Entnommen: https://www.freidenker.org/?p=19902
Kriegshetzer in der Deutschen „Friedensgesellschaft“ gegen Friedensdemonstration
24. September 2024
Webredaktion
Von Klaus Hartmann
Wenn Wüterich Kiesewetter, Strack-Rheinmetall oder Panzertoni Hofreiter
von Friedensdemonstrationen nicht erbaut sind, verwundert das
ebensowenig wie beim Bundeskanzler, für den die Demonstranten „gefallene
Engel aus der Hölle“ sind oder seinem „Verteidigungs“-Minister, der
Deutschland lieber kriegstüchtig als friedensfähig sehen will. Doch wenn
eine Organisation, die lange für einen Teil der Friedensbewegung
gehalten wurde, ins gleiche Horn stößt, ist das von ganz anderer
Qualität.
Manche Fragen zu stellen bedeutet, sie zu beantworten. „Von der
Friedensbewegung zur Weltuntergangssekte?“ ist so eine Frage, und sie
wird (rhetorisch) gestellt vom Berliner Landesvorstand der DFG-VK.
Ausgeschrieben bedeutet das „Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte
Kriegsdienstgegner“, und das ist ein großer Name. Die Gesellschaft
blickt auf eine lange, verdienstvolle Geschichte zurück. Sie wurde schon
1892 gegründet, und die Initiatorin war Bertha von Suttner, die erste
Friedensnobelpreisträgerin, wie die Internetseite der Organisation
https://dfg-vk.de/unsere-geschichte/ nebst ungezählten schriftlichen
Dokumenten auch stolz verkündet. Verschwiegen wird hingegen, dass
Genossin Bertha organisierte (österreichische) Freidenkerin war. Ihre
berühmte Losung „Die Waffen nieder! war auch Titel ihres Romans, mit dem
sie 1889 versuchte, gegen die Vorbereitungen zum ersten
imperialistischen Weltkrieg zu mobilisieren.
In dieser Tradition der Mobilisierung gegen einen Weltkrieg scheinen die
heutigen Protagonisten dieser Organisation nicht zu stehen. Doch wie
begründen die Berliner Friedensgesellschafter ihre infame „Frage“? Sie
wenden sich gegen die zum 3. Oktober 2024 in Berlin aufgerufene
bundesweite Demonstration der Friedensbewegung, und bereits das Datum
bringt sie auf die Palme: „Ausgerechnet am 3. Oktober, dem Tag der
Deutschen Einheit, soll es soweit sein“, als handele es sich um ein
Sakrileg, den heiligen Staatsfeiertag mit dem profanen Verlangen nach
Frieden sozusagen zu entehren respektive zu schänden.
Dem zur Demonstration aufrufenden Bündnis „Nie wieder Krieg“ wird
attestiert, dass es sich „längst aus jeder Menge Verschwörungsschwurbeln
zusammensetzt, die sich gegenseitig in Weltuntergangsfantasien,
Pressehass und Größenwahn bestärken“, woraus folgt: „Die DFG-VK sollte
sich von diesem Bündnis fernhalten!“ Es ist bemerkenswert, dass
Presseerzeugnisse, die permanent Hass auf Russland propagieren,
angeblich von diesem Bündnis bestärkt werden sollen – den Nachweis
bleibt die DFG-VK natürlich schuldig.
Dem Bündnis-Protagonisten Reiner Braun wirft sie vor, er habe „sich in
den letzten drei Jahren allergrößte Mühe gegeben, die Reste der
Corona-Hass-Verschwörungswahnsinnigen in seinen Bundesausschuss
Friedensratschlag zu integrieren“. Das ist schon wieder eine Unwahrheit –
es gab zu keiner Zeit Integrationsversuche gegenüber Jens Spahn oder
Karl Lauterbach, Alena Buyx oder Frank Ulrich Montgomery, Saskia Esken
oder Janosch Dahmen.
Besonders erregen sich die Friedensgesellschafter über den Satz „Statt
sich für Frieden einzusetzen, liefert der Westen – einschließlich der
Bundesregierung – immer mehr Waffen und beschleunigt die Eskalation
durch die Erlaubnis, diese auch gegen russisches Gebiet einzusetzen.“
Das würde „Russland völlig unzutreffend eine Opfer-Rolle“ zuweisen, und
man weigere sich, „Russland-Propaganda nachzuquatschen“. Sie quatschen
lieber NATO-Propaganda nach, wenn „in unseren Augen“ ein „recht
besonnene(s) Auftreten der Nato-Staaten“ stattfindet, nämlich:
„zögerliche Waffenlieferungen, Waffenlieferungen mit starken
Nutzungseinschränkungen, keine Flugverbotszonen, keine Friedenstruppen“.
Ganz anders der Friedensdemoaufruf: Mit seiner Warnung vor einer
Entwicklung „gefährlich in Richtung Großkrieg … bediene (er) lieber
alter Feindbilder“.
Da freut sich die DFG-VK doch lieber über den Beginn einer wunderbaren
Freundschaft – mit den USA. Deren Kriegsdrohung „Falls Russland
taktische Nuklearwaffen in der Ukraine einsetzt, werden sie helfen, die
Souveränität der Ukraine wiederherzustellen, indem sie ganz
konventionell nicht-nuklear alle russischen Besatzungstruppen in der
Ukraine und alle Schiffe im Schwarzen Meer versenken“ bejubeln unsere
etwas aus der Art geschlagenen Friedensfreunde, die „Ansage sei sehr
klar, deutlich und begrenzt“. Ganz anders der Demo-Aufruf-Satz: „Wir
alle sollen kriegstüchtig gemacht werden“ sei einer „in den Schwurbel
mit wirren bis antisemitischen Vorstellungen beliebige Hetz- und
Hassfantasie hineininterpretieren und sich aufgehoben fühlen können“.
Ein Feindbild bedienen die Friedensgesellschafter aber auch, und es ist
das der NATO-Propagandisten: Es sei das „russischen Regime, das ständig
und andauernd dem Rest der Welt mit seinen Atomwaffen droht“.
Übereinstimmend verdrehen sie die Warnung der russischen Seite, dass
immer neue Waffenlieferungen an die Ukraine die Gefahr einer direkten
Kriegsbeteiligung der NATO-Staaten und die Eskalation zum 3. Weltkrieg
mit dem Einsatz von Atomwaffen heraufbeschwören.
Die „klassischen Forderungen aus der Friedensbewegung“ machen die
DFG-VKler als „wirres Sammelsurium“ nieder, die Forderung „Keine
Einschränkung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit“ glauben sie
ernsthaft kommentieren zu müssen mit „Als ob es eine solche
Einschränkung gäbe“, und die Forderung nach „sachlicher
Berichterstattung“ wird gekontert: „Als wären die
Presseberichterstattungen über die Friedensschwurbel nicht sachlich. Der
Absatz soll suggerieren, dass die Berichterstattung über die
Friedensbewegung total undemokratisch und unsachlich sei.“ Welchen
Begriff von Sachlichkeit die DFG-VK hat, tut sie mit ihrem Text zur
Genüge kund, und deshalb gehen ihnen Hetzartikel gegen die
Friedensbewegung in den „Qualitätsmedien“ auch runter wie Öl, und Kritik
daran muss selbstredend „einen pressefeindlichen Hintergrund“ haben.
Ein online-Vorbereitungstreffen für die Demonstration am 3. Oktober 2024
fand am 30. Juni mit 250 Teilnehmern statt, die Kundschafter des
Krieges waren auch dabei, allerdings beklagen sie „es war sehr schwer
auszuhalten“. Aus ihrer folgenden Suada lässt sich schließen, dass sie
tatsächlich einen schweren Schaden davongetragen haben, allerdings
möglicherweise nicht erst von dieser Veranstaltung: Die Teilnehmer seien
gekommen, um „ihrem Sektenführer Reiner zu lauschen. Vereint waren fast
alle der Teilnehmenden in Weltuntergangsfantasien.“ „Im Treffen
regierte die Panik vor einem ‚Dritten Weltkrieg‘. Das war bei einigen
fast wahnhaft“. Doch welcher Wahn hat jene befallen, die den Dritten
Weltkrieg in Anführungszeichen schreiben müssen? Denken sie etwa, dass
sich Russland nicht wehren wird, wenn ukrainischen Angriffe in die Tiefe
Russlands mit Waffen aus westlicher Produktion stattfinden, die
Zielkoordinaten von US-Satelliten stammen, und von Militärpersonal der
NATO-Länder in die Raketen eingespeist werden?
Ohne Bundestagsvotum, geschweige denn öffentliche Diskussion,
verkündeten Scholz und Baerbock beim NATO-Gipfel in Washington den
„Beschluss“ zur Stationierung neuer US-Raketen in Deutschland ab 2026,
die bis zur Kündigung des INF-Vertrags durch die USA verboten waren.
Dazu zählt die Hyperschallrakete „Dark Eagle“ mit einer Flugzeit von 10
Minuten bis Moskau, von der Nord-Ukraine nur 5 Minuten – eine typische
Erstschlagswaffe. Sie macht Deutschland zum potenziellen Ziel eines
Gegenschlages. Aber den Berliner DFG-Vklern in dieser Situation nur ein:
„Die Russland-Apologie hat schließlich Tradition in der
Friedensbewegung.“ Jedenfalls hat ihre eigene NATO-Apologie keine
Tradition in der Friedensbewegung– und auch keinen Platz.
Moniert werden weiterhin „viele positive Bezüge auf Sahra Wagenknecht“,
Aussagen wie „Die USA sind an allem schuld“, „Deutschland ist Vasalle
der USA“, „es müsse versucht werden, einen Schulterschluss zwischen
‚alten‘ und ‚neuen‘ Protestbewegungen zu schaffen“ und „Wir sind eine
Friedensbewegung“. Die Bezeichnung ‚Neue Friedensbewegung“ sei „eine
euphemistische Selbstbezeichnung für
Corona-Hass-Verschwörungsschwurbel“. Die Autoren brüsten sich mit ihrem
Untertanengeist und geben zu erkennen, dass sie selbst weiterhin
unerschütterlich und in Treue fest zu den irrsinnigen, diktatorischen
Corona-„Maßnahmen“, der Außerkraftsetzung von Grundrechten und den
Angstmachern im Dienste der Pharma-Konzerne stehen. Ob das auch so sein
wird, wenn demnächst mal das Recht auf Kriegsdienstverweigerung
suspendiert wird?
Und der Bundesverband der DFG-VK? Er ruft seine Berliner Statthalter
nicht etwa zur Ordnung, sondern kritisiert ebenfalls angebliche
Wortmeldungen beim Vorbereitungstreffen wie: „Man solle Wladimir Putin
nicht verurteilen – er habe keinen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg
begonnen; die Friedensbewegung müsse endlich mit politisch rechten
Kräften zusammengehen; Teilnehmende der großen Anti-AfD-Demonstrationen
am Anfang des Jahres seien vom Staat finanziert worden.“
Der Bundesverband weiter: „Seit 2014 gibt es Versuche politisch rechter
Kräfte, Friedensproteste zu unterwandern. Zudem springen zunehmend
Anhänger*innen aus dem Spektrum der ‚Corona-Leugner*innen‘ die oft
antisemitischen und nationalistischen Verschwörungsmythen anhängen, auf
das Thema ‚Frieden‘ auf.“ (Interpunktionsfehler im Original.) Ihr
Berliner Ableger kommt zu dem Schluss: „Die Friedensbewegung muss
endlich lernen, einen Bogen um Russland-Fanmeilen zu machen.“ Die DFG-VK
darf das gerne so halten, und ansonsten ihre bevorzugte Nachbarschaft
zum NATO-Hauptquartier pflegen und sich auf der Atlantik-Brücke
wohlfühlen.
Es gibt schon eine Reihe ehemals fortschrittlicher Organisationen, die
inzwischen offenbar von den „Diensten“ übernommen wurden. Wir müssen
alles tun, um die Spaltungs- und Zersetzungsversuchen gegenüber der
Friedensbewegung zurückzuweisen. Aktuell ist das wirksamste Mittel
dafür, die Demonstration am 3. Oktober 2024 zum Erfolg zu machen, indem
wir viele Teilnehmer dafür mobilisieren. Man muss nicht mit jeder
einzelnen Formulierung eines Aufrufs übereinstimmen, in
„Bündnisaufrufen“ wird ohnehin niemand seine eigene Position in
Reinkultur wiederfinden. Man muss nicht unbedingt selbst unterschreiben,
aber die Frage der Teilnahme und Unterstützung ist eine ganz andere:
Wir müssen auf die Straße, um den wahnsinnigen Kurs auf Aufrüstung,
Sterbehilfe für die Ukraine und Kriegseskalation gegenüber Russland zu
stoppen.
Keine Zustimmung zur Stationierung neuer US-Raketen!
NATO raus – aus der Ukraine und aus Deutschland!
Klaus Hartmann ist stellvertretender Bundesvorsitzender des Deutschen Freidenker-Verbandes
Auch veröffentlicht am 24.09.2024 auf apolut.net
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