Mittwoch, 8. Februar 2023

Der Westen ist schuldig - Arnold Schölzel

 

Entnommen: Entnommen: https://rotfuchs.net/files/rotfuchs-ausgaben-pdf/2023/RF-301-02-23.pdf


RotFuchs, Februar 2023


Der Westen ist schuldig



Am 2. August 2013 veröffentlichte der damalige Hamburger Professor für Strafrecht und Rechtsphilosophie Reinhard Merkel in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ einen Artikel unter der Überschrift „Syrien: Der Westen ist schuldig“. Sein Text begann mit den Worten: „Der Westen, wenn diese etwas voluminöse Bezeichnung gestattet ist, hat in Syrien schwere Schuld auf sich geladen – nicht, wie oft gesagt wird, weil er mit seiner Unterstützung des Widerstands gegen eine tyrannische Herrschaft zu zögerlich gewesen wäre, sondern im Gegenteil: weil er die illegitime Wandlung dieses Widerstands zu einem mörderischen Bürgerkrieg ermöglicht, gefördert, betrieben hat. Mehr als hunderttausend Menschen, darunter Zehntausende Zivilisten, haben diese vermeintlich moralische Parteinahme mit dem Leben bezahlt. Und es werden viel mehr sein, wenn dieser Totentanz irgendwann ein Ende findet.“ Der Hochschullehrer nannte diese Strategie „eine Variante dessen, was seit der Invasion des Irak vor zehn Jahren ‚demokratischer Interventionismus‘ “ genannt werde. Nur scheinbar sei das Geschehen in Syrien – den Regimewechsel nach außen hin der inneren Opposition zu überlassen – eine mildere Form des Eingreifens. In Wahrheit sei sie „die verwerflichste Spielart: nicht so sehr, weil sie neben dem Geschäft des Tötens auch das Risiko des Getötetwerdens anderen zuschiebt. Eher schon, weil sie die häßlichste, in jedem Belang verheerendste Form des Krieges entfesseln hilft: den Bürgerkrieg.“ Das Modell des von außen gelenkten, finanzierten und geförderten Bürgerkriegs, das der Westen in den 90er Jahren schon in Jugoslawien erprobt hatte, wurde im September 2015 durch das Eingreifen russischer Streitkräfte gestoppt. Bis heute sichert aber ein US-Kontingent im Nordosten Syriens den Ertrag der dortigen Ölquellen für den NATO-Partner Türkei. Vom November 2015 bis zum 31. Januar 2022 erteilte der Bundestag der Bundeswehr immer wieder das Mandat zu einer völkerrechtswidrigen Invasion in Sy r ien: Bis zu 1200 deutsche Soldaten – zeitweilig das größte deutsche Auslandskontingent – waren für sechs „Tornado“-Auf klärer und eine Fregatte abkommandiert. Syrien wird als rechtlose Kolonie behandelt, in der Sprache der Annalena Baerbock geschieht das aber „regelbasiert“.

Nach dem gleichen Muster verlief der Bürgerkrieg in der Ukraine. Der Sturz der frei gewählten Regierung von Viktor Janukowitsch 2014 wurde maßgeblich von den USA finanziert. Das in Kiew errichtete Regime begann sofort einen Bürgerkrieg gegen Sozialisten, Kommunisten und alle, die Russisch sprachen – im faschistischen ukrainischen Jargon abschätzig „Moskali“ genannt. Seit 2014 verbreitet sich das Abfeiern der Kollaboration mit dem Hitlerfaschismus, das in den baltischen Republiken seit deren Austritt aus der Sowjetunion zur Staatsräson gehört, von der Ukraine aus Richtung Westeuropa. Inzwischen ist der Gruß des ukrainischen Nationalhelden, des Faschistenführers Stepan Bandera, „Slawa Ukraini!“ Bestandteil von Reden des Bundeskanzlers.

Das Modell Syrien praktizierte der Westen acht Jahre lang in der Ukraine. Als Bodentruppen des Westens mordeten in dem arabischen Land dschihadistische Kopfabschneider, in der Ukraine erfüllten das Bataillone mit den Symbolen der SS-Division „Galizien“. Man hielt Rußland mit den Minsker Vereinbarungen hin, rüstete Kiew auf und wurde ab 24. Februar 2022 wie sieben Jahre zuvor in Syrien mit russischen Streitkräften konfrontiert. Eine zweite Niederlage will der Westen aber nicht hinnehmen. Er fegte Anfang April 2022 einen unterschriftsreifen Waffenstillstand vom Tisch, verlängert und eskaliert seither den Krieg durch die Lieferung von immer schwereren Waffen. Dabei mißtraut man den eigenen Marionetten so sehr, daß US-Präsident Joseph Biden im Mai als „rote Linie“ ausgab: Die bekommen kein Kriegsgerät, mit denen sie weit in russisches Territorium schießen können. Das ändert sich an dem Tag, an dem dieser Text verfaßt wird. Am 18. Januar um 20.23 Uhr sendet die „Süddeutsche Zeitung“ als Eilmeldung: „Der Kanzler ist offenbar zur Lieferung von ‚Leopard 2‘-Panzern an die Ukraine bereit. Aber nur unter der Voraussetzung, daß auch die USA Kampfpanzer zur Verfügung stellen.“ Letzteres dürfte keine Hürde sein. Demnächst rollen mit hoher Wahrscheinlichkeit deutsche Panzer – mit leicht übermaltem Eisernen Kreuz – Richtung russischer Grenze. Die Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen (Die Linke) hatte am selben 18. Januar in der „Berliner Zeitung“ geschrieben: „Die Panzerlieferungen von heute sind die Kriegskredite von 1914.“ Dem Weltkrieg ist die Menschheit einen Schritt näher. Ukraine: Der Westen ist schuldig.

Arnold Schölzel


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