Entnommen: https://www.jungewelt.de/artikel/400779.abhaken.html
Abhaken
CDU/CSU
und Kanzlerkandidatur
Von Arnold Schölzel
Wie deutsche Medienschaffende
melden, haben CDU und CSU eine Umwälzung ohnegleichen durchgemacht.
Der Verwesungsprozess des Kohl-Merkelschen Systems, den bereits der
Kanzler des DDR-Anschlusses einleitete, hat sich unter Angela Merkel
zu einer allgemeinen Parteigärung entwickelt. All das soll sich rein
zwischen Personen zugetragen haben.
Diese Sätze sind leicht
verändert aus einem Manuskript übernommen, das Karl Marx und
Friedrich Engels 1845/1846 verfassten. Es wurde erstmals 1932 unter
dem Titel »Die deutsche Ideologie« veröffentlicht und handelt vom
Gegensatz einer materialistischen und einer idealistischen Anschauung
von Gesellschaft, Politik und Geschichte. An diesem Gegensatz hat
sich, wie die mediale Dauerschleife um die »K-Frage« und um
Laschet, Söder, Merz, Kretschmer, Linnemann, Junge Union und »wann
isses soweit?« belegt, nicht viel geändert. Demnach machen immer
noch Männer und manchmal Frauen die Geschichte, denn die ist
angeblich eine Personalfrage.
Ist sie auch, das Personal
handelt aber, zeigten Marx und Engels, unter vorgefundenen Umständen.
Zu denen zählt z. B., was Egon Bahr (SPD) sinngemäß einst
formulierte: »Jeder Bundeskanzler war ein Mann der Amerikaner.« Das
galt auch für die erste Frau im Amt: Im Zweifel ging auch unter
Donald Trump »Atlantikbrücke vor Seidenstraße« (Christian Sewing,
Chef der Deutschen Bank). Verlangt Washington Sanktionen, die dem
deutschen Geschäft mit Russland schaden, unterwirft sich auch der
Bundesverband der Deutschen Industrie, die Bundesregierung erst
recht. So verringert man den deutsch-russischen Handel innerhalb von
fast zehn Jahren um die Hälfte. Ähnliches bahnt der neue
US-Präsident Joseph Biden nun für China an, und willfährige
Kreaturen wie Heiko Maas sind zu allem bereit – Kriegshetze
inbegriffen. Die Volksrepublik hat allerdings in den beiden tiefsten
Krisen des Kapitalismus seit 1945 zweimal speziell die deutsche
Exportquote, das wichtigste Kanzlerkriterium, gerettet. Heißt
zusammengefasst: Wer auch immer nach dem 26. September Regierungschef
wird, er hat es erstens mit Krise plus Kriegsgefahr, zweitens mit
Krise und drittens mit Krise zu tun. Angesichts der Situation ist es
nebensächlich, ob einer mit fränkischem Dialekt oder mit
rheinischem Frohsinn antritt. Stehen die Kader fest oder auch nicht,
die materielle Not entscheidet alles.
Wer den Arbeitenden und
allen übrigen, die nicht zum Großkapital gehören, mit welchen
Nuancen auch immer das Fell über die Ohren ziehen kann, ohne dass es
zum Aufstand kommt, das ist die Klassen- und Personalfrage. Wenn zwei
sich darum reißen, besagt das, dass die Krise des Kapitals auch die
seiner wichtigsten Partei nach sich zieht. Der Rest, von »Zerstörung
der CDU« bis »CDU-Gründung in Bayern«, kann abgehakt werden. Die
Union kann sich nicht mehr selbst retten, das haben Die Grünen
übernommen
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