Entnommen: https://linkezeitung.de/2024/03/03/deutschland-vor-dem-drohenden-krieg-ein-trauerspiel/
Deutschland vor dem drohenden Krieg – ein Trauerspiel
VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 3. MÄRZ 2024 ⋅ HINTERLASSE EINEN KOMMENTAR
Von Wolfgang Bittner – https://meinungsfreiheit.rtde.life
Die deutsche Gesellschaft ist nach Jahren medialer Beeinflussung
verhetzt und gespalten. Das Land wird ruiniert und könnte in einem
provozierten großen Krieg gänzlich zugrunde gehen, befürchtet unser
Autor Wolfgang Bittner.
Seit einigen Monaten muss ich mich vorsehen, nicht depressiv zu werden.
Wenn ich in die Zeitungen schaue, Radio höre oder den Fernseher
anstelle, überkommt mich ein Gefühl des Ausgeliefertseins an dunkle
Mächte, die ich mittlerweile benennen kann. Aber darüber vermag ich nur
noch mit wenigen Menschen in meiner Umgebung zu sprechen. Einige meiden
mich, halten mich wahrscheinlich für einen Querdenker oder
Verschwörungstheoretiker.
Angriffspläne auf Krimbrücke: Transkript und Audio-Aufzeichnung des Gesprächs deutscher Offiziere
Kürzlich hat mir mein Freund G., mit dem ich gelegentlich noch
korrespondiere, geschrieben, er habe mein Buch “Ausnahmezustand” gelesen
und den Eindruck gewonnen, ich sei in eine “Filterblase” geraten. Er
stammt aus einer wohlhabenden Familie, sein Vater war Oberstudienrat,
seine Mutter Ärztin und er selbst bereits in jungen Jahren Professor für
Mathematik an einer süddeutschen Universität, auch Gastdozent in Japan,
Südkorea und den USA. Dass ich die Meinung vertrete, nicht Russland,
sondern die USA und ihre Verbündeten seien schuld an den meisten
Konflikten in der Welt, insbesondere am Krieg in der Ukraine und dem
wirtschaftlichen Niedergang Deutschlands und Westeuropas, vermag er
nicht zu verstehen.
G. möchte mir den freundschaftlichen Rat geben, meine politischen
Ansichten zu überdenken und mich doch bitte aus den
öffentlich-rechtlichen Medien und “seriösen” Zeitungen wie der
Frankfurter Allgemeinen, Der Welt oder Süddeutschen zu informieren und
nicht aus sogenannten alternativen Medien. Wenn ich das “Böse” eher bei
den USA sehe als bei Putin, könne er von sich nur sagen, dass er lieber
“unter der Bosheit der Amerikaner” leben möchte als unter der der
Russen. Und wenn der NATO-Schutzschirm, unter dem sich die Europäer
trefflich eingerichtet hätten, löchrig werden sollte, sehe es für
Westeuropa gegenüber einem mit Atomwaffen gespickten Land wie Russland
nicht rosig aus. Traurig sei, dass man so viel Geld für die “abwehrende
Rüstung” ausgeben müsse, aber gut sei, dass Putin immer älter werde und
somit das Ende seiner Tyrannei irgendwann in nächster Zeit zum Wohle der
Menschheit bevorstehe.
Wie auch andere Bekannte und Freunde ist G. der unbeirrbaren
Überzeugung, dass er bestens Bescheid weiß und recht hat. Wir sind uns
nur darin einig, dass Kriege schrecklich sind und vermieden werden
müssen. Aber bei diesem Punkt beginnt schon wieder der Dissens, denn G.
hält “humanitäre Interventionen”, wie sie die USA immer wieder
durchführen, für legitim und sogar für nötig, um Freiheit und Demokratie
zu verteidigen.
Die von G. vertretenen Ansichten kann ich als exemplarisch bezeichnen.
Die deutsche Gesellschaft ist durch und durch verhetzt, und sie ist
gespalten in diejenigen, die sich den Blick für die Tatsachen erhalten
haben, und in die anderen, die weitaus größere Mehrheit, die der
jahrelangen Beeinflussung erlegen sind.
Mein Friseur, mit dem ich diskutiert habe, ist der Meinung, dass
Deutschland die Atombombe brauche, um sich vor “dem Russen” zu schützen,
der demnächst Polen und die baltischen Länder überfallen werde. Als ich
ihm entgegenhielt, dass Wladimir Putin 2001 in einer denkwürdigen Rede
vor dem Deutschen Bundestag für Kooperation und eine gemeinsame
Wirtschaftszone von Wladiwostok bis Lissabon geworben hat, erwiderte er:
“Dieser Putin lügt doch, sobald er den Mund aufmacht.” Den entstehenden
Disput beendete er mit der vollkommen ernst gemeinten Frage: “Warum
meinen Sie, die politische Lage besser beurteilen zu können als ich?” Er
lese morgens die Zeitung und schaue sich abends die tagesschau an,
hielt er mir vor. Außerdem spreche er jeden Tag mit Kunden, die alle
anderer Meinung seien als ich.
Hin und wieder habe ich Vorträge gehalten und öffentlich diskutiert.
Zumeist kamen Zuhörer und Diskutanten, die meine Ansichten teilten oder
sich zumindest offen hielten. Nach so einer Veranstaltung sagte mir eine
Frau mittleren Alters, die sich als Richterin zu erkennen gab: “Alles
logisch und gut belegt, was Sie vorgetragen haben, zwar aus einer
ungewohnten Perspektive, aber Sie haben mich weitgehend überzeugt.” Und
dann fügte sie hinzu: “Aber Putin …”
Auch vor den Türen der Universitäten hat die Indoktrination nicht Halt
gemacht. So gibt es aus der Zeit, als ich Gastprofessor in Polen war,
noch einige Kontakte zu dortigen Kollegen, aber sie sind brüchig
geworden. Mein Freund Tomasz, der leider ebenfalls der US-gesteuerten
Propaganda gegen Russland und für die Ukraine erlegen ist, schrieb mir:
“Ich kann die Leute nicht verstehen, die nach dem russischen Angriff auf
die Ukraine das Weggucken vorziehen. Schluss mit dieser Politik, der
Tausende unschuldige Menschen zum Opfer fallen. Putin mit seinem
Größenwahn hat einen langen und stabilen Frieden in Europa zerstört.”
Das glaubt er wirklich und er fuhr fort: “Putin ähnelt für mich Hitler
bis aufs Haar.” Nicht die Ukraine, die ihren eigenen souveränen Weg
gehen wolle, sei schuld an dem Krieg, sondern Putin, für den die Ukraine
lediglich eine Vorspeise sei. Hinter dem Rücken der EU und gegen die
Interessen Polens habe er Gaspipelines gebaut. Darin zeige sich sein
wahres Gesicht, andere Länder wie Hunde an der Leine zu führen und zu
unterdrücken.
Wenigstens konnte ich mit meinem deutschen Freund und mit Tomasz ein
halbwegs zivilisiertes Gespräch führen, wenn auch nur dadurch, dass ich
mich zurückhielt. Der Debattenraum ist immer enger geworden, und die
Obrigkeit belässt es nicht mehr bei der bisherigen psychologischen
Kriegsführung. Vielmehr nimmt der Druck auf Andersdenkende, ihre
Bevormundung und Drangsalierung dramatisch zu. Wer nicht spurt und sich
hervortut, muss mit Existenzvernichtung und Schlimmerem rechnen.
Gerade las ich, dass die Innenministerin ein “Demokratiefördergesetz”
plant, wonach “Hass und Hetze im Internet” sowie Desinformation,
Wissenschaftsleugnung und “Delegitimierung des Staates” stärker als
bisher geahndet werden sollen. Der Presse gegenüber erklärte sie: “Eine
wache Zivilgesellschaft ist die stärkste Brandmauer gegen
Rechtsextremisten. … Für mich kommt es daher weiter darauf an,
rechtsextreme Netzwerke zu zerschlagen, ihre Finanzquellen
trockenzulegen, ihnen Waffen zu entziehen und Hetzer und Gewalttäter
strafrechtlich hart zu verfolgen.”
Fragwürdige “Demokratieprojekte” wie die regierungsnahe Stiftung
“Zentrum Liberale Moderne” oder das angeblich unabhängige
Recherchezentrum “Correctiv” sollen gefördert (und finanziert) werden,
während kritischen Internetforen wie den viel frequentierten
Nachdenkseiten, die als “Querdenkermedium” diffamiert werden, die
Gemeinnützigkeit entzogen wird. “Correctiv”, das eine private
Gesprächsrunde bespitzelt und in die Nähe der berüchtigten
Wannseekonferenz gerückt hat, gelang damit eine vollkommen ausufernde
Kampagne “gegen Rechts”, womit so ziemlich alles gemeint ist, was
politisch nicht genehm ist.
Wie Bild und Bundesregierung sich einen russischen Einmarsch basteln
Es sind zwielichtige Projekte und weit auslegbare Begriffe, mit denen
die Innenministerin die Demokratie fördern will. Dies könnte es
staatlichen Stellen ermöglichen, künftig noch rigoroser, gegen
politische Gegner vorzugehen, zum Beispiel Kontensperrungen oder
Kündigungen beargwöhnter Mitbürger zu veranlassen (wie vereinzelt
bereits geschehen) – ein weiterer Meilenstein auf dem Weg in einen
faschistoiden Obrigkeitsstaat, denn allein schon die Unbestimmtheit der
Formulierungen öffnet der Willkür Tür und Tor. Aber es gibt kaum
Widerspruch, weder bei Politikern noch bei Journalisten, denen es
offenbar an grundlegendem demokratischem Bewusstsein mangelt.
Stattdessen wird von den “demokratischen Führungskräften” an die Bürger
appelliert, sich aktiv für die Demokratie einzusetzen. Dementsprechend
gehen Hunderttausende auf die Straße, um für die Demokratie und gegen
die AfD zu demonstrieren, wohlwollend begleitet von Politik und Medien.
Kaum jemandem fällt auf, dass es absurd und auch undemokratisch ist,
wenn Volksvertreter das Volk zu Demonstrationen gegen eine zugelassene
Partei und zur Verteidigung einer Demokratie auffordern, die sie
repräsentieren. Hier werden für gesteuerte Aktionen offenbar gutwillige
Menschen missbraucht. Grotesk wird das, wenn auf Plakaten zu lesen ist:
“Ganz Berlin hasst die AfD”, oder “AfD-Wähler = Nazis”.
Staatlicherseits soll gegen Hass und Hetze vorgegangen werden, aber
Andersdenkende und Oppositionelle dürfen straflos als Lumpenpazifisten
oder Putin-Knechte bezeichnet und gegen Russland darf hemmungslos
gehetzt werden. Der russische Präsident Wladimir Putin darf als Mörder,
Tyrann und Monster beschimpft werden (der kriminelle Joseph Biden darf
ihn sogar unwidersprochen einen Hurensohn nennen).
Was sind das für demokratieferne Auswüchse, veranstaltet von einer
Führungsriege, die offensichtlich von allen guten Geistern verlassen ist
und dazu noch Wasser predigt und für sich Wein beansprucht? Anscheinend
fällt die Widersprüchlichkeit einer solchen Politik den für Demokratie
demonstrierenden Bürgern überhaupt nicht auf.
Ein peinliches Trauerspiel, das sich der Deutsche Bundestag erlaubt hat,
ist ein Beschluss vom 20. Februar 2024 mit dem Titel “Zehn Jahre
russischer Krieg gegen die Ukraine – Die Ukraine und Europa entschlossen
verteidigen”. Darin wird gleich zu Anfang behauptet, der russische
Präsident Wladimir Putin führe seit zehn Jahren einen
völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Ukraine. Es handele sich “um den
Versuch, die europäische Friedensordnung zu zerstören, Grenzen gewaltsam
zu verschieben und Gewalt als Ordnungsprinzip durchzusetzen”.
Weiter heißt es: “Im Februar 2014 haben russische Soldaten Angriffe auf
die ukrainische Halbinsel Krim gestartet, um sie schließlich zu
annektieren. Vor zwei Jahren, am 24. Februar 2022, ging der russische
Präsident Putin mit dem Überfall auf die gesamte Ukraine den nächsten,
bislang drastischsten Schritt seiner seit Jahren immer aggressiveren
Politik gegen das freie und demokratische Europa. Putin führt diesen
Krieg für den eigenen Machterhalt und die imperialen Großmachtfantasien
seines Regimes. Russland unter Putins Herrschaft ist heute die größte
Bedrohung für den Frieden und die Sicherheit in Europa.”
Dabei setzt sich der Bundestag mehrheitlich für die Lieferung von
“zusätzlich erforderlichen weitreichenden Waffensystemen und Munition”
für die Ukraine ein und warnt “in aller Deutlichkeit: Die Ukraine ist
das derzeitige Ziel der russischen Aggression – wenn die russische
Führung nicht gestoppt wird, wird sie ermutigt, ihre imperiale Politik
über die Ukraine hinaus fortzusetzen.” Der “Putinsche Imperialismus” sei
jahrelang unterschätzt worden, die Unterstützung der Ukraine sei daher
“mehr als ein Akt der Solidarität unter Demokratien”, sie sei “eine
notwendige Investition in unsere Sicherheit und den Frieden in Europa
und Deutschland”.
In diesem Stil geht es in dem von 382 Abgeordneten der SPD, FDP und von
Bündnis 90/Die Grünen beschlossenen Pamphlet weiter, das allerdings von
284 Abgeordneten abgelehnt wurde. Wenn schon die Mehrheit des Parlaments
derart undiplomatisch mit Behauptungen und Unterstellungen gegen
Russland vorgeht – eine absolute Merkwürdigkeit im parlamentarischen
Geschehen –, braucht man sich über die antirussische Stimmung im Land
nicht zu wundern. Belege dafür, dass diese Anklagen zum großen Teil
heuchlerisch und falsch sind, finden sich in meinen Büchern.
Aber die schon lange nicht mehr unabhängigen Medien machen mit und
verbreiten permanent Schreckensmeldungen und angsterzeugende
Zukunftsvisionen: akute von Russland und China ausgehende Kriegsgefahr,
atomare Bedrohung, Klimakatastrophe, Corona, Viren, Terroristen,
Inflation und so weiter. So lässt sich eine irregeführte und latent
verängstigte Gesellschaft im Zaum halten. Da ist es kein Wunder, wenn
hunderttausende aufgehetzter Bürger auf die Straße gehen und sich für
die Verteidiger der Demokratie halten.
Wir leben wieder einmal in einer Übergangszeit. Diesmal wird Deutschland
systematisch ruiniert, wirtschaftlich, kulturell, sprachlich, und zwar
mithilfe einer US-affinen Regierung, die von der Politikerin Sahra
Wagenknecht als die dümmste Europas bezeichnet wurde. Uns, den Bürgern,
rückt dieser Staat immer näher, und er tritt uns ständig zu nahe. Und
wenn wir Pech haben, gehen wir in einem provozierten großen Krieg mit
allem, was uns nach zwei Weltkriegen noch geblieben ist, unter.
Immerhin hat Bundeskanzler Olaf Scholz die hochgefährlichen Überlegungen
des französischen Präsidenten Emmanuel Macron zur Entsendung westlicher
Truppen in die Ukraine mit deutlichen Worten zurückgewiesen. Auch für
die Zukunft gelte, “dass es keine Bodentruppen, keine Soldaten auf
ukrainischem Boden gibt, die von europäischen Staaten oder NATO-Staaten
dorthin geschickt werden”. Und auch der ansonsten weniger zurückhaltende
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat den Einsatz deutscher
Truppen in der Ukraine ausgeschlossen: “Boots on the ground ist keine
Option für die Bundesrepublik Deutschland.” Ein bescheidenes Signal der
Vernunft in einem Stadium, in dem ein Dritter Weltkrieg nicht mehr
ausgeschlossen werden kann.
Erstveröffentlichung bei Global Bridge.
Der Schriftsteller und Publizist Dr. jur. Wolfgang Bittner lebt in
Göttingen. Von ihm erschienen 2014 “Die Eroberung Europas durch die
USA”, 2019 “Die Heimat, der Krieg und der Goldene Westen” sowie “Der
neue West-Ost-Konflikt” und 2021 “Deutschland – verraten und verkauft.
Hintergründe und Analysen”.
https://meinungsfreiheit.rtde.life/meinung/198034-deutschland-vor-drohenden-krieg-trauerspiel/
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen