Entnommen: http://www.rotfuchs.net/files/rotfuchs-ausgaben-pdf/2020/RF-273-10-20.pdf
Anschlußfolgen …
30 Jahre nach dem Anschluß der DDR an die BRD droht die Welt in Krise und Krieg zu versinken.
Diese drei Jahrzehnte haben bestätigt: Imperialismus ohne Expansion, Aggression, Hochrüstung, Rüstungsexport, Krieg und Kriegsgefahr bis hin zur Drohung mit einem atomaren Inferno gibt es nicht – es sei denn, er wird gezügelt, sozial und militärisch. Die DDR war von Fläche und Bevölkerungszahl her ein kleiner Staat und dennoch in der globalen Klassenauseinandersetzung um ein menschenwürdiges Leben in Frieden von strategischer Bedeutung. Das ist eine Erfahrung, die keinem DDR-Bürger genommen werden kann. 1988 sagte mir der Philosoph Wolfgang Harich, als ich mit ihm über die Politik Michail Gorbatschows diskutierte: „Wenn die DDR fällt, fällt der Sozialismus bis Wladiwostok.“ Er hatte recht. Die DDR war eine Art Schlußstein im Gebäude des europäischen Sozialismus. Damals vor 32 Jahren setzte die Clique um den Generalsekretär der KPdSU die „deutsche Frage“ wieder öffentlich auf die Tagesordnung, stellte also die DDR zur Disposition.
Dennoch konnten sich nur wenige vorstellen – Harich und ich auch nicht –, daß die innere und äußere Konterrevolution wenig später in der DDR und danach in der Sowjetunion triumphieren würde. Mit ihr kamen Existenzunsicherheit, Massenarbeitslosigkeit, Armut, bereits Anfang 1991 der „Begrüßungskrieg“ (Volker Braun) im Irak, ein reaktionäres Bildungssystem zur Heranzüchtung von Untertanen der Kapitalherrschaft, ein absurdes Gesundheitssystem einschließlich esoterischer Geist- und Wunderheiler sowie vor allem der totalitäre Antikommunismus, der in Fortsetzung des deutschen Faschismus von Beginn an BRD-Staatsdoktrin war. Jede Form von Protest gegen die Vernichtung von Arbeit und Leben wurde mit Hetze auf Repräsentanten und Funktionäre der DDR, auf den „Unrechtsstaat“ insgesamt beantwortet. Insbesondere die Mitarbeiter der DDR-Sicherheitsorgane, aber auch Wissenschaftler, Künstler und Journalisten wurden und werden mit einer Gnadenlosigkeit verfolgt und verunglimpft, die ihresgleichen in der Geschichte sucht. Millionen Bücher fielen einer „kalten Verbrennung“ zum Opfer, Tausende, wahrscheinlich Zehntausende Kunstwerke wurden im Bildersturm zerstört. Der Satz des SPD-Politikers Egon Bahr, er kenne kein zweites Volk, das so ausgeplündert worden sei wie die Ostdeutschen, sprach das wirtschaftliche Geheimnis des Anschlusses aus. Mehr als 5 Millionen Menschen haben seit 1990 Ostdeutschland verlassen, etwa 3,5 Millionen zogen in die entgegengesetzte Richtung, darunter jene Westdeutschen, die heute wie Kolonialbeamte alle höheren Ämter in Verwaltung, Justiz, Wissenschaft etc. besetzen – einschließlich der AfD-Chefetage. Das alles, insbesondere die vom Kanzleramt aus gesteuerte Verleumdung der DDR und des Sozialismus war ein Programm zur Wiederbelebung des Faschismus. Mitgewirkt haben daran die BRD-Naziparteien (also der Verfassungsschutz), die einen Tag nach der Grenzöffnung am 9. November 1989 begannen, auf Schulhöfen in der DDR Jugendliche zu rekrutieren: Ein linkes Widerstandspotential mußte, wie schon seit dem Kaiserreich erprobt, mit Nationalismus und Rassismus verhindert werden. Das mündete in den Terror des NSU und anderer Banden oder „Einzeltäter“. Mitgewirkt haben alle Parteien, die mit der Vogelscheuche „Unrechtsstaat“, mit der den Faschismus verharmlosenden Formel von den „zwei deutschen Diktaturen“ Politik machen – darunter die Thüringer und die Berliner Regierungssozialisten.
Es gibt neben dem „RotFuchs“ nur wenige Stimmen, die dem Gebrüll widersprechen. Wenn es um die DDR geht, sind aber Besonnenheit oder Seriosität weder in den Konzern- und Staatsmedien noch in der Sozialwissenschaft gefragt. Es darf und soll dem Staat, der keinen Krieg führte und nach einem Satz von Peter Hacks „das Verbrechen scheute“, jede Art von Niedertracht und Kriminalität angehängt werden.
Die 30jährige Fortsetzung des kalten Krieges gegen die DDR hat die Resultate, die vorhersehbar waren. Der BRD-Staatsapparat ist von militanten Faschisten durchsetzt, Teile der Politik und der Medien befinden sich geistig im Krieg gegen Rußland. In Belarus wurde versucht zu wiederholen, was mit der DDR gelang: einen Hauptfaktor für die Sicherheit der Westgrenzen des größten Landes der Welt zu beseitigen. Das ist bisher nicht gelungen. Fest steht aber, daß diejenigen in Washington, Berlin und Warschau, die äußerste Konfrontation mit Moskau wollen, nicht aufgeben werden. Das ist ein direktes Ergebnis des Anschlusses von 1990 und der 30 Jahre, die ihm folgten. Die Verantwortung aller, die dagegen eine Politik der Vernunft vertreten, wächst.
Arnold Schölzel
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