Medwedew: Der demente Westen treibt unsere kleine Welt zur atomaren Apokalypse
VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 4. JULI 2023 ⋅ HINTERLASSE EINEN KOMMENTAR
von https://meinungsfreiheit.rtde.life
Bild: Der Vize-Vorsitzende des Sicherheitsrates, Dmitri Medwedew,
besucht einen Truppenübungsplatz im Gebiet Wolgograd am 1. Juni. Quelle:
Sputnik
Der russische Ex-Präsident Dmitri Medwedew hat in einem Aufsatz seine
Vorstellung für das Ende des Ukraine-Konflikts beschrieben. Es könnte
jedoch Jahrzehnte dauern, bis die Konfrontation mit einem Akt beendet
werden kann. Ein Weltkrieg mit gegenseitiger Vernichtung durch
Atomwaffen sei jedoch sehr wahrscheinlich.
Der russische ehemalige Premierminister, Ex-Präsident und amtierende
Vize-Chef des Sicherheitsrates, Dmitri Medwedew, ist mit Sicherheit der
bekannteste russische Politblogger, der zugleich in Moskau auch ein
hohes politisches Amt bekleidet. Seine oft sehr spitz formulierten
Gedanken zu politischen Konflikten der Gegenwart teilt er auf seinen
Telegram-Kanälen, seine Kurzkommentare kann man auf Twitter lesen. Am
Sonntag hat er in der russischen Parlamentszeitung Rossijskaja Gaseta
seine Einschätzung zum wichtigsten Konflikt unserer Zeit in einem
längeren Aufsatz veröffentlicht.
Dieser sei zweifellos der Kampf des von Angelsachsen angeführten Westens
für die globale Weltherrschaft gegen den Rest der Welt, wobei Letzterer
immer mehr “Würgereiz” bekomme, wenn er vom Leben gemäß einer
“regelbasierten Ordnung” nach westlichem Zuschnitt hört. Die Opposition
gegen den kollektiven Westen sei global geworden. Medwedew stellt fest:
“Die Jahre 2022-2023 werden in die Geschichte eingehen als Zeit eines
gewaltigen zivilisatorischen Bruches und als Höhepunkt der
existenziellen Krise der Menschheit im 21. Jahrhundert.”
Wenn der Ukraine-Konflikt seinen bisherigen Verlauf fortsetzt, wird er in einer Katastrophe enden
Er geht erneut auf die Gründe für den russischen Einmarsch in die
Ukraine ein: Russland habe auf der Grundlage von Artikel 51 der
UN-Charta von seinem Recht auf Selbstverteidigung Gebrauch gemacht.
Erwähnt werden auch russische Verhandlungsangebote, die Russland Ende
2021 an die NATO und die USA überreicht hat. “Wir haben immer nur um
eines gebeten ‒ unsere Anliegen zu berücksichtigen und ehemalige Teile
unseres Landes nicht in die NATO einzuladen. Insbesondere solche, mit
denen wir territoriale Streitigkeiten haben. Unser Ziel ist daher
einfach ‒ die Bedrohung durch die Mitgliedschaft der Ukraine in der NATO
zu beseitigen.” Doch der Ukraine-Krieg ist nach Medwedew kein
regionaler Konflikt, sondern ein Teil eines größeren Ganzen.
“Es ist eine totale Konfrontation zwischen dem konventionellen
kollektiven Westen und dem Rest der Welt. Die Ursache sind diametral
entgegengesetzte Ansichten über die weitere Entwicklung der Menschheit.”
Russland nannte er “Die Eigensinnigen”, die gegen die Logik der
westlichen Doppelmoral rebelliert haben. “Die Konfrontation wird sehr
lange dauern, und es ist zu spät, die Eigensinnigen (das sind wir) zu
zähmen.” An dieser Stelle beginnt wohl der wichtigste Teil seines
Aufsatzes ‒ die Überlegungen über die Perspektiven, in einen nuklearen
Weltkrieg abzugleiten. Es lohnt sich daher ein längeres Zitieren:
“Die tektonische Kluft, die sich im Verständnis der Zukunft in
verschiedenen Teilen der Welt gebildet hat, wird sich nur noch
verschärfen. Man muss kein Visionär sein, um zu erkennen, dass die Phase
der Konfrontation sehr lang sein wird. Die Konfrontation wird sich über
Jahrzehnte hinziehen. Eine Möglichkeit, sie zu lösen, ist ein Dritter
Weltkrieg.
Aber das ist natürlich eine schlechte Variante, denn den Gewinnern ist
keineswegs dauerhafter Wohlstand garantiert, wie es nach früheren
Weltkriegen der Fall war. Höchstwahrscheinlich wird es einfach keine
Gewinner geben. Eine Welt, in der ein nuklearer Winter herrscht, in der
Millionenstädte in Schutt und Asche liegen, in der es keinen Strom mehr
gibt, weil der elektromagnetische Impuls unerträglich ist, und in der
eine große Zahl von Menschen durch Schockwellen, Lichtstrahlung,
durchdringende Strahlung und radioaktive Verseuchung getötet wird, kann
nicht als Sieg angesehen werden. Wo schreckliche Epidemien und
Hungersnöte herrschen.”
Eine solche Apokalypse sei nicht nur möglich, sondern auch ziemlich
wahrscheinlich, weil die Gegner Russlands beschlossen haben, die größte
Atommacht, Russland, zu besiegen, was “absolut idiotisch” sei. Der
zweite Grund besteht darin, dass es kein Tabu bei den russischen Gegnern
für den Einsatz der Atomwaffen gebe. An dieser Stelle verweist Medwedew
auf die atomare Bombardierung der japanischen Städte Hiroshima und
Nagasaki ‒ “bekannt, durch wen [diese erfolgte]”.
“Putin blufft nur” – Westliche Politiker sehen in Weltkriegsgefahr nur ein Glücksspiel
Die einzige Möglichkeit, diesen totalen Widerspruch aufzulösen, ohne
dabei ein atomares Inferno zu riskieren, bestehe darin, “über einen
langen Zeitraum hinweg die härtesten Kompromisse zu finden”.
“Ja, es wird viel Kommunikation, Geduld, Zurückhaltung, Rückzug aus und
Wiederaufnahme von Verhandlungen geben, aber am Ende werden die
internationalen Konturen einer gerechten und sicheren Welt des 21.
Jahrhunderts entstehen. Das wird wahrscheinlich Jahre, vielleicht
Jahrzehnte dauern”, schwärmt der russische Ex-Präsident.
Hier zählt Medwedew russische Forderungen auf, die auf dem Weg zu dieser
neuen Weltordnung unbedingt erfüllt werden müssen. Die Kompromisse
seien “nur unter Berücksichtigung einiger grundlegender Punkte” möglich:
“Es darf grundsätzlich keine antirussische Haltung mehr geben, sonst
wird es früher oder später sehr schlimm enden. Das Kiewer Naziregime
muss ausgelöscht werden. Im zivilisierten Europa als faschistisch
gesetzlich verboten. Es muss wie ein verrottetes Stück Speck auf den
Müllhaufen der Weltgeschichte geworfen werden.”
Medwedew schreibt generell viel über die Ukraine und die Perspektiven
für die weitere Existenz dieses Staates ‒ rhetorisch zugespitzt,
versteht sich. Am selben Tag hat er in einem Telegram-Beitrag die
Ukraine mit einem mythischen “Sannikow-Land” aus einem sowjetischen
Science-Fiction-Film verglichen.
“Dies sind die Grenzen der Regionen Russlands und der ehemaligen
Provinzen des Russischen Reiches, nicht die der mythischen Ukraine. Die
Ukraine ist Sannikow-Land, gegründet von Lenin. Es existierte für kurze
Zeit und verschwand von der Landkarte. Ein solches Land gibt es nicht.
Egal, was sie im Westen und in der besetzten russischen Stadt Kiew
denken.”
Mit dieser Replik hat Medwedew die Forderungen Selenskijs für die
Wiederaufnahme der Verhandlungen kommentiert, Russland müsse seine
Truppen an die Grenzen der Ukraine des Jahres 1991 zurückrollen.
“Haltet den Dieb”: Immer mehr Anzeichen für baldige Kiewer Provokation im AKW Saporoschje
Was auch immer an die Stelle der ehemaligen Ukraine treten wird, der
Westen müsse dies akzeptieren, wenn er nicht will, dass “unsere
unvollkommene Zivilisation ein apokalyptisches Ende nimmt”, so Medwedew
weiter in seinem Aufsatz.
Auch der russische Außenminister Sergei Lawrow sprach am Wochenende über
die Ukraine. Es war zu bemerken, dass er nicht nur über den Schutz der
Bevölkerung des Donbass vor dem “nazistischen Kiewer Regime” gesprochen
hat, sondern über den gesamten Südosten. Über die Ukraine redete er in
der Vergangenheit als “die ehemalige Ukraine”, was ein Novum ist. Im
Hinblick auf die beispiellosen Sprachverbote und die Kirchenverfolgung
sagte er:
“Wir kämpfen nicht für Gebiete, sondern für Menschen, für unsere
Geschichte, unsere Religion, die russische Sprache, die eine offizielle
Sprache des gesamten UN-Systems ist und die jetzt nicht nur in der
Ukraine, sondern auch in anderen europäischen Ländern, im Baltikum,
unterdrückt wird”, sagte Lawrow.
Am Ende skizziert Medwedew seine Vorstellungen darüber, wie die neue
Vereinbarung über die gemeinsame Sicherheit getroffen werden könnte.
Alle hart erkämpften Ergebnisse der totalen Konfrontation müssten in
einem neuen Dokument vom Typ der Helsinki-Akte verankert werden, die das
berühmte Treffen von 1975 abschloss ‒ aber nicht mehr in Helsinki, weil
Finnland nun seine Neutralität zugunsten der NATO-Mitgliedschaft
aufgegeben habe.
Sergei Karaganow: Warum Russland einen Atomschlag gegen Westeuropa in Betracht ziehen muss
Wahrscheinlich bedürfe es auch einer sorgfältigen Neuordnung der UNO und
anderer internationaler Organisationen. Denn die UNO in ihrer jetzigen
Form werde den Erwartungen der freien Völker nicht mehr gerecht. Dies
gelte umso mehr auch für die anderen westlich dominierten
Organisationen, wie den IStGH, die OSZE oder den Europarat. “Sie
befinden sich schon jetzt auf dem stinkenden Haufen der
Weltentwicklung.”
Am Ende des Aufsatzes betont der Politiker, dass er nicht optimistisch
gestimmt sei. Dafür gibt er dem Westen einseitig die Schuld und bedient
sich seiner inzwischen gewohnten sprachlichen Bilder:
“Im Moment versucht die endgültig degenerierte politische Klasse des
Westens, sich in einer blutigen Clownhorror-Show aufzuspielen. In einem
Zustand anhaltender Demenz treibt sie unsere kleine Welt auf den Dritten
Weltkrieg zu. Das zugedröhnte Regime in Kiew treibt bis zum letzten
Ukrainer alle in den Krieg.”
In den letzten Wochen hat sich die Rhetorik der nuklearen Bedrohung
deutlich zugespitzt. Die Ukraine beschuldigt Russland, “Terrorpläne” zur
Sprengung des Atomkraftwerkes Saporoschje zu verfolgen, und schlägt
weltweit Alarm. Russland sieht darin ein Zeichen dafür, dass Kiew
ebendiese Provokation plane, vermutlich durch einen Drohnenangriff.
US-Senatoren drohen Russland mit einem NATO-Einmarsch in die Ukraine und
Russlands Außenpolitik-Experten diskutieren über einen präventiven
Atomschlag gegen europäische Städte.
Auch Olaf Scholz gab am Sonntag einen Kurzkommentar zum Ukraine-Krieg.
Im Sommerinterview für die ARD hat er noch einmal bekräftigt, dass
Russland diesen Krieg nicht gewinnen dürfe und dass Deutschland seine
Unterstützung der Ukraine fortsetze ‒ “so lange, wie es notwendig ist”.
https://meinungsfreiheit.rtde.life/europa/174259-medwedew-demente-westen-treibt-unsere-kleine-welt-zur-atomaren-apokalipse/
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