War es der Russe?
Autor: U. Gellermann
Datum: 24. Mai 2018
Kaum sind Vater und Tochter Skripal – die angeblichen Opfer eines russischen Gift-Anschlages – mangels Beweisen in der Mediengruft des öffentlichen Schweigens verschwunden, zeigt der nächste deutsche Medienfinger erneut auf die Russen: Danach stammte der Raketenwerfer, von dem aus 2014 die malaysische Passagiermaschine MH 17 über der Ukraine abgeschossen wurde, vom russischen Militär. Ein internationales Ermittler-Team habe seinen Bericht vorgelegt, wird von der "Tagesschau" berichtet. Und von den epigonalen deutschen Blättern im Chor nachgesungen: FOCUS, SÜDDEUTSCHE, SPIEGEL, alle, alle verkünden diese angebliche Nachricht im Brustton der Überzeugung. Kaum jemand mag erzählen, wer denn dieses Team ist und was es denn genau gesagt hat.
Das "Joint Investigation Team JIT" ist einfach eine „gemeinsame Ermittlungsgruppe“, die auf Zeit für einen bestimmten Fall unter Beteiligung von Behörden aus zwei oder mehr EU-Mitgliedstaaten zusammentritt. Im MH 17-Team JIT arbeiten die niederländische Staatsanwaltschaft und die niederländische Nationalpolizei mit den Polizei- und Justizbehörden von Australien, Belgien, Malaysia und der Ukraine zusammen. Kein Russe, versteht sich. Denn die Russen wurden ja von Beginn an als Täter angesehen. So gehen voreingenommene Ermittlungen. Und auch wie die Ermittler zu ihren Ergebnissen gekommen sind, ist spannend: Jennifer Hurst, Kommandantin der australischen Bundespolizei und Teil des JIT, erläuterte den Befund auf der Grundlage einer Animation. Was mag das für eine Animation gewesen sein? Video? Foto-Shop? Virtuelle Realität? Jedenfalls hat das Team dringend die Öffentlichkeit aufgerufen, Hinweise für weitere Ermittlungsschritte zu geben. Von einer Schuldzuweisung ist nicht die Rede. Auch nicht von Beweisen.
Das alles lässt sich auf der Web-Site des "Openbaar Ministerie", der niederländischen Staatsanwaltschaft, die in der Ermittlungsgruppe mitarbeitet, nachlesen. Auf deren Website lassen sich auch zwei fantasievolle Videos aufrufen, die kyrillisch untertitelt sind. Das sind die Schriftzeichen, die in der Ukraine verwandt werden. Die Untertitel sind nicht in Englisch, der Sprache, die in den Niederlanden, in Australien und auch in Malaysia – den Nationen aus denen die Ermittler kommen – verstanden und genutzt wird. Sondern in jener Schriftsprache, die das ukrainische Propagandaministerium verwendet. Und natürlich auch der ukrainische Geheimdienst. Das mag die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG zum Beispiel ihren Lesern nicht mitteilen. Aber dies: "Damit rückt auch die politische Verantwortung von Präsident Wladimir Putin für den Tod der 298 Insassen in den Fokus."
Bei dieser Form von öffentlicher Schnell-Justiz muss es nicht wundern, dass die offenkundig hilflose Sprecherin des internationalen Ermittler-Teams, Jennifer Hurst, eine imaginäre Öffentlichkeit dringend um Hilfe bittet: Sachdienliche Hinweise können sicher bei der nächsten Polizei-Dienststelle abgeliefert werden. Aber sicher auch bei den deutschen Medien: Denn die haben schon lange große Mühe, Gründe für die Sanktionen gegen Russland zu finden.
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