Samstag, 19. Mai 2018

China & Russland contra Kriegsgelüsten



Die multipolare Welt


China und Russland werden das kriegerische Agieren der USA nicht länger hinnehmen.


von Rubikons Weltredaktion


Sowohl die USA als auch seine Vasallenstaaten Großbritannien und Frankreich setzten in den letzten Monaten alles daran, Russland zu diskreditieren und zu diffamieren. Ihre Rechnung scheint jedoch nicht aufzugehen: Russland lässt sich nicht provozieren und erhält Unterstützung von China. Dagegen verlieren die USA an Glaubwürdigkeit und werden weltweit zunehmend als Schurkenstaat erkannt. Michael Krieger skizziert, wie sich das globale Machtgefüge hin zu einer multipolaren Welt verschiebt.

Russland und China haben die Nase voll
von Michael Krieger

Teil 1 dieser Serie zeigt auf, dass die Weltmacht USA dem amerikanischen Durchschnittsbürger keinen echten Nutzen mehr bietet. Stattdessen wird der Gewinn aus Kriegen in Übersee, dem heimischen Überwachungsstaat und einer insgesamt korrupten Wirtschaft systematisch einer schrumpfenden Gruppe von im Allgemeinen unliebsamen Personen zugeführt. Die Öffentlichkeit erkennt diese Realität zunehmend, was die Entstehung großer populistischer Bewegungen sowohl auf der rechten als auch der linken Seite des politischen Spektrums im Jahre 2016 erklärt.

Während Millionen von Amerikanern aus ihrem langen Schlaf erwachen, ist dem Großteil der Welt diese Realität schon seit langem bewusst. Er sieht die USA nicht als großherzige, menschenfreundliche Nation – dieses märchenhafte Bild ist eher für Kinderbücher oder die Massenmedien geeignet.

Tatsächlich erscheint es offensichtlich, dass die Milliarden von Menschen in unterschiedlichen unabhängigen Nationen auf der ganzen Welt es vorziehen würden, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen, anstatt eine Existenz in reinen Vasallenstaaten der USA zu fristen. Bisher fehlte es ihnen allerdings an der militärischen oder wirtschaftlichen Macht, um sich zu erheben und einen eigenen Kurs einzuschlagen. Doch die Dinge sind dabei, sich zu ändern.

Die entscheidendsten geopolitischen Entwicklungen des 21. Jahrhunderts sind der Aufstieg Chinas und der Wiederaufstieg Russlands zu global bedeutsamen Militärmächten. Hier liegt die treibende Kraft hinter der Panik, die das Establishment gegenüber Russland verspürt. Sie hat nichts mit Putins autoritärem Regierungsstil oder seinen Verstößen gegen die Menschenrechte zu tun. Das ist lediglich eine Marketingstrategie, die auf ein bislang äußerst leichtgläubiges Publikum abzielt.

In Wahrheit sind diejenigen, die eine US-gelenkte, unipolare Weltordnung aufrecht erhalten wollen, entsetzt und besorgt über die Tatsache, dass es Russland gelungen ist, sich in Syrien zu engagieren und einen beabsichtigen weiteren Regime change zu verhindern. Auf sehr öffentliche und sehr erfolgreiche Weise hat Russland ein „Nein“ zu den imperialen Ambitionen der USA in Syrien demonstriert. Dies ist nicht nur historisch bedeutsam, sondern aus Sicht des von den USA vorgegebenen Status quo geradezu frevelhaft und aufmüpfig.

Hier noch einmal ein paar Auszüge aus meinen am Wochenende verfassten ersten Gedanken zu den jüngsten Militärschlägen gegen Syrien:

Die russische Führung ist weder ein Haufen von Idioten, noch wird sie einen Rückzieher machen. Nach der vergangenen Nacht weiß sie mit Sicherheit, dass die USA gewillt sind, sie um jeden Preis in ihrer globalen Wirksamkeit zu beschneiden, um die unvermeidbare Entstehung einer multipolaren Welt zu verhindern.

Ich glaube nicht, dass Russland oder der Iran in naher Zukunft mit einer Schock-Attacke reagieren werden, oder dass die Situation in absehbarer Zeit außer Kontrolle geraten wird. Wahrscheinlicher ist es, dass sich all dies innerhalb des Zeitraums der nächsten fünf Jahre abspielen wird.

Ich glaube ebenfalls nicht, dass sich das Ganze zu einem Atomkrieg auswachsen wird. Doch ich halte es für zunehmend wahrscheinlich, dass die USA einen Zusammenbruch ihres Weltreiches erleben werden, der vergleichbar wäre mit dem der Sowjetunion (oder eines anderen unkontrollierbaren und korrupten Imperiums der Vergangenheit). Meine Einschätzung lautet wie folgt: In den kommenden Jahren werden sich die USA und ihre globale Machtposition so dramatisch verändern, dass sie bis zum Jahre 2025 kaum wiederzuerkennen sein werden, als Folge von wirtschaftlichem Niedergang und schwerwiegenden geopolitischen Fehlern. Dies wird bewirken, dass die Öffentlichkeit zu Recht den Glauben an jegliche Führungsriegen und Institutionen verliert.

Je mehr ich über die gegenwärtige Situation nachdenke, desto überzeugter bin ich, dass die USA versuchen, Russland durch ihre Provokationen zu einer Reaktion anzustacheln. Ich glaube, dass sich die Russen dessen bewusst sind und genau deshalb kühlen Kopf bewahren angesichts eines offenkundig illegalen und verfassungswidrigen Militärschlags, dessen Anlass wahrscheinlich ein gefälschtes Narrativ war. Tatsächlich haben wir noch immer keine verlässlichen oder wasserdichten Beweise zu den Geschehnissen. Selbstverständlich hat dies weder Donald Trump noch Theresa May davon abgehalten, einen Bombenangriff zu befehlen, jeweils ohne sich mit dem Kongress oder dem Parlament abzustimmen. Wie war noch die Geschichte von unseren ehrwürdigen westlichen Demokratien? Ich fürchte, sie ist bloß ein weiteres Märchen zur Abspeisung der Öffentlichkeit.

Zudem sollte das Ausbleiben einer militärischen Antwort von Seiten Russlands nicht als Zeichen der Schwäche interpretiert werden, sondern als beabsichtigte und wohlüberlegte Strategie. Die Russen scheinen zu denken, dass sich die USA (und Großbritannien) wie wildgewordene Verrückte benehmen, und dass sie selbst sich am besten zurücklehnen, auf Abwehr setzen und abwarten, bis sich die kurzsichtigen Dummköpfe, die das amerikanische Weltreich führen, selbst ruinieren.

Die sprunghafte, offenkundig aggressive und fragwürdig Art und Weise, die die USA, Großbritannien und Frankreich während dieser jüngsten kriminellen Handlung an den Tag gelegt haben, ist den Menschen weltweit nicht entgangen; darunter beträchtlichen Teilen der amerikanischen und britischen Bevölkerungen, denen zuwider ist, was diese Regierungen in unserem Namen tun.

Russlands Strategie ist es nun, auf der Weltbühne als vernünftig aufzutreten, im Gegensatz zu den zunehmend verrückt und zerrüttet anmutenden USA. Dies scheint zu funktionieren.

Dessen ungeachtet wäre Russland jedoch nicht in der Lage, den USA auf längere Sicht erfolgreich die Stirn zu bieten. An dieser Stelle kommt China ins Spiel. Die chinesische Führung hat ebenfalls genug, hält sich jedoch wie die Russen zurück und verhält sich wie der vernünftige Erwachsene im Raum. Erkennbar war diese Taktik kürzlich, als China den Handelskrieg zurückfuhr. US-Experten bejubelten dies als Zeichen der Schwäche, doch ich glaube an das Gegenteil. China spielt dasselbe Spiel wie Russland: Sie lassen zu, dass sich die US-Führung auf der Weltbühne weiterhin wie ein unausstehlicher Tyrann benimmt, bis jeder der amerikanischen Vorherrschaft vollkommen überdrüssig ist.

Ein Leser, der in Europa lebt, kommentierte meinen letzten Post mit den folgenden Worten, die wohl eine angemessene Darstellung der derzeitigen öffentlichen Meinung weltweit darstellen:

Das Sowjetreich brach zusammen, weil die Kosten des Wettrüstens dem Rest der Gesellschaft so viel abverlangten, dass ein Kollaps unvermeidlich war. Ich glaube, dass sich die USA nun in einer ähnlichen Situation befinden. Die derzeitigen Kriege werden mittels Technologien über die Distanz oder von Stellvertreterkämpfern geführt, doch ohne dass Amerikaner selbst auf dem Schlachtfeld sind. Wie lange können die Bürger diese Last tragen?

Zur selben Zeit verlieren die USA die moralische Unterstützung der Öffentlichkeit ihrer Verbündeten, wie ich aus erster Hand berichten kann, da ich aus einem verbündeten europäischen Land komme. Auch wenn unsere hiesige politische Führung und die Mainstream-Medien die USA unterstützen, besonders wenn diese ein paar Raketen abfeuern, wachsen die Opposition und die Zweifel der normalen Leute. Die USA haben ihre Position als leuchtendes Vorbild verloren, nicht nur unter den Linken, sondern aus Sicht des ganzen Spektrums. Der Wahnsinn und die Lügen werden so offensichtlich, dass es unmöglich ist, das zu leugnen.

Rapide verlieren die USA die Unterstützung und das Vertrauen in der Basis der Gesellschaft, sowohl auf heimatlichem Boden als auch außerhalb ihrer Grenzen. Wir sehen die Lügen und wir sehen die Missachtung der Verfassung.

Sollten sie so weitermachen, werden die USA und ihre Lieblingsverbündeten wie Großbritannien und Frankreich von einem Großteil der Welt zunehmend als Schurkenstaaten wahrgenommen werden.

Für jene, die zweifeln, auf welcher Seite China steht, hier abschließend einige Passagen aus einem Anfang dieser Woche in der staatlich geförderten Global Times veröffentlichten Leitartikel:

Die Fakten lassen sich nicht verdrehen. Dieser Militärschlag war von der UNO nicht genehmigt und zielte auf die rechtmäßige Regierung eines UN-Mitgliedsstaates. Die USA und ihre europäischen Verbündeten führten Militärschläge durch, um Präsident Baschar al-Assad für eine vermutete Giftgasattacke in Duma vergangene Woche zu bestrafen. Jedoch gab es bisher keine Bestätigung, dass diese Giftgasattacke stattgefunden hat, oder, sollte sie stattgefunden haben, ob Regierungskräfte oder oppositionelle Kräfte dafür verantwortlich waren. Internationale Organisationen haben keine zuverlässigen Untersuchungen durchgeführt.

Die syrische Regierung hat wiederholt betont, dass sie den Einsatz von chemischen Waffen zur Rückeroberung der von der Opposition kontrollierten Stadt Duma nicht für nötig hält, und dass der Einsatz chemischer Waffen eine Ausrede für die Einmischung des Westens darstellt. Die Argumente der syrischen Regierung oder Trumps Anschuldigungen gegen das „böse“ Assad-Regime – was davon entspricht der simplen Logik? Die Antwort ist recht offensichtlich.

Die USA haben nachweislich eine Reihe von Kriegen auf Basis vorgetäuschter Gründe vom Zaun gebrochen. Die Bush-Regierung behauptete, das Saddam-Regime besäße chemische Waffen bevor amerikanisch-britische Koalitionstruppen 2003 im Irak einmarschierten. Allerdings fanden die Koalitionstruppen nach dem Sturz des Saddam-Regimes keine Massenvernichtungswaffen. Sowohl Washington als auch London räumten später ein, dass ihre Geheimdienstinformationen falsch gewesen seien.

Washingtons Angriff auf Syrien, wo russische Truppen stationiert sind, stellt eine ernsthafte Missachtung der militärischen Fähigkeiten und politischen Würde Russlands dar. Als würde er einen Schüler rügen, forderte Trump Moskau – eine der weltweit führenden Atommächte – dazu auf, seinen „dunklen Weg“ zu verlassen.

Beunruhigenderweise scheint Washington Gefallen daran gefunden zu haben, Russland auf diese Weise zu verspotten. Russland ist fähig, einen zerstörerischen Vergeltungsschlag gegen den Westen auszuüben. Russlands schwache Wirtschaft wird durch westliche Sanktionen und Einschränkung ihrer strategischen Bewegungsfreiheit drangsaliert. Dass der Westen Russland auf solche Weise provoziert, ist unverantwortlich hinsichtlich des Weltfriedens.

Die Situation wird weiter angeheizt. Die Trump-Regierung verkündete, sie würde die Militärschläge fortführen. Doch es bleibt ungewiss, wie lange das militärische Vorgehen andauern und ob Russland zurückschlagen würde, wie es dies früher angekündigt hatte. Die westlichen Staaten schikanieren Russland unvermindert, doch scheinen sie sich vor einem möglichen Gegenangriff nicht zu fürchten. Ihre Arroganz schürt Risiken und Gefahren.

China und Russland werden, oftmals hinter den Kulissen, zusammenarbeiten, um den Rest der Welt davon zu überzeugen, dass die USA sich in einen Schurkenstaat verwandelt haben. Sie werden so argumentieren, um internationale Unterstützung für eine multipolare Welt zu gewinnen. Diese Entwicklung könnte nur verlangsamt werden, wenn die USA aufhörten, sich wie ein Schurkenstaat zu benehmen. Mit Mike Pompeo als Außenminister und John Bolton als Nationalem Sicherheitsberater scheint das jedoch zunehmend unwahrscheinlich.

Michael Krieger stammt aus New York und ist Herausgeber der Website https://libertyblitzkrieg.com. Er ist weder Demokrat, noch Republikaner, er will sich bewusst jeder politischen Einordnung entziehen.

Redaktionelle Anmerkung: Dieser Text erschien zuerst unter dem Titel „As Trump Berates Iran, His Options are Limited“. Er wurde vom ehrenamtlichen Rubikon-Übersetzungsteam übersetzt und vom ehrenamtlichen Rubikon-Korrektoratsteam korrigiert.





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