Beilegung der Krise in der Ukraine ist.
Hegemonie, Machtpolitik und Blockkonfrontation bedrohen unmittelbar die
Sicherheit aller Länder. Hier wird deutlich die USA angesprochen und
die NATO-Allianz.
Putin:
Putin hat es als symbolisch bezeichnet, dass sein erster Auslandsbesuch
nach seiner Wiederwahl für eine neue Amtszeit in China stattfand.
Die Beziehungen zwischen Moskau und Peking sind ein Musterbeispiel für den Aufbau von Beziehungen zwischen benachbarten Staaten.
Moskau ist Peking dankbar für Vorschläge zur Beilegung der Situation in der Ukraine.
Moskau und Peking planen eine Vertiefung der Zusammenarbeit im
Energiebereich, sowohl bei Kohlenwasserstoffen als auch bei der
friedlichen Nutzung der Kernenergie.
Die Schaffung geschlossener militärisch-politischer Allianzen in der
asiatisch-pazifischen Region sind schädlich und kontraproduktiv.
(Hiermit sind gemeint: erstens die US-Bemühungen um das trilaterale
Militärbündnis AUKUS, ein Akronym aus den englischen Abkürzungen der
drei beteiligten Staaten Australien, Großbritannien und USA, und
zweitens die Bemühungen Washingtons, aus Südkorea, Japan und den USA
eine Art „Mini-NATO“ gegen China zu schmieden.)
Vor diesem politischen Hintergrund werden die USA und ihre Vasallen
vergeblich nach einem Keil suchen, den sie zwischen die beiden Länder
treiben könnten. Und wenn wir uns jetzt den beiderseitigen
Wirtschaftsbeziehungen zuwenden, dann gibt es auch dort viel Sonne, denn
der Handel und die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Russland und
China haben in atemberaubender Kürze schwindelerregende Höhen erreicht.
Und das, obwohl – oder gerade weil – Peking und Moskaus sich gegen
breitgefächerte Sanktionen des US-geführten kollektiven Westens wehren
müssen, die Russland ruinieren und in China technischen Fortschritt und
Wirtschaftswachstum bremsen sollen.
Dafür hat der Handel zwischen Russland und China alle Erwartungen
übertroffen und im Vorfeld des Besuchs von Präsident Putin in Peking ein
noch nie dagewesenes Rekordniveau erreicht. Chinesische Zolldaten
zeigen, dass der Handel zwischen China und Russland im Jahr 2023 auf ein
Rekordvolumen von 240 Milliarden Dollar gestiegen ist.
Der Handelsumsatz im ersten Quartal 2024 stieg im Vergleich zum Vorjahr
um 5,2 Prozent auf 56,68 Milliarden US-Dollar, wie die Allgemeine
Zollverwaltung Chinas mitteilte.
Im Jahr 2023 wurde Russland zum größten Öllieferanten Chinas und exportierte 107 Millionen Tonnen, ein Anstieg um 24 Prozent.
Die russischen Kohleexporte nach China stiegen 2023 um fast das 1,5-Fache und überstiegen 100 Millionen Tonnen.
Die russischen Flüssiggas (LNG)-Exporte nach China stiegen 2023 um 23 Prozent auf acht Millionen Tonnen.
Die Gaslieferungen über die Power-of-Siberia-Pipeline stiegen 2023 um 47 Prozent auf insgesamt 22,7 Milliarden Kubikmeter.
Zu den wichtigsten russischen Ausfuhren nach China gehören auch Mineralien, Holz, Zellstoff, Papier, Metalle und Lebensmittel.
Zu den wichtigsten Einfuhren aus China gehören Fahrzeuge, Maschinen, Chemikalien, Textilien, Schuhe und Metalle.
Die russischen Agrarexporte nach China stiegen um 53 Prozent auf einen Rekordwert von 7,6 Milliarden Dollar im Jahr 2023.
China war im Jahr 2023 der größte ausländische Investor in Russlands Fernem Osten.
Die Zusammenarbeit erstreckt sich auch auf die Kernenergie: Bis 2030 ist
geplant, in China schnelle Neutronenreaktoren auf der Grundlage
russischer Technologie zu bauen.
Das Kernkraftwerk Xudapu, eine russisch-chinesische Zusammenarbeit, soll zwischen 2027 und 2028 in Betrieb genommen werden.
Die Zusammenarbeit zwischen Roskosmos und der Nationalen
Raumfahrtbehörde Chinas zielt darauf ab, bis 2035 ein Kernkraftwerk auf
dem Mond zu errichten, um die geplante Internationale
Mondforschungsstation zu unterstützen.
92 Prozent der Handelsgeschäfte zwischen Russland und China werden in
den nationalen Währungen abgewickelt, was die Bemühungen um eine
Entdollarisierung unterstützt.
Aber auch auf der Ebene von Wissenschaft und Forschung wollen beide
Länder noch stärker zusammenarbeiten. Anlässlich seines Abstechers von
Peking nach Harbin traf Putin auch mit Studenten und Lehrkräften des
Harbin Institute of Technology zusammen. Dort kündigte er an, dass die
Staatliche Universität Sankt Petersburg gemeinsam mit dem Technischen
Institut Harbin ein Bildungs- und Forschungszentrum in Harbin eröffnen
wird, das zu einem der Flaggschiffe der chinesisch-russischen
Zusammenarbeit im Nordosten Chinas werden soll.
Der akademische Austausch zwischen Russland und China ermögliche es, die
besten Traditionen und Erfahrungen russischer und chinesischer
Ingenieurschulen zu kombinieren. Derzeit erhalten 50.000 chinesische
Bürger eine Hochschulausbildung in Russland, und etwa 16.000 Russen
studieren in China.
Rainer Rupp ist Mitglied des Beirats des Deutschen Freidenker-Verbandes
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen