Angriffe mit Langstreckenwaffen: Die Gefahr eines großen Krieges beherrscht die russischen Nachrichten
VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 17. SEPTEMBER 2024 ⋅ HINTERLASSE EINEN KOMMENTAR
von Thomas Röper – https://anti-spiegel.ru
Westliche Medien haben es kaum zur Kenntnis genommen, aber in russischen
Medien ist das wohl beherrschende Thema die Gefahr des Dritten
Weltkrieges, den die Erlaubnis an Kiew, mit aus dem Westen gelieferten
Raketen tief nach Russland zu feuern, aus russischer Sicht auslösen
dürfte.
Ich habe in den letzten Tagen in mehreren Artikeln über die Erklärungen
aus Russland berichtet, die die Diskussion im Westen ausgelöst hat, Kiew
zu erlauben, mit aus dem Westen gelieferten Waffen Ziele tief im
russischen Hinterland zu beschießen. Aus russischer Sicht ist das
offenbar die rote Linie, deren Überschreiten dazu führen würde, dass
Russland Ziele der NATO angreifen müsste. Präsident Putin hat gewarnt,
dass die Erlaubnis an Kiew, diese Waffen gegen Russland einzusetzen,
einen Krieg der NATO gegen Russland bedeutet. Der einflussreiche
russische Politologe Karaganow hat atomare Präventivschläge gegen
NATO-Staaten gefordert und der russische Außenminister Lawrow hat
deutlich gesagt, dass die NATO de facto schon im Krieg mit Russland ist.
Das war am Sonntagabend auch das wohl beherrschende Thema im
wöchentlichen Nachrichtenrückblick des russischen Fernsehens, weil es in
mehreren Beiträgen tonangebend war. Hier übersetze ich einen der
Beiträge, in dem der Moderator der Sendung erklärt hat, worum es bei dem
Thema geht und warum es so gefährlich ist.
Beginn der Übersetzung:
Putin warnt vor Russlands Reaktion auf Angriffe mit Langstreckenwaffen
Es ist ein gefährliches Thema, dass diese Woche in den Vordergrund
gerückt ist. Vorbereitet wurde es schon lange, um alle auf die Idee
vorzubereiten. Aus der Ukraine darf man Russland nicht nur mit Drohnen,
sondern auch mit Langstreckenraketen beschießen, nach dem Motto, als
Antwort wird nichts Schlimmes passieren.
Ist doch egal, womit. Und überhaupt, es ist ja Krieg.
Konkret wurde das Thema beim Besuch des US-Außenministers Anthony
Blinken und des neuen britischen Außenministers David Lammy in dieser
Woche in Kiew angesprochen. Selensky unterstützte das
verständlicherweise nachdrücklich.
Am Freitag brachte der britische Premierminister Starmer die Raketenidee bereits bei Präsident Biden in den USA vor.
Aber das ist alles nur Tarnung. Die Entscheidungen über Raketenangriffe
aus der Ukraine auf Russlands Hinterland sind längst gefallen. Das ist
eine große Herausforderung für uns, denn es verändert den Charakter
dieses Krieges. Am Donnerstag hat Präsident Putin in einem Interview mit
Pawel Sarubin, dem Co-Moderator der Sendung „Moskau. Kreml. Putin“,
ausführlich erklärt, was das bedeutet:
„Es geht darum, dass die ukrainische Armee – ich habe darüber bereits
gesprochen, und jeder Experte sowohl in unserem Land als auch im Westen
wird das bestätigen – nicht in der Lage ist, mit modernen
Präzisionssystemen mit großer Reichweite aus westlicher Produktion
anzugreifen. Das kann sie nicht. Das ist nur mit Hilfe von
Satelliten-Informationen möglich, über die die Ukraine nicht verfügt,
das sind Informationen, die nur von Satelliten der EU oder der USA, also
von NATO-Satelliten, kommen. Das ist das Erste.
Das Zweite und sehr Wichtige, vielleicht Entscheidende ist, dass nur
NATO-Soldaten Flugpläne für diese Raketensysteme erstellen können.
Ukrainische Soldaten können das nicht tun.“
Noch einmal, das heißt: Die Weltraumaufklärung, also die Information
über Ziele auf unserem Territorium, kommt von der NATO. Die
Programmierung der Flüge und der Abschuss erfolgen ebenfalls durch
NATO-Offiziere.
Was kommt von der Ukraine? Das Territorium. Das ist alles. Ja, die
Ukraine ist nicht in die NATO eingetreten, aber die NATO ist mit ihren
Raketen bereits in die Ukraine eingetreten. Und wenn das so ist, dann
muss man Kiew nach nichts fragen. Was soll man da fragen? Und was hängt
von ihm ab?
Putin sagte weiter:
„Es geht also nicht darum, dem ukrainischen Regime zu erlauben, Russland
mit diesen Waffen anzugreifen oder nicht. Es geht um die Entscheidung,
ob die NATO-Länder direkt in den militärischen Konflikt verwickelt
werden oder nicht.
Wenn diese Entscheidung getroffen wird, bedeutet das nichts anderes als
eine direkte Beteiligung der NATO-Länder, der USA und der europäischen
Länder, am Krieg in der Ukraine. Das ist ihre direkte Beteiligung, und
das verändert natürlich das Wesen, die Natur des Konflikts erheblich.
Das wird bedeuten, dass sich die NATO-Länder, die USA und die
europäischen Länder im Krieg mit Russland befinden. Und wenn das so ist,
dann werden wir in Anbetracht der veränderten Natur dieses Konflikts
und auf der Grundlage der Bedrohungen, die sich für uns ergeben, die
entsprechenden Entscheidungen treffen.“
Putin sagt ganz klar, dass ein Raketenangriff von der Ukraine auf
Gebiete tief in Russland einen direkten militärischen Zusammenstoß mit
Amerika und der NATO bedeuten wird, und das ist, wie man so schön sagt,
schon ein anderes Paar Schuhe. Russland hat keine Wahl und wird darauf
reagieren müssen. Die Frage ist nur, wie?
Die Antwort müsste im Prinzip schon fertig sein. Es ist klar, dass es
sich um eine Antwort mit Raketen handelt. Was sonst? Es ist klar, dass
die Raketen bereits in Alarmbereitschaft und sogar auf ihre Ziele
ausgerichtet sind. Die Frage ist nur, auf welche?
Wir werden es bald herausfinden, wenn etwas zu uns fliegt. Und jeder,
der Putin persönlich kennt, weiß, dass seine Hand nicht zögern wird.
Aber die Welt ist jetzt an einem sehr gefährlichen Punkt. Dies könnte
der gefährlichste Moment seit langer Zeit sein.
Eine wichtige Klarstellung kam diese Woche vom russischen Außenminister
Sergej Lawrow. Die Entscheidungen, tief in Russland einzugreifen, wurden
bereits getroffen. Und zwar schon seit langem:
„Wir haben keinen Zweifel daran, dass die Entscheidung, die
Beschränkungen für den Einsatz von Langstreckenwaffen für Angriffe auf
russisches Gebiet aufzuheben, schon vor langer Zeit getroffen wurde.
Jetzt versucht man, der Öffentlichkeit das schöner, dezenter und
eleganter zu präsentieren. Wir verstehen, dass der kollektive Westen
diesen Krieg gegen Russland als existenziell bezeichnet hat. Das Ziel
ist es, uns eine „strategische Niederlage“ zuzufügen. Ich möchte Sie
daran erinnern, dass andere „große“ Persönlichkeiten in der Geschichte
der internationalen Beziehungen, darunter Napoleon und Hitler, sich die
gleichen Ziele gesetzt haben.“
Ja, aber gegen Napoleon und Hitler mussten wir direkt kämpfen. Und wie.
Und zwar ohne jede Einschränkung, mit aller Macht. Jetzt, im Falle von
Raketenangriffen tief ins Innere Russlands, geht es um einen
Frontalzusammenstoß mit den USA und der NATO. Noch einmal, falls es
jemand nicht gehört hat, Putin sagte:
„Wenn diese Entscheidung getroffen wird, bedeutet das nichts anderes als
eine direkte Beteiligung der NATO-Länder, der USA und der europäischen
Länder, am Krieg in der Ukraine. Das ist ihre direkte Beteiligung, und
das verändert natürlich das Wesen, die Natur des Konflikts erheblich.
Das wird bedeuten, dass sich die NATO-Länder, die USA und die
europäischen Länder im Krieg mit Russland befinden.“
Es ist klar, dass über die russische Antwort nicht nur im Hauptquartier
des Oberbefehlshabers und nicht nur im Generalstab nachgedacht wird.
Über das Thema diskutieren auch einfache Leute, und in der Presse werden
verschiedene Ideen geäußert. In einem Interview mit der Zeitung
„Kommersant“ äußerte sich beispielsweise ein Politikwissenschaftler und
vielleicht sogar der führende russische Politikwissenschaftler, der sehr
einflussreiche Sergej Karaganow:
„Die ersten Schläge sollten natürlich nicht nuklear sein. Aber als
Nächstes werden wir natürlich Einrichtungen in NATO-Ländern angreifen
müssen, die eine wichtige Rolle bei der Versorgung des Kiewer Regimes
spielen. Wenn das sie nicht aufhält, dann machen wir weiter.“
Danach folgt der Einsatz von Atomwaffen zur Selbstverteidigung, wie es
die derzeitige Doktrin vorsieht. Raketenangriffe tief auf russisches
Territorium sind ein Schritt in diese Richtung.
Wie auch immer, der amerikanische Multimilliardär Elon Musk kommentierte
die Entscheidung, Raketenangriffe tief in Russland zu starten, mit den
Worten:
„Ich habe ein schlechtes Gefühl dabei“.
Und weiter schrieb er:
„Das ist mit Sicherheit ein Schritt in Richtung Dritter Weltkrieg.“
Und Musk ist nicht der Einzige. Nachdem das US Army Corps of Engineers
einen 34-Millionen-Dollar-Auftrag erteilt hatte, um die Auswirkungen von
Atomwaffen auf die Landwirtschaft, auch in Osteuropa und Russland,
digital zu simulieren, hat das Time Magazine schnell und für weit
weniger Geld ein eigenes Video gedreht, in dem es alles einfach erklärt:
„Die allerersten Schläge sind hochfrequente elektromagnetische Impulse,
die die Elektronik und Stromnetze durchschmoren, der elektromagnetische
Impuls wird Zehntausende von Volt pro Meter betragen. Die nächsten
Schläge würden Kommando- und Kontrollzentren und unterirdische
Raketensilos treffen.
Landgestützte ballistische Interkontinentalraketen fliegen eine halbe
Stunde. Die Ziele werden Megacitys sein. Jeder Einschlag wird einen
Feuerball erzeugen, so glühend wie die Sonne. Darauf folgt eine
pilzförmige radioaktive Wolke. Diese gewaltigen Explosionen werden die
Menschen in ihrer Umgebung verbrennen, und alles wird in Flammen
aufgehen. Der sich ausbreitende Feuerball wird eine Druckwelle
verursachen, die Gebäude beschädigen und die nächstgelegenen zerstören
wird.
Großbritannien und Frankreich verfügen über Atomwaffenarsenale und sind
nach Artikel 5 der NATO-Charta verpflichtet, die USA zu verteidigen.
Russland wird daher auch sie angreifen. Feuerstürme verschlingen viele
Städte. Schwarze Kohlenstoffwolken aus den nuklearen Feuerstürmen führen
zu einem nuklearen Winter. Sogar im Sommer. Laut einer aktuellen
wissenschaftlichen Studie könnten über fünf Milliarden Menschen
verhungern, darunter etwa 99 Prozent der Bevölkerung der USA, Europas,
Russlands und Chinas.“
Die Lage ist so, dass die Nachfrage nach Atombunkern in Amerika wieder
boomt, berichtet FoxNews. Der Besitzer eines solchen Unternehmens in
Dallas, Ron Hubbard, ist zufrieden: „Im Moment boomt das Geschäft. Wir
stellen Bunker her, die zwischen einer Million Dollar und 20.000 Dollar
kosten. Einige unserer Bunker kosten sogar mehr als eine Million. Im
Durchschnitt kosten die meisten Bunker, die wir bauen, etwa eine halbe
Million Dollar, weil die Kunden, die jetzt Bunker kaufen, keine armen
Leute sind.“
Es gibt auch eine Nachfrage nach privaten Luxusbunkern. Die Schwestern
Kim und Chloe Kardashian zum Beispiel sind stolze Besitzerinnen.
Aber wozu dieser Bunker, wenn man im Falle einer nuklearen Apokalypse nirgendwohin mehr rausgehen kann?
Ja, und am Samstag kamen interessante Neuigkeiten aus Washington,
genauer gesagt aus dem Weißen Haus, wo Biden manchmal noch ist. In der
Regel zu offiziellen Anlässen. Jetzt fand ein Treffen mit dem britischen
Premierminister Starmer statt, der Biden einen Plan für Raketenangriffe
gegen Russland mitbrachte. Putin hat dazu die direkte – direkter geht
es nicht – Warnung ausgesprochen.
Es geht darum, dass die Zeiten aufgrund der Bedrohung Russlands durch
Raketen der USA und der NATO schlimmer sind als die Kuba-Krise von 1962.
Bislang war die Kubakrise das kalibrierte Maß für die Verschlechterung
der Beziehungen zwischen Moskau und Washington. Jetzt ist die Situation
noch viel gefährlicher. Es ist klar, dass Journalisten Biden genau
danach gefragt haben.
„Was halten Sie von Putins Aussage über Kriegsgefahr, Herr Präsident?“
Bidens Antwort war:
„Ich denke nicht viel an Wladimir Putin.“
Das wäre ein kurzer Einblick in die düsteren Gedanken des derzeitigen
US-Präsidenten Biden. An das drängendste Problem der Welt, die Bedrohung
durch einen großen Krieg, denkt er „nicht viel“.
Das macht es umso unheimlicher.
Ende der Übersetzung
https://anti-spiegel.ru/2024/die-gefahr-eines-grossen-krieges-beherrscht-die-russischen-nachrichten/
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