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Helmut Bock: „Marxismus und Frieden“
Erstellt am 5. August 2023 von sascha313
BradleypanzerSeit dem Ausgang der Urgesellschaft erschüttert Krieg in
blutigen Intervallen die Menschheit. Unter allem Unglück und jeglicher
Heimsuchung, die von Menschen zu erleiden waren, wirkte der Krieg am
furchtbarsten und verheerendsten. Troja und Marathon, Karthago und
Cannä, Teutoburger Wald und Katalaunische Felder, Kreuzzüge und
Dreißigjähriger Krieg, Austerlitz und Waterloo, Sewastopol und Sedan,
erster und zweiter Weltkrieg heißen einige der Namen, mit denen er in
die traditionellen Erinnerungen allein der Geschichte Europas
eingebrannt ist. (Bild: zerschossene Bradley-Panzer der Nato in der
Ukraine)
Ist der Krieg ein unabwendbares Schicksal?
Ein unauslöschliches Wundmal, so fraß er sich auch in das Angedenken der
Völker und Nationen – ganz gleich, ob er in Triumph oder Schmerz,
Heldenepos oder Klagelied, Siegesfeiern oder Volkstrauertagen,
chauvinistischer Hybris oder nationalem Trauma fortlebt. Krieg
bestimmte die Zäsuren der Macht, den Aufstieg oder den Sturz der
Herrschenden. Krieg war der böse Zwillingsbruder der kühnen Entdeckung,
die die Kolonialreiche begründen half, war das todbringende Schwert der
zukunftsgerichteten Revolutionen, die gegen die Gewalt der Unterdrücker
die Gewalt der Unterdrückten kehrten, war die zumeist unvermeidliche
Waffe des Patriotismus, der nach nationaler Unabhängigkeit und Freiheit
strebte. Für die Massen des einfachen Volkes war Krieg stets auch
Inbegriff eines drohenden und vernichtenden Schicksals, wobei nicht in
Abrede gestellt sei, daß sozialkritische Volksweisheit tiefer lotete.
„Das Volk gründet und baut die Städte, die Torheit der Fürsten
verwüstet sie wieder“, heißt es in einer alten Sprichwortsammlung.
Der Krieg und die Menschenrechte
„Der Krieg ist ein Streit unter Herrschern, der mit Hilfe von Waffen
ausgetragen wird“, lautete der Definitionssatz des Artikels „Guerre“,
der 1757 im siebenten Band der „Enzyklopädie“ Diderots erschien. [1] Die
Verfasser dieses Epochenwerks begriffen sich selbst als „Lumieres“,
Träger des „Lichts“, Verfechter der „Aufklärung“, in einem seit
Renaissance und Reformation geschehenden Übergangsprozeß der Menschheit.
Die erneuernde Kraft der Ver nunft, die die in der Natur begründete
Gleichheit aller Menschen und Völker erkannt hatte, zielte auf eine
rational geordnete Gesellschaft ab: Sie postulierte Verhältnisse, in
denen „Leben“, „Freiheit“ und „Gleichheit“ einem jeden Individuum als
„unveräußerliche Menschenrechte“ garantiert, aber auch die Souveränität
der Völker gegen Angriffskriege und Eroberungen – die Willkürakte der
Aggressoren – bewahrt sein sollten.
Ist der Krieg ein Naturgesetz?
Wer wollte bezweifeln, daß diese Weltverbesserer historische Optimisten
waren? Und doch vermißt man die Gewißheit der Vernunft ausgerechnet
dort, wo sie den Krieg interpretierten. …Stets hätten Menschen einander
ausgeplündert und abgeschlachtet, und um dies auf möglichst sinnreiche
Weise zu tun, seien Regeln und Prinzipien erfunden worden, die man
„Kriegskunst“ nennt, so daß von ihrer Anwendung die Ehre und der Ruhm
abhingen. …Man hat den Vernunftglauben der Aufklärung und der ihr
anhängenden Verfechter des Fortschritts eine „heroische Illusion“
genannt. Diese mußte in der Großen Französischen Revolution von 1789
eine kritische Feuerprobe, in den Kämpfen des 19.Jahrhunderts eine
radikale Entschleierung und Zersetzung erleiden. Das Reich der Vernunft,
das im Ansturm gegen die überlebten Feudalregime verheißen worden war,
entpuppte sich als das idealisierte Reich der nun herrschenden
Bourgeoisie.
Der Frieden – eine Illusion?
Das weltbürgerliche Neuland der „Freiheit! Gleichheit! Brüderlichkeit!“
mit seiner proklamierten Interessenharmonie für alle Individuen, Klassen
und Völker verengte sich zu den Hegemonialsystemen rivalisierender
Bourgeoisien: Im Namen nationaler Autarkie und Vorherrschaft zogen sie
als Eroberer über den Erdball. Gewiß hatten die Aufklärer diese Saat
nicht streuen wollen. Ihr idealer Horizont, der sich bis zur
Emanzipation des gesamten Menschengeschlechts spannte, endete nicht an
den Interessensphären des kapitalistischen Unternehmertums. Jedoch ihre
Illusion – oder vielleicht richtiger: ihre Utopie, daß eine
freiheitliche Bürgerordnung und ein unbegrenzter Industriefortschritt
das Glück aller Menschen bewirken könnten, verblaßte sichtlich in den
23jährigen Kriegen der napoleonischen Ära. Sie erlosch nahezu im Elend
der arbeitenden Klassen und der ausgeplünderten Kolonialvölker. Sie
erhob sich dennoch aufs neue in den geistigen, sogar blutigen Kämpfen
für eine abermalige und bessere Revolution.
Der Siegeszug des revolutionären Denkens
Es war eine Umwälzung des weltpolitischen Denkens, als Marx und Engels
in den vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts die Zentralideen des
wissenschaftlichen Kommunismus hervorbrachten. Dies geschah in einer
Staatenwelt, wo also schon die Bourgeoisie, zudem noch die spät- oder
halbfeudale Aristokratie in den Sesseln der Macht thronten – wo aber die
Industrielle Revolution auf ihrem grundstürzenden Siegeszug alle
früheren Gesellschaftsformationen überwand, deren Lebensverhältnisse
nur von Ackerbau und handwerklicher Produktion geprägt waren: Denn
unaufhaltsam entstand nun die maschinell produzierende Gesellschaft des
Industriekapitalismus.
Wie kann die Spaltung der Gesellschaft überwunden werden?
Unter dem Eindruck dieser welthistorischen Entwicklungstendenz – mit
der Möglichkeit eines materiellen Auskommens für alle, jedoch der
Wirklichkeit einer Klassenspaltung in wohlständische Kapitalisten und
vegetierende Lohnarbeiter – begriffen die beiden revolutionierenden
Theoretiker die Abschaffung jeglicher Ausbeutung als das Ziel der
Menschheitsgeschichte. Die proletarische Revolution sollte das Mittel
sein, um die Beziehungen der Individuen und der Völker letztendlich
gerecht und friedvoll zu gestalten.
Was ist das Ziel der proletarischen Revolution?
Diese Revolution, die in der Aufhebung des Privateigentums an den
Produktionsmitteln und der Errichtung einer „Gütergemeinschaft“ der
arbeitenden Klassen an den Ergebnissen der gesellschaftlichen
Produktion bestehen sollte, werde, so glaubten sie, als eine baldige
Weltrevolution erfolgen:
„Die kommunistische Revolution wird … keine bloß nationale, sie wird
eine in allen zivilisierten Ländern, d. h. wenigstens in England,
Amerika, Frankreich und Deutschland gleichzeitig vor sich gehende
Revolution sein … Sie wird auf die übrigen Länder der Welt ebenfalls
eine bedeutende Rückwirkung ausüben und ihre bisherige Entwicklungsweise
gänzlich verändern und sehr beschleunigen. Sie ist eine universelle
Revolution und wird daher auch ein universelles Terrain haben.“ [2]
Gewalt – und die Gegengewalt der Unterdrückten
Diese sozialen Revolutionäre wünschten wohl, daß die Aufhebung des
genannten Privateigentums auf friedlichem Wege gelänge. [3] Weil aber
das Proletariat „in fast allen zivilisierten Ländern gewaltsam
unterdrückt“ wurde, seien es gerade die jeweils herrschende Aristokratie
und die Bourgeoisie, die durch ihre staatlich organisierte Gewalt die
Gegengewalt der Unterdrückten – also die Revolution – herbeiführe. [4]
Unter Verhältnissen eines mehr oder minder verdeckten Bürgerkrieges, wie
er in den englischen Arbeiterkämpfen, den Lyoner und schlesischen
Weberaufständen am krassesten sichtbar wurde, konnte von
allgemeinmenschlicher Fraternität, auch von „Vereinigung und
Verbrüderung der Nationen“ im Ernst nicht gesprochen werden.
Warum ist die Änderung der Eigentumsverhältnisse unumgänglich?
„Damit die Völker sich wirklich vereinigen können, muß ihr Interesse ein
gemeinschaftliches sein. Damit ihr Interesse gemeinschaftlich sein
könne, müssen die jetzigen Eigentumsverhältnisse abgeschafft sein, denn
die jetzigen Eigentumsverhältnisse bedingen die Exploitation der Völker
unter sich …“
So argumentierte Marx auf einer internationalen Kundgebung am
29.November 1847 in London gegen die Fraternitätsphrasen des britischen
Manchestertums, um die zukünftige Befreiung der Völker von
Ausplünderung, Krisen und Krieg mit der zukünftigen Befreiung des
Proletariats zu verknüpfen.
„Der Sieg des Proletariats über die Bourgeoisie ist zugleich der Sieg
über die nationalen und industriellen Konflikte, die heutzutage die
verschiedenen Völker feindlich einander gegenüberstellen. Der Sieg des
Proletariats über die Bourgeoisie ist darum zugleich das
Befreiungssignal aller unterdrückten Nationen.“ [5]
Das Kommunistische Manifest
Dies war die bis dahin reifste Formulierung über den Zusammenhang
zwischen proletarischer Revolution und allgemeinem Frieden – öffentlich
ausgesprochen wenige Tage vor der Niederschrift des Manifestes der
Kommunistischen Partei. Dortselbst lauten die klassischen Sätze, die die
auf Abschaffung des Krieges gerichtete Revolutionsperspektive und
menschheitsgeschichtliche Fernsicht darlegen:
„In dem Maße, wie die Exploitation des einen Individuums durch das
andere aufgehoben wird, wird die Exploitation einer Nation durch die
andere aufgehoben. Mit dem Gegensatz der Klassen im Innern der Nation
fällt die feindliche Stellung der Nationen gegeneinander.“ [6]
Für eine friedliche Zukunft der Menschheit
Der Sieg der proletarischen Revolution im Weltmaßstab galt somit als
Voraussetzung für eine friedliche Zukunft der werktätigen Menschheit. Im
brodelnden Kessel der Revolutionsjahre 1848/49 kämpften Marx und Engels
in Deutschland, wo eine bürgerliche Nationalrevolution noch immer
vonnöten war, auf dem äußersten linken Flügel für eine einheitliche
demokratische Republik. Wären die Marxisten so extremistische
Revolutionäre und Katastrophenpolitiker, wie es die Kommunistenfresser
seit jeher behaupten, so hätten sie geradezu auf Weltkrieg und
Massenruin begierig sein müssen, um zur Revolution zu gelangen. Das
ganze Gegenteil aber vertrat Friedrich Engels in den letzten Jahren
seines Lebens:
Angesichts des drohenden Weltkrieges müßten die „Sozialisten in allen
Ländern für den Frieden“ sein“ [7] denn sonst würden die Proletarier
von den herrschenden Klassen gezwungen, „sich gegenseitig
abzuschlachten“ [8]. Gerade sie seien es doch, die die größten Blutopfer
und überhaupt „sämtliche Kriegskosten zu bezahlen“ hätten [9], Der
Frieden ermögliche den Sozialisten in Deutschland vielleicht einen Sieg
„in ungefähr zehn Jahren“, meinte Engels 1891. [10] Der Weltkrieg
hingegen werde die Arbeiterklasse infolge seiner totalen Erschütterungen
entweder in wenigen Jahren an die Macht bringen oder was ebenso
wahrscheinlich sei – in den „vollständigen Ruin“ stürzen, wodurch sich
die Revolution um Jahrzehnte verzögere. Gewiß bleibe nur, daß die
kapitalistische Gesellschaft durch den Krieg „unmöglicher würde als je“.
Stand also die sozialistische Revolution nach wie vor im Mittelpunkt
aller strategischen Überlegungen, so erschien doch ein Weltkrieg, den
die Regierungen der herrschenden Ausbeuterklassen verschuldeten,
keineswegs als der Preis, den dieser Klassiker des Marxismus für die
Emanzipation des Proletariats zu zahlen wünschte.
Friedrich Engels: „Kann Europa abrüsten?“
Als Konsequenz seiner Erwägungen publizierte Engels im Jahre 1893 jene
Antikriegsschrift, deren Titel und Inhalt uns Heutigen ungemein aktuell
erscheinen muß: „Kann Europa abrüsten?“ Die machthabenden Regime und
die bestehenden Staatenverhältnisse einstweilen akzeptierend, jedoch den
Weltkrieg, den „allgemeinen Vernichtungskrieg“, als voraussehbare
Folge des Wettrüstens prinzipiell ablehnend, versetzte sich Engels
gewissermaßen in den Kopf eines rationalistisch denkenden Staatsmannes.
Er analysierte das Militärwesen Deutschlands, Österreichs, Italiens,
Frankreichs, Rußlands und machte – in Kenntnis auch der Bestrebungen des
bürgerlich-humanistischen Pazifismus – nun selbst das Angebot eines
Reformprogramms. Dieses hätte helfen können, den gordischen Knoten der
Weltkriegsgefahr zu durchschlagen: Auf der Basis internationaler
Verträge sollten die Militärdienstzeiten gesenkt, die stehenden Armeen
schrittweise abgeschafft und das Prinzip der allgemeinen Volksbewaffnung
durch die demokratische Institution der Miliz verwirklicht werden. Die
Funktionen der bewaffneten Staatsorgane sollten sich demnach beschränken
auf innere Sicherheit und bloße Landesverteidigung…
Das ist eine deutliche Vorwegnahme der militärpolitischen
Defensivkonzeption und Ablehnung eines jeden Angriffskrieges, wie sie
von den Staaten des Warschauer Bündnisvertrages am 29. Mai 1987 erklärt
worden war. …
Wachsende Vernichtungsgewalt des USA-Imperialismus
Was jedoch Engels überhaupt nicht voraussehen konnte, ist die Tatsache,
daß nach zwei Weltkriegen von unvorstellbaren Ausmaßen und Vernichtungen
dem „Militarismus“ noch keineswegs „ein für allemal ein Ende“ gemacht
und daß gar ein dritter Weltkrieg noch immer „möglich“ ist – ein Exitus
der Menschheit, von dem nicht mehr zu sagen bleibt, für wen er
„arbeiten“ würde. Die von der Truman-Regierung der USA bewußt
herbeigeführten Katastrophen in Hiroshima und Nagasaki eröffneten den
verhängnisvollsten Vorgang der Menschheitsgeschichte: Alles Leben und
Kämpfen, jede Art von Politik, erfolgt seit dem 6. und 9.August 1945
unter jener krebsartig wachsenden Vernichtungsgewalt, die mit dem
allegorischen Begriff der „Bombe“ längst unzureichend benannt ist.
Je stärker der Sozialismus, desto sicherer der Frieden
Die Geschichte des Zerfalls der Antihitlerkoalition und des Kalten
Krieges erweist, wie sehr das amerikanische Monstrum damals auch gegen
die Sowjetunion und die Länder des entstehenden sozialistischen
Weltlagers gerichtet war. Was wäre geschehen, wenn die Sowjetunion die
Hölle von Hiroshima, von Nagasaki und die weitere amerikanische
Nuklearrüstung nicht als eine auf sie zielende Drohung verstanden hätte
– wenn sie nicht, nach schwersten Verlusten an Menschen und
Produktivkräften im soeben erlittenen Krieg, zum ungemein kostenschweren
Bau der Atombombe vorgeschritten wäre? – Die Werktätigen aller Länder,
die auf dem historischen Weg zum Sozialismus waren oder unter der
Herrschaft des Kapitals fortlebten, wurden objektiv um eine Hoffnung
reicher, als am 29.August 1949, im Jahr der Gründung der DDR, die erste
Versuchsexplosion einer sowjetischen Atombombe gelang. Das
Atomwaffenmonopol der USA war gebrochen. Wohl plante eine Gruppe ihrer
Militärs den atomaren Luftangriff gegen zahlreiche sowjetische Städte.
Jedoch wegen einer möglichen Vergeltung durch die Sowjetunion wagte die
amerikanische Regierung schon im 1950 ausbrechenden Korea-Krieg nicht
mehr, ihre Atomwaffen einzusetzen.
Brecht Kriege
Man hat einen Krieg, bei dem einzelne der damaligen Atombomben verwendet
worden wären, strategisch noch immer mit dem Charakter und dem
Zerstörungsgrad der sogenannten klassischen Kriege verglichen. Die
Wirkung der Bombe von Hiroshima, gemessen an der Zahl der unmittelbaren
Opfer, nicht an den Folgen der radioaktiven Verseuchung, schien noch
eine gewisse Ähnlichkeit mit dem britisch-amerikanischen Großangriff
auf Dresden in der Nacht vom 13. zum 14. Februar 1945 zu haben. Doch die
Entwicklung der neuen Waffentechnik, auf der Grundlage der ab 1945
wirkenden neuen Qualität der Weltpolitik und Militärstrategie, trieb zu
weiteren, ungeheuren Wandlungen. Die Vernichtungskraft der
Wasserstoffbomben-Sprengsätze, die bei den konträren
Versuchsexplosionen von 1952 USA) und 1953 (Sowjetunion) gezündet
wurden, waren rund tausendmal größer als die der bis dahin gebauten
Atombomben.
Was sind die Folgen der Rüstungseskalation?
Die qualitative Rüstungseskalation hat sich fortgesetzt, ohne an Tempo
zu verlieren. Es gibt heute strategische Raketen mit mehrfachen
Nuklearsprengköpfen in großer Zahl, von denen eine einzige zehnmal
soviel Sprengkraft mit sich führen kann, wie insgesamt im zweiten
Weltkrieg eingesetzt wurde – einschließlich der Bomben von Hiroshima und
Nagasaki. Der Physiker Frank Barnaby, ehemals Leiter des Stockholmer
Internationalen Friedensforschungsinstituts (SIPRD), zählte 1982 etwa
52.800 nukleare Sprengköpfe mit einem Gesamtsprengsatz von 12
Milliarden Tonnen, was 1 Million Hiroshimabomben entspricht. [11]
Wollten wir im Vergleich mit den beiden auf Japan geworfenen Bomben nur
die damaligen 155.000 Soforttoten zugrunde legen, so würde die
vernichtende Unmasse für 155 Milliarden Menschen ausreichen – wobei doch
nur 5 Milliarden wirklich auf der Erde leben. Ein jeder weiß
allerdings, daß selbst dieses makabere Zahlenspiel die Gefahr immer noch
mangelhaft ausdrückt, weil radioaktiver Niederschlag und Strahlung
dabei gar nicht in Rechnung gestellt sind. Hinzu kämen die schwer
einschätzbaren Langzeiteffekte, die menschliche Erbschäden, globale
Klimaveränderungen und Zerstörungen der erdschützenden Ozonschicht
bewirkten.
Selbst ein konventioneller Krieg würde in hochindustrialisierten
Regionen der Erde eine massenvernichtende Wirkung erzeugen: Ist doch
leicht auszudenken, welch ein Inferno durch den Einsatz moderner
Artillerie, Raketen und Bombergeschwader gegen Großstädte,
Atomkraftwerke, Chemie- und Baustoffindustrien, bio- und gentechnische
Entwicklungszentren bereitet würde. Gemessen an den schlimmen
Erfahrungen mitten im Frieden – an Tschernobyl, Seveso und Bophal –
spricht man zu Recht von einer „Kriegsuntauglichkeit“ der heutigen
komplexen Industriegesellschaften in beiden rivalisierenden
Gesellschaftssystemen.
Ein Bündnis des Friedens
Das Risiko eines Weltkrieges und das Wettrüsten überhaupt abzuschaffen,
war seit jeher das Bestreben der Sowjetunion, der mit ihr verbündeten
Staaten der sozialistischen Völkergemeinschaft und nicht zuletzt der
Deutschen Demokratischen Republik. Daher wendete sich die Politische
Deklaration der Warschauer Vertragsmächte vom 4./5. Januar 1983
eindeutig gegen US-amerikanische Konzeptionen eines „begrenzten
Atomkrieges“ und der damit verschwisterten nuklearen
„Erstschlagsstrategie“: „Alle Erwägungen, einen Kernwaffenkrieg zu
gewinnen, sprechen jeder Vernunft Hohn. In einem Kernwaffenkrieg, würde
er entfesselt, kann es keine Sieger geben.“ [12]
[1] Krieg – Guerre (Naturrecht und Politik).Artikel aus der von Diderot
und d’Alembert hrsg. Enzyklopädie. Ausw. u. Einf. von Manfred Naumann,
Leipzig 1984, S. 514
[2] Friedrich Engels: Grundsätze des Kommunismus. In: MEW, Bd. 4, S. 374f.
[3] ebd. S. 372.
[4] ebd.
[5] Karl Marx: Rede auf dem Internationalen Meeting in London am 29. November 1847. In: MEW, Bd. 4, S.416.
[6] Karl Marx/Friedrich Engels: Manifest der Kommunistischen Partei. In: MEW, ebd. S. 479.
[7] Friedrich Engels: Der Sozialismus in Deutschland. In: MEW, Bd. 22, S. 256.
[8] ders. (Brief an das Organisationskomitee des internationalen Festes
in Paris) London, 13. Februar 1887. In: MEW, Bd. 21, S. 344.
[9] ders. Die politische Lage Europas. In: ebd. S. 318.
[10] ders. Der Sozialismus in Deutschland. In: MEW, Bd. 22, S. 256.
[11] Frank Barnaby: Die Gefahren des atomaren Wettrüstens. In: Frieden
als Gegenstand von Wissenschaft. Hamburger Vorträge zur
Friedensforschung, Frankfurt a.M. 1982, S. 16-34.
[12] Deklaration des Politischen Beratenden Ausschusses der
Teilnehmerstaaten des Warschauer Vertrages, 4.-5. Jauar1983, Berlin
1983, S.8.
Quelle: Krieg oder Frieden im Wandel der Geschichte, Dietz Verlag Berlin, 1989, S. 5-16 (gekürzt)
Siehe auch:
Bandera-Faschist sagt über russischen Soldaten: «Ich bin kein Nazi, er ist einer» – Die Lüge vom „russischen Angriffskrieg“…
Krieg im Donbass (Einige Gedanken zu Ursachen und Hintergründen des imperialistischen Krieges in der Ukraine)
Sind Kriege unvermeidlich?
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