Zeitenwende: China nimmt die frontale Konfrontation mit der US-Hegemonie auf
VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 25. FEBRUAR 2023 ⋅ HINTERLASSE EINEN KOMMENTAR
von Timur Fomenko – https://meinungsfreiheit.rtde.life
Zeitenwende in Peking: In einem seltenen, äußerst vernichtenden Aufsatz
hat Chinas Außenministerium Washingtons fortgesetzte Versuche, die Welt
zu dominieren, auf das Schärfste verurteilt. Derart heftige Kritik an
den USA gab es bisher von dort noch nicht zu hören. Was bedeutet das?
Das chinesische Außenministerium hat unter dem Titel “U.S. Hegemony and
Its Perils” (US-Hegemonie und ihre Gefahren) einen vernichtenden Angriff
auf die Vereinigten Staaten und ihren Wunsch, die Welt zu beherrschen,
veröffentlicht.
Der Aufsatz wurde breit in den chinesischen Staatsmedien publiziert und
ist wahrscheinlich das Schärfste, was jemals in Bezug zu den USA
veröffentlicht wurde. Die Veröffentlichung fiel zudem zeitlich mit der
Rede des russischen Präsidenten Wladimir Putin vor der Föderalen
Versammlung zusammen. Der Text greift die USA in einem breiten
Themenspektrum an, wobei die vielschichtigen Bemühungen der USA
beschrieben werden, mit denen sie die exklusive Vorherrschaft über den
gesamten Planeten erlangen und aufrechterhalten wollen. Dazu gehören
militärische Aktionen wie im Irak und in Afghanistan sowie die
Einmischung in die innenpolitischen Angelegenheiten souveräner Staaten
in Form von Staatsstreichen und Revolutionen.
China veröffentlicht 12-Punkte-Plan zur Beilegung des Krieges in der Ukraine
Der Aufsatz beleuchtet den Arabischen Frühling, die Einmischungen der
USA in Lateinamerika – einschließlich des von der CIA orchestrierten
Putsches in Chile – und die Versuche, die Regierungen von Kuba und
Venezuela zu untergraben. Auch die “farbigen Revolutionen” in ehemaligen
Sowjetstaaten wie der Ukraine, Georgien und Kirgisistan kommen
detailliert zur Sprache. Peking verurteilt zudem, wie Washington das
Thema Demokratie als Waffe benutzt, Länder dazu zwingt, Partei zu
ergreifen, und brandmarkt die USA als eine Nation, die sich “durch
Gewalt und Expansion” auszeichnet, ihre Gegner mit Sanktionen und
“wirtschaftlichen Zwängen” erdrosselt und identifiziert den US-Dollar
als “die Hauptquelle für Instabilität und Unsicherheit in der
Weltwirtschaft”.
Noch nie zuvor hat Chinas Außenministerium einen so heftigen verbalen
Angriff gegen die USA geritten. Viele Jahre lang blieb China trotz
Washingtons Feindseligkeiten gegenüber Peking überwältigend
zurückhaltend. Peking hielt lange Zeit an der Überzeugung fest, dass man
sich mit den USA arrangieren kann, dass das Land irgendwie zur Vernunft
gebracht werden kann und dass die bilateralen Beziehungen zwischen den
USA und China verbessert und stabilisiert werden können. Man vertrat
zunächst die Überzeugung, dass nach dem Abgang von Donald Trump aus dem
Weißen Haus die Dinge unter Joe Biden wieder “normal” werden könnten.
Diese Erwartung hätte falscher nicht sein können. Nach zwei Jahren im
Amt hat sich die Administration von Joe Biden gegenüber China als
kriegerischer und restriktiver erwiesen, als es Trump und seine
Vorgänger je waren. Die bilateralen Beziehungen sind von einem neuen
Tief zum anderen gefallen, wobei die Biden-Präsidentschaft die
US-Politik von einer “America First”-Frustration in Bezug auf den
gegenseitigen Handel hin zu einer allumfassenden Kampagne militärischer
und strategischer Eindämmung hat eskalieren lassen, sodass die
Spannungen zwischen beiden Ländern dramatisch zunahmen. Trump trat wie
ein Geschäftsmann auf, der Handelsabkommen mit China abschließen wollte,
und nutzte Zölle als Druckmittel, um den US-amerikanischen Interessen
entgegenzukommen, während das Wort “Kompromiss” in Bidens Wortschatz
nicht existiert.
Konfrontation im Pazifik: USA erweitern die militärische Einkreisung Chinas
Die Regierung von Joe Biden hat wiederholt behauptet, man wolle
“Leitlinien in den bilateralen Beziehungen” und “Kommunikationskanäle”
mit Peking offen halten, aber Washingtons Handlungen haben die wahren
Absichten gezeigt: angefangen bei der Duldung des hoch provokativen
Besuchs von Nancy Pelosi in Taiwan über das Schüren von Paranoia wegen
eines verloren gegangenen Ballons bis hin dazu, andere Nationen zu
zwingen, Lieferungen an Chinas Halbleiterindustrie zu unterbrechen. Die
Schlussfolgerung, zu der Peking schließlich kommen musste, ist, dass es
keinen ernsthaften Dialog mit den Vereinigten Staaten geben kann. Das
ist reine Zeitverschwendung. China steht einem kriegerischen,
hegemonialen und böswilligen Akteur gegenüber, der versucht, es
einzudämmen und um jeden Preis strategisch zu vernichten.
Die USA zwingen China somit, eine Anpassung seiner Außenpolitik
vorzunehmen. Viele Jahrzehnte lang bestand Chinas Philosophie darin,
eine Konfrontation mit Washington zu vermeiden und eine Form von
Zusammenarbeit zu suchen. Damit wollte man verhindern, dass die USA sich
einer Politik der Eindämmung des Kalten Krieges zuwenden und damit
Chinas wirtschaftliche Entwicklung blockieren, die als übergeordnete
innenpolitische Priorität der Kommunistischen Partei gilt. Deshalb blieb
China, auch als die USA zusehends feindseliger wurden, lange Zeit
ambivalent und zurückhaltend. Man wollte glauben, dass die Beziehung zu
den USA gerettet und ausgeglichen werden kann.
China hat jetzt erkennen müssen, dass seine beste Option nicht darin
besteht, Washington zu beschwichtigen, sondern dass seine weitere
Entwicklung und sein eigener Wohlstand davon abhängt, eine multipolare
Welt aufzubauen und aufrechtzuerhalten, in der die US-amerikanische
Macht verwässert wird. China hat die US-Hegemonie jetzt offiziell als
die größte Quelle von Instabilität, Chaos, Ungleichheit und für die
Konflikte in der Welt identifiziert und damit die Feststellungen von
Wladimir Putin untermauert.
Die USA haben kein Interesse daran, den Aufstieg eines anderen Landes zu
akzeptieren oder sich damit abzufinden, dass ihr Monopol auf globale
Macht infrage gestellt wird. Die USA betrachten ihre Hegemonie als eine
Art göttliches Recht, was wenig Hoffnung auf “Stabilität” übrig lässt.
Die USA werden alles tun, um zu versuchen, China einzudämmen und seine
Integration in die Weltwirtschaft zu brechen. Dies bedeutet zwar nicht,
dass Peking als Antwort darauf etwas Leichtsinniges oder
Risikobehaftetes tun wird. Aber es bedeutet, dass man sich in Peking
endlich der Herausforderung bewusst geworden ist, vor der man steht, und
sich auch nach Jahrzehnten freundlicher Beziehungen nicht länger
blauäugig über die wahre Natur vom Regime der USA täuschen lässt.
Aus dem Englischen
Timur Fomenko ist ein politischer Analyst.
https://meinungsfreiheit.rtde.life/international/163795-zeitenwende-china-nimmt-frontale-konfrontation/
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