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Tribüne für Kommunisten, Sozialisten und andere Linke RotFuchs
ROTFUCHS
Juni 2024
Der 22. Juni und "Der heilige Krieg"
Wer am 8. und 9. Mai an einem der drei großen sowjetischen Ehrenmale
in Berlin – im Treptower Park, in Tiergarten oder in Schönholz – der
Befreier und Sieger der Roten Armee gedenken wollte, mußte durch
Polizeikontrollen, teilweise mit Leibesvisitationen. Im Tiergarten
erlebte ich, wie eine ältere russische Frau, die das Bild eines
Rotarmisten im A5-Format mit sich trug, zurückgewiesen wurde:
Abbildungen sowjetischer Uniformen waren laut der „Allgemeinverfügung“
der Berliner Polizei, die vom 8. Mai 6 Uhr bis zum 9. Mai 22 Uhr galt,
im Umfeld der Ehrenmale verboten. Das war schon im vergangenen Jahr so –
diesmal hatten sich die amtlichen Tüftler antirussischer Schikanen
zusätzlich ausgedacht: „Das Abspielen und Singen russischer Marsch- bzw.
Militärlieder, (insbesondere aller Varianten des Liedes ‚Der heilige
Krieg‘, Swjaschtschennaja woina), … sind untersagt.“
Der Text des Liedes von Wassili LebedewKumatsch erschien am 24. Juni
1941 in der „Iswestija“, zwei Tage später hatte es Alexander Alexandrow
vertont. Am Belorussischen Bahnhof in Moskau, wo Freiwillige an die
Front verabschiedet wurden, erlebte es seine Uraufführung. Die deutsche
Fassung von Stephan Hermlin sang Ernst Busch, sie war in der DDR auf
Schallplatten verbreitet. Die erste Strophe und der Refrain lauten:
„Steh auf, steh auf, du Riesenland! / Heraus zur großen Schlacht! / Den
Nazihorden Widerstand! / Tod der Faschistenmacht! / Es breche über sie
der Zorn / wie finstre Flut herein. / Das soll der Krieg des Volkes, /
der Krieg der Menschheit sein.“
Wer diesen antifaschistischen Text und die Melodie, die Flaggen und
Symbole der Sieger von 1945 verbietet, weiß, was er macht und auf welche
Seite er sich stellt. Auf die Seite derjenigen, die aus Osteuropa eine
Kolonie bis zum Ural machen und die Bevölkerung der Sowjetunion ermorden
oder als Arbeitssklaven ausbeuten wollten. Die Berliner
„Allgemeinverfügung“, die so selbst in den meisten westdeutschen Städten
undenkbar, in Ostdeutschland außerhalb Berlins für große Teile der
Bevölkerung eine Schändung wäre, ist Ausdruck der Bereitschaft in der
deutschen herrschenden Klasse, das 1945 Gescheiterte zu wiederholen. In
fünf bis sechs Jahren, lügen Minister und Generäle regelmäßig, sei mit
einem Angriff Rußlands auf einen NATO-Staat zu rechnen. Dem Ziel,
Bundeswehr und Gesellschaft „kriegstüchtig“ zu machen, ordnet die
Bundesregierung alles unter. Eine mäßigende Stimme wie die des
SPD-Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich wird von den Bürgermedien, die
den Krieg wie stets schon führen, bevor er offiziell begonnen hat,
niedergebrüllt.
Nein, die Bundesrepublik ist kein faschistischer Staat, sie verfolgt
lediglich die gleichen Ziele, die der deutsche Imperialismus 1914 mit
Hilfe der kaiserlichen Armee (und der SPD) und ab 1933 mit Hilfe des
Faschismus und der Wehrmacht erreichen wollte: Die Zerschlagung des
größten Landes der Erde Zum gleichen Zweck ließen die USA nach 1945 das
deutsche Monopolkapital in Westdeutschland wiederauferstehen, wurden die
BRD 1949 und die Bundeswehr 1955 gegründet. Die DDR war der Riegel, der
eine Wiederholung des 22. Juni 1941, des Überfalls auf die Sowjetunion,
mit verhinderte. Das Ende der DDR bedeutete die Wiederkehr der alten
Pläne. Hinzu kam: Ukrainische Nationalisten, Faschisten und sogenannte
Liberale stellten seit 1991 ihr Land für den Aufmarsch der NATO gegen
Rußland bereit. Bereits 2003 beteiligte sich die Ukraine an der
„Koalition der Willigen“, die unter Führung der USA völkerrechtswidrig
in den Irak einfiel. 2006 hatte Kiew dort noch 1650 Soldaten stationiert
Der 22. Juni und „Der heilige Krieg“ – das sechstgrößte Kontingent. Der
Putsch von 2014 ermunterte die von den USA und der NATO ausgehaltene
Regierungsclique in Kiew, Rußland sogar mit der Stationierung von
Atomwaffen zu drohen.
Der Westen und die deutsche Bundesregierung haben dieses Angebot nicht
nur angenommen, sie führen den Ukrainekrieg längst direkt gegen Rußland,
auch mit eigenen Truppenteilen, nutzen aber vor allem ukrainische
Soldaten als Kanonenfutter. Sie riskieren bewußt erneut einen Weltkrieg,
der diesmal das Ende der Menschheit bedeuten würde. In der BRD und
speziell ihrer Hauptstadt heißt das für die Herrschenden: Alles zu tun,
um den 22. Juni 1941, um 27 Millionen tote Sowjetbürger, um den 8. und
den 9. Mai 1945 aus dem Gedächtnis zu streichen. Das hatte schon in der
alten BRD funktioniert. Sie werden auch diesmal nur durch militärische
Macht zum Frieden zu zwingen sein. Arnold Schölzel
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