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Ist die BRD – ein untergehendes Land?
Erstellt am 30. Januar 2024 von sascha313
Schellenberg - Grundkurs.
Als es die DDR noch gab, war die Welt noch in
Ordnung, wenigstens für uns, die wir im Sozialismus lebten. Es gab keine
Kriege in Europa, wir hatten eine gesicherte Existenz, eine glückliche
Kindheit und Jugendzeit, ein auskömmliches Dasein und wir konnten ohne
Sorge in die Zukunft schauen. Nicht auszudenken, was aus uns geworden
wäre, wenn wir diese verlorenen 35 Jahre nach 1990 unter sozialistischen
Verhältnissen hätten leben können! Die Zukunft hatte für uns damals
schon begonnen. Als es auf deutschem Boden noch zwei Staaten gab, die
DDR und die BRD, haben wir uns oft gefragt: Warum können normale
Beziehungen zwischen ihnen nur dann hergestellt werden, wenn in der
westdeutschen Bundesrepublik grundlegende Veränderungen vollzogen
werden? Warum führt das wirtschaftliche Wachstum der BRD zwangsläufig
zur Bedrohung der europäischen Sicherheit, während die allseitige
Stärkung der DDR dagegen der Sicherung des Friedens in Europa dient?
Warum können wir mit Gewißheit sagen, daß die inneren Widersprüche in
Westdeutschland nicht lösbar sind, der Klassenkampf sich verschärfen
muß? Prof. Walter Schellenberg ist diesen Fragen auf den Grund gegangen…
Sicher! Die Frage hat etwas Provokatorisches an sich. Die BRD liefert
Waffen in die faschistische Ukraine, die Regierung unterstützt den
Völkermord in Palästina, sie erkennt weder die Verantwortung
Deutschlands für die deutschen Verbrechen des Kolonialismus, noch für
die Verbrechen des Hitlerfaschismus in Griechenland, noch für den
deutschen Völkermord während der Blockade in Leningrad an. Das allein
dürfte genügen, um das Wesen und die Rolle des deutschen Imperialismus
in der Welt zu charakterisieren. Doch worin sind die wahren Gründe
dieser sich zuspitzenden Entwicklung zu suchen? Der Kommunist Prof. Dr.
Walter Schellenberg (1907-1991) war der langjährige, stellvertretende
Leiter des Lehrstuhls Politische Ökonomie an der Parteihochschule „Karl
Marx“.
Walter Schellenberg
„Marktwirtschaft“ und private Warenproduktion
Karl Marx beginnt seine Untersuchung der kapitalistischen
Produktionsweise mit der Feststellung, daß der Reichtum in der
kapitalistischen Gesellschaft als eine „ungeheure Warensammlung“
erscheint.[1] Er geht von der allgemeinsten, sich milliardenfach
wiederholenden Erscheinung im Kapitalismus aus, daß alles gekauft und
verkauft werden kann, alles einen Preis hat. An der nur für die
kapitalistische Produktionsweise typischen Tatsache, daß alles zur Ware
wird und damit der Kapitalismus die höchste Form der privaten
Warenproduktion darstellt, hat sich bis heute in den kapitalistischen
Ländern nichts geändert, auch nicht in der westdeutschen
Bundesrepublik.
Der Kapitalisten Lieblingswort: „Marktwirtschaft“
Daran können die Verteidiger des „freien Westens“ nicht vorbeigehen,
sosehr sie sich bemühen, das Wesen des Kapitalismus zu verschleiern. Ob
die einen vom „Volkskapitalismus“ sprechen, andere von „sozialer
Marktwirtschaft, „moderner Industriegesellschaft“, von „formierter“,
„offener“, „mündiger“, „großer“ Gesellschaft oder
„Dienstleistungsgesellschaft“ – alle betonen sie die Notwendigkeit der
„Marktwirtschaft“ als Grundlage wirtschaftlicher Beziehungen. Die
Durchsetzung „marktwirtschaftlicher Prinzipien“ ist ihnen heilig,
Begriffe wie „Wohnungsmarkt“, „Arbeitsmarkt“, „Heiratsmarkt“ und
ähnliche sind für sie selbstverständlich; der sozialdemokratische
Wirtschaftsminister Schiller verlangte sogar einen „offenen Markt für
Großkonflikte“.
Richtig muß es heißen: „Warenproduktion“
Die verschiedensten bürgerlichen Markttheoretiker gehen davon aus, daß
die Marktbeziehungen, das heißt der Austausch der Arbeitsprodukte, ihr
Kauf und Verkauf, den Schlüssel zum Verständnis der wirtschaftlichen
Entwicklung darstellen. Sie ignorieren damit die seit über 100 Jahren
bekannte und von Marx im „Kapital“ exakt bewiesene Tatsache, daß die
Notwendigkeit des Austausches und damit des Marktes nur ein Ausdruck
bestimmter Produktionsverhältnisse, bestimmter historisch entstandener
gesellschaftlicher Beziehungen innerhalb der materiellen Produktion ist.
Deswegen spricht Marx auch nicht von „Marktwirtschaft“, sondern von
Warenproduktion.
Alles wird zur WARE – auch der Mensch…
Die materielle Produktion ist die Existenzgrundlage der menschlichen
Gesellschaft. Um ihre individuellen und gesellschaftlichen Bedürfnisse
befriedigen zu können, müssen die Menschen Gebrauchsgüter oder
Gebrauchswerte produzieren. Auch in der privaten Warenproduktion
werden Gebrauchswerte produziert, aber sie werden als Waren produziert.
Daß Produkte menschlicher Arbeit als Waren produziert werden, ist weder
eine naturbedingte und daher „ewige“ Eigenschaft dieser Produkte noch
eine Erfindung irgendwelcher „Marktpolitiker“. Die historische
Notwendigkeit der privaten Warenproduktion und ihre Entwicklung ergeben
sich zwangsläufig aus der Entwicklung der gesellschaftlichen
Arbeitsteilung und aus dem Privateigentum an den Produktionsmitteln.
Wer die Produktionsmittel besitzt, hat die Macht!
Infolge der gesellschaftlichen Arbeitsteilung stellt jeder Produzent
Gebrauchswerte für andere, für die Gesellschaft her. Da er
Privateigentümer der Produktionsmittel ist, ist er auch Privateigentümer
der von ihm produzierten Gegenstände. Andererseits werden die Dinge,
die er selbst zum Leben und zur Weiterführung seiner Produktion
benötigt, von anderen Produzenten hergestellt, sind das Privateigentum
anderer Produzenten. Alle Produzenten sind daher gezwungen, die
Produkte ihrer privaten Arbeit gegeneinander auszutauschen, sie zu
kaufen und zu verkaufen. Diese aus den gesellschaftlichen Beziehungen
erwachsende Notwendigkeit macht die Produkte menschlicher Arbeit zu
Waren, die Gebrauchswerte für andere sind und austauschbar sein müssen.
„Nur Produkte selbständiger und voneinander unabhängiger Privatarbeiten treten einander als Waren gegenüber.“ [2]
Sind die Eigentumsverhältnisse ewig?
Wenn daher die Verteidiger des gegenwärtigen Kapitalismus die
„Marktwirtschaft“ zu ihrem Idol gemacht haben, so sagen sie zunächst
weiter nichts, als daß sie zwar die Notwendigkeit einer immer
weitergehenden gesellschaftlichen Arbeitsteilung anerkennen, aber
gleichzeitig für die Aufrechterhaltung des Privateigentums an den
Produktionsmitteln eintreten. Sie leugnen die Notwendigkeit einer
Veränderung der Eigentumsverhältnisse, obwohl das ursprünglich auf
eigener Arbeit beruhende Privateigentum der Warenproduzenten sich zum
weitaus größten Teil bereits in kapitalistisches Eigentum verwandelt
hat und darüber hinaus die Notwendigkeit des Übergangs zum
gesellschaftlichen Eigentum an den Produktionsmitteln heute auf der
Tagesordnung steht.
Die gesellschaftliche Praxis in den. sozialistischen Ländern und in
einigen jungen Nationalstaaten beweist, daß die für die Entfaltung der
gesellschaftlichen Arbeitsteilung notwendige Entwicklung der
Warenproduktion unter den heutigen Bedingungen nicht mehr zwangsläufig
zur kapitalistischen Warenproduktion führen muß.
Jede Ware hat ihren Preis…
Die Ware ist ein Produkt menschlicher Arbeit, das Ware neben der
Eigenschaft, einen Gebrauchswert zu haben, auch noch die Eigenschaft
besitzen muß, austauschbar zu sein, das heißt, sie muß einen Tauschwert
haben. Dieser Tauschwert erscheint heute in der Regel in der Form des
Preises. Die Tatsache, daß in der bürgerlichen Wirtschaftswissenschaft
sehr oft die Preise und ihre Bewegung als das Wichtigste in der
ökonomischen Entwicklung angesehen werden, bestätigt die von Karl Marx
getroffene Feststellung, daß im Kapitalismus wie überhaupt in der
privaten Warenproduktion die Gebrauchswerte die stofflichen Träger des
Tauschwertes darstellen. [3]
Waren werden gegeneinander ausgetauscht…
Aber der Tauschwert- und damit auch der Preis ist nur der Ausdruck des
Verhältnisses, in welchem sich zwei Waren gegeneinander austauschen.
Grundlage für dieses Austauschverhältnis ist der Wert der einzelnen
Ware.
„Das Gemeinsame, was sich im Austauschverhältnis oder Tauschwert der Ware darstellt, ist also ihr Wert.“ [4]
Das Gemeinsame aller Waren ist, daß sie Produkte wert und menschlicher
Arbeit sind. Als Verkörperung der in ihnen Wert enthaltenen Arbeit sind
sie Werte. Die Arbeit der Warenproduzenten schafft also gleichzeitig
Gebrauchswert und Wert, die als Einheit die Ware darstellen. Diese
Tatsache war bereits vor Marx bekannt.
Was war die große Entdeckung von Karl Marx?
Die große Entdeckung von Karl Marx bestand nun darin, daß nicht nur die
Ware, sondern auch die warenproduzierende Arbeit einen Doppelcharakter
hat. Sie ist gleichzeitig konkrete und abstrakte Arbeit. Natürlich
können Gebrauchswerte nur durch eine spezifische, konkret bestimmbare
Arbeit geschaffen werden. Zur Herstellung eines Autos sind andere
Arbeitsverrichtungen und andere Produktionsmittel notwendig als zur
Produktion eines Brotes. Die konkreten Arbeiten unterscheiden sich
voneinander, sind nicht miteinander vergleichbar, wobei mit zunehmender
Arbeitsteilung und dadurch bedingter Spezialisierung die
Vielfältigkeit der konkreten oder nützlichen Arbeit zunimmt.
„Gebrauchswerte können sich nicht als Waren gegenübertreten, wenn nicht
qualitativ verschiedne nützliche Arbeiten in ihnen stecken.“ [5]
Wie kann man den Wert der Arbeit messen?
Bei aller Unterschiedlichkeit hat die Arbeit der einzelnen
Warenproduzenten jedoch etwas Gemeinsames: Sie ist Verausgabung
menschlicher Arbeitskraft. Die unterschiedliche konkrete Arbeit des
Schlossers, des Tischlers, des Schneiders oder des Bäckers stellt nur
die verschiedene Form dar, in der menschliche Arbeitskraft verausgabt
wird. Karl Marx machte darauf aufmerksam, daß der Arbeiter im
Kapitalismus oft gezwungen ist, heute die eine und morgen eine völlig
andere Arbeit zu leisten. Aber stets ist es doch die Verausgabung
derselben Arbeitskraft, ganz gleich, ob er heute an einer Bohrmaschine
steht und morgen vielleicht Transportarbeiten verrichten muß.
Abstrahieren wir von der konkreten Form, in der gearbeitet wird, so
bleibt das jeder Arbeit Gemeinsame: Verausgabung menschlicher
Arbeitskraft schlechthin, abstrakte Arbeit.
Worin besteht eigentlich der Wert einer Ware?
In der privaten Warenproduktion sind die Waren Produkte voneinander
unabhängig betriebener Privatarbeiten. Alle diese Arbeiten zusammen
bilden die gesellschaftliche Gesamtarbeit, die nur als abstrakte Arbeit
begriffen werden kann. Die Arbeit jedes einzelnen Warenproduzenten
ist eben ein bestimmter Teil dieser abstrakten gesellschaftlichen
Gesamtarbeit. Anders gesagt: Die konkrete private Arbeit des jeweiligen
Warenproduzenten ist gleichzeitig Verausgabung menschlicher
Arbeitskraft schlechthin als Teil der im Gesamtrahmen der
warenproduzierenden Gesellschaft zu leistenden Arbeit. In dieser Form,
als abstrakte Arbeit, als Arbeit der Warenproduzenten überhaupt, bildet
sie den Wert der Ware. [6]
Der Widerspruch zwischen privater und gesellschaftlicher Arbeit
Mit der Entdeckung des Doppelcharakters der warenproduzierenden Arbeit
konnte Karl Marx den Nachweis führen, daß die Grundursache vieler
Widersprüche und Konflikte, die den bürgerlichen Ökonomen bis auf den
heutigen Tag viel Kopfzerbrechen verursachen, in dem für die private
Warenproduktion typischen Widerspruch zwischen privater und
gesellschaftlicher Arbeit zu suchen ist.
Die private Arbeit des Warenproduzenten ist im Grunde genommen
gleichzeitig gesellschaftliche Arbeit. Seine Produktion ist zwar privat,
von der Gesellschaft isoliert. Er entscheidet nach seinem eigenen
Ermessen, was er produziert oder produzieren läßt, wenn er Kapitalist
ist, und glaubt unbedingt, daß er „selbständig“, „frei“ und „unabhängig“
sei. Aber er produziert doch nicht für sich, sondern für andere, für
die Gesellschaft. Seine Produktion hat für ihn überhaupt nur einen Sinn,
wenn er seine Waren verkaufen kann, das heißt, wenn seine private
Arbeit als gesellschaftliche Arbeit anerkannt wird.
Der Markt bestimmt, ob ein Produkt verkäuflich ist…
Auch die Bestimmung der Wertgröße ist nicht durch die von dem einzelnen
Warenproduzenten benötigte Arbeitszeit bedingt, sondern durch die
gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit.
„Gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit ist Arbeitszeit, erheischt, um
irgendeinen Gebrauchswert mit den vorhandenen
gesellschaftlich-normalen Produktionsbedingungen und dem
gesellschaftlichen Durchschnittsgrad von Geschick und Intensität der
Arbeit darzustellen.“ [7]
Dieser gesellschaftliche Charakter der Arbeit bleibt während des
Produktionsprozesses verborgen. Er macht sich erst im Austauschprozeß
bemerkbar. Erst auf dem Markt zeigt sich, ob die private Arbeit des
Warenproduzenten tatsächlich für die Gesellschaft notwendig war, ob er
seine Ware verkaufen kann oder nicht und welchen Preis er dafür bekommt.
Der Wert einer Ware ist keine feststehende Größe
Es ist daher kein Zufall, daß die bürgerlichen Ökonomen sich so intensiv
mit den Marktbeziehungen beschäftigen. Weil sie sich aber auf die in
den Marktbeziehungen auftretenden Widersprüche beschränken, erkennen
sie nicht, daß es sich hierbei um Erscheinungsformen des Widerspruchs
zwischen privater und gesellschaftlicher Arbeit handelt, der bereits in
der Produktion vorhanden ist. Indem Waren sich zu ihren Werten
austauschen, wird die zu ihrer Produktion gesellschaftlich notwendige
Arbeitszeit gleichgesetzt.
„Als Werte sind alle Waren nur bestimmte Maße festgeronnener Arbeitszeit!“ [8]
Daraus folgt, daß der Wert der Ware keine feststehende Größe sein kann,
sondern sich mit der Veränderung der Produktionsbedingungen ebenfalls
verändert. Wenn durch Steigerung der Arbeitsproduktivität die zur
Herstellung einer Ware notwendige Arbeitszeit kürzer wird, sinkt auch
der Wert dieser Ware. [9]
Das Geheimnis liegt im Warenaustausch
Der Wert ist aber nicht sichtbar, auch nicht seine Veränderungen. Der
Wert tritt nur als Tauschwert in Erscheinung, als ein quantitatives
Verhältnis, worin sich Gebrauchswerte einer Art gegen Gebrauchswerte
anderer Art austauschen. Der sichtbare Tauschwert ist also in
Wirklichkeit ein Verhältnis, das Verhältnis des Wertes zweier Waren.
Hierbei handelt es sich nicht schlechthin um ein Verhältnis zwischen
leblosen Dingen, wie es immer wieder in der bürgerlichen Ökonomie
dargestellt wird, sondern um ein unter dinglicher Hülle verborgenes
gesellschaftliches Verhältnis von Warenproduzenten.
Verschleierte Ursachen bei Preisänderungen
Die Veränderungen des Tauschwertes sind natürlich sichtbar. Aber diesen
Veränderungen liegen die Wertveränderungen beider Waren zugrunde. Daher
gibt eine Veränderung des Tauschwertes keine Auskunft über die
wirkliche Ursache dieser Veränderung. Die dadurch objektiv gegebene
Verschleierung der gesellschaftlichen Zusammenhänge wird noch mehr
verstärkt, indem der Wert in Geld ausgedrückt wird und damit als Preis
erscheint. Der Preis drückt die Wertgröße einer Ware in Geld aus, aber
er ist nicht mit dieser Wertgröße identisch.
Marktbeziehungen. Auf die Bewegung der Preise wirken auch Faktoren ein,
die tatsächlich nur aus den Marktbeziehungen zu erklären sind und deren
Zusammenhang mit den Produktionsverhältnissen nicht ohne weiteres
nachzuweisen ist.
Angebot und Nachfrage. So führt das ständig wechselnde Verhältnis von
Angebot und Nachfrage dazu, daß der Preis über den Wert steigt oder
unter den Wert sinkt.
Fiktive Preise. Dazu kommt noch, daß in vielen Fällen der Preis
überhaupt aufhört, Wertausdruck zu sein. Dinge, die in ökonomischem
Sinne keine Waren sind, wie Ehre, Gewissen, Rechte, Privilegien oder
auch Grundstücke auf dem Mond, können einen Preis haben und damit
Warenform erhalten, ohne daß ein Atom Wert dahintersteckt.
Liebhaberpreise. Oder nehmen wir die sogenannten Liebhaberpreise für
seltene Briefmarken, Kunstwerke und andere Gegenstände, die ebenfalls
keine Beziehung zur gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeit haben.
Die Ware als ein Spekulationsobjekt
Es gibt im Kapitalismus, der höchsten Stufe der privaten
Warenproduktion, tatsächlich viele Waren, deren Preise nur aus den
Marktbeziehungen erklärt werden können. Das ist eben nur möglich in
einer Produktionsweise, in der infolge der gesellschaftlichen
Arbeitsteilung und des Privateigentums an den Produktionsmitteln die für
die materiellen Existenzbedingungen der Gesellschaft notwendigen
Gebrauchswerte als Waren produziert werden müssen. Gäbe es keine
Warenproduktion, dann gäbe es auch keine Waren, kein Geld, keine Preise,
keinen Kauf und Verkauf, keine Märkte.
Das Wertgesetz
Das wichtigste ökonomische Gesetz der Warenproduktion ist das
Wertgesetz. Dieses ökonomische Gesetz und sein Wirken ist nicht immer
gleich, sondern ist Modifikationen unterworfen, die sich aus
veränderten gesellschaftlichen Verhältnissen ergeben. Das schließt
seine Allgemeingültigkeit für die Warenproduktion überhaupt nicht aus.
Das regelnde Prinzip der Warenproduktion
Die Warenproduktion entwickelt sich mit der gesellschaftlichen
Arbeitsteilung. Die damit verbundene Notwendigkeit des Austausches der
Arbeiten beziehungsweise der Arbeitsergebnisse erfordert in zunehmendem
Maße die Koordinierung der Arbeit der einzelnen Warenproduzenten. Aber
unter den Bedingungen des Privateigentums ist eine gesellschaftliche
Planung der Produktion unmöglich. Der gesellschaftliche Zusammenhang
der privaten Produzenten und ihrer Arbeit kommt nur im Wert zum
Ausdruck. Das regelnde Prinzip der Warenproduktion besteht darin, daß
sich gleiche Werte gegeneinander austauschen.
„Der Wert einer Ware verhält sich zum Wert jeder andren Ware wie die zur
Produktion der einen notwendigen Arbeitszeit zu der für die Produktion
der andren notwendigen Arbeitszeit.“ [10]
Das ist der allgemeinste Inhalt des Wertgesetzes, ganz gleich, in
welcher Form und unter welchen Bedingungen sich dieses Gesetz
durchsetzt.
Die brutale Wirkung des Wertgesetzes
Die gegenseitige Abhängigkeit der unabhängig voneinander produzierenden
Warenproduzenten macht sich erst nach erfolgter Produktion auf dem
Markt bemerkbar. Aber hier haben es Käufer und Verkäufer nicht mit dem
für sie unsichtbaren Wert zu tun, sondern mit dem Preis, der nach oben
oder unten vom Wert abweicht. Gerade das Abweichen der Preise vom Wert,
das bis zur Unverkäuflichkeit der Ware gehen kann, macht es dem
privaten Warenproduzenten mit brutaler Deutlichkeit klar, ob und in
welchem Umfang seine private Arbeit als gesellschaftlich notwendig
anerkannt wird. Er wird bei Strafe seines Unterganges gezwungen, seine
Produktion zu verändern.
Blind wirkende Regellosigkeit
So setzt sich das Wertgesetz als ein die Warenproduktion regelndes
ökonomisches Gesetz gewaltsam hinter dem Rücken der Menschen durch. Karl
Marx wies ausdrücklich darauf hin, daß das nicht etwa eine Ausnahme
oder ein Mangel sei, sondern voll und ganz einer Produktionsweise
entspricht, „worin sich die Regel nur als blindwirkendes
Durchschnittsgesetz der Regellosigkeit durchsetzen kann“ [11].
Durch das Wirken des Wertgesetzes erfolgt in der auf Privateigentum
beruhenden Warenproduktion eine Regulierung der gesellschaftlichen
Produktion, die sich spontan, hinter dem Rücken der Warenproduzenten
vollzieht und sich teilweise direkt gegen sie auswirkt. Diese
Regulierung setzt sich in Konflikten durch, in massenhafter Vernichtung
von Werten, in Krisen, Ruin und Arbeitslosigkeit.
Die Anarchie der kapitalistischen Produktion
Gleichzeitig zwingt es zur Weiterentwicklung der Produktivkräfte, zur
Steigerung der Arbeitsproduktivität. Aber diese Weiterentwicklung ist
anarchisch, geht auf Kosten vieler Warenproduzenten vor sich und führt
zwangsläufig zu einer weitgehenden Differenzierung zwischen ihnen.
Nicht die privaten Warenproduzenten beherrschen ihre eigenen
gesellschaftlichen Verhältnisse, beherrschen die ökonomischen Gesetze,
sondern sie werden von den Gesetzen beherrscht.
„Ihre eigne gesellschaftliche Bewegung besitzt für sie die Form einer
Bewegung von Sachen, unter deren Kontrolle sie stehen, statt sie zu
kontrollieren.“ [12]
MONEY, MONEY oder „Der Tanz ums Goldene Kalb“
Diese spontane Regulierung der gesellschaftlichen Produktion privater,
unabhängig voneinander arbeitender Produzenten durch das Wertgesetz ist
das Ergebnis einer langen Entwicklung. Jahrtausende vergingen, bis sich
aus dem einzelnen, zufälligen Austausch von Arbeitsprodukten die durch
das Geld vermittelte Warenzirkulation entwickelte. Auch das Geld
entstand und entwickelte sich erst mit der Entwicklung und allseitigen
Entfaltung der Warenproduktion.
Wurde in der Bibel noch der Tanz um das Goldene Kalb als eine zu
verdammende Entartung angeprangert, so ist heute das Geld der Gott aller
Götter. Der Ausspruch „Das Geld regiert die Welt“ kennzeichnet einen
Zustand, der der kapitalistischen Warenproduktion als der höchsten Form
privater Warenproduktion entspricht.
Wo kann man das alles nachlesen?
Karl Marx: Das Kapital, Erster Band, Kapitel 1 bis 3.
Literaturnachweis
[1] Karl Marx: Das Kapital, Erster Band. In: Marx/Engels: Werke, Bd. 23, S. 49.
[2] ebd., S. 57.
[3] ebd., S. 50.
[4] ebd., S. 53.
[5] ebd., S. 57.
[6] ebd., S. 56ff.
[7] ebd., S. 53.
[8] ebd., S. 54.
[9] ebd.
[10] ebd.
[11] ebd., S. 117.
[12] ebd., S. 89.
Quelle:
Walter Schellenberg: „Grundkurs zum Kapital“. Dietz Verlag Berlin, 1972, S. 43-52.
(Formatiert u. Zwischenüberschriften eingefügt. N.G.)
pdfimage Walter Schellenberg – Grundkurs zum Kapital
Nun wollen wir abschließend die Frage klären: Ist die BRD ein
untergehendes Land? Sicher kann man mit Recht davon reden, daß die
Ukraine ein untergehendes Land ist. Aber nicht etwa, weil Rußland die
Absicht hätte, die Ukraine zu okkupieren, wie das die Kriegstreiber in
der BRD und in der NATO immer wieder behaupten, sondern, weil das
faschistische Regime im Auftrag der US-amerikanischen Sponsoren seine
männliche Bevölkerung als Kanonenfutter an die Front liefert. Die
Wirtschaft der Ukraine wurde seit dem faschistischen Majdan-Putsch 2014
fast völlig ruiniert. Die herrschende Klasse ist dermaßen korrupt, daß
sogar die vom Westen gelieferten Waffen insgeheim verscherbelt wurden.
Und ein Großteil der Bevölkerung wurde in russenhassende Zombies
verwandelt. Das beginnt schon im Kindesalter, wenn Banderafaschisten
ihre naziastische Propaganda in Kindergärten und Schulen verbreiten.
Mit dem Sieg der Sowjetunion über den deutschen Faschismus im Jahre 1945
endete der kometenhafte Aufstieg Hitlerdeutschlands, endeten die wilden
Träume der Nazis von einer Siegesparade auf dem Roten Platz in Moskau,
und von der Inbesitznahme der Naturreichtümer und Rohstoffe der
sozialistischen Sowjetunion. Doch damit war die Geschichte des
Faschismus in Deutschland noch nicht beendet. Nur in der DDR wurde der
Faschismus mit der Wurzel ausgerottet. In Westdeutschland geschah nichts
dergleichen, stattdessen kamen die Nazis ungeschoren davon, wurden die
alten Strukturen wieder aufgebaut und der Faschismus erhielt neue
Nahrung. Auch heute gibt es in der BRD monopolkapitalistische
Produktionsverhältnisse, auch heute gibt es imperialistische
Bestrebungen und die Gier nach fremden Reichtümern und Rohstoffen. Noch
nie war die BRD ein souveränes Land. Das traurige Schicksal der Ukraine
ist in der BRD nur dann zu vermeiden, wenn sich die gesellschaftlichen
Verhältnisse grundlegend ändern. Der Kapitalismus wird untergehen. Doch
dazu bedarf es einer revolutionären Situation – und die ist im Moment
nicht zu erwarten.
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